Martin Huldi, CEO Aduno Gruppe. (Foto: Aduno)
von Bob Buchheit
Moneycab: Herr Huldi, zu Beginn des vergangenen Jahres kursierten Gerüchte, die Aduno Gruppe wäre an einer Übernahme des Schweizgeschäfts der GE Money Bank interessiert. Scheiterte ein damals möglicher Deal an Unterschieden in der Gebührenstruktur und Unternehmensphilosophie? Mit einer Spanne von 7,9 bis 11,9 Prozent ist Ihre Cashgate immerhin um über 2 Prozent günstiger.
Martin Huldi: Zu Gerüchten nehmen wir grundsätzlich keine Stellung: Aber selbstverständlich überprüfen wir im Rahmen unserer Wachstumsstrategie regelmässig strategische Opportunitäten. Tatsächlich bewegen wir uns mit cashgate und Zinssätzen zwischen 7.9 und 11.9 Prozent bewusst im Mittelfeld des Gesamtmarkts.
Stehen Sätze von 9,95 und 14,5 Prozent wie bei Cembra-Bank im aktuellen Tiefzinsumfeld nicht quer in der Landschaft?
Jeder Markt funktioniert unterschiedlich und ein direkter Vergleich über Zinsen ist nicht möglich. Während beispielsweise die Privatkreditzinsen in der Schweiz etwas höher sind als im europäischen Umfeld, sind hier dafür die Zinssätze für Immobilienfinanzierungen deutlich tiefer. Wichtig ist es auch zu sehen, dass das Konsumkreditgesetz KKG, welche Kreditgeber in der Schweiz zwingend einzuhalten haben, das strengste ist in Europa. Die Einhaltung der Prüfungskriterien, welche bei der cashgate übrigens über das gesetzlich vorgeschriebene Mass hinausgehen, sind nur mit grossem Aufwand und einer hohen Spezialisierung möglich. Insgesamt gesehen ist das Kreditgeschäft aber ein attraktiver Markt. Wenngleich der Gewinn in diesem Geschäft aber eine Gratwanderung im Risk Management ist. Und natürlich geht es uns auch darum Geld zu verdienen.
«Es gibt meines Wissens keinen Anbieter, welcher so eng mit den Schuldenberatungen zusammenarbeitet wie wir.»
Martin Huldi, CEO Aduno Gruppe
Die Aduno Gruppe betreibt keine aggressive Werbung und setzt sich mit dem Verein Plan B auch gegen überflüssige Überschuldung ein und. Wie viele Konsumenten nutzen jährliche diese Dienstleistung?
Wir sind gemeinsam mit Pro Juventute, Caritas und Alphapay Gründungsmitglied des Vereins Plan B. Wir unterstützen Pro Juventute und Caritas sowie ihre bewährten Instrumente und Methoden in den Bereichen Prävention, Beratung und Direkthilfe. Auf der anderen Seite bringen die beiden NGOs ihre Erfahrungen in die tägliche Arbeit der Aduno Gruppe ein und unterstützen das Unternehmen bei der Früherkennung von Menschen, die finanziellen Problemen gegenüberstehen oder bei denen sich finanzielle Probleme aufgrund bestimmter Lebensumstände auftun könnten. Der Plan B wird von uns jedoch nicht nur finanziell unterstützt, sondern wir legen auch Wert auf den Seitenwechsel zum Beispiel in Form von gegenseitigem Wissensaustausch.
Es gibt meines Wissens keinen Anbieter, welcher so eng mit den Schuldenberatungen zusammenarbeitet wie wir. Wir verzichten aufgrund unserer vorsichtigen Risikopolitik bewusst auf mehr Volumen und damit Wachstum, das entspricht auch der Philosophie unserer Aktionärsbanken. Sie verstehen, warum wir lieber weniger Volumen machen, dafür aber nachhaltig sind und unsere Verantwortung gegenüber dem Kunden wahrnehmen. Konkrete Zahlen zu den Beratungsdienstleistungen kann Ihnen hier nur die Caritas liefern, da die Schuldenberatung in ihrer Kompetenz liegt.
Die Aduno Gruppe hält die 100%ige Tochter Aduno-Finance. Über eine 2-Jährige Anleihe hat sich Aduno 250 Millionen Franken Markt am Kapitalmarkt geliehen. Anfangs Sommer läuft diese aus. Werden Sie das noch günstige Zinsumfeld zur Auflage eines Langläufers nutzen?
Wir treffen den Entscheid, mit welchem Instrument der Floater refinanziert wird, im ersten Halbjahr 2014. Natürlich sind wir uns dabei der tiefen Zinsgefüge bewusst. Dies wird aber nicht das alleinige Entscheidungskriterium sein, vielmehr wird die Entscheidung im Licht der Gesamtfinanzierung der Aduno Gruppe fallen.
