Matthias Baumann, CEO Möbel Pfister AG, im Interview
von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Baumann, wie würden Sie Ihren persönlichen «Wohnstil» beschreiben?
Matthias Baumann: Ich möchte mich zu Hause vor allem wohl fühlen. Dazu gehören grosse Tische, an dem viele Leute Platz haben, um gemeinsam zu essen, zu feiern und zu diskutieren. Der Wohnstil bei uns zu Hause ist schlicht und modern. Zudem mögen wir wechselnde Accessoires – immer an die Saison angepasst.
Sie haben natürlich einen anderen Zugang zu Möbeln, aber bestellen Sie diese auch online?
Selbstverständlich. Ich funktioniere wie ein grosser Teil unserer Kunden. Die Vorkaufsphase mit der Suche nach dem gewünschten Produkt bis zur Vorauswahl passiert immer häufiger online übers Internet. Bei grösseren Investitionen gehe ich in die Filiale, da ich das Möbel anfassen möchte oder noch Detailinformationen wünsche. Danach fälle ich den Kaufentscheid vor Ort oder ich überlege mir das nochmals in Ruhe und bestelle dann online.
Wie im gesamten Detailhandel wird der Onlinehandel auch für die Möbelbranche immer wichtiger. Möbel Pfister hat darauf reagiert und Website und Online-Shop komplett überarbeitet. Was stand dabei im Vordergrund?
Wer digital nicht präsent ist, wird in Zukunft nicht mehr existieren. Die konsequente Optimierung des Onlineshops ist eine der strategischen Prioritäten der Möbel Pfister AG. Aus diesem Grund haben wir in den letzten Jahren stark ins Online-Geschäft sowie in unterschiedliche, kundenrelevante Digitalisierungsprojekte investiert und werden dies auch weiterhin tun. Seit einigen Wochen sind die neue Website und der Onlineshop pfister.ch online. Der Onlineshop wurde komplett überarbeitet und setzt beim virtuellen Einkauf noch stärker auf Emotionalität. Ein hoher Anteil an Video-Content wird über innovative Funktionen wie 360-Grad-Fotos und Visualisierungen von Räumen in Stilwelten ergänzt. Mit dem Einsatz von bewegten Stimmungsbildern und Videos im Webshop gehen wir einen für die Branche innovativen Weg. Wir sind überzeugt, dass die Zukunft den Einrichtungshändlern gehört, die aus Kundensicht am besten die Offline mit der Online Welt verbinden und umgekehrt.
«Die konsequente Optimierung des Onlineshops ist eine der strategischen Prioritäten der Möbel Pfister AG.»
Matthias Baumann, CEO Möbel Pfister AG
Wer ist die primäre Zielgruppe? Die Kunden, die sich online informieren und inspirieren lassen und dann die Filiale aufsuchen, oder die Kunden, die online kaufen?
Wir definieren keine primäre Zielgruppe. Im Vordergrund steht unsere Omnichannel-Strategie, d.h. die Verzahnung zwischen stationärem Geschäft und Online-Business. Rund 80% unserer Kundinnen und Kunden kaufen nach dem ROPO-Prinzip ein (Research Online / Purchase Offline). Diese informieren sich zuerst online, bevor Sie danach offline bei uns in den Filialen einkaufen kommen. Aber auch das Umgekehrte findet statt.
Wie hoch ist der Anteil der Online-Verkäufe aktuell und von welcher weiteren Entwicklung gehen Sie aus?
Umsatzmässig bewegt sich der Anteil in einem hohen einstelligen Bereich. Die Zuwachsrate liegt bei jährlich rund 30% und er wird weiterhin wachsen. Wir gehen davon aus, dass sich die Online-Verkäufe in den nächsten Jahren verdoppeln werden. Für uns sind jedoch die reinen Zuwachsraten online nicht ausschlaggebend. Umsatztechnisch ist es grundsätzlich sekundär, über welche Kanäle eingekauft wird. Als Möbel Pfister bieten wir Kundinnen und Kunden die Möglichkeit, frei zu entscheiden wo und wie sie bei uns einkaufen wollen und dabei bieten wir einen Top Service.
Die Virtualität und optische Aufmachung ist ein wichtiger Erfolgsfaktor, angesichts eines sich stets verändernden Angebots aber auch eine grosse Herausforderung. Wie viel investieren Sie in diesen Bereich?
Der Online-Bereich ist für Möbel Pfister ein strategisch wichtiger Pfeiler. Entsprechend richten wir die Investitionen aus.
Sie haben in einem Interview erklärt, es sei denkbar, in Zukunft auf mehreren Online-Marktplätzen präsent zu sein. Noch wird spekuliert über den Schweizer Marktplatz – Sinn machen würde wohl Galaxus – und auch von Amazon war die Rede. Welche Erwartungen haben Sie bezüglich der Präsenz auf diesen Online-Marktplätzen?
Online-Marktplätze gewinnen zunehmend an Bedeutung. Diesem Trend und Kundenbedürfnis möchten wir uns nicht verschliessen. Möbel Pfister ist eine starke kompetitive Marke, die ein hohes Vertrauen geniesst. Und dies ist beim Online-Kauf ausschlaggebend. In diesem Sinn sind Online-Marktplätze ein weiterer Verkaufspunkt. Ich bin überzeugt, dass die Marktplätze in den nächsten Jahren weiter wachsen werden. Bei dieser Entwicklung wollen wir mit unseren attraktiven Produkten und Services dabei sein.
