Markus Naegeli, CEO Canon (Schweiz) AG.
Von Jolanda Lucchini
Moneycab: Herr Naegeli, Canon ist derzeit mit dem Wiederaufbau seiner Werke in Japan beschäftigt, kämpft gleichzeitig mit der Euro-Schuldenkrise, der bröckelnden US-Konjunktur und Verteuerung der japanischen Währung oder auch mit sinkenden Margen. Der Gewinn von Canon sank im 1. Quartal 2011 im Vergleich zum Vorjahr um 2,4 % auf ca. 465 Mio Euro. Wie entwickelte sich das Geschäft im 1. Halbjahr 2011 in der Schweiz?
Markus Naegeli: Wir haben das erste Halbjahr innerhalb unseren Erwartungen abgeschlossen. Unternehmen investieren nach einigen zurückhaltenden Jahren wieder vermehrt sowie in höherer Qualität in ihre IT-Infrastruktur. Dies zeigt sich insbesondere bei der Zunahme im Lösungs- und Managed-Print-Services-Geschäft. Der starke Preis- und Margendruck in unserer Branche blieb aber bestehen. Für das zweite Halbjahr sind wir ebenfalls zuversichtlich, wobei die gesamtwirtschaftliche Entwicklung entscheidend sein wird.
«Canon hat im vergangenen Jahr über 2500 Patente bei der amerikanischen Patentbehörde angemeldet. Die hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung zahlen sich somit aus.» Markus Naegeli, CEO Canon (Schweiz) AG
Die Preise von Kameras, Drucker und sogar für Profi-Camcorder werden für die Kunden immer attraktiver. Ihre Gewinnmarge sinkt dementsprechend. Wie wird sich dieser Prozess weiter entwickeln?
Die Investitionen von Canon in den Bereich Forschung und Entwicklung haben sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Marktveränderungen und der Preisdruck werden nicht nur Innovationen bei den Produkten vorantreiben. Auch bei Geschäftsprozessen und Lösungskonzepten wird es zu weiteren Innovationen kommen. Ich gehe davon aus, dass in unserer Branche der Preisdruck weiter anhalten wird.
Im ersten Halbjahr dieses Jahres verhalfen Canon die positive Konsumstimmung und zahlreiche Produktneuheiten im Kamerasegment im Geschäftsbereich Consumer Imaging zu einer Absatzsteigerung und Erhöhung der Marktanteile. Welches war das absatzstärkste Produkt?
Wir haben im vergangenen Frühjahr diverse Produktneuheiten vorgestellt. Hervorheben möchte ich insbesondere die neue IXUS 115HS – das Nachfolgemodell der IXUS 105. Sie ist seit ihrer Einführung im Frühjahr 2011 ein Verkaufsschlager. Zusammen genommen sind die beiden erwähnten IXUS-Modelle unser bestverkauftes Produktkonzept im gesamten Schweizer Markt.
Als vom Europageschäft abhängiges Unternehmen steht Canon wegen der Verteuerung der japanischen Währung nicht hoch in der Gunst von Investoren. Was schätzen Sie, wann wird die japanische Währung wieder schwächer? Von was hängt die künftige Entwicklung des Yen ab?
Die Folgen der Erdbebenkatastrophe werden das Land noch längere Zeit beschäftigen und die japanischen Unternehmen brauchen Zeit, um mit Blick auf den anhaltend starken Yen wieder zu einer soliden Profitabilität zurückzukehren. Wie sich der Yen genau entwickeln wird, ist in der heutigen globalisierten Welt natürlich von vielerlei Faktoren abhängig und kann deshalb auch nicht vorausgesagt werden. Die Herausforderungen durch akzentuierte Wechselkursveränderungen werden bestehen bleiben.
Canon reinvestiert jedes Jahr mehr in Forschung und Entwicklung, inzwischen fast 10 % des weltweiten Nettoumsatzes. Kann man nur noch mit laufend neuen Innovationen gute Gewinne erzielen?
