Max Meister, Co-Gründer Koyo Capital AG, im Interview
von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Meister, Koyo ist ein Naturphänomen in Japan, wenn die fallenden rötlichen Blätter der japanischen Laubbäume die Landschaft prägen. Wenn ich der Analogie folge, sehe ich für Koyo Capital zwei Möglichkeiten: Die Blätter sind gefallene Startups oder die Farben und die Einzigartigkeit der Blätter zeigen die Landschaft der Schweizer Startups auf. Was stimmt?
Max Meister: Koyo bedeutet das Finden von verborgenen Schätzen. Während Japan im Ausland für seine Kirschblütenzeit bekannt ist, stellt für die Einheimischen Koyo, das den farbenfrohen Herbst beschreibt, ein ebenbürtiges Ereignis dar. Koyo spiegelt mit seiner Vielfalt an Farben und der Einzigartigkeit jedes einzelnen Blattes die Welt der Startups wider. Jedes Unternehmen ist ein Unikat mit individuellen Stärken, einem einzigartigen Team und einer innovativen Geschäftsidee. Unser Fund konzentriert sich darauf, diese einzigartigen Unternehmen zu identifizieren, in sie zu investieren und sie mit unserem Owner-Operator-Ansatz dabei zu unterstützen, ihr volles Potenzial zu entfalten.
Sie haben Koyo Capital zusammen mit Guy Giuffredi gegründet. Wie kam es dazu?
Ich habe mich, nachdem ich bei Serpentine Ventures ausgeschieden war, viel Zeit gelassen. Mir war es zunächst wichtig, die letzten zehn Jahre, die ich auf Investorenseite in der Venture-Szene verbracht habe, kritisch zu reflektieren. Ich habe die Zeit auch genutzt, ein Studium an der HSG/ETH zu beginnen, mit Burn Rate einen VC-Podcast zu starten, habe mich privat an diversen Startups beteiligt und eine M&A Boutique mitaufgebaut, die auf Technologie-Unternehmen spezialisiert ist. Und ich habe mich lange gefragt: Braucht es überhaupt noch einen VC in der Schweiz? Inzwischen gibt es bekanntlich über 50 Risikokapital-Firmen in der Schweiz. Eigentlich genügend, könnte man meinen.
Meine anschliessende Analyse hat dann zu Tage gefördert, dass die meisten Funds sehr frühphasig und einige wenige eher spätphasig unterwegs sind, es dazwischen jedoch eine spannende Lücke gibt, die in den letzten Monaten immer öfter von ausländischen VCs besetzt wurde. Dies schien mir eine gute Möglichkeit zu sein, in den Markt einzusteigen.
Mit Guy Giuffredi arbeite ich seit fünf Jahren eng zusammen. Ich hatte ihn damals zu Serpentine geholt und mit der Führung von zwei Funds betraut. Neben der Investmenttätigkeit hat er auch im Fundraising überzeugt, weshalb er für mich im neuen Team von Anfang an gesetzt war.
«Unser Fund konzentriert sich darauf, einzigartige Unternehmen zu identifizieren, in sie zu investieren und sie mit unserem Owner-Operator-Ansatz dabei zu unterstützen, ihr volles Potenzial zu entfalten.»
Max Meister, Co-Gründer Koyo Capital AG
Wie unterscheidet sich Koyo zum Beispiel von der Swiss Ventures Group, deren Gründer Sie einst waren, oder Serpentine, wo Guy Giuffredi Investment Director war?
Nun, die Swiss Ventures Group ist technisch gesehen ein Konzern ohne eigene operative Tätigkeit. Sie hält diverse Tochtergesellschaften (u.a. Serpentine) und managed diese. Serpentine wiederum ist ein Fund, eingebettet in einer Unternehmensstruktur. Währendem Serpentine drei Funds entlang dem Lebenszyklus eines Startups sowie einen Diabetes Fund führt, fokussiert sich Koyo nur auf einen Fund mit einer dedizierten Investmentthese.
Also «Fortify & Explore» statt «Spray and pray»?
Im Pre-Seed und Seed-Bereich kann Spray and pray definitiv eine probate Strategie sein, da man dort v.a. in die Teams und das spätere Potenzial investiert. Man kann ergo weniger gut abschätzen, ob die Firma erfolgreich sein wird. Deshalb ist man gezwungen, portfolio-theoretisch eine hohe Anzahl «Wetten» einzugehen. Koyo investiert jedoch nach dieser Seed-Phase und wird besser in der Lage sein, das künftige Potenzial abzuschätzen. Deshalb können wir uns auf eine starke These fokussieren, indem wir nur in zehn Firmen investieren.
