Martin Rohner, CEO Alternative Bank Schweiz

Martin Rohner, CEO Alternative Bank Schweiz

Martin Rohner, CEO Alternative Bank Schweiz. (Foto: ABS)

von Patrick Gunti

Moneycab: Herr Rohner,  wenn Sie auf Ihr erstes Jahr an der Spitze der Alternativen Bank Schweiz zurückblicken: Welches waren die grössten Herausforderungen?

Martin Rohner: Als ökologisch und sozial ausgerichtete Bank geniessen wir einen erfreulich hohen Zuspruch im Markt. Das hat aber auch zur Folge dass wir rasch wachsen – und das in einem verschärften regulatorischen Umfeld.  Das bedingt, dass wir laufend unsere Eigenmittel erhöhen.

Die ABS hat im Geschäftsjahr 2012 sehr erfolgreich gearbeitet. Die Bilanzsumme stieg auf fast 1,25 Mrd Franken, die Kundengelder nahmen um 11 % auf 1,15 Mrd Franken zu, die Zahl der Kunden um 6,1 % auf über 28’500. Der Reingewinn betrug rund 700’000 Franken. Welches sind die Erfolgsfaktoren?

Die ABS bietet mit ihrem Geschäftsmodell eine echte Alternative: Für kleinere Anlegerinnen und Anleger, weil für sie ersichtlich ist, dass wir mit den Einlagen Mehrwert für Menschen und Umwelt schaffen. Für Kreditnehmende, weil wir sie auf Augenhöhe beraten und in unseren Schwerpunktbereichen wie den Erneuerbaren Energien, der biologischen Landwirtschaft oder der Wohnbaugenossenschaften viel Fachwissen und Erfahrung einbringen können. Heute bieten wir als ethisch reflektierte Bank vom E-Banking bis zur Anlageberatung praktisch alles, was sich eine Kundin oder ein Kunde wünscht. Das hat unsere Attraktivität sicherlich gestärkt.

Die Ausleihungen konnten auf 854 Mio Franken gesteigert werden. In welche Bereiche flossen diese Gelder?

Es freut uns sehr, dass die Gelder grösstenteils in unsere Kernzielbereichen geflossen sind: Etwa in den Bereich der erneuerbaren Energien oder in die  Finanzierung von erschwinglichem Wohnraum.

«Ein Grossteil der Immobilien-Finanzierung ist in Wohnbaugenossenschaften geflossen, die zum Ziel haben, erschwinglichen und lebensfreundlichen Wohnraum anzubieten.»
Martin Rohner, CEO Alternative Bank Schweiz

Welchen Stellenwert hat die Immobilien-Finanzierung für die ABS, wo liegen die Schwerpunkte?

Die Finanzierung von Immobilien spielt auch bei der ABS eine wichtige Rolle. Rund 70 Prozent unseres Kreditvolumens ist in diesen Bereich investiert. Ein Grossteil davon in Wohnbaugenossenschaften, die zum Ziel haben, erschwinglichen und lebensfreundlichen Wohnraum anzubieten.

Sie schliessen seit letztem Sommer Bauprojekte von der Finanzierung aus, die der Zersiedelung Vorschub leisten. Wie erfolgt die Einschätzung und Beurteilung der zu finanzierenden Projekte?

Zusammen mit den Geografen Christian Schwick haben wir dafür ein Programm entwickelt. Dieses kennt für jedes 300 mal 300 Meter grosse Gebiet in der Schweiz die «Dichte», die aktuellsten Siedlungsgrenzen und die Streuung der Gebäude. Anhand der genauen Lage, der beanspruchten Fläche sowie der Zahl der Wohnungen und der Bewohnerinnen und Bewohner wird für jedes Bauprojekt gemessen, wie stark es zur Zersiedelung beiträgt. Ist dieser Wert zu hoch, finanzieren wir das Projekt nicht.

Von den Angeboten her ist die ABS auf den ersten Blick eine Bank wie jede andere. Worin unterscheidet sich die ABS von einem anderen Finanzinstitut?

Die ABS unterscheidet sich mit der Philosophie, die hinter ihrer Geschäftstätigkeit steht. Wir arbeiten zwar mit denselben Instrumenten wie andere Banken. Diese setzen wir aber gezielt dafür ein, eine positive Wirkung auf Gesellschaft und Umwelt zu erreichen. Wir investieren die Einlagen der Kundinnen und Kunden in die reale Wirtschaft: In Projekte und Unternehmen mit nachhaltiger Ausrichtung ­ vom sozialökologischen Wohnprojekt über einen innovativen E-Bike-Service bis zu einem Jugendzirkus. Auch im Anlagegeschäft, bei den Arbeitsbedingungen und sogar bei der Wahl des Kaffees, den die Mitarbeitenden in der Pause trinken, stellen wir unsere sozialen und ökologischen Grundsätze in den Vordergrund.

