Markus Graf, CEO Swiss Prime Site AG
Markus Graf, CEO Swiss Prime Site AG. (Foto: Swiss Prime Site)
von Radovan Milanovic
Moneycab: Mit der Änderung der Organisationsstruktur integriert die Geschäftsleitung von Swiss Prime Site weitere Spezialisten, die bislang im Rahmen eines Managementvertrags für Swiss Prime Site unter Real Estate Asset Management (REAM) der Credit Suisse AG tätig waren. Was wird sich für SPS mit diesen Schritten konkret ändern?
Markus Graf: Unmittelbar wird sich nichts ändern, ausser dass das vierköpfige Management sowie weitere 10 – 15 Immobilienprofis direkt bei Swiss Prime Site angestellt werden. Mit einem Portfolio von mittlerweile CHF 8.4 Mrd. wollen wir uns jedoch eine Struktur geben, die das Know-how kompakt bündelt und die Entscheidungswege weiter verkürzt. Dadurch werden wir noch besser auf neue Herausforderungen und Geschäftsmöglichkeiten vorbereitet sein.
„Bei den Mietwohnungen haben wir den politisch gewollten Referenzzinssatz, der seit einigen Jahren zu sinkenden Renditen führt.“
Markus Graf, CEO Swiss Prime Site AG
Im kürzlich erfolgten Interview mit der Handelszeitung vertraten Sie die Meinung, dass Wohnimmobilien aufgrund der fehlenden Indexierung der Mietverträge im Vergleich zu Büroflächen nicht attraktiv seien. Tatsache ist doch, dass aufgrund fehlenden Wohnraums, zum Beispiel im Ballungsraum Zürich, die Mieterträge bei Wohnungen über Luxussanierungen höhere Renditen erbringen.
Ich habe nicht gesagt, Wohnungen seien nicht attraktiv, sondern dargelegt, dass der Vermieter von Büro- oder Verkaufsflächen im Fall steigender Lebenshaltungskosten und höherer Zinsen besser fährt, weil die Mietverträge indexiert sind. Sie bieten sozusagen einen Inflationsschutz. Bei den Mietwohnungen haben wir den politisch gewollten Referenzzinssatz, der seit einigen Jahren zu sinkenden Renditen führt. Kommt hinzu, dass Mieterwechsel bei kommerziellen Flächen seltener sind, was die Unterhalts- und Verwaltungskosten senkt und die Rendite positiv beeinflusst.
Im Übrigen halten wir den Wohnungsmarkt durchaus für attraktiv. Sonst würden wir auf dem Maag-Areal in Zürich nicht 137 Mietwohnungen und 82 Eigentumswohnungen bauen.
In der Zürcher Innenstadt stehen tausende von Quadratmetern an Büroflächen an bester Lage unbenutzt, da viele Dienstleister wie Banken und Versicherungen, konkret die UBS, die Credit Suisse, die Allianz… die City entleeren und in die kostengünstigere Agglomeration oder gar in ausserstädtische Gemeinden ziehen. Anderseits setzen Sie auf hochpreisige gewerbliche Immobilien in Zürich…
Dieser Trend ist nicht neu. Schon vor Jahrzehnten haben grosse Firmen rückwärtige Dienste in die Agglomeration verlegt. Ähnliche Entwicklungen sehen wir auch heute. Ein gutes aktuelles Beispiel ist die Zürich Versicherungs-Gesellschaft. Sie wird Mitte 2014 in das Dienstleistungsgebäude SkyKey einziehen, welches wir in Zürich-Oerlikon bauen. Die Innenstädte werden weiterhin attraktiv bleiben und sich deswegen nicht entleeren. Es gibt einfach andere Mieter, innovative Nutzungen, neues Leben, neue Chancen.
Colliers International Zürich rechnet für die Stadt Zürich mit höheren Leerstandsraten an besten Lagen. Neue Mieter könnten nur durch Mietpreissenkungen von 10% bis 20% um Mieter angelockt werden. Wie stehen Sie zu dieser Aussage?
