von Sandra Willmeroth
Moneycab.com: Herr Imbach, Sygnum Bank ist als erste Schweizer Bank seit Dezember 2022 im Metaverse Decentraland vertreten. Was erhoffen Sie sich davon?
Mathias Imbach: Zum einen ist es für uns ein Lernprozess, den wir ausprobieren und analysieren. Damit wir wissen, was es heisst, im Metaverse vertreten zu sein und wie man von der Idee über das Konzept und dem Projekt letztlich zu einer Live-Präsenz dort kommt. Mit diesen Erfahrungen können wir nun auch anderen regulierten Instituten, von denen wir diesbezüglich schon viele Anfragen erhalten haben, weiterhelfen. Zweitens entspricht es unserem Geist und unserem Spirit in einer digitalen Welt präsent zu sein und wir hoffen auch, dass es uns gelingt im Metaverse mittel- bis langfristig eine starke Community aufzubauen.
Warum ist das für Sie wichtig?
Als Bank mit Fokus auf digitale Vermögenswerte glauben wir an das Web 3.0 und ich hoffe, dass sich die dezentral gesteuerten Metaversen durchsetzen werden und nicht die zentral gesteuerten, wie beispielsweise das Meta von Facebook-Gründer Zuckerberg. Denn nur eine dezentrale Architektur führt dazu, dass diejenigen die für positive Netzwerkeffekte verantwortlich sind – die Benutzer – auch davon profitieren.
Die Präsenz von Sygnum liegt am Times Square, respektive dessen digitalem Abbild. Was hat Sie diese Parzelle im Decentraland gekostet, die Preise sind ja doch explodiert?
Das Land war der kleinste Posten, weil viele bei uns, inklusiver mir selber, schon sehr lange im Kryptobereich aktiv sind, und daher glücklicherweise die Parzelle im Decentraland schon recht früh und damit noch recht günstig gekauft wurde.
«Das Thema „mixed reality“ mit einem Business Modell an der Schnittstelle zwischen der realen physischen und der digitalen Welt wird in den nächsten fünf bis zehn Jahren deutlich an Relevanz gewinnen.»
Mathias Imbach, CEO Signum Bank
Wieviel ist Ihr Landstück im Metaverse heute wert?
Das kann ich nicht genau sagen aber zum Peak war es wahrscheinlich einen siebenstelligen Dollarbetrag wert, denn es ist wirklich ein grosses Stück an bester Lage.
Wird künftig jede Bank eine Filiale in einem Metaversum haben oder haben müssen?
Die Zeit wird kommen, wo es für Banken normal sein wird, auch eine Metaverse-Präsenz zu haben. Denn das Thema mixed reality, mit einem Business Modell an der Schnittstelle zwischen der realen physischen und der digitalen Welt, wird in den nächsten fünf bis zehn Jahren deutlich an Relevanz gewinnen. Allein schon deshalb, weil sich das gut monetarisieren lassen wird und sich neue Märkte damit erschliessen lassen. Aber zuerst muss die Technologie besser werden, sie muss vor allem skalierbarer werden. Das haben wir auch bei unserem Launch-Event gemerkt, wo es einen grossen Ansturm gab, bei dem die Plattform die Besucher teilweise nicht mehr in den dritten Stock unseres Gebäudes gebracht hat, weil sie überlastet war.
Sygnum Bank hat im Dezember neue Indizes für den Krypto Markt lanciert was erhoffen Sie sich davon?
Immer mehr Investoren glauben an den Megatrend Krypto, respektive DLT, und ihnen steht vielleicht hie und da eine Analyse zur Verfügung, welche Sub-Bereiche, sei es Gaming oder DeFi, gerade wie performen, aber sie haben keinen Vergleich mit den anderen Subsektoren. Wir bilden nun die wichtigsten Subsektoren in den Indizes ab und stellen ihre Entwicklung intuitiv erfassbar, leicht investierbar und transparent vergleichbar dar.
Letztes Jahr stand die Expansion nach Luxemburg an, von dort wurde in Portugal der erste B2B Kunden akquiriert. Wohin geht die internationale Reise nun?
Die Basis ist immer der Hub in der Schweiz und der in Singapur, an beiden Standorten sind wir jeweils auch reguliert. Im letzten Jahr jetzt haben wir weitere Lizenzen in Abu Dhabi und in Luxemburg erhalten. Luxemburg ist für uns strategisch als Zugang zum europäischen Markt und mit der Reputation, insbesondere im Bereich Anlagefonds, interessant. In Abu Dhabi planen wir mit dem operativen „go live“ im Februar/ März.
