Markus Mahler, CEO Brack.ch AG, im Interview

Markus Mahler

Markus Mahler. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Mahler, im Rahmen eines umfassenden Führungswechsels bei der Competec Holding geben Sie Ihre Funktion als CEO von Brack.ch und Alltron ab. Was hat Sie zu diesem Schritt veranlasst?

Markus Mahler: Letzten Sommer teilte ich Roland Brack und Martin Lorenz mit, dass ich mich mittelfristig persönlich verändern möchte. Nach zehn Jahren bei Competec ist die Zeit reif für etwas Neues. Mir war es wichtig, die Nachfolge in Ruhe und sauber regeln zu können und mich nicht gleich ins nächste Engagement zu stürzen, sondern auch mehr Zeit mit meiner Familie zu geniessen.

Im November wurde beschlossen, dass sich Competec aufgeteilt in die Bereiche B2B und B2C neu aufstellt. Was waren die Gründe für den Schritt und wie wird dies nun umgesetzt?

Die rasante Markentwicklung einerseits und die wachsende Komplexität der Teilmärkte andererseits waren die Gründe. Die Marktbearbeitung erfolgt bei Endkonsumenten mit anderen Tools als bei Geschäfts- und Handelskunden. Sind bei letzteren Beziehungspflege und Aussendienst wichtig, erreichen wir Endkunden mit Breitenkommunikation über Massenmedien. Um dem Rechnung zu tragen, hat man nun auch Kompetenzen in den entsprechenden Bereichen gebündelt, anstatt wie bis anhin alle Mitarbeitenden mit derselben Funktion, etwa Verkauf, in der selben Abteilung zusammenzufassen.

Neu arbeiten wir mit Einheiten, die Einkaufs- und Marketingkompetenz abgestimmt auf das jeweilige Kundensegment und auf zusammengehörige Sortimentskategorien vereinen. Je nach Geschäftseinheit kommen auch noch Vertriebs- oder Tech-Support-Funktionen hinzu. So, denken wir, können wir noch besser als bisher auf die Bedürfnisse unserer heterogenen Kunden eingehen und die Märkte noch effektiver bearbeiten.

«Neu arbeiten wir mit Einheiten, die Einkaufs- und Marketingkompetenz abgestimmt auf das jeweilige Kundensegment und auf zusammengehörige Sortimentskategorien vereinen.»
Markus Mahler, CEO Brack.ch

Seit Anfang März ergänzen rund 1000 haltbare Grundnahrungsmittel, Snacks und Getränke das Sortiment von Brack.ch. Was waren die Beweggründe dafür, nun auch in diesen Bereich einzusteigen?

Brack.ch hat in den vergangenen Jahren sein Sortiment schnelldrehender Konsumgüter stetig ausgebaut. Nachdem Brack.ch bereits die Sortimente Kaffee/Tee (2008), Near-Food (2014), Babynahrung (2016), Tierbedarf, Backen und Sportnahrung (alle 2017) erfolgreich eingeführt hat und Beziehungen zu diesen FMCG-Lieferanten unterhält, liegt auf der Hand, auch in den Handel mit haltbaren Lebensmitteln einzusteigen.

Was kennzeichnet das Angebot?

Beim Food-Sortiment setzen wir zum Start auf Bestseller, Lieblings- und Kultprodukte.

So richtig durchsetzen konnte sich der Online-Lebensmittelhandel im Gegensatz zu anderen Bereichen bisher nicht. Die Supermarktdichte ist gross, die Menschen haben die Produkte, zumindest Frischprodukte, die sie kaufen, gerne in der Hand. Wie wichtig kann der Bereich für Brack.ch werden?

Der Lebensmittelmarkt macht rund die Hälfte des ganzen Detailhandelsumsatzes. Da ist auch nur ein Prozent bereits richtig viel Ware. Zudem: E-Commerce ist ein Wachstumsmarkt. Wir möchten uns möglichst früh ein Stück vom Kuchen abschneiden und den Markt mitgestalten. Auch zur Erhöhung der Frequenz von Bestellungen ist das Lebensmittelsortiment attraktiv für einen Händler wie Brack.ch, der sonst schon fast alle Lebensbereiche seiner Kundinnen und Kunden abdeckt.