Wie lange glauben Sie, werden die jetzigen traumhaften Zeiten für Unternehmensfinanzierungen noch laufen?
Die derzeitige Situation kann sicherlich als ausserordentlich günstig für die Refinanzierung bezeichnet werden. Wir gehen von kurzfristig stabilen, aber langfristig steigenden Zinssätzen aus.
Die Banken der beiden grossen Schweizer Einzelhändler, die Raiffeisen-Gruppe und die Kantonalbanken sind Besitzer der Aduno Gruppe. Wieso rechnet die Migros die Cumuluskarte nicht über Sie ab?
Das ist eine gute Frage, ich schlage Ihnen vor, dass Sie diese Frage der Migros direkt stellen. Die Herausgeberin der Cumulus-Karte ist die Cembra Money Bank als Partnerin des Migros-Genossenschafts-Bund. Wir befürworten Konkurrenz, da Kunden dadurch wettbewerbsfähige Wahlmöglichkeiten erhalten.
«Abnehmen hingegen wird definitiv die Dicke des Geldbeutels, weil der Trend hin zum Mobile Contactless Payment geht.»
Die Zahl der sich im Umlauf befindlichen Kreditkarten hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Noch stärker wuchs die Zahl der Transaktionen und der Volumen. Wo gibt es Ihrer Meinung nach eine natürliche Grenze bei der Dicke der Geldbeutel?
Der Trend zum bargeldlosen Zahlen per Karte hält an. Die Anzahl Transaktionen wird weiter zunehmen. Abnehmen hingegen wird definitiv die Dicke des Geldbeutels, weil der Trend hin zum Mobile Contactless Payment geht. Dem kontaklosen Bezahlen per Handy gehört die Zukunft. Um dem Mobile Contactless Payment in der Schweiz zum Durchbruch zu verhelfen, arbeiten wir mit verschiedenen Kartenherausgebern und Telekommunikationsunternehmen an einer eigenen gemeinsamen Wallet-Lösung. Das Projekt soll die Möglichkeit schaffen, neue Bezahlmöglichkeiten in einer zentralen und neutralen Lösung anzubieten.
Dabei soll das Digital Wallet als gemeinsamer Standard für den gesamten Schweizer Kartenmarkt dienen. Unabhängig des Anbieters kann der Kunde das Digital Wallet nutzen und darin verschiedene Kredit- und PrePaid-Karten hinterlegen. Neben der Bezahlfunktion soll er auch Kartendaten und Tickets verwalten, Coupons, Vouchers beziehungsweise Loyalty-Punkte sammeln und einlösen sowie auf weitere Dienstleistungen zugreifen können.
Die Aduno betreibt auch das Geschäft mit Bezahlterminals. Welche neuen technologischen Entwicklungen können da die Endverbraucher neben der „Over-the-air“-Karte erwarten?
Mit OTA (Over-the-air) sprechen Sie eine Technologie an, welche die SIM-Karte im Smartphone aus der Distanz sicher mit den Kreditkartendaten personalisiert und die Kreditkarte für die Benutzung aktiviert. Bezüglich der technologischen Entwicklungen ist vermutlich aber das kontaktlose Bezahlen per Handy, also das Mobile Contactless Payment gemeint. Diese Technologie basiert auch auf dem NFC-Standard, wie er bereits für die bestehenden Contactless Payment Produkte wie MasterCard PayPass und Visa payWave, verwendet wird. Anstelle einer physischen Karte hält der Kunde einfach sein NFC-fähiges Smartphone ans Zahlterminal, hierbei handelt es sich nur einen anderen Formträger mit den entsprechenden Kreditkarteninformationen.
Die Funktionalitäten, die sonst auf der Karte gespeichert sind, sind auf seinem Smartphone auf seiner SIM-Karte hinterlegt und werden bei der Bezahlung mit NFC-Technologie übertragen. Solche elektronische Karten, aber auch elektronische Gutscheine, Sammelkarten usw. können auf dem Smartphone in einem sogenannten Mobile Wallet App (auch M-Wallet), also einem elektronischen Portemonnaie zusammengefasst und für den Bezahlvorgang komfortabel verwaltet werden.
Die nun im Markt installierten Bezahlterminals verfügen bereits zu einem grossen Teil über die nötige Technologie, die jeweils in den Terminals integriert ist. Dies ermöglicht die Akzeptanz der bestehenden Contactless Kreditkarten wie auch der zukünftigen NFC-fähigen Applikationen.
«Wir führen eine sehr fundierte Kreditfähigkeitsprüfung durch, denn wir möchten nur Kunden, die auch wirklich kreditfähig sind. Ansonsten verzichten wir lieber auf das Geschäft.»
Aduno gilt eher als konservativ, was die Bonitätsprüfung bei Kleinkrediten anbelangt. Gilt das auch für Ihr Leasing-Geschäft?
