Marius Disler, Co-Founder und CEO Mikafi, im Interview

Marius Disler

Marius Disler, Co-Founder und CEO Mikafi. (Copyright Ernst Kehrli)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Disler, Begriffe wie Künstliche Intelligenz und Digitalisierung bringe ich über Planung und Einkauf hinaus nicht so leicht mit Gastronomie und Kaffee zusammen. Welches war für Sie zuerst ein Thema – Kaffee oder KI?

Marius Disler: Das ist eine interessante Frage. Meine Leidenschaft für Kaffee begann tatsächlich vor meiner Faszination für Künstliche Intelligenz. Kaffee ist nicht nur ein Getränk; es ist ein Erlebnis, eine Kunst und zugleich Wissenschaft. Die Komplexität des Kaffees und die vielen Variablen, die das Endprodukt beeinflussen, haben mich immer fasziniert.

Als ich dann tiefer in die Welt der Technologie und Künstlichen Intelligenz eintauchte, sah ich schnell das unglaubliche Potential, diese beiden Welten zu verbinden. KI bietet uns die Möglichkeit, die Qualität des Kaffees zu steigern, Prozesse zu optimieren und ein unvergleichliches Kundenerlebnis zu bieten. Es war also eine natürliche Entwicklung, meine Leidenschaft für Kaffee mit den Möglichkeiten der Digitalisierung und KI zu verbinden.

Und aus einem Besuch einer Kaffeeanlage in Kolumbien hat sich dann die Vision für Mikafi entwickelt?

Genau, während meines Besuchs in Kolumbien habe ich nicht nur die harte Arbeit und die Leidenschaft der Kaffeebauern kennengelernt, sondern auch die erstaunliche Vielfalt und Tiefe der Aromen, die aus denselben Kaffeebohnen entstehen können. Es war faszinierend zu erkennen, wie unterschiedlich derselbe Kaffee schmecken kann, je nachdem, wie er geröstet wird. Die Frische der Röstung spielt eine unglaubliche Rolle bei der Intensität und Komplexität des Geschmacks.

Das hat mich zum Nachdenken angeregt. Warum nicht diese Kunst des Röstens in die Hände von mehr Menschen legen? Warum nicht jedem die Möglichkeit geben, seinen eigenen, perfekt zugeschnittenen Kaffee zu kreieren, immer im Wissen um die genaue Herkunft der Bohnen? Es wurde mir klar, dass dies der Schlüssel zu einem tieferen und reichhaltigeren Kaffeeerlebnis ist.

Aus dieser Erkenntnis heraus entstand die Vision für Mikafi: eine Plattform, die es jedem ermöglicht, den Kaffee nach seinen eigenen Vorstellungen und Geschmacksvorlieben zu rösten. Nicht nur das, sondern auch in vollem Bewusstsein der Herkunft und Geschichte jeder einzelnen Bohne. Ich wollte, dass jeder das Erlebnis hat, das ich auf dieser Plantage in Kolumbien hatte – das volle Potenzial jeder Bohne zu entdecken und die Magie der Frische und Personalisierung des Röstens zu erleben.

«Warum nicht jedem die Möglichkeit geben, seinen eigenen, perfekt zugeschnittenen Kaffee zu kreieren, immer im Wissen um die genaue Herkunft der Bohnen?»
Marius Disler, Co-Founder und CEO Mikafi

Nun haben Sie mit Ihrem Team eine KI-basierte Kaffee-Plattform entwickelt, inklusive einer neuen Röstmaschine. Wie kann man sich die Möglichkeiten, die Mikafi bietet, vorstellen?

Das Herzstück von Mikafi ist die Vereinigung von Tradition und Technologie. Unsere KI-basierte Plattform und die innovative Röstmaschine bieten eine beispiellose Möglichkeit, Kaffee zu personalisieren. Zunächst haben wir die Röstmaschine so entwickelt, dass sie nicht nur effizient, sondern auch benutzerfreundlich ist. Dies bedeutet, dass praktisch jeder, vom professionellen Barista bis zum Kaffeeliebhaber zu Hause, den Röstprozess übernehmen und dabei seine eigenen spezifischen Vorlieben berücksichtigen kann.

