Markus Boss, Vorsitzender Geschäftsleitung Regiobank Solothurn, im Interview

Markus Boss, Vorsitzender Geschäftsleitung Regiobank Solothurn, im Interview
Markus Boss, Vorsitzender der Geschäftsleitung Regiobank Solothurn. (Foto: Regiobank Solothurn)

Von Robert Jakob

Moneycab.com: Herr Boss, bei den Wohnliegenschaften am Jurasüdfuss kann man sicherlich nicht von einer Immobilienblase sprechen. Gilt das auch für Renditeliegenschaften?

Markus Boss: Es ist in der Tat so, dass die Immobilienpreise in unserem Marktgebiet in den letzten Jahren nur moderat gestiegen sind. Eine generelle Immobilienblase stellen wir nicht fest. Renditeliegenschaften sind jedoch auch bei uns stark nachgefragt. Nebst institutionellen Anlegern und Firmen investieren zunehmend auch Privatpersonen in Liegenschaften, die sie dann vermieten. Aufgrund des sehr tiefen Zinsniveaus ist der vom Markt akzeptierte Kapitalisierungssatz laufend gesunken. Die heute bezahlten Preise für Renditeliegenschaften sind deshalb teilweise zu hoch und nicht nachhaltig. Sobald die Zinssätze ansteigen werden, kommen die Preise für die Mehrfamilienhäuser unter Druck.

Ihre Bank betreibt ein sehr vorsichtiges Kredit- und Hypothekargeschäft. Dies im Gegensatz zu manch überregionalem –Institut.  Kommt es dadurch zu „Gedränge“ im Raum Solothurn?  

Unsere Beurteilungskriterien, die wir bei der Gewährung von Hypotheken, Darlehen und Krediten anwenden, sind seit Jahren unverändert konservativ. Entsprechend sehr solide präsentiert sich unser Ausleihungsportefeuille. Wir stellen fest, dass sich die einzelnen Mitbewerber sehr unterschiedlich verhalten und ihre Angebote je nach Marktsituation variieren, sei es in Bezug auf die Zinssätze oder auch mit sehr weitgehenden Belehnungen. Die traditionellen Banken verhalten sich jedoch im Allgemeinen innerhalb vernünftiger Bandbreiten. Neue Marktteilnehmer  wie Versicherungen, Makler und Pensionskassen treten wesentlich aggressiver auf. Sie versuchen, mit marktverzerrenden Konditionen Volumen zu gewinnen. Wir glauben nicht, dass mit diesen Zinssätzen die Zinsänderungsrisiken, die sich vor allem bei langfristigen Festhypotheken ergeben, wirkungsvoll abgesichert werden können. Dieses Risiko kann bei steigenden Zinssätzen – nebst dem tendenziell zunehmenden Bonitätsrisiko – rasch schlagend werden.

«Ein höheres Wachstum an Kundengeldern als an Ausleihungen ist langfristig gesunder als umgekehrt.»
Markus Boss, Vorsitzender der Geschäftsleitung Regiobank Solothurn

In den letzten Jahren konnte die Regiobank Solothurn die Kundengelder in Prozent der Ausleihungen stetig steigern. Definieren Sie einen Grenzwert als Zielgrösse?

Das überdurchschnittliche Kundengeldwachstum freut uns, da es Beweis des grossen Vertrauens der Bevölkerung in die Solidität und Seriosität der Regiobank ist. Strategisch existiert kein eigentlicher Grenzwert. Vielmehr ist es unsere Absicht, weiter gesund zu wachsen. Ein höheres Wachstum an Kundengeldern als an Ausleihungen ist langfristig gesunder als umgekehrt – auch wenn die Refinanzierung im Moment via Gelder auf dem Kapitalmarkt günstiger bewerkstelligt werden könnte. Sollte sich der Kundendeckungsgrad auf über 100 % erhöhen, würden wir uns Massnahmen überlegen. Ausgeschlossen ist, dass wir das Ausleihungswachstum aggressiv und auf Kosten der Qualität steigern werden.

Für Auslandkunden verlangt die Regiobank eine jährliche Gebühr von satten 240 CHF. Haben Sie überhaupt ausländische Kunden?

Ja, die Regiobank bedient ausländische Kunden, wobei der grösste Teil davon im Ausland lebende Schweizer (oft Doppelbürger) betrifft oder Kunden, die sonst eine Beziehung zu Solothurn haben. Die gesamten Assets under Management sind deutlich tiefer als die von FATCA als Grenzwert definierten 2 Prozent.

Auch eine Regionalbank muss den ganzen AIA-Bürokratismus mitmachen. Die einzuhaltenden Vorschriften sind über 300 Seiten lang. Eine Knacknuss für die Informatikabteilung?

Die technische und organisatorische Umsetzung der AIA-Vorschriften ist tatsächlich anspruchsvoll. Wir können bei der Implementierung der Programmerweiterungen jedoch von unserer Mitgliedschaft in der Esprit-Netzwerk AG profitieren. Das AIA-Projekt wird zusammen mit den anderen Mitgliedbanken bearbeitet. Alle Esprit-Banken arbeiten mit Finnova, einer Software, die bei vielen Schweizer Banken im Einsatz ist und die entsprechend nötigen Erweiterungen rechtzeitig entwickelt, testet und zur Verfügung stellt.

«Unser Fokus richtet sich nicht auf die Maximierung von Erträgen aus, sondern auf die Optimierung der Kosten und Leistungen.»

Sie sind Mitbegründer des IT-Netzwerkes Esprit. Bei Ihrer Zentrale in Solothurn wird die Esprit-Netzwerk AG  auch gemanaged. Mit welchen Erträgen können Sie da in den  nächsten Jahren rechnen?