«Aus unserer Sicht wird der Bankenplatz … durchaus differenziert betrachtet.»

In Anbetracht der angeschlagenen Reputation des Schweizer Finanzplatzes müsste die ABS mit ihrer Ausrichtung eigentlich profitieren. Ist das so oder wird der Bankenplatz nicht so differenziert betrachtet?

Die ABS wächst seit ihrer Gründung kontinuierlich. Die Finanzkrisen seit 2008 haben dieses Wachstum beschleunigt. Besonders die Anzahl Kundinnen und Kunden ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Aus unserer Sicht wird der Bankenplatz also durchaus differenziert betrachtet.

Welche negativen Konsequenzen aus dem Geschäftsgebaren anderer Banken ausserhalb der gesetzlichen Vorgaben hat die ABS mitzutragen?

Das Geschäftsgebaren anderer Banken hat in den letzten Jahren zu einer stärkeren Regulierung im Bankensektor geführt. Auch wir werden strenger kontrolliert und sind verpflichtet den Behörden dafür zusätzliche Informationen zu liefern. Das hat zur Folge, dass wir beispielsweise verschiedene Weisungen überarbeiten oder kostspielige Anpassungen am Informatiksystem vornehmen müssen. Die entstandenen Kosten fallen bei uns als kleine Bank verhältnismässig stark ins Gewicht.

Im Rahmen ethischer Richtlinien spielt die Transparenz eine grosse Rolle. Wie weit geht diese bei der ABS?

Wir schaffen Transparenz in dem wir beispielsweise alle Kredite veröffentlichen, die wir gewähren. Damit zeigen wir unserer Kundschaft, dass wir ihr Geld tatsächlich in sinnvolle soziale und ökologische Projekte investieren. Im Anlagegeschäft arbeiten wir mit einer nachvollziehbaren Gebührenstruktur. Zudem verlangen wir, dass sämtliche Kunden und Kundinnen deklarieren, dass sie ihr Geld ordentlich versteuert haben. Zu unserem Verständnis von einer guten Unternehmensführung gehört auch, dass wir die Saläre der Geschäftsleitung und des Verwaltungsrats im Geschäftsbericht veröffentlichen.

«Über unsere Ausleihungen wollen wir einen Beitrag leisten, für eine positive und zukunftsweisende Veränderung von Wirtschaft und Gesellschaft.»

Können Sie feststellen, dass Bankkunden von Produkten, von denen sie nichts verstehen, genug haben und nach einem Anbieter verlangen, der sie als mündiger und immer besser informierter und vernetzter Kunde wahrnimmt?

Ja. Vor allem stellen wir fest, dass unsere Kundschaft unseren Beratungsansatz im Anlagegeschäft sehr schätzt. Wir verkaufen nicht einfach Produkte, sondern versuchen die verschiedenen Anlagemöglichkeiten in einen grösseren gesellschaftlichen Zusammenhang zu stellen. Da wir eine Beratungsgebühr verlangen, gibt es bei uns auch keine falschen Verkaufsanreize. Oft kommt es zum Aha-Erlebnis bei unseren Kunden und Kundinnen.

Mit ihrer Ausrichtung ist die ABS eigentlich konkurrenzlos und sie wächst Jahr für Jahr weiter. Welche Ziele wollen Sie mit der Alternativen Bank Schweiz erreichen?

Über unsere Ausleihungen wollen wir einen Beitrag leisten, für eine positive und zukunftsweisende Veränderung von Wirtschaft und Gesellschaft. Gleichzeitig zeigen wir mit unserem ganzheitlichen und ethisch reflektierten Geschäftsmodell auf, dass Banking auch anders geht.

Herr Rohner, besten Dank für das Interview.

Zur Person:
Martin Rohner (47) ist seit dem 1. Januar 2012 Vorsitzender der Geschäftsleitung der Alternativen Bank Schweiz. Zuvor war er sechs Jahre Geschäftsleiter bei der Max Havelaar-Stiftung (Schweiz) und hatte die strategische und operative Leitung der bekannten Fairtrade-Organisation inne. In seiner beruflichen Laufbahn war er ausserdem bei der Weltbank, bei der Interamerikanischen Entwicklungsbank, und im Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) tätig. Rohner ist studierter Ökonom (lic oec. HSG) und hat ein Masterdiplom der Universität Cambridge in Umwelt und Entwicklung.

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