von Patrick Gunti
Moneycab.com: Frau Vacalli, die Bank Cler hat im ersten Halbjahr ihren Halbjahresgewinn um 0,6% auf 19,9 Mio. CHF gesteigert. Wie bewerten Sie das Resultat?
Mariateresa Vacalli: Ich bin sehr zufrieden mit dem Halbjahresabschluss. Trotz Corona-Pandemie haben wir im ersten Halbjahr 2020 ein gutes Ergebnis erwirtschaftet. Ob im Hypothekargeschäft, mit unserer Anlagelösung oder bei den Nutzern der Smartphone-Bank Zak: Die Bank konnte ihre Ertragsquellen in diversen Bereichen und somit breit abgestützt und kontinuierlich ausbauen.
Wie präsentierte sich das Anlagegeschäft?
Das Anlagegeschäft konnte die Bank Cler im ersten Halbjahr 2020 wie geplant ausbauen. Heute nehmen sowohl neue als auch bestehende Kunden die Anlagekompetenz unseres Asset Managements stärker wahr. Börsenanlässe in den Geschäftsstellen, tägliche Marktberichte, die halbjährliche Publikation des Magazins «Chancen» oder die während der Corona-Pandemie gestarteten und nun regelmässig stattfindenden Calls mit dem Leiter Asset Management unterstreichen die hohe fachliche Kompetenz zum Thema Geldanlage. Dank Neuabschlüssen konnten wird das Volumen der Anlagelösungen trotz der starken, aber vorrübergehenden Kurskorrekturen an den Börsen im März 2020 um weitere 64,2 Mio. CHF auf 940,5 Mio. CHF steigern.
Zu Jahresbeginn ging die Bank Cler von einem soliden Geschäftsverlauf und einem stabilen Gewinn auf Vorjahresniveau aus. Dann kam das Coronavirus. Wie lautet die aktuelle Prognose?
Wir gehen von einem unverändert anspruchsvollen Umfeld aus, dessen weitere Entwicklung infolge der Corona-Pandemie kaum zu prognostizieren ist. Aufgrund des Geschäftsverlaufs im ersten Halbjahr halten wir aber weiterhin an unseren Zielen für 2020 fest und rechnen mit einem stabilen Gewinn auf Vorjahresniveau. Im Vordergrund stehen dabei das weitere Wachstum im Anlagegeschäft, die Kundennähe in den Geschäftsstellen und die digitale Kompetenz der Bank mit der Weiterentwicklung der Smartphone-Bank Zak.
«Aufgrund des Geschäftsverlaufs im ersten Halbjahr halten wir aber weiterhin an unseren Zielen für 2020 fest und rechnen mit einem stabilen Gewinn auf Vorjahresniveau.»
Mariateresa Vacalli, CEO Bank Cler
Im Rahmen der Corona-Soforthilfe nimmt auch die Bank Cler am Garantieprogramm des Bundes für KMU teil. Wie gross ist die Nachfrage?
Die Nachfrage war gross. Es wurden bis 30. Juni 2020 rund 700 COVID-19-Kredite mit einem Limitenvolumen von 68,5 Mio. CHF bereitgestellt. Die Teilnahme am Bundesprogramm war uns sehr wichtig, weil wir unsere KMU gerade in dieser schwierigen Zeit unterstützen wollen.
Wie schätzen Sie die längerfristige Wirkung der Massnahmen ein?
Die COVID-19-Kredite sind eine wichtige Unterstützung für Firmen, deren Liquidität durch die Krise bedroht ist. Sie dienen der Überbrückung von Liquiditätsengpässen im Sinne einer Nothilfe. Die längerfristige Entwicklung hängt jedoch stark von der weiteren Entwicklung der Pandemie und den daraus folgenden Massnahmen ab. Gibt es weitere Lockerungen oder eine erneute Verschärfung der Bestimmungen? Zudem wird auch die wirtschaftliche Substanz der betroffenen Firmen sowie deren Anpassungsfähigkeit und der Umgang mit der neuen Situation in den nächsten Wochen und Monaten entscheidend sein. Da wir die Krise noch nicht als abgeschlossen betrachten können, wäre eine Aussage zu den langfristigen Auswirkungen derzeit noch verfrüht und spekulativ.
