Martin Wipfli, Verwaltungsratspräsident nebag

Martin Wipfli, Verwaltungsratspräsident nebag

Martin Wipfli, Verwaltungsratspräsident nebag.

Von Christa Spoerle

Moneycab: Herr Wipfli, im Handel mit Nebenwerten geht es viel geruhsamer zu, als auf dem grossen Börsenparkett, würden Sie diese Behauptung unterschreiben?

Martin Wipfli: Ja, aber das macht den Handel mit Nebenwerten nicht weniger interessant.

«Manchmal scheitern Finanzierungen auch, weil die Unternehmen oder die Eigentümer von Unternehmen Vorstellungen haben, die nicht mehr der Realität entsprechen.»
Martin Wipfli, Verwaltungsratspräsident nebag

Im ersten Halbjahr 2010 konnten Sie den Verlust auf 67’000 CHF von 4,7 Mio CHF im Vorjahr verringern. Ist der Fortschritt im zweiten Halbjahr weiter gegangen?

Das günstige Börsenumfeld hat uns im 2. Halbjahr 2010 geholfen für das Geschäftsjahr 2010 eine respektable Ergebnisverbesserung zu erzielen.

Wann rechnen Sie damit, dass sich die Beteiligungen aus dem verarbeitenden Nahrungsmittel- und Getränkebereich wieder in einer befriedigenden Situation befinden?

Bei der Thurella sind wir zuversichtlich, dass die neu implementierte Strategie im 2011 beginnt erste Erfolge zu zeigen, wobei man berücksichtigen muss, dass die Thurella nach der Sanierung mit dem früheren Unternehmen nicht mehr vergleichbar ist.

Bei unseren anderen Beteiligungen in der verarbeitenden Nahrungsmittelindustrie erwarten wir 2010 befriedigende Ergebnisse. Längerfristig sind bei der verarbeitenden Nahrungsmittelindustrie in der Schweiz die Auswirkungen der sich verändernden Rahmenbedingungen in der schweizerischen Landwirtschaftspolitik zu berücksichtigen. Was für den Konsumenten gut sein mag, weil er tiefere Preise zugestanden erhält, muss für die verarbeitende Nahrungsmittelindustrie in der Schweiz nicht gut sein. Ich will aber in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, dass die Schweiz bis jetzt von Skandalen à la Dioxinskandal in Deutschland, verschont blieb. Ich bin der Überzeugung, dass diese gute Qualität etwas kostet und dass der Konsument dies schätzen sollte. Im Weiteren bin ich der Überzeugung, dass die verarbeitende Nahrungsmittelindustrie in der Schweiz durch ihre hohe Qualität auch einen internationalen Markt hat. Dieser muss jedoch aufgebaut und gepflegt werden.

Was erwarten Sie für das kommende Geschäftsjahr?

Wir sind überzeugt, dass die Unternehmen, in die wir investiert sind, auch 2011 ansprechende Ergebnisse erzielen werden. Ob die entsprechende Bewertung dann auch steigt, ist eine andere Frage, die wir nicht beantworten können.

Wird die Strategieverschärfung bestehend aus der Straffung der Finanzanlagen und aktiver Bewirtschaftung im kommenden Jahr weitergeführt?

Dieser Prozess ist mehrheitlich abgeschlossen.

«Solange der innere Wert der nebag ag wesentlich höher ist als der Börsenkurs, bewegt mich nicht die Frage, ob ich zusätzliche Mittel brauche, sondern wie ich die Differenz zwischen NAV und Börsenkurs so tief wie möglich halten kann.»

Welche Hauptkriterien werden bei der Auswahl Ihrer Beteiligungen angelegt? Haben Sie eine Branchenstrategie?

Einerseits haben wir eine Branchenstrategie, andererseits investieren wir nur in Unternehmen, die über eine gesunde Bilanz verfügen und intakte Marktchancen haben. Diesbezüglich gibt es noch einige unentdeckte Perlen.

Ihre Zielsetzung lautet, die Zahl der strategischen Beteiligungen auf maximal 10 zu beschränken bis jetzt verfügen Sie über sechs, werden Sie denn aufstocken und in welche Richtung?