Der Fonds von Koyo Capital investiert in zehn Firmen. Sie sagen, von denen seien Sie aber auch wirklich überzeugt. Nach welchen Kriterien entscheiden Sie?
Wir werden uns zunächst sehr stark mit dem Markt auseinandersetzen. Sequoia-Gründer Don Valentine hat etwas Treffendes gesagt: «Wir sind nicht daran interessiert, Märkte zu schaffen – das ist zu teuer. Wir sind daran interessiert, Märkte frühzeitig zu erschliessen». Damit dies gelingt, müssen wir ein extrem gutes Verständnis für den Markt entwickeln. Dies schliesst im Übrigen auch die Frage mit ein, weshalb jetzt ein guter Zeitpunkt sein soll, in diesen Markt zu investieren. Und es braucht eine realistische Quantifizierung des Market. Dies ist etwas, was in 95% der Fälle falsch (meistens zu hoch) gemacht wird.
Zweitens setzen wir uns sehr gezielt mit den Kunden auseinander. Wer sind die Kunden und weshalb kaufen die Kunden das Produkt oder die Dienstleistung? Erst dann wenden wir uns dem Produkt zu und analysieren konkurrenzierende Produkte sowie die Schutzfähigkeit. Hier kommen auch Themen wie das Geschäftsmodell, Pricing und Marketing zur Sprache.
In der anschliessenden finanziellen Analyse geht es primär um die Thematik der Skalierung, also der Entkoppelung der Erträge von den Kosten mit besonderer Betrachtung der Fixkosten. Auch Bruttomargen und Preiselastizitäten spielen hier eine Rolle. Last but not least wenden wir uns dem Team zu und machen eine umfassende Analyse der Führungspersonen. Das alles geht nicht von heute auf morgen, sondern dauert seine Zeit. Da wir über einen Zeitraum von fünf Jahren nur zehn Investments machen werden, können wir uns diese Zeit auch nehmen. Natürlich immer mit der Gefahr, dass die Firma dann von jemanden anderen finanziert wird. Dieses Risiko nehmen wir aber gerne in Kauf.
«Da wir über einen Zeitraum von fünf Jahren nur zehn Investments machen werden, können wir uns diese Zeit auch nehmen.»
Und auf welche Themenkreise und Sektoren konzentrieren Sie sich?
Gemäss unserer These Fortify (stärken) und Explore (entdecken) sehen wir v.a. Chancen in den Bereichen Robotik, Cyber-Security, AI als Infrastruktur, AI im Gesundheitsbereich, Weltraum-Technologien und Quantum-Mechanik.
Und wo denken Sie, geeignete Startups zu finden?
Nun, bei den erwähnten Themen sind die Schweizer Hochschulen sehr gut positioniert. Man unterschätzt diese heute noch, aber ich bin absolut davon überzeugt, dass die Schweiz punkto Themenführerschaft dank den Hochschulen weltweit betrachtet sehr gut positioniert ist. Ergo werden wir ca. 8 von 10 Investments in der Schweiz machen.
Guy Giuffredi war verantwortlich für das Portfolio beim Berner Startup-Inkubator ZID und hat neben seiner Tätigkeit als Investor auch den Business Angel Club Aare Ventures mitgegründet. Könnten auch Berner Startups stärker in den Fokus rücken?
Ja, das ist möglich. Das ZID und auch Aare Ventures sind für mich absolute Glücksfälle für Bern und Guy hat hier einen entscheidenden Anteil beim Aufbau geleistet. Bern holt aktuell mit grosser Kadenz auf, was man u.a. an grösseren Finanzierungsrunden aus der Hauptstadt beobachten kann – z.B. kürzlich Neustark. Schweizweit entwickelt sich z.B. auch die Ostschweiz was Startup Scale-ups betrifft enorm gut. Die Ingredienzen für eine ähnliche Entwicklung in Bern sind auf jeden Fall vorhanden.
«Bern holt aktuell mit grosser Kadenz auf, was man u.a. an grösseren Finanzierungsrunden aus der Hauptstadt beobachten kann – z.B. kürzlich Neustark.»
Wie viel Vermögen umfasst der Fonds von Koyo Capital?
Das Ziel sind 50 Mio Franken. Wir haben vor ein paar Tagen mit dem Fundraising begonnen und konnten bereits die ersten Investoren begrüssen.
Wurden bereits erste Investments getätigt?
Bis zum ersten Closing des Funds werden wir zusammen mit unseren Investoren über eine eigens gegründete Struktur Direkt-Investitionen tätigen. Kürzlich haben wir z.B. in das israelisch-schweizerische Scale-up RAAAM Technologies investiert, einem innovativen Anbieter von eingebetteten Speicherlösungen, der die kostengünstigste On-Chip-Speichertechnologie in der Halbleiterindustrie liefert.