Marc Pfister, CEO ViboTec AG, im Interview

Marc Pfister, CEO ViboTec AG, im Interview
Marc Pfister, CEO ViboTec. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Pfister, ViboTec ermöglicht virtuelle Werbung bei Live-Sportveranstaltungen. Können Sie uns kurz erklären, wie sich virtuelle Bandenwerbung von der LED-Werbung unterscheidet?

Marc Pfister. Ganz einfach: gar nicht. Unser Produkt ermöglicht es, die vorhandene LED-Bandenwerbung, welcher der Stadionbesucher sieht, durch eine andere Werbung, welcher der TV-Zuschauer sieht, zu ersetzen. Weder der Zuschauer im Stadion noch der TV-Zuschauer merkt etwas davon.

Im Heimstadion und im nationalen Fernsehkanal ist also weiterhin der normale LED-Feed sichtbar und für andere Regionen werden die bestehenden Stadionbanden virtuell überblendet?

Ja ganz genau. Wir können die Werbung pro Land unterschiedlich ersetzen. Betrachten Sie ein Spiel aus der spanischen Fussballliga, das in unzähligen Ländern weltweit ausgestrahlt wird. Dank unserem Produkt sieht der TV-Zuschauer in Spanien auf Spanisch die Werbung von Unternehmen, welche in Spanien Werbung schalten und der TV-Zuschauer in China sieht die Werbung mit Unternehmen, welche in China Werbung platzieren – natürlich in seiner Landessprache. Alles beim gleichen Spiel, alles live und ohne dass der Zuschauer etwas merkt. Die Anzahl unterschiedlicher Länder-Feeds ist nicht limitiert.

«Das Multiplizieren der Werbeeinnahmen ist einer der Keypoints. Darüber hinaus kann die Werbung viel Landes-, Zuschauer-, und Produkte-spezifischer eingesetzt werden.»
Marc Pfister, CEO ViboTec AG

Wo liegen die grossen Vorteile – auch über die Multiplizierung der Werbeeinnahmen hinaus?

Das Multiplizieren der Werbeeinnahmen ist einer der Keypoints. Darüber hinaus kann die Werbung viel Landes-, Zuschauer-, und Produkte-spezifischer eingesetzt werden. Dadurch gewinnt der investierte Werbefranken stark an Effektivität. Für global tätige Unternehmen macht es enorm Sinn, die Werbung auf das Land, die Zuschauer und die Produkte anzupassen. Im Gegenzug macht es für Unternehmen, welche nur auf dem amerikanischen Kontinent ihre Produkte verkaufen, keinen Sinn in Werbefläche zu investieren welche das Preisschild für die ganze Welt haben. Dank unserm Produkt ist die Sportwelt nun in der Lage, dem Werbemarkt neu zu erschliessen und passgenau Angebote anzubieten.

ViboTec ist Inhaber der Exklusivrechte an einem von Fraunhofer entwickelten System. Was können Sie uns zur Technologie hinter den virtuellen Werbebannern sagen?

Die Entwicklung der Technologie, welche zu unserem Produkt führte, hat mehrere Jahre gedauert. Wir haben uns bewusst für ein Weg entschieden, welcher auf zwei Erfolgsfaktoren basiert. Tracking und Keying. Das Tracking liefert uns die Informationen, welche wir benötigen, um die zur ersetzenden Werbefläche im 3D-Raum jederzeit zu lokalisieren, Grösse und Perspektive zu kennen und uns die Informationen bezüglich der Kamerabewegungen zu liefern. Mit unserem weltweit patentierten Keying-Verfahren wissen wir Pixel-genau, welche Fläche wir ersetzen müssen.

Genau bei diesem Punkt trennt sich die Spreu vom Weizen. Ein weisser Fussball darf nicht einfach verschwinden, nur weil auf der LED-Bande eine Werbung mit weissen Flächen abgespielt wird. Die Anforderungen an ein System für den Ersatz der Werbung bei Live-Sport Events sind gewaltig. Wir sind sehr glücklich und stolz darauf, dass wir heute die weltweite Technologie-Führerschaft erreicht haben.

«Die Anforderungen an ein System für den Ersatz der Werbung bei Live-Sport Events sind gewaltig. Wir sind sehr glücklich und stolz darauf, dass wir heute die weltweite Technologie-Führerschaft erreicht haben.»

Wie flexibel ist das System und wie stark sind die jeweiligen Klubs, Ligen oder Broadcaster bei einer Übertragung involviert?