«E-Commerce ist ein Wachstumsmarkt. Wir möchten uns möglichst früh ein Stück vom Kuchen abschneiden und den Markt mitgestalten.»

Wie wollen Sie das Sortiment und die Dienstleistungen in diesem Bereich erweitern?

Noch dieses Jahr will Brack.ch die Aufnahme von Wein und Spirituosen (Verkauf gegen Altersnachweis) prüfen. Durch die Integration von Ziano.ch, Swiss-E-Commerce-Award-Sieger 2017 in der Kategorie Start-ups, kommen voraussichtlich ab April ausgewählte Delikatessen und ausgefallene Spezialitäten aus der ganzen Welt hinzu. Dienstleistungen wie Abos, Packages und Einkaufslisten sind angedacht.

Sind frische Lebensmittel ein Thema?

Nein, dafür sind wir logistisch momentan nicht aufgestellt. Wir gehen davon aus, dass sich der Kaufprozess von frischen Lebensmitteln in Zukunft immer mehr unterscheidet von haltbarer Vorratsware. Damit möchte man wenig zu tun haben und ist froh, wenn es zuhause immer noch einige Packungen im Vorratsschrank hat. Durch die Onlinebestellung hat man sehr wenig Aufwand: Es ist schnell zuhause, und schleppen muss man auch nicht.

In der Schweiz sind die Onlinekäufe im vergangenen Jahr um 10% gestiegen. Die Onlineeinkäufe im Ausland stiegen deutlich stärker, nämlich um 23%. Welche sind für Sie die Hauptgründe dieser Entwicklung?

Die Preise in der Schweiz sind sicherlich für viele Branchen höher als im Ausland. Gerade bei Elektronikzubehör wie etwa einem No-Name-Handyladekabel ist es für viele Konsumentinnen und Konsumenten attraktiv, so etwas bei einem chinesischen Onlinehändler zu beziehen. Es geht relativ schnell, und wenn es kaputt ankommt oder kaputtgeht, dann kauft man sich eben schnell ein Neues. Ein weiterer Grund ist, dass die chinesischen Händler es mit Verzollung nicht so genau nehmen und Ware günstiger in die Schweiz transportieren können als Schweizer Händler selbst, wodurch die Versandkonditionen gegenüber den Konsumenten sehr attraktiv erscheinen.

Suchen Sie mit Lebensmitteln auch nach Segmenten, die davon weniger betroffen sind, als beispielsweise TV, Audio & Foto oder IT & Mobile?

Das war nicht die Hauptmotivation dabei. Haltbare Lebensmittel lassen sich über unsere Logistik ideal lagern und ausliefern, es waren also keine substanziellen Modifikationen nötig.

Ein wichtiges Argument für einen Onlineeinkauf bei Schweizer Anbietern ist die schnelle Lieferung oder die Möglichkeit, die Waren abzuholen. Welches sind weitere Merkmale, die heute die Differenz zu ausländischen Anbietern wie Alibaba oder Amazon ausmachen?

Service- und Garantieleistungen zum Beispiel. Oder ein Aspekt wie die Sicherheit, dass das, was hierzulande verkauft wird, auch den hiesigen Gesetzen und Sicherheitsnormen entspricht.

Seit letztem Herbst können Bestellungen bei Brack.ch auch an den 370 PickMup-Standorten der Migros abgeholt werden. Wie hat sich dieser Dienst angelassen?

Der Dienst erfreut sich steigender Beliebtheit und die Anzahl Aufträge ist schneller gewachsen als bei unseren Same-day-Delivery-Angeboten. Das bestätigt unsere Annahme, dass die Kunden nicht unbedingt alles noch schneller haben wollen, sondern auch flexibel innerhalb ihres Tagesablaufs bestimmen können, wo und wann sie ihre Bestellung abholen.