Befürchten Sie wegen der konjunkturellen Lage und den Problemen der Betriebe Zahlungsausfälle bei der Bank Cler?
Die weitere Entwicklung ist aktuell nur schwer abzuschätzen. Generell ist aber davon auszugehen, dass bei einem längeren Andauern der Corona-Pandemie vermehrt mit Zahlungsausfällen zu rechnen ist. Derzeit haben unsere Kunden die Situation aber gut gemeistert und wir mussten noch keine auf die Corona-Pandemie zurückzuführende Ausfälle verzeichnen.
«Die weitere Entwicklung ist aktuell nur schwer abzuschätzen. Generell ist aber davon auszugehen, dass bei einem längeren Andauern der Corona-Pandemie vermehrt mit Zahlungsausfällen zu rechnen ist.»
Die Hypothekarforderungen beliefen sich Ende Juni 2020 auf über 16 Mrd. Franken. Sehen Sie in diesem Bereich Gefahren?
Die Bank Cler ist in den letzten Jahren bei den Hypothekarforderungen kontinuierlich, aber vorsichtig gewachsen. Wir halten an den strengen Kreditvergaberichtlinien und Tragbarkeitskriterien fest und haben ein diversifiziertes Hypothekarportfolio über alle Regionen der Schweiz hinweg. Somit reduzieren wir die Risiken und sind auch in den überhitzten Regionen und bei Renditeobjekten nicht überdurchschnittlich vertreten.
Wie war/ist die Bank Cler selber von der Pandemie betroffen?
Die Folgen der Corona-Pandemie wirken sich insbesondere auf den Erfolg aus dem Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft und das Handelsergebnis aus. Die Unsicherheit an den Märkten führte im April und Mail zu deutlich weniger Wertschriftentransaktionen unserer Kunden. Zudem sanken durch den geringeren Bargeldbedarf und die tieferen Besuchsfrequenzen auch die Erträge aus dem Schalter- und Bancomaten-Geschäft. Als Konsequenz liegt der Erfolg aus dem Devisen- und Sortenhandel unter dem Ergebnis des Vorjahreszeitraums. Der Erfolg aus dem Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft liegt mit CHF 26,4 Mio. CHF rund 5,2% und der Handelserfolg mit CHF 4,4 Mio. CHF 8,2% tiefer als in der Vergleichsperiode des Vorjahres.
Wie haben Sie während der Pandemie den Betrieb in den Filialen aufrechterhalten?
Unsere Geschäftsstellen waren während des Lockdowns weiter geöffnet – mit Ausnahme einer von zwei Geschäftsstelle in Lugano, welche aufgrund ihrer Grösse vorübergehend geschlossen wurde. Aufgrund der tieferen Kundenfrequenzen hatten wir die Öffnungszeiten für einige Wochen angepasst. Um unsere Kundinnen und Kunden, aber auch die Mitarbeitenden bestmöglich zu schützen, setzen wir seit Beginn der Pandemie die Vorgaben des BAG und der Branche konsequent um. Das ist auch heute noch der Fall. Neu bieten wir den Kunden die Videoberatungen an, was sehr gut angenommen wurde und wir deshalb auch weiterführen werden.
«Auffallend war generell, dass seit Beginn der Corona-Pandemie das bargeldlose Bezahlen zugenommen hat.»
Hat der Lockdown zu einer höheren Nachfrage nach den Dienstleistungen Ihrer «Smartphone-Bank» Zak geführt?
Die Nachfrage nach Zak hat sich während des Lockdowns nicht massgeblich verändert. Auffallend war generell, dass seit Beginn der Corona-Pandemie das bargeldlose Bezahlen zugenommen hat. Das haben wir bei Zak, aber auch bei den anderen Kartenzahlungen (Maestro- und Kreditkarten) feststellen können.