Solange die schweizerische Wirtschaft wächst − und das tut sie weiterhin − und die Tertialisierung zunimmt, bin ich zuversichtlich. Natürlich versuchen Mietinteressenten, neue Flächen günstiger anzumieten. Oft gelingt dies ja auch, vielleicht auch deshalb, weil die bisherigen Mieten nicht mehr marktkonform waren. Die Höhe der Miete ist aber in der Regel nur eines von mehreren Entscheidungskriterien. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es sehr geschätzt wird, wenn der Vermieter nicht nur Flächen bereitstellt, sondern sich engagiert, um die Raum- und Nutzungsbedürfnisse des Mieters zu befriedigen. Dazu gehören z.B. Beratung und Unterstützung beim Innenausbau, bei der Nutzung der Infrastruktur mit anderen Mietern, beim Pooling von Parkplätzen usw. Die Gewinnung und Bindung von Mietern läuft nicht nur über den Preis.
„Die Innenstädte werden weiterhin attraktiv bleiben und sich deswegen nicht entleeren. Es gibt einfach andere Mieter, innovative Nutzungen, neues Leben, neue Chancen.“
Wüest & Partner gehen sogar davon aus, dass leer stehende Büroimmobilien in der Stadt Zürich mittel- und langfristig in Wohnungen umgebaut werden könnten. Wäre auch dies ein Ansatz für SPS?
In Einzelfällen ja, wenn wir zum Schluss kommen, dass sich mit Büronutzungen keine vernünftige Rendite mehr erzielen lässt. Voraussetzung ist aber, dass sich die Umnutzung lohnt und sich vom Preis her auch vermieten lässt.
Mit der Abwanderung der Arbeitsplätze der Finanz- und Versicherungsbranche dürften auch andere Dienstleister des Konsumsektors folgen, da schlichtweg die Konsumenten ausbleiben dürften. Ich denke dabei an die Liegenschaft Jelmoli mit einem Marktwert von 700 Millionen Franken. Wird diese Investition nicht zu einem Klotz am Bein?
Nein. Das Jelmoli-Gebäude ist und bleibt ein Juwel. Ich erwähnte nur die Highstreet-Lage im führenden Wirtschaftszentrum der Schweiz, die Hochwertigkeit des Gebäudes und der Infrastruktur, die hohe Kaufkraft der Bevölkerung und die Ausgabefreudigkeit vieler Touristen. Viele Investoren beneiden uns um diese Liegenschaft − zu Recht.
Sie gaben bekannt, unter „Global Prime Site“ die Schaffung eines neuen Anlagevehikels zu planen, das Geschäftsimmobilien an ausgewählten, hochwertigen Lagen umfasst. Sind diese Erwartungen in Anbetracht der gedämpften Konsumaussichten, nicht allzu optimistisch?
Wir sind überzeugt, dass die Picking-Strategie, die Swiss Prime Site in der Schweiz betreibt, auch global funktioniert. Statt in Basel, Genf oder Zürich würde das neue Immobiliengefäss vielleicht in München, Chicago oder Tokio investieren, aber immer nach den bewährten Selektionskriterien, d. h. erstklassige Gebäude, erstklassige Lagen und erstklassige Mieter mit langjährigen Verträgen. Die Wachstumspotenziale auf den internationalen Immobilienmärkten sind vorhanden. Man muss sie nur erkennen und ausschöpfen. Die Global Prime Site wäre vor allem für Investoren gedacht, die eine tiefe oder sogar eine negative Korrelation zu Assetklassen wie schweizerische Immobilien, Aktien oder Obligationen suchen. Damit keine Missverständnisse entstehen, halten wir aber klar fest, dass nicht die bestehende Swiss Prime Site in solche Immobilien oder Gefässe investiert, sondern diese eine neue, eigenständige Firma wäre.
Liegen die Gründe der Verkäufe des Einkaufszentrum Volkiland sowie der Liegenschaft an der Vadianstrasse in St. Gallen in Hinblick auf die Neuausrichtung Ihres Immobilienportefeuilles auf hochwertige grössere Einzelobjekte?
Nein, Sie suchen zu weit. Wir haben nichts anderes gemacht, als das hohe Bewertungsniveau und die Zahlungsbereitschaft des Markts genutzt, um das Übergewicht der Retailimmobilien nach der Jelmoli-Akquisition etwas abzubauen.
Swiss Prime Tower trägt das das Gütesiegel „greenproperty“, welches ökologische, ökonomische sowie soziale Aspekte abdeckt. Dabei werden über 80 Indikatoren berücksichtigt, welche fünf Dimensionen umfasst wie die Nutzung, Infrastruktur, Energie, Materialien, Lebenszyklus. Welche Bedeutung und Nutzen hat dieses Label für SPS?