«Ich bin davon überzeugt, dass Amazon die Verschiebung des Handelsvolumens von stationär zu online weiter beschleunigt.» 

Nochmals zurück zur ausländischen Konkurrenz: Amazon kommt Schritt für Schritt in die Schweiz. Bereits sind deutlich mehr Produkte auch in die Schweiz lieferbar und längerfristig dürften das gesamte Angebot auch hierzulande erhältlich und die Bestellungen schnell verfügbar sein. Wie gross sind die Sorgenfalten in Anbetracht der Marktstärke von Amazon?

Der Schritt war aber schon länger abzusehen. Wer nicht vorne mitspielt, wird es schwieriger haben als zuvor. Allerdings bin ich auch davon überzeugt, dass Amazon die Verschiebung des Handelsvolumens von stationär zu online weiter beschleunigt. Sprich: Amazon wird einen bedeutsamen Teil des Online-Kuchens für sich beanspruchen, und dieser Kuchen wird weiter wachsen. Daraus ergeben sich für Händler aber vielleicht auch bald Chancen, auf dem Marktplatz mitzumachen. Da Brack.ch auf anderen Sortimenten und speziell auf die Schweiz zugeschnittene Dienstleistungen stark ist, bin ich zuversichtlich, dass sich Brack.ch auch unter diesen veränderten Marktbedingungen gut behaupten wird.

Brack.ch betreibt zur Zeit an der Zürcher Bahnhofstrasse einen Pop-up-Store. Welches Ziel verfolgen Sie damit?

Wir möchten mit unseren Pop-up-Experimenten unter Beweis stellen, dass hinter einer Onlineshop-Fassade mehr stecken kann: in unserem Fall ein Schweizer Fachhändler, bei dem echte Menschen arbeiten, die Kundinnen und Kunden vor und nach einem Kauf eine gute Beratung und Betreuung geben möchten. Ausserdem möchten wir zeigen, dass wir inzwischen weit mehr als nur Elektronik «können» und auch den einen oder anderen Event organisieren, der den Besuch bei uns zum Erlebnis macht. In diesem Sinne ist es eher eine Branding-Geschichte, als dass wir mit dem Ladengeschäft Umsatz und Gewinn erwirtschaften müssten.

Ist auch ein Eintritt in den stationären Handel längerfristig möglich?

Das halten wir für unwahrscheinlich. Wir sind ein Online Pure Player und konzentrieren uns lieber darauf, was wir heute schon gut beherrschen.

Herr Mahler, besten Dank für das Interview.

Zur Person:
Markus Mahler (Jahrgang 1972), ursprünglich aus dem Lebensmittel-Grosshandel und Gründer mehrerer Start-ups, hat Competec die letzten zehn Jahre entscheidend mitgeprägt. Zuvor im Mandatsverhältnis als Unternehmenscoach für die Gruppe tätig, stiess er 2008 fix zu Competec als Verantwortlicher für die Unternehmensentwicklung und wurde später Chief Operations Officer. 2012 wurde er CEO der BRACK.CH AG, seit Mitte 2015 nahm er zusätzlich die Aufgabe als CEO der Alltron AG wahr.

Zum Unternehmen:
1994 als Einmannfirma von Roland Brack gegründet, hat sich BRACK.CH in den darauffolgenden Jahren rasant entwickelt. Schon früh setzte BRACK.CH auf das Internet und auf E-Commerce. Heute generiert die BRACK.CH AG den grössten Teil ihres Umsatzes über ihren Onlineshop BRACK.CH. Die BRACK.CH AG gehört zur Competec-Firmengruppe. Die Competec-Gruppe beschäftigt an den drei Standorten Mägenwil AG, Willisau LU und Renens VD über 600 Mitarbeitende.

Brack.ch
Competec
Firmeninformationen Competec bei monetas

Exit mobile version