Neue Innovationen sind tatsächlich nötig, um als Unternehmen auf dem hart umkämpften Markt von Wettbewerbsvorteilen profitieren zu können. Dank der hohen Reinvestitionen von knapp 10 % des weltweiten Nettoumsatzes in Forschung und Entwicklung nimmt Canon seit vielen Jahren einen fixen Platz in den Top 5 der neuen US-Patentanmeldungen ein. Unsere bahnbrechenden Neuheiten sorgen immer wieder für gehörige Aufmerksamkeit in der Branche, dies bei Consumer Produkten, bei Business Solutions und auch in der Medizinaltechnologie.
«Da wir hierzulande auch einige der besten Ausbildungsstätten der Welt haben, schätze ich auch die Qualität unseres Führungsnachwuchses sehr positiv ein.»
2009 verzeichnete Canon 2204 Patent-Anmeldungen. Wie sah es 2010 aus – und wie wird sich das in Zukunft entwickeln?
Canon hat im vergangenen Jahr über 2500 Patente bei der amerikanischen Patentbehörde angemeldet. Die hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung zahlen sich somit aus. Innovation ist ein Kernelement der Canon Strategie, so dass ich der festen Überzeugung bin, dass Canon als Unternehmen mit enormer Innovationskraft auch künftig einen Spitzenplatz in der besagten Rangliste belegen wird.
Die EU-Schuldenkrise der Griechen und die bröckelnde US-Konjunktur setzten Canon zu. Welche Auswirkungen spüren Sie derzeit? Mit welchen Auswirkungen rechnen Sie mittel- und längerfristig?
Gewisse Canon Ländergesellschaften haben die Auswirkungen der EU-Schuldenkrise und der Subprime-Krise in den USA stärker zu spüren bekommen als andere. Wir in der Schweiz haben bis jetzt vor allem bei unseren Consumer -Produkten insgesamt keine sinkende Nachfrage festgestellt. Ganz im Gegenteil: Dank der Frankenstärke sind viele Geräte nun billiger zu haben, was den Absatz zusätzlich angekurbelt hat. Im Business Solutions-Bereich gibt es gewisse Unternehmen, die wegen der aktuellen Wirtschaftslage im Moment nur zurückhaltend Investitionen im IT-Bereich tätigen.
Canon soll ein Werk für die Produktion der verkaufsstarken Spiegelreflexkameras in Taiwan planen. In Taiwan wüten aber regelmässig Taifune. Hält dies Canon nicht ab? Sind tiefe Löhne und die Nähe zu China ausschlaggebend, in Taiwan ein Werk zu bauen?
Als zur Region EMEA zugehörige Ländergesellschaft können wir leider keine Aussagen über Investitionen machen, die von Canon Inc. im asiatischen Raum getätigt werden.
Der Canon Chairman Fujio Mitarai wurde kürzlich im US-amerikanischen Finanzmagazin Barron’s als einer der besten 30 CEOs der Welt (Platz 14) aufgeführt. Die Anerkennung bekam er nicht zuletzt für seine Rolle bei den Wiederaufbauarbeiten. Was konkret hat er in dieser Situation als Führungskraft Ausserordentliches geleistet?
Fujio Mitarai, der Chairman von Canon Inc., hat die Anerkennung deshalb erhalten, weil er seinen fünfjährigen Wachstumsplan mit dem Ziel, die Unternehmenseinnahmen ausserhalb Japans zu steigern und Investitionen in neue Geschäftsbereiche zu tätigen, erfolgreich umgesetzt hat. Zuletzt hat er insbesondere auch bei den Wiederaufbauarbeiten nach der Erdbebenkatastrophe in Japan eine federführende Rolle übernommen. So hat er einen umfassenden Rettungsplan ins Leben gerufen und eine Earthquake Disaster Recovery Task Force gebildet, die von ihm geleitet wird. Dank dieser Sondereinheit konnte die Produktion in den meisten Werken nach kurzer Zeit wieder aufgenommen werden und ist es nur zu beschränkten Lieferverzögerungen gekommen. Gleichzeitig hat Fjujio Mitarai im Namen von Canon Inc. auch eine Spende über 300 Mio. Yen an das Japanische Rote Kreuz zur Unterstützung der Hilfsmassnahmen überwiesen.
Wie schätzen Sie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Führungsnachwuchses ein?
