Markus Naef, CEO bexio, im Interview

Markus Naef, CEO bexio (Bild: bexio)

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Naef, Sie sind seit 1. Mai 2022 CEO von bexio, nachdem sie zuvor als CEO die SwissSign Gruppe geleitet haben. Was sind die wichtigsten Neuerungen und Änderungen, die Sie bei bexio vorgenommen haben seit Ihrem Start?

Markus Naef: Sicher sollte man den Anspruch haben, innerhalb eines neuen Postens etwas bewirken und verändern zu wollen. So geht es auch mir. Ich bin aber auch der Meinung, dass man sich zuerst in ein Unternehmen, in dessen Produkt, die Kunden und in die Mitarbeitenden hineindenken muss, bevor man etwas in Angriff nimmt. Denn: Verändern kann ich als CEO nicht allein. Veränderungen und Neues – das muss vom ganzen Unternehmen mitgetragen werden. Nur so gelingt Nachhaltigkeit und vor allem eine tatsächliche Optimierung von beispielsweise Prozessen und Abläufen.

«Verändern kann ich als CEO nicht allein. Veränderungen und Neues – das muss vom ganzen Unternehmen mitgetragen werden.» Markus Naef, CEO bexio

Konkret habe ich gemeinsam mit dem Management und den Mitarbeitenden Dinge wie zum Beispiel die Förderung des internen Leaderships, den Ausbau des bexio-Ökosystems und Zukunftsthemen wie «Open Banking» angestossen.

Mit Ihnen hat der CTO Tom Sprenger von SwissSign zu bexio gewechselt. Was läuft aktuell auf technologischer Ebene?

Für Tom Sprenger gilt es, zusammen mit unserem CPO Claudio Beltrametti und deren Teams, die technische Grundstruktur weiter nachhaltig zu verbessern und auszubauen, damit wir unseren Kunden eine noch bessere User Experience bieten können. Dazu haben wir zunächst unsere Teamstruktur erweitert und so die Basis für die Skalierung auf bis zu 10 Feature-Teams geschaffen. Wir haben die Stabilität unserer Plattform weiter optimiert und beispielsweise den Einkaufsbereich erneuert sowie ältere Technologien eliminiert, um  Komplexität zu reduzieren. Damit haben wir die Basis für zahlreiche neue Projekte geschaffen, dank denen wir unseren Kunden weiterhin als zuverlässiger Partner in deren Businessalltag zur Seite stehen. 

bexio ist bei den Schnittstellen zu den Banken und Finanzdienstleistern zur weiteren Automatisierung auch abhängig von deren Offenheit. Wo stehen wir in der Schweiz bezüglich Open Finance im internationalen Vergleich, wo besteht Verbesserungsbedarf?

Seitdem SIX die Open-Banking-Plattform «bLink» im Jahr 2020 gelauncht hat, hat sich viel getan: Im letzten Jahr konnten wir unsere Business-Software mit den Schweizer Grossbanken sowie mit verschiedenen Kantonalbanken verbinden. E-Banking und Buchhaltung werden dank einem stärker automatisierten Datenaustausch noch einfacher. Damit sind wir sehr gut aufgestellt und haben die Grundlage für viele weitere Neuerungen in der Zukunft geschaffen.

Allgemein betrachtet ist es aber auch so, dass wir als Nicht-EU-Mitglied der erweiterten Zahlungsdienste-Richtlinie PSD2 nicht unterstellt sind und wir in der Schweiz noch einen grossen Nachholbedarf haben. Klar ist, dass wir Open Banking und Open Finance als Chance für den Finanzplatz Schweiz sehen. Offene Systeme erlauben durchgängig digitale Prozesse und somit eine massive Reduktion der Admin-Kosten auf Seiten unserer KMU.

Die Digitalisierung und Automatisierung verändert gerade die Rolle der Treuhänder fundamental. KMU können dank der Automatisierung viele Aufgaben selbst erledigen, von der Angebotserstellung bis zur Lohnbuchhaltung, und sparen bei den Treuhandkosten gemäss Angaben von bexio 33%. Welchen Mehrwert bietet bexio den Treuhändern, wie sehen Sie deren Rolle in der Zukunft?

Die Rolle des Treuhandberufs befindet sich schon jetzt im Wandel: Vom klassischen Buchhalter hin zum digitalen CFO. Das heisst konkret: Der Treuhänder wird seine Mandanten zunehmend in strategischen Themen beraten – er soll proaktiv und positiv auf das Geschäft seiner Mandanten einwirken können. Es muss ihm möglich sein, konkrete Handlungsempfehlungen für Einsparungen, Kostenoptimierungen und andere mögliche Stellschrauben abzugeben.