Unsere KI-Technologie kommt ins Spiel, indem sie das Röstprofil lernt und kontinuierlich optimiert. Stellen Sie sich das so vor: Jeder Mensch hat einen einzigartigen Geschmack, und durch wiederholtes Rösten lernt die KI diesen Geschmack kennen und passt das Röstprofil entsprechend an, um jedes Mal die bestmögliche Tasse Kaffee zu liefern.

Aber das ist noch nicht alles. Mit der digitalen Plattform haben Nutzer auch vollen Zugriff auf Informationen über die Herkunft ihrer Bohnen. Dies ermöglicht nicht nur eine grössere Wertschätzung für den Kaffee, den sie trinken, sondern betont auch die Bedeutung von Transparenz und Nachhaltigkeit in der Kaffeebranche. Die Idee ist, jedem die Tools an die Hand zu geben, um seinen eigenen perfekten Kaffee zu kreieren, während er gleichzeitig besser informiert ist und engagiertere Entscheidungen über seinen Kaffeekonsum trifft. Es ist eine Reise von der Bohne zur Tasse, bei der der Konsument den Kurs bestimmt.

Unter dem Strich sollen also Cafés, Restaurants, Bars etc. mit eigenen Bohnen, über deren Herkunft und Transport sie alles erfahren können, eigene und auf die Kundenpräferenzen ausgerichtete Röstmischungen produzieren können – und das per App aus der Cloud?

Genau das ist die Vision hinter Mikafi. Es geht darum, das traditionelle Kaffeeerlebnis zu demokratisieren und gleichzeitig die Technologie zu nutzen, um es zu verbessern. Wir wollen, dass jeder Gastronomiebetrieb, ob Café, Restaurant oder Bar, die volle Kontrolle über seinen Kaffee hat – von der Bohne bis zur Tasse. Durch unsere Plattform können sie detaillierte Informationen über die Herkunft, den Anbau und den Transport ihrer Bohnen erhalten. Dies fördert nicht nur das Bewusstsein und die Wertschätzung für den Prozess, sondern auch das Vertrauen der Kunden.

Zusätzlich ermöglicht unsere Röstmaschine in Kombination mit der KI-Technologie jedem Betrieb, seine eigenen, einzigartigen Röstmischungen zu kreieren. Und das Schönste daran ist, dass diese Röstmischungen auf den Geschmack ihrer Kunden zugeschnitten sind. Die KI lernt mit der Zeit, welche Röstprofile bei den Kunden am besten ankommen und kann so Vorschläge für Optimierungen machen.

Und ja, all diese Informationen und Funktionen sind über unsere Cloud-basierte App zugänglich. Dies macht den gesamten Prozess nicht nur transparent, sondern auch äusserst benutzerfreundlich. Es ist, als hätte man einen virtuellen Barista-Assistenten in der Tasche, der dabei hilft, das perfekte Kaffeeerlebnis für jeden Kunden zu kreieren.

«Wir wollen, dass jeder Gastronomiebetrieb, ob Café, Restaurant oder Bar, die volle Kontrolle über seinen Kaffee hat – von der Bohne bis zur Tasse.»

Welche Rolle spielt die KI genau?

Die Künstliche Intelligenz ist das Herzstück unserer Technologie bei Mikafi. Ihre Hauptaufgabe ist es, das Kaffeerösten zu optimieren und zu personalisieren, um die Qualität und Konsistenz des Endprodukts zu gewährleisten. Das beinhaltet:

Die Rolle der KI bei Mikafi ist es, den Benutzern zu ermöglichen, die Kunst des Kaffeeröstens zu meistern, ohne dass sie selbst Experten sein müssen. Sie nimmt die Unwägbarkeiten aus dem Prozess heraus und sorgt für ein konsistent hohes Qualitätsniveau, während sie gleichzeitig die individuellen Vorlieben respektiert und berücksichtigt.

Von Anfang an war Ihnen Fairness und Transparenz entlang der Versorgungskette wichtig. Wie zeigt sich das auf der Plattform?