Es ist sehr wichtig, weil greenproperty ähnlich wie das Deutsche Gütesiegel Nachhaltiges Bauen (DGNB) einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt und den Fokus nicht primär auf die Fassadenisolierung oder die Energieeffizienz legt. greenproperty gehört wie das DGNB zu den Bewertungssystemen der 2. Generation, während LEED und Minergie zur 1. Generation gezählt werden. Die höchste Strahlkraft hat allerdings das amerikanische LEED, weil es international weit verbreitet ist und professionell vermarktet wird.
„Sihlcity ist voll vermietet. Für die Detailhandelsflächen wird eine Warteliste geführt.»
Wie hat sich Ihre Investition Sihlcity, an dem Swiss Prime Site zu 24,2% beteiligt ist, nach den Anlaufschwierigkeiten entwickelt? Hat sich Ihr Konzept nach der Massgabe eines „Urban Entertainment Centers“ bewährt?
Ja, in jeder Beziehung. Sihlcity wurde per 31. Dezember 2011 mit CHF 793 Mio. bewertet. Dies ist gegenüber der Investitionssumme ein Plus von über 32% oder CHF 193 Mio. Daran partizipiert Swiss Prime Site entsprechend ihrem Miteigentumsanteil. Sihlcity ist voll vermietet. Für die Detailhandelsflächen wird eine Warteliste geführt. Die Kunden und Besucher haben das Konzept verstanden und schätzen es, das vielfältige Sihlcity-Angebot zu nutzen.
Entwickelt sich Sihlcity in Zürich nicht teilweise als Konkurrenz zum Entertainment-Quartier Maag Areal mit der Umgebung rund um den Escher-Wyss Platz?
Das glaube ich nicht. Die Angebote und die Ambiance sind doch recht unterschiedlich und ziehen ein unterschiedliches Publikum an. Dass es gewisse Überschneidungen geben kann, mag ich nicht ausschliessen.
Die aktuellen externen Einflüsse der globalen Finanz- und Kapitalmärkte machen es schwierig längerfristige Prognosen der Zinsentwicklung aufzustellen. Wie gehen Sie diese Unsicherheiten an?
Unsere Fremdfinanzierung ist mittel- bis langfristig strukturiert. Die durchschnittliche gewichtete Restlaufzeit aller Kreditverbindlichkeiten beträgt über vier Jahre. Auch auf der Ertragsseite sind die Risiken begrenzt, weil die meisten Mietverträge noch viele Jahre dauern. Über 35% der Mieteinnahmen basieren auf Verträgen, die acht Jahre oder mehr laufen. Fast alle Verträge sind indexiert.
Eine wichtige Wachstumsschiene ist das Projektgeschäft, in dem Swiss Prime Site ein enormes Know-how aufgebaut hat.
Welche mittel- und langfristigen Ziele verfolgt Swiss Prime Site?
Wir streben weiterhin ein ertragsstarkes Wachstum an. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir Sorge tragen, dass unsere Liegenschaften immer «prime» sind. Dies erfordert regelmässige Portfoliobereinigungen. Eine wichtige Wachstumsschiene ist das Projektgeschäft, in dem Swiss Prime Site ein enormes Know-how aufgebaut hat. Dieses wollen wir in Zukunft noch stärker nutzen. Dabei hilft uns, dass wir mit einer Portfoliogrösse von CHF 8.4 Mrd. auch sehr grosse Projekte anpacken können, ohne ein Klumpenrisiko einzugehen.
Der Gesprächspartner:
Markus Graf ist sowohl CEO Swiss Prime Site als auch Head Real Estate Asset Management Switzerland der Credit Suisse. Nach Führungsaufgaben in mehreren Bau- und Immobilienunternehmen nahm Markus Graf 1995 seine leitende Tätigkeit bei Credit Suisse AG, Real Estate Asset Management, Zürich, auf (Managing Director). Seit 01.12.2000 ist er Geschäftsführer von Swiss Prime Site.
Das Unternehmen:
Swiss Prime Site AG ist die führende Immobilien- Investmentgesellschaft der Schweiz. Ihr Portfolio im Wert von CHF 8,4 Mrd. besteht aus erstklassigen, wertbeständigen Verkaufs- und Geschäftsliegenschaften an besten städtischen Lagen. Swiss Prime Site zeichnet sich durch eine hohe Ertrags- und Kapitalkraft sowie ein hervorragendes Rendite-Risiko-Profil aus. Die Gesellschaft ist seit 2000 an der SIX Swiss Exchange kotiert und weist eine Börsenkapitalisierung von rund CHF 4,1 Mrd. auf.