von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Pawlicek, Ihre ehemalige Mutter Sulzer AG liess neulich verlauten, dass sie auch bei einem deutlich niedrigeren Ölpreis Pumpen verkaufen kann. Gilt das auch für Burckhardts Gaskompressoren?
Marcel Pawlicek: Der Bestelleingang im vergangenen Halbjahr lag auf einem guten Niveau, wie wir das im Oktober 2018 veröffentlicht haben. Der Grund dafür war aber nicht der Erdölpreis, denn dieser ist für die Nachfrage nach unseren Produkten nicht primär ausschlaggebend, sondern vielmehr der Erdgaspreis. Man kann generell sagen, dass sich die aufgeschobenen Investitionen der vergangenen Jahre und der damit verknüpfte Aufholbedarf beim Bestelleingang bemerkbar machten.
Der Gaspreis orientiert sich aber gerade auch an den Erdölpreisen, und diese liegen rund 30 Prozent über ihrem unerwarteten kurzfristigen Tiefstand. Kann es nochmal runter gehen?
Der Erdölpreis ist seit jeher viel volatiler als der Erdgaspreis. Beim Erdölpreis steckt viel Politik drin. Ich gehe davon aus, dass die USA beispielsweise weiter dafür Sorge tragen werden, dass der Erdölpreis nicht zu hoch ansteigt.
«Ich gehe davon aus, dass die USA weiter dafür Sorge tragen werden, dass der Erdölpreis nicht zu hoch ansteigt.»
Marcel Pawlicek, CEO Burckhardt Compression
Die Schifffahrt hat die Zeichen der Zeit erkannt und muss umweltfreundlicher werden. Profitiert Burckhardt Compression auch von diesem Trend?
Es ist richtig, dass die Schifffahrt im Moment vor grossen Veränderungen steht. Ab dem Jahr 2020 gelten wesentlich strengere Grenzwerte für Stickoxide oder auch Schwefel. Je nach Schiff dürfen ab diesem Zeitpunkt teilweise nur mehr fünffach tiefere Werte erreicht werden. Aus diesem Grund rüsten im Moment viele Schiffseigner ihre Antriebe um. Dabei gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Entweder die Abgase werden vor der Freisetzung gewaschen oder es wird ein schwefelarmer, dafür aber wesentlich teurerer Kraftstoff verwendet. Als dritte Alternative bietet sich das Umrüsten auf einen Antrieb mit flüssigem Erdgas (LNG) an.
Die Verbrennung von Erdgas ist praktisch schwefelfrei und bei gleicher Motorleistung wird der CO2-Ausstoss im Vergleich zu herkömmlichem Schiffsdiesel und Schweröl um weit mehr als 20% reduziert. Dieser LNG-Antrieb wird auch bei vielen Schiffsneubauten eingesetzt. Beim Handling von flüssigem Erdgas auf Schiffen ist Burckhardt Compression einer der führenden Anbieter. Wir profitieren deshalb eindeutig von dieser Entwicklung.
Was für Anforderungen werden hierbei an die Kompressoren gestellt?
Das für den Schiffsantrieb genutzte Gas muss in flüssiger Form gelagert werden, da es in diesem Zustand 600-mal weniger Platz beansprucht. Allerdings wird Erdgas erst bei rund minus 160° Celcius flüssig. Unsere Kompressoren haben den Vorteil, dass sie dank der Labyrinthdichtung und den Tieftemperatur-geeigneten Materialien kälteunempfindlich sind und damit verzögerungsfrei eingesetzt werden können. Ein Aufwärmen der Gase vor dem Einsatz ist bei Burckhardt Kompressoren nicht nötig, was dem Schiffsbetreiber Geld und Zeit spart.
«Ab dem Jahr 2020 gelten wesentlich strengere Grenzwerte für Stickoxide oder auch Schwefel.»
Und was bedeutet das für den Service-Bereich?
Es werden zunehmend nicht mehr nur LNG-Tanker mit Erdgas-Antrieben ausgestattet, sondern auch Kreuzfahrtschiffe oder Transportschiffe. Um schnell Ersatzteile liefern zu können oder Wartungsarbeiten möglichst verzögerungsfrei ausführen zu können, haben wir ein weltweites Netzwerk und strategisch positionierte Service Center aufgebaut.
Wo und wie denn schwerpunktmässig?
Am Panama-Kanal, in Südkorea, Singapur, Dubai, Spanien, England, Schweiz sowie in den USA. Doch das Marinegeschäft stellt sowohl an die Logistik und die Verfügbarkeit als auch an die Servicetechniker besondere Herausforderungen. Ersatzteile, die nicht eingeplant waren, können unter Umständen nicht einfach am nächsten Tag geliefert werden, da das Schiff schon ausgelaufen ist. Auch wenn die Arbeiten länger als geplant dauern, kann es vorkommen, dass ein Servicetechniker schon mal an Bord des Schiffes bleiben muss bis es wieder anlegt. Sorgfältige Vorabklärungen sind deshalb bei einem Einsatz auf einem Schiff zentral.
«Burckhardt Compression hat eine Crew mit Servicefachleuten aufgestellt, die unsere Kunden jederzeit und weltweit unterstützen können.»
Bei Gaskompressoren geht es auch um die Sicherheit. Wo lauern auf technischer Seite die grössten Gefahren?