Fairness und Transparenz sind entscheidende Grundprinzipien für Mikafi. Unsere Plattform manifestiert diese Prinzipien auf vielfältige Weise. Zum Beispiel Herkunftsinformationen: Jede Bohne auf unserer Plattform ist mit detaillierten Informationen über ihre Herkunft versehen. Dies ermöglicht es den Nutzern, zu erfahren, wo und wie ihr Kaffee angebaut wurde und wer die Menschen dahinter sind.

Wie sieht es mit den Importeuren aus?

Mikafi selbst hat keine direkten Beziehungen zu den Kaffeebauern. Anstatt selbst direkt zu importieren oder Beziehungen zu Farmen aufzubauen, haben wir uns entschieden, mit ausgewählten Import-Partnern zusammenzuarbeiten. Diese Partner teilen unsere Werte von Fairness und Transparenz und bringen ihre etablierten Beziehungen zu den Farmern in die Plattform ein. Auf diese Weise können wir sicherstellen, dass unsere Standards entlang der gesamten Lieferkette eingehalten werden, und die Bauern gleichzeitig einen fairen Preis für ihre Produkte erhalten.

Eines unserer Hauptanliegen ist es auch, die Kostenstrukturen innerhalb der Lieferkette offenzulegen. So kann der Nutzer genau nachvollziehen, welcher Anteil seines Geldes an die Bauern weitergegeben wird.

Mit Hilfe von KI und Nutzerfeedback können unsere Partner und Kaffeeproduzenten zusätzlich direkt Rückmeldungen zu ihren Produkten erhalten. Dies ermöglicht kontinuierliche Verbesserungen und Anpassungen.

Ausserdem heben heben wir jene Kaffeebauern und Importeure hervor, die sich besonders für nachhaltige und faire Praktiken engagieren. In allem, was wir tun, steht das Prinzip der Fairness im Vordergrund. Durch unsere bewusste Entscheidung, mit Import-Partnern zusammenzuarbeiten, können wir sicherstellen, dass dieser Wert in jedem Schritt unserer Kaffeeversorgungskette realisiert wird.

«Wir können sicherstellen, dass unsere Standards entlang der gesamten Lieferkette eingehalten werden, und die Bauern gleichzeitig einen fairen Preis für ihre Produkte erhalten.»

Was zeichnet die Mini-Röstanlage «MikafiOne» aus?

Die IoT-Röstmaschine «MikafiOne» ist das Ergebnis unserer Vision, Kaffeeliebhabern ein einmaliges Erlebnis und eine beispiellose Kontrolle über den Röstprozess zu bieten. Einige der herausragenden Eigenschaften, die «MikafiOne» von anderen Röstanlagen unterscheiden sind das kompakte Design, die intuitive Design, die KI-gestützten Röstprofile, die Möglichkeit, direkt vor Ort zu rösten, die Nachhaltigkeit und Transparenz und Bildung, denn «MikafiOne» bietet eine Möglichkeit, Kunden über den Röstprozess zu informieren und sie in die faszinierende Welt des Kaffees einzuführen.

Insgesamt ist die «MikafiOne» Röstanlage ein Game-Changer für jeden, der seine Kunden mit frisch geröstetem Kaffee von höchster Qualität versorgen möchte und gleichzeitig den gesamten Röstprozess in die eigenen Hände nehmen will. Es geht nicht nur um das Rösten von Kaffee, sondern auch darum, eine ganzheitliche Kaffeeerfahrung zu schaffen.

Sie bauen die Röstmaschine in Zusammenarbeit mit Thermoplan. Welches sind die besonderen Anforderungen?

Es gab spezielle Anforderungen, die wir für die Röstanlage festgelegt haben wie Präzision, Schnelligkei und Effizienz, Benutzerfreundlicheit, Nachhaltigkeit, Konnektivität und Wartungsfreundlichkeit. Thermoplan brachte ihre umfangreiche Erfahrung im Maschinenbau und ihre technologischen Ressourcen in die Partnerschaft ein, während wir von Mikafi unser Kaffee-Know-how und unsere Vision beisteuerten. Zusammen haben wir eine Röstanlage entwickelt, die diesen spezifischen Anforderungen gerecht wird und die Kaffeeröstung revolutioniert.

