von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Brosi, da Sie jetzt 100 Tage im neuen Amt als CEO sind, frage ich Sie passend zum 75-Jahre-Flughafen-Fest nach einem Kurzfazit.
Lukas Brosi: Ich habe die ersten 100 Tage vor allem genutzt, mich mit unseren Partnern auszutauschen. Wir erleben im Moment eine sehr starke Nachfrage nach Flugreisen, gleichzeitig gibt es einige betriebliche Herausforderungen. Die Strategie unseres Unternehmens stimmt, hat sich bewährt und braucht keine grössere Anpassung – wir wollen Punkto Qualität weiterhin zu Europas Spitze gehören. Neben dem Fluggeschäft entwickeln sich auch unser Kommerz- und Immobiliengeschäft sowie die internationale Geschäftstätigkeit kontinuierlich weiter und leisten einen steigenden Ergebnisbeitrag.
«Die Strategie unseres Unternehmens stimmt, hat sich bewährt und braucht keine grössere Anpassung.» Lukas Brosi, CEO Flughafen Zürich AG
Sie waren ja schon langjähriger CFO der Flughafen Zürich AG. Was war dabei die härteste Zeit?
Die Pandemie war sicherlich die anspruchsvollste Zeit. Innert kürzester Zeit ist mehr als 90 Prozent des Kerngeschäfts weggebrochen. Es musste schnell reagiert werden, um die Liquidität der Firma zu sichern. Wir haben die Krise mit unternehmerischer Kraft ohne staatliche Finanzierung gemeistert. Dafür mussten teilweise einschneidende Sparmassnahmen bei den Betriebskosten und Investitionen gefunden und umgesetzt werden. Das war anspruchsvoll, weil in einem Infrastrukturbetrieb ein grosser Anteil der Ausgaben «fix» ist.
Der Flughafen hat gerade die Halbjahreszahlen veröffentlicht. Der operative Halbjahresgewinn auf Stufe EBITDA stieg gegenüber H1 2022 überproportional um 36 Prozent auf 324 Millionen Franken. Ich nehme aber an, das ist jetzt das «new normal» trotz der anstehenden Investitionen?
Das Geschäftsmodell ist im Vergleich zu 2019 auch deutlich diversifizierter, so haben wir aus dem Kauf der Priora-Liegenschaften, der Akquisition Ende 2019, der Eröffnung des Circles im November 2020 sowie einem wachsenden Portfolio an internationalen Flughafenbeteiligungen zusätzliche Ertragsquellen erschlossen.
Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019, dem letzten ohne Corona, fehlten dieses Mal ja nur noch rund zwei Prozent der Erträge. Wird 2024 oder 2025 ein Rekordjahr? Hat der Return of Invested Capital noch Luft nach oben?
2025 wird auch das erste Betriebsjahr des neuen Hauptstadtflughafens in Delhi/Indien sein. Daneben ist die Erholung am Standort Zürich weiter im Gange und wir rechnen damit, dass wir 2025 wieder das gleiche Passagierniveau wie vor der Krise erreichen werden. Aufgrund der genannten zusätzlichen Ertragsquellen gehen wir davon aus, dass wir im Jahr 2025 bei gleichvielen Passagieren wie 2019 einen um rund CHF 100 Mio. höheren EBTDA erwirtschaften – also ja, und um auf Ihre letzte Frage zurückzukommen, es gibt schon noch Luft nach oben.
«Wir rechnen damit, dass wir 2025 wieder das gleiche Passagierniveau wie vor der Krise erreichen werden.»
Die Investitionen lagen in der ersten Jahreshälfte bei rund 163 Millionen Franken. Insgesamt will der Flughafen Zürich im laufenden Jahr rund 500 Millionen Franken investieren. Wird jetzt bei den wegen der Pandemie zurückgestellten Infrastruktur-Projekten auf die Tube gedrückt?
Die 500 Millionen Franken beziehen sich auf die gesamte Flughafen Zürich AG Gruppe, wobei rund 200 Millionen am Standort Zürich investiert werden. Der grössere Teil fliesst jedoch in die Auslandsprojekte – hauptsächlich in den Flughafenbau in Indien.
Leider sind auch einige Beschwerden hängig, etwa bei der der unterirdischen Anbindung des Circles ans Airport Shopping. Wie sehr wirft Sie das zurück?
Die Bauarbeiten werden sich aufgrund der Beschwerde voraussichtlich um einige Monate verzögern.
Die Erhöhung des Ausblicks für das Gesamtjahr bei den Passagierzahlen auf 28 Millionen ist erfreulich. Wie kann die seit 9/11 überall auf der Welt mühsame Abfertigung beschleunigt werden? Die Einführung neuer CT-Scanner war ja wegen der Pandemie zurückgestellt worden. Wann werden diese denn jetzt bereitstehen?
Die Ausschreibung der Testgeräte läuft aktuell. Wir gehen davon aus, dass wir die Testgeräte im nächsten Jahr in Betrieb nehmen können. Die definitive Einführung ist für Sommer 2025 vorgesehen.
Bei Ihren Kennzahlen ging es im H1 lediglich bei der Frachttonnage nach unten – und zwar um rund 15 Prozent. Ist das konjunkturbedingt?
Die Luftfracht hat während der Pandemie profitiert und im Moment normalisiert sich die Seefracht wieder. Das ist ein Basiseffekt, der zu erwarten war. Daneben kann man aber schon festhalten, dass die Frachtzahlen auch ein Vorlaufindikator für die Konjunktur sind. Dies gilt es weiter zu beobachten.
«Man kann schon festhalten, dass die Frachtzahlen auch ein Vorlaufindikator für die Konjunktur sind.»
Im internationalen Geschäft liegt das Augenmerk auf dem Bau des von Ihnen erwähnten Flughafens Noida für die Metropolregion Delhi. Wie hoch ist dieser Gesamtkostenblock?
Die Gesamtkosten belaufen sich auf umgerechnet eine Dreiviertelmilliarde Franken, wovon der Eigenkapitalanteil der Flughafen Zürich AG maximal 300 Millionen Franken beträgt. Der Rest wird lokal durch eine indische Bank finanziert. Die Fertigstellung ist für Ende 2024 geplant.
Am Standort Zürich soll unter anderem die Gepäcksortieranlage erneuert werden. Ich hatte da nie Probleme. Was ist denn der Grund?
Die Erneuerung und Erweiterung der GSA geschieht aus verschiedenen Gründen: Unter anderem erreichen wichtige Anlageteile bald das Ende ihrer Nutzungsdauer und müssen ersetzt werden. Dazu müssen zukünftig aufgrund neuer EU-Vorschriften die bestehenden Geräte für die Sicherheitskontrolle des aufgegebenen Gepäcks ersetzt werden.