«Online-Marktplätze gewinnen zunehmend an Bedeutung. Diesem Trend und Kundenbedürfnis möchten wir uns nicht verschliessen.»
Viele Kunden wollen Objekte, für die sie vielleicht mehrere tausend Franken ausgeben, anfassen und ausprobieren. Wie verändern sich parallel zur Pfister Online-Welt die Pfister-Filialen?
Das Einkaufserlebnis ist bei uns zentral. Die Kunden möchten nicht einfach eine funktionale Ausstellung sehen. Früher wurde man durch fest definierte Gänge geführt. Wir präsentieren mit unserem neuen Konzept die Möbel und Accessoires marktplatzartig, anhand von kuratierten Stilwelten. Das gibt Einrichtungsideen, schafft Emotionen und hilft sich besser zu orientieren. Zudem setzen wir auf den Ausbau der Beratungs- und Servicekompetenz und investieren in die Schulung der Mitarbeitenden. In Zukunft wird sich auch die Funktion der Filialen verändern. Sie werden nicht mehr nur Produkte ausstellen, sondern erlebnisorientierter ausgerichtet sein. Zusätzlich werden sie verstärkt mit den digitalen Kanälen interagieren. Was ein Kunde online bereits gesehen hat, erlebt er in der Filiale in einer anderen Form.
Lässt sich abschätzen, welchen Einfluss das Thema Smart Home auf die Möbelbranche haben wird?
Der Smart-Home-Trend, bei dem alle Möbel miteinander vernetzt sind, hat seine Berechtigung und wird sich in bestimmten Wohnbereichen weiter entwickeln. Wir werden sicherlich weitere Produkte anbieten, die in ein Smart Home eingebunden werden können. Für uns steht aber der Trend Cocooning im Zentrum. Hier geht es um das Bedürfnis, zu Hause zur Ruhe zu kommen, sich entspannen zu können.
Seit Ende letzten Jahres sind in Pfister-Filialen intelligente Assist-Infoterminals im Einsatz. Wie sind die Reaktionen darauf? Von den Kunden einerseits, von den Mitarbeitenden andererseits?
Die Reaktionen sind äusserst positiv. In grossen Filialen kann die Erreichbarkeit eines Wohnberaters zum richtigen Zeitpunkt eine Herausforderung sein. Einerseits will man sich als Kunde zuerst in Ruhe alleine umschauen und nicht gleich von einem Wohnberater begleitet werden. Hat man dann jedoch eine Frage zum Artikel, ist keine Ansprechperson in der Nähe. Wir haben im Rahmen unserer Digitalisierungsstrategie sogenannte Assist-Terminals in den Filialen installiert und die Wohnberater mit Smartwatches ausgerüstet. Der Kunde kann auf dem Assist-Bildschirm einen Knopf drücken und der Wohnberater erhält auf seiner Smartwatch die Mitteilung, dass Bedienung erwünscht ist – ein Beispiel, wie Digitalisierung bei Möbel Pfister einen unmittelbaren Kundennutzen erzeugt und unsere Servicequalität stärkt.
Zudem haben wir rund 450 Wohnberater mit Tablets ausgerüstet, auf denen alle Produktinformationen, die sie früher in verschiedenen Katalogen zusammensuchen mussten, übersichtlich aufgeführt sind. Damit können sie überall im Laden bedienen, Möbel nach Wunsch personalisieren und direkt eine Bestellung oder einen Verkauf abwickeln. Die Beratung mit dem Tablet sorgt für eine zusätzliche Dynamik und schafft einen Mehrwert für die Kunden, indem beispielsweise die Visualisierung eines Produkts mit wenigen Klicks angezeigt werden kann.
«Aus meiner Sicht ist die Dynamik im Online-Handel relevanter als ein physischer Markteintritt.»
Noch ein Wort zur Konkurrenz: Anfang April hat der österreichische Möbelriese XXXLutz, mit einem ihrer Vorgänger als Pfister-CEO an der Spitze, sein Möbelhaus in Rothrist eröffnet. Wie sehr fordert Pfister die Konkurrenz aus Österreich?
Es kam in den letzten Jahrzehnten immer wieder zu Markteintritten. Das ist eine normale Entwicklung und hat uns auch nicht überrascht. Wir konzentrieren uns aber in erster Linie auf die Kunden und auf die konsequente Umsetzung unserer Strategie. Aus meiner Sicht ist die Dynamik im Online-Handel relevanter als ein physischer Markteintritt. Da existiert diese territoriale Abgrenzung zwischen Ländern nicht; hier sind die Grenzen fliessend. Alles ist möglich – mit den entsprechenden Herausforderungen.
Herr Baumann, wir bedanken uns für das Interview.
Zur Person:
Matthias Baumann (45) ist seit drei Jahren CEO von Möbel Pfister. In den 20 Filialen in allen Landesteilen arbeiten rund 1’200 Fachleute, davon 200 Lernende. Matthias Baumann ist mit Miriam Baumann-Blocher, Besitzerin des Läckerli Huus, verheiratet und wohnt in Rheinfelden. Das Paar hat mit zwei kleine Kinder.