Dann fehlt nur noch Amerika?
Amerika ist so eine Sache. Es ist ein grosser Markt aber auch ein sehr schwieriger, das haben einige Schweizer Banken in der Vergangenheit lernen dürfen. Viele der grossen Krypto Skandale der letzten Jahre sind in den USA passiert, zuletzt der Zusammenbruch der Kryptobörse FTX, und ich kann mir vorstellen, dass die Regulatoren jetzt besonders unter Druck und mit dem Rücken zur Wand stehen. Da muss ich der Schweiz ein Kränzlein binden, hier wurden die regulatorischen Rahmenbedingungen schon früh und sauber aufgesetzt; dann passieren solche Geschichten wie mit FTX hoffentlich hier nie.
Wäre die Finanzierung für eine weitere Expansion gesichert?
Das Unternehmen ist immer noch von den vier Gründern und dem Management kontrolliert, zusammen haben wir die Mehrheit der Firma. Im letzten Jahr haben wir weitere 90 Millionen US-Dollar aufgenommen, aber wir haben damals auch über 50 Millionen abgelehnt, was zeigt, dass wir durchaus die Fähigkeit haben, weitere Gelder aufzunehmen. Im Moment sind wir solide finanziert, aber es kann durchaus sein, dass wir noch einmal, je nachdem wie sich alles entwickelt, ein wenig Geld aufnehmen. Es ist jedoch nicht dringend erforderlich.
Steht ein IPO auf der langfristigen Roadmap?
Das kann durchaus einmal relevant werden aber es ist nicht so, dass wir jetzt in der sofortigen Planung sind. Es ist eine Option, aber es ist noch nicht konkret entschieden und im Moment wäre es auch kein guter Zeitpunkt.
«Im letzten Jahr hat sich in der Krypto-Welt gefühlt all das abgespielt, was im traditionellen Finanzsystem in einem Zeitraum von 50 bis 100 Jahren geschehen ist.»
Nicht nur wegen des Crash der FTX war das Jahr 2022 ein schwarzes Jahr für Kryptowährungen und die gesamte Szene, doch Sygnum Bank konnte davon profitieren.
Ich möchte nicht als Profiteur dieser Krise gelten, denn ich freue mich nicht, wenn ganz viele Menschen ganz viel Geld verlieren. Aber im letzten Jahr sind sehr viele Sachen passiert, die letzten Endes auch auf Gier und Betrug zurückzuführen sind. Die FTX war eine zentralisierte Organisation, die nicht reguliert war und von Leuten geführt wurde, die – so sieht es aktuell aus – unehrlich und kriminell gehandelt haben und nun sind die Regulatoren überaus aktiv – auch das kennen wir schon aus der traditionellen Finanzwelt, wo nach jeder Krise und jedem Skandal auch immer mehr Regulierung und Governance aufgebaut wurde. Der Unterschied ist nur, dass sich im letzten Jahr in der Krypto-Welt gefühlt all das abgespielt hat, was im traditionellen Finanzsystem in einem Zeitraum von 50 bis 100 Jahren geschehen ist.
Was der Sygnum Bank als reguliertem Institut aber letztlich doch zu mehr Kunden verholfen hat?
Durch die Skandale haben viele Akteure erst realisiert, dass Vertrauen auch im Krypto-Bereich notwendig und dass die Analyse der Gegenpartei ein wichtiger Faktor ist. Als die FTX unterging konnten die Kunden ihre Assets dort nicht mehr abziehen. Das kann bei Sygnum nicht passieren, da wir die Kryptoassets ausserhalb der Bilanz halten und diese damit vor dem Bankrott gesichert sind. Das dazu geführt, dass wir im vierten Quartal 2022 einen Neugeldzufluss von 845 Millionen Schweizer Franken hatten. Dieser Trend setzt sich im Januar 2023 fort.
«Im vierten Quartal 2022 hatten wir einen Neugeldzufluss von 845 Millionen Schweizer Franken hatten. Dieser Trend setzt sich im Januar 2023 fort.»
Können Sie darüber hinaus schon weitere Aussagen zum Geschäftsgang im Jahr 2022 machen?
Insgesamt war es für uns ein sehr schwieriges und komplexes Jahr, denn wir mussten uns nahezu jeden Tag neu orientieren und analysieren, was gerade um uns herum passiert. Aber wir haben den Umsatz im Vergleich zum Vorjahr relativ stark steigern können, und dass in einer Zeit, in der die absolute Mehrheit der Krypto-Player deutliche Umsatzeinbrüche verzeichnete. Zudem haben sich die Assets under Management erhöht, und dass in einem Markt, in dem die Preise bis zu 80% korrigiert haben.