Sofern sich interessante Opportunitäten ergeben, waren und sind wir immer bereit weitere strategische Beteiligungen aufzubauen. Mehr als 10 strategische Investitionen können wir aber aufgrund unserer schlanken Kostenstruktur nicht bewältigen.

Ist es aus Ihrer Sicht für schweizerische KMU immer noch schwierig an Fremdkapital zu gelangen?

Ja und ich denke, dies wird auch noch eine geraume Zeit so bleiben. Trotzdem will ich auch betonen, dass bei entsprechendem Leistungserfolg in der Vergangenheit und vernünftigen Zukunftsperspektiven sich immer Finanzierungen finden lassen. Manchmal scheitern Finanzierungen auch, weil die Unternehmen oder die Eigentümer von Unternehmen Vorstellungen haben, die nicht mehr der Realität entsprechen.

Welches würden Sie als zentrales Ereignis im laufenden Jahr bezeichnen?

Dass in Europa die Schuldenkrise bewältigt werden kann.

«Wir sind überzeugt, dass die nebag ag für einen langfristigen Investor eine interessante Anlageperspektive bietet.»

Benötigen Sie auf absehbare Zeit neues Kapital?

Als Investmentgesellschaft kann man immer Kapital gebrauchen. Aber solange der innere Wert der nebag ag wesentlich höher ist als der Börsenkurs, bewegt mich nicht die Frage, ob ich zusätzliche Mittel brauche, sondern wie ich die Differenz zwischen NAV und Börsenkurs so tief wie möglich halten kann. Wir haben diesbezüglich ein interessantes Ausschüttungsmodell erarbeitet und dieses in den letzten Jahren auch konsequent umgesetzt. Ebenso achten wir darauf, dass unsere Kosten so tief wie möglich sind. Trotzdem scheint es so, dass der Anleger immer noch gewisse Vorbehalte gegenüber einer Beteiligungsgesellschaft hat.

Ist ein Zusammenschluss mit einer anderen Gesellschaft auch eine Variante?

Ja, das ist denkbar, aber nicht zu jedem Preis. Die unternehmerischen Grundsätze und die Anlagephilosophie der nebag ag wollen wir unbedingt erhalten. Wir sind überzeugt, dass die nebag ag für einen langfristigen Investor eine interessante Anlageperspektive bietet.

Wie sieht mittelfristig ihr Lieblingsszenario aus?

Dass die nebag ag in jene Grösse wächst, die sie verdient, denn dann könnten wir auf dem Markt wirklich etwas bewegen und auch dafür besorgt sein, dass die Schweizer KMU-Szene bei den Investoren jene Beachtung findet, die sie aufgrund ihres volkswirtschaftlichen Gewichtes in der Schweiz auch verdient.

Der Gesprächspartner:
Martin Wipfli, Jahrgang 1963, schloss das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Bern ab. Bis 1998 war er in der Steuerberatung zunächst bei ATAG Ernst & Young, ab 1995 als Leiter der Steuerabteilung der Bank Leu und bis 1998 als Partner der Tax Partner AG tätig. Seit 1998 ist er geschäftsführender Partner der Baryon AG. 2004 wurde er zum Präsident des Verwaltungrates (VRP) der nebag AG ernannt, der auch die Geschäftsführung wahrnimmt. Zudem ist er VRP der Elma Electronic und der Peter Lehner & Partner. Zudem gehört er dem Verwaltungsrat der Kardex AG, der Metall Zug AG, der Frutiger AG, Rolf Bossard AG, VV Vorsorge Vermögensverwaltung AG, Pedrazzini Holding, Schleuniger AG und Müller Martini AG an.

Das Unternehmen:
Die Nebag ag ist eine Investmentgesellschaft, die hauptsächlich in nichtkotierte Aktien investiert von Firmen, die ihren Sitz in der Schweiz haben. Die Gesellschaft bezweckt die Anlage von so genannten «Nebenwerten» durch Erwerb von Beteiligungsrechten und Fremdkapital unter Beachtung besonderer Kriterien, insbesondere nach Rentabilität, Substanzwert und Sicherheit, dies im Sinne einer langfristigen Kapitalanlage. 2009 wies nebag bei einer Bilanzsumme von 65 Mio CHF einen Verlust von 849’960 CHF aus. Die Gesellschaft ist an der SIX Swiss Exchange kotiert.

Symbolbild KF für CEO Interviews

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