Die Aduno Gruppe verfolgt eine strikte Risikopolitik, sowohl bei Privatkrediten wie auch bei Leasingverträgen. Wir führen eine sehr fundierte Kreditfähigkeitsprüfung durch, denn wir möchten nur Kunden, die auch wirklich kreditfähig sind. Ansonsten verzichten wir lieber auf das Geschäft.
Mit welchen Wachstumsraten rechnen Sie in den nächsten Jahren bei der Revi-Leasing und Finanz AG?
Die Revi-Leasing und Finanz AG wurde von uns übernommen und gehört zum Geschäftsfeld „Consumer Finance“, welches vom Unternehmen cashgate betrieben wird. Als Konsequenz der strengen Risikopolitik hatte cashgate in den letzten Jahren bewusst ein rückläufiges Neugeschäft in Kauf genommen. 2013 erfolgte nun trotz der unverändert restriktiven Risikopolitik eine Trendumkehr.
Trotz stark erhöhten Einnahmen hat sich der Halbjahresgewinn 2013 der Aduno Gruppe wegen der hohen Investitionen zurückgebildet. Wann wird Aduno die Früchte dieser Ausgaben ernten?
Die Aduno Gruppe befindet sich derzeit in einem Investitionszyklus. In allen Geschäftsfeldern – Cards und Consumer Finance – werden viele neue Produkte, Dienstleistungen und Technologieplattformen entwickelt. Diese Innovationen erfordern heute finanzielle als auch personelle Ressourcen, sichern jedoch das Geschäft in der Zukunft. Eine grosse Investition im Bereich der Innovation ist das neue Bonusprogramm surprize. surprize wird ein einzigartiges Bonusprogramm sein, weil es der Kunde direkt am Verkaufspunkt (online oder physisch im Laden) nutzen kann. Durch die Verknüpfung von Issuing und Acquiring können wir den Kunden Bonusangebote und Rabatte unterbreiten, die individuell auf seine Wünsche zugeschnitten sind. Möglich macht dies unter anderem unsere Data-Intelligence-Kompetenz. Hier nutzen wir unsere einzigartige Marktposition und schaffen Mehrwert für Karteninhaber, Händler und Banken. Für uns eröffnet das Bonusprogramm neue Geschäftsfelder in den Bereichen Marketing und Business-Intelligenz. Die Entwicklung des neuen Bonusprogramms war komplex und entsprechend zeitintensiv. Zurzeit laufen diesbezüglich die letzten Tests, die Lancierung von surprize erfolgt im ersten Quartal 2014.
Die Aduno Gruppe hat das Ziel, die technologischen Veränderungen im Markt zu nutzen, um die führende Gesamtlösungsanbieterin für bargeldloses Zahlen in der Schweiz zu werden. Eine Schlüsselrolle werden dabei die E- und M-Commerce-Anwendungen spielen.
Zum Gesprächspartner:
Martin Huldi, geboren 1962, verheiratet, zwei erwachsene Töchter, ist seit 2011 Chief Executive Officer der Aduno Gruppe. Zuvor war er seit 1998 in verschiedenen Führungsfunktionen sowie als Geschäftsleitungsmitglied bei der Thurgauer Kantonalbank und beim Schweizerischen Bankverein im In- und Ausland tätig. Nach seinem Abschluss zum eidg. dipl. Bankfachmann absolvierte er Executive Management Lehrgänge in der Schweiz, England und in den USA. Martin Huldi ist im Rahmen seiner Tätigkeit Mitglied des Verwaltungsrats der Accarda AG und Verwaltungsratspräsident der Tochtergesellschaften Aduno Finance AG, cashgate AG, Revi-Leasing und Finanz AG sowie der Vibbek AG.
Zum Unternehmen:
Die Aduno Gruppe bietet sämtliche Produkte und Dienstleistungen für das bargeldlose Zahlen aus einer Hand an. Durch die Vernetzung des Kartenherausgabegeschäfts (Viseca Card Services SA), der Kartenakzeptanzverträge und der Zahlterminals (Aduno SA) führt die Aduno Gruppe als einziges Unternehmen in der Schweiz Kunden, Händler, Partner und Banken auf einzigartige Weise zusammen. Mit dem Privatkredit- und Leasinggeschäft (cashgate AG und Revi-Leasing und Finanz AG) rundet die Aduno Gruppe ihre Produkt- und Dienstleistungspalette ab. Mit innovativen und sicheren Zahlungslösungen an rund 50‘000 Verkaufsstellen und über einer Million Kreditkartenkunden ist die Aduno Gruppe ein führendes Unternehmen für bargeldloses Zahlen. Daneben ist die Aduno für über 70‘000 Kunden faire und transparente Partnerin für Privatkredite und Leasing. Sie gehört den grössten Schweizer Retailbanken (Kantonalbanken, Raiffeisen Gruppe, Migros Bank, Bank Coop, Regionalbanken sowie Privat- und Handelsbanken).