Unser Fokus richtet sich nicht auf die Maximierung von Erträgen aus, sondern auf die Optimierung der Kosten und Leistungen. Dank den Ende 2015 neu zum Esprit-Netzwerk gestossenen 10 Regionalbanken, konnten wir unsere Einkaufspower weiter stärken, unsere Professionalisierung erhöhen sowie das Dienstleistungsangebot zu Gunsten der Banken optimieren. Dies wird es uns erlauben, die Kosten langfristig tief zu halten und gleichzeitig die Dienstleistungen weiter auszubauen, genauso wie es den Anforderungen der Banken entspricht.

Vier Filialen und ein Hauptsitz:  Das ist überschaubar. Im 2017 wird der Neubau in Zuchwil fertig. Besteht langfristig noch irgendwo anders Erneuerungsbedarf?

Nach Abschluss unseres Neubaus in Zuchwil sind alle unsere Filialen gut im Schuss. Als nächstes werden wir die Kundenzone an unserem Hauptsitz komplett neu konzipieren und nach modernsten Erkenntnissen umbauen. Ein entsprechendes Planungsprojekt läuft seit anfangs Jahr.

Die Beteiligung an der  IG-Leasing ist zu einem wichtigen Ertragsstandbein geworden. IG-Leasing ist schwerpunktmässig im Investitionsgüterleasing tätig. Da sich das Investitionsklima verbessert, sollte das Geschäft in den nächsten Jahren deutlich anziehen, oder?

IG Leasing funktioniert operativ ausgezeichnet. Wie unsere Mitbewerber auch, spürten wir in den letzten zwei Jahren die Auswirkungen der Aufhebung des Euro-Mindestkurses. Die Firmen waren nämlich mit Investitionen zurückhaltend. Dank unserer Flexibilität und der Nähe zu den Kunden konnten wir den Rückgang der bei IG Leasing geleasten Gütern jedoch in Grenzen halten. Aufgrund unserer strengen Beurteilungskriterien konnten wir zudem die Risiken im Griff behalten. Seit einigen Monaten spüren wir eine Belebung der Nachfrage und rechnen deshalb mit einer deutlichen Steigerung des Volumens. Dabei wollen wir jedoch unsere bewährten Grundsätze beibehalten.

Wie ist der Stand beim geplanten Verkauf des Aktienpaketes an der Seilbahn Weissenstein?

Das Aktienpaket befindet sich immer noch in unserem Besitz. Aktuell wird der Verkauf nicht mehr aktiv forciert. Wir bleiben mit möglichen Käufern in Kontakt und sind nach wie vor gewillt, die Aktien zu verkaufen.

«Wir schätzen die Einwohnergemeinde der Stadt Solothurn als Ankeraktionärin der Regiobank Solothurn AG sehr und konnten bisher ausgezeichnet mit den Verantwortlichen der Stadt zusammenarbeiten.»

Und wie sieht es beim Beteiligungsabbau der Stadt Solothurn  an der Regiobank aus?

Wir schätzen die Einwohnergemeinde der Stadt Solothurn als Ankeraktionärin der Regiobank Solothurn AG sehr und konnten bisher ausgezeichnet mit den Verantwortlichen der Stadt zusammenarbeiten. Die Diskussionen rund um einen möglichen Abbau dieser Beteiligung ist eine politische Angelegenheit,  und wir kommentieren diese nicht.

Wieso soll die Restbeteiligung überhaupt veräussert werden? Die Regiobank-Aktie kann doch nie so weit wie seinerzeit die Alpiq-Aktie fallen?

Die Kursentwicklung der Regiobankaktie war bisher sehr gleichmässig und stabil. Der Wert der Aktie nahm in den letzten Jahren laufend zu, dies auch aufgrund des erfreulichen Geschäftsganges und der dadurch möglichen hohen Thesaurierung. Zudem sind unser Image und unsere Verankerung in der Region sehr gut. Wir sind überzeugt, dass sich der Aktienkurs auch in Zukunft positiv entwickeln wird.

Wieso hat die Regiobank mit RegioClub eine Plattform aufschaltet, die nur Gratis-Verlosungen  anbietet? In dieser Form ist das bei Banken einmalig.

Es gibt in unserer Region, insbesondere in unserer Kulturstadt Solothurn, viele interessante und einmalige Anlässe. Die Regiobank unterstützt laufend und sehr breit gefächert viele dieser Veranstaltungen. Mit dem RegioClub können wir einerseits Tickets für Anlässe verlosen und andererseits erreichen, dass viele Personen – eben auch Nichtkunden – unsere Homepage besuchen. Die Besucher lernen uns so kennen, erhalten einen vertieften Einblick und lesen unsere vielfältigen Informationen. Wir hoffen natürlich, dass dadurch möglichst viele Noch-Nicht-Kunden unsere langfristig zufriedenen Kunden und Aktionäre werden.

Zum Gesprächspartner:
Markus Boss, geboren am 12.12.1962 ist verheiratet und Vater dreier Söhne. Er wohnt in Rüttenen/SO. Nach einer Ausbildung als Buchhalter mit eidg. Fachausweis und zum eidg. dipl. Bankfachexperte absolvierte Boss auch die Swiss Banking School. Seit 1.12.2001 ist er CEO der Regiobank Solothurn AG. Vorher war er Direktor der RBA-Zentralbank, Bern. Markus Boss ist VR-Präsident der Esprit Netzwerk AG und in den Verwaltungsräten der IG Leasing AG, der EFIAG (Emissions- und Finanz AG), des Flugplatzes Grenchen und der Rythalle Solothurn aktiv. Seine Hobbies sind neben der Familie das Fliegen (Inhaber Privatpilotenlizenz), Aktivsport und  Musik.

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