Die Schweizer Volkswirtschaft zeichnet sich durch eine hohe Innovationskraft und eine hoch entwickelte Geschäftskultur aus, weshalb sie international gesehen nach wie eine hohe Wettbewerbsfähigkeit aufweist. Da wir hierzulande auch einige der besten Ausbildungsstätten der Welt haben, schätze ich auch die Qualität unseres Führungsnachwuchses sehr positiv ein. Wichtig ist jedoch, dass der internationale Transfer von Führungskräften und Fachspezialisten auch künftig gewährleistet ist, damit jede Schlüsselstelle in einem Unternehmen auch mit der passenden Person besetzt werden kann. Zudem bieten wir als Lehr- und Praktikumsbetrieb jungen Arbeitskräften eine Einstiegsmöglichkeit ins Berufsleben.
Mit der Übernahme der niederländischen Océ (Schweiz) AG durch Canon Europa per 30. Juni 2011 wurden Sie zum Managing Director für den erweiterten Betrieb von Canon in der Schweiz ernannt. Welche Chancen bietet hierzulande die Zusammenlegung der Geschäftstätigkeiten von Canon und Océ?
Unsere Kunden und Vertriebspartner werden vom Zusammenschluss der beiden Unternehmen mit sehr ähnlichen Kultur- und Wertvorstellungen nur profitieren können. Das erweiterte Produktportfolio sowie der bereits stattfindende Know-how-Austausch zwischen Océ und Canon festigen unsere Spitzenposition im Premium-Segment und ermöglichen es uns gleichzeitig, in Zukunft noch innovativere Produkte, Dienstleistungen und Lösungen anbieten zu können. Unsere Partner werden zusätzlich profitieren, da ihnen mittelfristig erweiterte Möglichkeiten zum Vertrieb von Drucklösungen offenstehen werden.
Der Gesprächspartner:
Der Schweizer Markus Naegeli, 45, studierte an der ETH Zürich Naturwissenschaften und schloss mit dem Doktorat ab. Erste Berufserfahrungen erwarb er sich bei Helbling Management Consultants und an der Arizona State University (USA). Anschliessend arbeitete er mehrere Jahre als Businessberater bei verschiedenen Unternehmen der IT- und High-Tech-Industrie. Seine Kernaufgaben umfassten Strategisches Management, Marketing und Supply Chain Management. Es folgte eine mehrjährige Tätigkeit als Channel Operations Director Canon (Schweiz) AG. Danach wurde Markus Naegeli als European Services & Support Director und Mitglied des European Canon Business Solutions (CBS) Management Team zu Canon Europa nach England geholt. Nach zwei Jahren kehrte er wiederum in seine Heimat zurück: Im Dezember 2007 wurde er CEO und Präsident der Canon (Schweiz) AG. Per 30. Juni 2011 wurde Markus Naegeli durch Canon Europa zum Managing Director für den erweiterten Betrieb von Canon in der Schweiz ernannt, womit er sich nun für die Geschäftstätigkeit der Canon (Schweiz) AG und der Océ (Schweiz) AG mit insgesamt rund 830 Mitarbeitenden verantwortlich zeichnet.
Über die Canon (Schweiz) AG
Die Canon (Schweiz) AG, mit Sitz in Dietlikon, zählt zu den führenden Gesamtlösungsanbietern im Cross Media Imaging-Bereich. Hohe Qualität und modernes Design sind Kennzeichen der Canon Produkte. Erfolgreiche Foto- und Videokameras gehören ebenso zur Produktpalette wie Hightech-Office-Systeme, digitale Produktionssysteme, IT-Lösungen und -Dienstleistungen: Canon bietet Kameras und Camcorder, Broadcast Equipment, LCD-Projektoren, netzwerkfähige, multifunktionale Systeme, digitale Kopierer, Drucker, Scanner, Archivierungssysteme und Faxgeräte sowie Pre- und Aftersales-Dienstleistungen und massgeschneiderte Komplettlösungen an. Die Canon (Schweiz) AG beschäftigt an 11 Standorten zurzeit rund 550 Mitarbeiter und erzielte im Jahr 2010 einen Umsatz von CHF 216 Mio.