Arbeitet die Bank profitabel?
Im Jahr 2021 waren wir in einem Quartal profitabel aber haben dann eine Fast Forward Strategie lanciert und dafür erneut frisches Kapital aufgenommen. Daher arbeiten wir derzeit nicht profitabel, aber bewegen uns im Rahmen dessen, was im Businessplan vorgesehen ist. Sonst wären wir nicht expandiert und hätten keine signifikanten technologischen Investments gemacht. Wir glauben an den Markt und wollen aktuell expandieren und relative Marktanteile gewinnen.
Wann sieht der Businessplan das Erreichen der Profitabilität vor?
Wenn wir uns auf unser Kerngeschäft fokussieren und gewisse neue Geschäftsfelder deinvestieren würden, könnten wir unser Business heute schon profitabel weiterführen. Aber wir sind solide finanziert und möchten eigentlich in diesem Jahr noch weiter investieren. Für das Jahr 2024 muss es jedoch das Ziel sein, die Gewinnschwelle zu erreichen. Es sei denn wir sehen, dass sich das Marktumfeld komplett ändern würde und wir eine Chance bekommen, erneut Marktanteile zu gewinnen. Dann könnte es auch sein, dass wir noch einmal einen double-down machen. Denn wenn ich in unserer Szene etwas gelernt habe: Man kann keine Businesspläne für fünf Jahre aufstellen und die dann hartnäckig verfolgen. Wir sind in einem jungen Markt unterwegs, auf den alle drei Monate ein neuer externer Faktor zukommt, der wieder alles auf den Kopf stellt. Dafür braucht es eine grosse Agilität.
Woher nehmen Sie die Kraft dafür?
Ich habe viele Jahre in Indien gelebt, für den indischen Grossindustriellen Ratan Tata ein Family Office geführt und für ihn in Technologiefirmen investiert. Von ihm habe ich gelernt, dass das Bauchgefühl und das Vertrauen, welches man Menschen entgegenbringt, genauso wichtig sind und dass ohne Risiken nichts geht und dass man mit wenig in der Hand über intelligente Ansätze und durch innovatives Denken dennoch viel erreichen kann. In Indien nennt man das „Jugaad“.
Wie setzen Sie das im Business um?
Meinem Team sage ich eigentlich immer drei wichtige Dinge: Erstens: diese unternehmerische Reise ist ein konstantes Oszillieren zwischen Euphorie und Angst davor zu scheitern. Manchmal stehe ich morgens auf und denke, wir werden die Welt verändern. Dann habe ich ein paar Meetings und mittags denke ich: „Nächstes Jahr geht alles den Bach runter“. Am Abend schaue ich meine kleine Tochter an und dann denke ich wieder: „Das kommt schon alles irgendwie gut“!
Was ist das Zweite, was Sie ihren 220 Mitarbeitenden gerne immer wieder sagen?
Das es extrem wichtig für die mentale Gesundheit und die Erfolgsaussichten des Unternehmens ist, dass man eine langfristige Strategie hat und einen Nordstern, an dem man sich orientieren kann. So dass man in Boomphasen nicht die Bodenhaftung verliert und das Gefühl bekommt man sei plötzlich der beste Trader und dass man in Krisenjahren keine Panik schiebt.
«Ich sage meinem Team oft: Keine Angst vor Fehlern – aber keine Toleranz für Integritätsschwäche oder etwas, für das man sich schämen müsste.»
Und das Dritte?
Das ist der sunshine-test, auch das habe ich von Herrn Tata gelernt: Es ist es extrem wichtig, dass man sich am Abend, nur so zwei drei Minuten lang, fragt: „Was habe ich heute entschieden, wie hat es die Menschen um mich rum beeinflusst und würde ich mich vor meiner Familie, vor meinen engsten Freunden dafür schämen, wenn ich es morgen Früh als Schlagzeile in der Financial Times, der NZZ oder auf Moneycab lesen würde?“ Wenn man das macht, ist man plötzlich ganz frei, auch um Fehler zu machen, weil man dann immer nur Fehler macht, für die man sich nicht schämen muss. Und damit ist man frei, um Innovation voranzutreiben und Neues auszuprobieren. Deswegen sage ich: Keine Angst vor Fehlern – aber keine Toleranz für Integritätsschwäche oder etwas, für das man sich schämen müsste.
Herr Imbach, besten Dank für das Interview!