Sie haben Mikafi 2019 zusammen mit Claudio Vögtli gegründet. Welches waren bis heute die grössten Herausforderungen?

Die Reise mit Mikafi war, wie bei vielen Startups, geprägt von zahlreichen Herausforderungen. Eine der schwierigsten Perioden für uns war die Startphase der Finanzierung. In unserem Pilotprojekt mussten wir zunächst Awareness für unser Produkt aufbauen und auch die Technologie dahinter erklären. Nachdem wir grosse Fortschritte bei unserer Plattform und der Herstellung des Produktes erzielt hatten, kam schliesslich auch die Marktvalidierung, die uns dahin gebracht hat, wo wir heute sind. Die Corona-Pandemie brachte zusätzliche Unsicherheit in die Investitionslandschaft, wodurch es umso schwieriger wurde, alternative Finanzierungsquellen zu finden.

Dann wäre die Komplexität des Angebots zu nennen: Mikafi ist nicht nur eine Hardware- oder Softwarelösung, sondern eine Verbindung aus beidem, ergänzt durch Daten und Analysen. Diese Mehrschichtigkeit machte es für potenzielle Investoren manchmal schwer verständlich, was genau unser Geschäftsmodell ist und welche Wertschöpfung wir bieten. Ausserdem waren wir nicht nur ein weiterer Akteur im Kaffeebereich; wir definierten eine völlig neue Kategorie. Das erforderte viel Erklärungsarbeit, sowohl gegenüber Investoren als auch potenziellen Kunden.

Aufgrund der oben genannten Herausforderungen gab es viele, die an der Realisierbarkeit und dem Erfolg von Mikafi zweifelten. Dies erforderte nicht nur eine immense innere Überzeugung von Claudio, dem Team und mir, sondern auch das ständige Bemühen, andere von unserer Vision zu überzeugen. Trotz der Hindernisse sind wir stolz darauf, wo wir heute stehen, und sind begeistert von dem, was die Zukunft für Mikafi bereithält.

Mitte Oktober haben Sie Mikafi an einer Gastro-Fachmesse in Mailand präsentiert. Welches sind die nächsten Schritte?

Die Gastro-Fachmesse in Mailand war ein bedeutsamer Meilenstein für uns. Es war eine Gelegenheit, Mikafi einem breiten Fachpublikum vorzustellen, Kontakte zu knüpfen und direktes Feedback zu erhalten. Aber dies ist natürlich nur der Beginn. Nach der Messe planen wir, Mikafi in weiteren Schlüsselmärkten in Europa zu launchen. Wir möchten unsere Zusammenarbeit mit Kaffeeimporteuren, Distributoren und anderen Branchenakteuren vertiefen, um den Zugang zu qualitativ hochwertigen Bohnen und den Wissenstransfer zu fördern.

Basierend auf dem Feedback, das wir von der Messe und den frühen Nutzern erhalten haben, planen wir, unsere Plattform und Röstmaschine weiter zu verbessern und zu optimieren. Wir werden Schulungsprogramme für Gastronomen und Baristas anbieten, um sie über die Vorteile von frisch geröstetem Kaffee und die Möglichkeiten von Mikafi zu informieren.

Langfristig sehen wir ein grosses Potenzial für Mikafi in anderen Teilen der Welt. Daher werden wir Marktforschung betreiben und strategische Schritte unternehmen, um in neue Märkte einzutreten. In Übereinstimmung mit unserer Verpflichtung zu Transparenz und Fairness planen wir, unsere Bemühungen in Richtung nachhaltigere Praktiken zu intensivieren und uns mit Initiativen zu verbinden, die einen positiven Einfluss auf die Kaffeebranche haben.

Die Reise von Mikafi hat gerade erst begonnen, und wir sind fest entschlossen, unser Engagement für Qualität, Innovation und Nachhaltigkeit fortzusetzen.

Herr Disler, besten Dank für das Interview.

Mikafi

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