Ende 2019 hatte Zak über 30’000 aktive Nutzer. Wie viele aktive Nutzer streben Sie mit Zak an und welche aktuellen Entwicklungen und Optimierungen stehen in nächster Zeit an?
Inzwischen verzeichnet die Smartphone-Bank Zak über 35’000 Nutzer. Und bei dieser Zahl wollen wir selbstverständlich nicht stehen bleiben. Eine konkrete Zahl möchte ich nicht nennen. Unser Ziel ist es, so viele Nutzer zu haben, die nötig sind, um bei den Banking-Apps Relevanz auf dem Schweizer Markt zu haben. Um weiter zu wachsen, entwickeln wir die App laufend weiter und beziehen die Nutzer in diese Entwicklungen mit ein. Seit Juli 2020 ist auf Wunsch der Nutzer das gebührenfreie Bezahlen im Ausland mit Zak möglich. Im 2. Halbjahr soll das Onboarding für neue Kunden noch einfacher und schneller und dadurch kundenfreundlicher werden. So kann auch spontan aus¬serhalb der bankeigenen Servicezeiten ein Zak-Konto eröffnet werden kann. Zudem wird bis Ende des Jahres die eBill-Funktion in Zak integriert.
Nach der vollständigen Übernahme durch die BKB wird die Bank Cler als digitales Kompetenzzentrum installiert. Welche Entwicklungen werden hier über Zak hinaus vorangetrieben?
Die Bank Cler treibt als digitales Kompetenzzentrum neben der Weiterentwicklung der Smartphone-Bank Zak insbesondere auch die Themen Digital Assets und Data Analytics im Konzern BKB voran. Wir arbeiten daran, unseren Kunden eine Lösung für den Handel und die Verwahrung von ausgewählten Kryptowährungen anzubieten. Das Data Analytics Team unterstützt den Konzern mit systematischen Analysen zur Erkennung von Potentialen, bei der Weiterentwicklung des Angebots und vertrieblichen Aktivitäten sowie der Schaffung datenbasierter Entscheidungsgrundlagen.
Digitalisierung einerseits, physische Präsenz andererseits. Was beinhaltet die Neuausrichtung der Vertriebsorganisation?
Wir wollen weiter wachsen und dazu unsere digitale und physische Ausrichtung optimal verzahnen. Mit Zak gewinnen wir Neukunden. 90% der Nutzer von Zak waren vorher nicht bei der Bank Cler. Diese Entwicklung wollen wir auch über die Geschäftsstellen vorantreiben und richten hierzu die Vertriebsorganisation neu aus. Im Rahmen der neuen Vertriebsstrategie werden die Themen Wachstum, Kundenbedürfnisse und gesamtheitliche Beratung stärker gewichtet. Die Kunden sollen noch stärker im Fokus stehen und die Prozesse, die Organisation, das Führungsverständnis und die Kultur darauf ausgerichtet werden. Um etwas konkreter zu werden: Wir passen zum Beispiel das Betreuungskonzept und die Kundensegmentierung an. So gewährleisten wir eine ganzheitliche und zielbasierte Betreuung.
Im Anlagegeschäft setzt die Bank Cler jetzt auf Kleingeld. Welche Überlegung steht hinter der Vermögensverwaltung ab einem Startkapital von 1 Franken?
Mich stört die Bezeichnung «Kleingeld». Wir sind der Meinung, dass jede und jeder – also auch Kundinnen und Kunden mit wenig Vermögen – Anrecht auf eine professionelle Beratung und Verwaltung ihrer Vermögenswerte haben. Mit der Anlagelösung stellen wir die Vorteile einer professionellen Vermögensverwaltung schon ab 1 Franken Startkapital allen Kundinnen und Kunden der Bank Cler zur Verfügung.
Frau Vacalli, besten Dank für das Interview.