Unser Produkt lässt eine enorme Flexibilität punkto Vorgaben der Broadcaster, Ligen und Veranstalter zu. Wir legten seit Beginn der Entwicklung grossen Wert darauf, dass wir den Broadcasting-Prozess nicht beeinflussen.

Gibt es Einschränkungen durch äussere Umstände wie beispielsweise den Lichtverhältnissen?

Nein, absolut nicht. Ein System, welches bei Top Sport-Live-Event zum Einsatz kommen will, muss mit allen äusseren Einflüssen problemlos umgehen können. Ein Spiel wird mit mehreren TV-Kamera produziert. Die Kameras schwenken, zoomen und bewegen sich. Die Spieler bewegen sich vor der LED-Banden und egal ob Regen, Schnee, Nebel, Sonneneinstrahlungen usw. – der Zuschauer darf nichts merken und die Werbung muss jederzeit top professionell ersetzt werden. All diese Herausforderungen meistert unser Produkt.

Können Sie uns einige Beispiele nennen, bei welchen Live-Übertragungen Ihr System zum Einsatz kommt?

Unser Produkt ist neu auf dem Markt und ViboTec wurde Ende Februar gegründet. Trotz Corona führen wir aktuell sehr viele positive Gespräche mit diversen Clubs, Ligen und Veranstalter diverser Sportraten, welche unser Produkt zukünftig einsetzen werden.

Sportwerbung im grossen Stil ist ein internationales Business. Inwieweit sind virtuelle Werbebanner in der Schweiz ein Thema?

Es ist in der Tat so, dass aktuell unsere Kundschaft im Ausland zu Hause ist. Daher ist der Schweizer Markt sehr überschaubar – noch! Dies kann sich in Zukunft jedoch ändern. Lassen Sie sich überraschen, was wir noch alles ermöglichen können und was noch in unserer Entwicklungspipeline steckt.

Könnte die Bandenwerbung theoretisch auch regionaler werden – beispielsweise bei einem Spiel zwischen YB und Basel?

Grundsätzlich ja, aber es gilt selbstverständlich immer die nationalen Gegebenheiten zu berücksichtigen.

In der Lockdown-Phase stand das öffentliche Leben inklusive sämtlicher Sportereignisse fast weltweit still. Welche Folgen hatte dies für ViboTec so kurz nach der Gründung?

Es dauerte ein paar Wochen, bis die Clubs, Ligen und Veranstalter den Lockdown verarbeitet haben. Clubs, Ligen und Veranstalter suchten schon vor Corona stetig neuen zusätzlichen Einnahmenquelle. Dieser Erkenntnis hat sich mit Corona nur verstärkt. Diesbezüglich sind wir mit unserem Produkt genau zum richtigen Zeitpunkt auf den Markt gekommen. Grösser ist die Herausforderung bei der Investorensuche. Da merkten wir, dass Unternehmen und Investoren ihre Liquiden Mittel zusammenhalten und abwarten. Aber auch da laufen die Gespräche mit potenziellen Investoren wieder viel besser.

Zuletzt hat sich der Fraunhofer Tech Transfer Fund an ViboTec beteiligt. Wie bedeutend ist das finanzielle Engagement für Ihr Startup?

Es war ein wichtiger Schritt in der jungen Geschichte von ViboTec. Dank den Jungs von FTTF ist ViboTec AG soweit finanziell abgesichert, dass wir unsere nächsten Entwicklungsschritte strategischer entscheiden können. Dieser Punkt war für uns sehr wichtig.

Wenn wir einen Blick in die Glaskugel werfen: Wie wird sich der Markt für virtuelle Sportwerbung entwickeln – und mit ihm ViboTec?

Wenn wir schon in die Glaskugel schauen, dann richtig. Live-Sport-Events ziehen weltweit Milliarden von Menschen vor die Bildschirme, egal ob TV, Handy, Tablet oder PC. Immer mehr Werbegelder fliessen in Werbeplattformen wie Google, Amazon, Facebook usw. – sprich in Plattformen, wo ein Userprofil bekannt ist. Jetzt kombinieren Sie gedanklich diese beiden Welten. Sie schauen ein Fussballspiel und die Werbung, welche sie sehen entspricht ihren aktuellen Bedürfnissen. Wenn Ihr Sohn das gleiche Spiel auf seinem Handy schaut sieht er Werbung die seinen Bedürfnissen entsprechen. Dahin wird die Reise gehen. Welche Rolle ViboTec darin spielen wird? Wir liefern die Technologie dazu!

Herr Pfister, besten Dank für das Interview.

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