Viele unserer Kompressoren sind zwischen 30 und 40 Jahren bei unseren Kunden im Einsatz. Um solch lange Einsatzperioden zu erzielen, ist eine saubere und regelmässige Wartung, ausgeführt durch Fachpersonen, unabdingbar. Gerade letztere stellten unsere Kunden in den letzten Jahren vor Herausforderungen, denn es fehlen zunehmend Personen mit entsprechenden Fach-Know-how auf dem Arbeitsmarkt. Aus diesem Grund hat Burckhardt Compression eine Crew mit Servicefachleuten aufgestellt, die unsere Kunden jederzeit und weltweit unterstützen können.
Ein weiterer Faktor, welcher die Sicherheit weiter verbessern kann, ist ein Monitoringsystem am Kompressor. Diese Überwachungssysteme helfen dem Betreiber präventive Wartungen einzuplanen und entstehende Schäden sehr früh zu identifizieren. Das Überwachungssystem erfasst in Echtzeit alle Veränderungen am Kompressor-System und gibt diese an die Zentrale weiter. Prognost, eine Tochtergesellschaft von Burckhardt Compression, ist einer der führenden Anbieter von solchen Monitoringsystemen.
Früher wurde Gas als Nebenprodukt der Erdölförderung sogar vorm Bohrloch abgefackelt. Heute hat es eine Schlüsselstellung im Energiemix. Um wieviel Prozent erhöhen Ihre Kompressoren im Schnitt die Ausbeute?
Ja, das ist richtig. Bei einer konventionellen Bohrung kann etwa 25-30% des Ölvorkommens gewonnen werden. Durch die sogenannte Enhanced Oil Recovery, einem Verfahren bei dem beispielsweise Gas unter hohem Druck in das Bohrloch geführt wird, um das Öl an die Oberfläche zu drücken, können zusätzliche 25-30% gewonnen werden. Damit erhöht sich der Gesamtertrag auf über 50%. Das hat den Vorteil, dass nicht so viele Ölfelder erschlossen werden müssen.
Aufgrund des umfangreichen, über Jahrzehnte erarbeiteten Know-hows gelingt es Ihnen immer besser, Service-Verträge an Land zu ziehen. Mittlerweile machen diese ein Drittel des Umsatzes aus. Kann man das überhaupt noch steigern?
Es ist richtig, dass die grosse installierte Basis uns im Servicegeschäft hilft. Es ist aber auch eine Tatsache, dass rund ein Drittel der Hersteller der Kompressoren, die noch in Betrieb sind, nicht mehr existieren, denn viele Maschinen sind 30 Jahre und älter. Unsere Stellung als Marktführer für Neumaschinen hilft uns, das Vertrauen der Kunden auch für den Service zu gewinnen.
Die USA wollen mit ihrem europäischen Flüssiggasterminal den Pipelines der russischen Gazprom die Stirn bieten. Wird Burckhardt Compression von diesem Streit profitieren? Sie tanzen ja mit Arkos Field Services (USA) und mit Ihrer Shenyang Yuanda Compressor (China) gleich auf zwei Hochzeiten.
Kompressoren werden sowohl bei LNG Terminals als auch bei Pipelines eingesetzt. Um unsere Kunden weltweit zu bedienen, ist es zentral, dass wir global aufgestellt sind. Gerade im Servicegeschäft ist es wichtig, nahe beim Kunden zu sein. Denn Ersatzteile müssen möglichst schnell beim Kunden vor Ort sein, um lange Ausfallzeiten zu vermeiden. Aus diesem Grund haben wir uns in den letzten Jahren in einzelnen lokalen Märkten verstärkt.
Was wird das Highlight Ihrer 175-Jahr-Feier sein?
Wir haben das Jubiläumsjahr am 9. Januar 2019, also exakt 175 Jahre nach der Gründung des Unternehmens, mit einem feierlichen Abend mit Geschäfts- und Finanzpartnern, sowie Vertretern aus Politik und Regierung im Casinotheater Winterthur eröffnet. Im Frühling werden wir das Jubiläum mit allen Mitarbeitenden am Standort Winterthur und ihren Familien beim Zirkus Knie feiern, der dieses Jahr ebenfalls Jubiläum feiert. Unsere Tochtergesellschaften rund um die Welt feiern das Jubiläum ebenfalls mit ihren Mitarbeitenden und deren Familien. Diese Feierlichkeiten werden über das ganze Jahr hinweg stattfinden.
Zum Gesprächspartner:
Marcel Pawlicek ist Dipl. Ing. der HTL Winterthur. Zusätzlich hat er einen MBA in Marketing und International Business der Fordham University, New York studiert. Seine Berufskarriere startete als Konstrukteur bei der Maschinenfabrik Sulzer-Burckhardt AG von 1986 bis 1989. Danach war Marcel Pawlicek zehn Jahre lang Projektleiter und Leiter Marketing und Verkauf Burckhardt Kompressoren bei Sulzer Inc., USA. Zurück in der Schweiz war er Leiter Verkauf und Contracting bei der Maschinenfabrik Sulzer-Burckhardt (1999-2001), von 2001 bis 2011 schliesslich in weiteren Leitungsfunktionen bei Burckhardt Compression, bis er dann im 2011 deren CEO wurde.