Matthias Reinhart, Gründer und CEO VZ Gruppe, im Interview

Matthias Reinhart

Matthias Reinhart, Gründer und CEO VZ Gruppe. (Foto: zvg)

von Sandra Willmeroth

Moneycab.com: Im kommenden Jahr werden Sie als CEO zurücktreten und als VR-Präsident fungieren. Was werden Sie mit der freien Zeit anfangen? Welche Pläne haben Sie?

Matthias Reinhart: Ich werde sicher viel mehr Zeit für andere Dinge im Leben haben. Darauf freue ich mich. Allerdings wird meine neue Funktion nicht einfach ein Nebenjob sein – wir wollen die Rolle des VR-Präsidenten deutlich stärken. Als Gründer und Mehrheitsaktionär habe ich ein grosses Interesse daran, dass sich unsere Organisation so weiterentwickelt wie bisher.

Die Firma wächst und wächst, gleichzeitig sind die regulatorischen Anforderungen massiv gestiegen. Auf uns kommen neue strategische Herausforderungen zu. Diese wird der Verwaltungsrat in enger Zusammenarbeit mit der Gruppen-Geschäftsleitung unter der Leitung von CEO Giulio Vitarelli meistern – wir werden unsere Erfolgsgeschichte also in dieser Konstellation weiterschreiben.

Es scheint, als hätten Sie als Unternehmer immer nach Lehrbuch richtig gehandelt. Gibt es Entscheidungen, die Sie bereuen?

Selbstverständlich. Wie in jeder Firma gab es auch bei uns Projekte, die wir im Nachhinein anders aufgegleist hätten. Aus Fehlern lernt man. Als Unternehmer muss man sich darum immer Freiräume lassen, um Neues auszuprobieren. Was letztlich zählt: Die wichtigen Entscheidungen, die wir für unsere Firma getroffen haben, waren richtig so – und sie haben sich bis heute bewährt.

Die VZ-Gruppe hat auch fürs erste Halbjahr 2022 erfreuliche Zahlen vorgelegt und neue Kunden gewonnen -trotz der schwierigen Zeiten oder wegen?

Die erste Jahreshälfte war für die gesamte Branche schwierig. Aber klar: Für viele Kunden sind wir heute eine echte Alternative zu den klassischen Banken. Wir haben uns auf die Beratung rund um die Pensionierung spezialisiert. Mit dieser Expertise sind wir in einem Markt tätig, der generell wächst: Immer mehr Menschen gehen in Pension. Dazu kommt, dass die Haushaltsfinanzen immer komplizierter werden. Komplexe Steuergesetze, hängige Reformen, schrumpfende Renten – das verunsichert viele Erwerbstätige. Sie wünschen sich vor allem eines: verlässliche Informationen rund um Pensionierung, Erbschaft und Steuern.

«Komplexe Steuergesetze, hängige Reformen, schrumpfende Renten – das verunsichert viele Erwerbstätige.»

Den Vermögensverwaltern drohen im kommenden Jahr neue regulatorische Auflagen seitens der Finma. Man erwartet eine breite Konsolidierung. Planen Sie im Zuge dessen den Kauf des einen oder anderen Schweizer Anbieters?

Das steht nicht im Fokus. Sollte sich eine gute Gelegenheit bieten, würden wir das selbstverständlich prüfen. Wir möchten aber auch in Zukunft aus eigener Kraft wachsen – also fähig sein, selber neue Kunden zu gewinnen und neue Mitarbeiter zu rekrutieren, aufzubauen und weiterzuentwickeln. So haben wir das in den letzten 29 Jahren gemacht. Für die Stabilität unserer Firma ist es besser und gesünder, organisch zu wachsen – also keine wilden Akquisitionen zu tätigen.

Wie beurteilen Sie als Ökonom die aktuelle wirtschafts- und geopolitische Lage? Schlittern wir gerade in ein grösseres und langfristiges wirtschaftliches Desaster?

Die Lage ist tatsächlich besorgniserregend. Es gibt aber auch Lichtblicke. So sind zum Beispiel die aufeinander abgestimmten Massnahmen der Notenbanken eine grosse Hilfe, um die steigende Inflation einzudämmen und immer höheren Zinsen entgegenzuwirken. Ziemlich sicher werden wir in absehbarer Zeit eine klare Abschwächung der wirtschaftlichen Entwicklung sehen – in manchen Ländern vielleicht sogar eine Rezession. Mit grosser Wahrscheinlichkeit haben die Finanzmärkte das zu einem grossen Teil schon eingepreist. Ohnehin schauen sie bereits auf die Zeit danach, auf den nächsten Konjunkturzyklus. Darum ist es nicht ausgeschlossen, dass die Märkte die Anleger noch überraschen könnten gegen Ende Jahr.

«Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Märkte die Anleger noch überraschen könnten gegen Ende Jahr.»

Spüren Sie eine Verunsicherung seitens der Kunden? Müssen sich die Anleger neu positionieren?

Wer jetzt Geld anlegen will, hat klar grosse Unsicherheiten und möchte den Entscheid eigentlich hinausschieben. Wer schon Geld anlegt und uns mit der Verwaltung seines Vermögens beauftragt hat, ist meistens sehr langfristig orientiert und hat eine klare Anlagestrategie definiert. Diese Kunden halten auch in unsicheren Zeiten an ihrer Anlagestrategie fest – das ist genau das richtige Vorgehen.

Welche Rolle werden digitale Vermögenswerte wie Kryptowährungen und Token in Zukunft spielen?

Aus meiner Sicht ist das noch nicht absehbar. Wenn Kunden Kryptowährungen kaufen, verkaufen, ein- und ausliefern oder langfristig halten wollen, müssen wir ihnen als Betreiber einer Bankenplattform auch die Möglichkeit dazu bieten können. Und zwar so einfach und so sicher, wie wenn sie eine Schweizer Aktie kaufen möchten. Das ist eine Voraussetzung, die Banken künftig erfüllen müssen, ohne dabei grosse Zusatzkosten für ihre Kunden zu generieren.

Raten Sie ihren Kunden, in digitale Vermögenswerte zu investieren? Wenn ja, in welche und wie?

Nein, das haben wir nie gemacht. Heute ist die Anlageklasse der Kryptowährungen primär noch durch Spekulation getrieben. Darum kann man sie noch nicht als Mittel zur Wertaufbewahrung betrachten – gerade diese Fähigkeit ist bei einer Währung aber die Voraussetzung.

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