«Die Rolle des Treuhandberufs befindet sich schon jetzt im Wandel: Vom klassischen Buchhalter hin zum digitalen CFO.»

Seitens bexio versuchen wir unsere Treuhänder diesbezüglich bestmöglich zu unterstützen. Wir lancieren dafür das sogenannte bexio Cockpit, das aktuell in einer Beta-Version verfügbar ist. Damit sieht der Treuhänder wichtige KPIs immer auf einen Blick und kann Prozesse mit den Mandanten abgleichen.

bexio bietet seine Lösungen aus der Cloud an. Wo werden die Daten gehalten, wie steht es mit dem Datenschutz?

bexio speichert sämtliche Daten in zertifizierten Schweizer Rechenzentren, wobei die Rechenzentren nach ISO27001 zertifiziert sind. Kundendaten werden auf verschiedenen Systemen und an verschiedenen Orten gespeichert, um gegen Ausfall gesichert zu sein und es gibt einen Notfallplan. Den Schutz unserer Kundendaten nehmen wir sehr ernst und haben uns entsprechend frühzeitig und sorgfältig auf das revidierte Schweizer Datenschutzgesetz vorbereitet.

Seit der Übernahme durch die Mobiliar im Juli 2018 hat bexio die Zahl der Mitarbeitenden von knapp 80 auf über 150 verdoppelt, die Anzahl der Kundinnen von 15’000 auf über 67’000 mehr als vervierfacht. Wie sehen die weiteren Wachstumspläne aus, wie werden diese finanziert?

Wir freuen uns sehr, dass die stetige Weiterentwicklung unserer Business-Software im Markt Anerkennung findet und wir entsprechend mehr Kunden sowie neue, hochqualifizierte Mitarbeitende gewinnen konnten. Wir verzeichnen ein selbstfinanziertes, stabiles und gesundes Wachstum. Darüber hinaus ist es uns gelungen, im Juni dieses Jahres erstmals ein positives EBIT auf Monatsbasis zu erzielen.

Welche Rolle spielt die künstliche Intelligenz (KI) bei bexio? Wo profitieren die Kunden vom Einsatz von KI?

bexio-Kunden kennen und nutzen bereits die App «bexio Go», um QR-Rechnungen automatisch auszulesen und Lieferantenrechnungen mit den korrekten Inhalten zu erstellen. Hier haben wir mit Hilfe von KI weiter optimiert: Die App wurde neu mit der künstlichen Intelligenz «Scan2Go» verbessert. Diese KI ermöglicht den bexio-Kunden eine Belegauslese mit automatischer Verbuchung von Quittungen oder Belegen auch ohne QR-Code. Zudem werden automatisch Informationen wie Datum, Betrag und Steuersatz erkannt und dem Benutzer vorgeschlagen. Scan2Go macht es damit leichter, den Grundsatz der Buchhaltung «keine Buchung ohne Beleg» einzuhalten, und bringt so noch mehr Automatisierung und Erleichterung im Arbeitsalltag.

Welche Projekte stehen bei bexio für das kommende Jahr zuoberst auf der Liste?

Wir sind noch mitten in der Transition vom Startup zum Scaleup; diese Arbeiten müssen noch abgeschlossen werden. Dies betrifft unter anderem die Organisationsentwicklung mit dem Team, um Prozesse noch besser zu definieren.

«Wir verzeichnen ein selbstfinanziertes, stabiles und gesundes Wachstum. Darüber hinaus ist es uns gelungen, im Juni dieses Jahres erstmals ein positives EBIT auf Monatsbasis zu erzielen.»

Auf Seite IT / Produkt gilt es die Modernisierung abzuschliessen und zeitgleich neue Funktionen, Services und Innovationen für unsere Kunden auf den Markt zu bringen. Einen Fokus sehen wir auch im Aufbau des bexio-Ökosystems und dem entsprechenden Marktplatz: Dank unserem offenen Ansatz können wir unsere Kunden damit noch besser bedienen.

Darüber hinaus wird dem Ausbau der Partnerschaften 2024 eine wichtige Rolle zukommen. Hier haben wir die Treuhänder im Fokus – wir sind überzeugt, dass wir zusammen mit den Treuhändern Mehrwerte für die Treuhänder selbst, aber auch für ihre Mandanten schaffen können.

Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen die aus?

Auf geschäftlicher Ebene wünsche ich mir, dass wir mit dem bexio-Team dank Kundenfokus und Innovation unsere Erfolgsgeschichte fortsetzen können. Privat ist mein Wunsch Gesundheit – für die Menschen in meinem Umfeld und mich selbst.


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