Michael Steiner, Vorsitzender der Geschäftsleitung acrevis Bank AG, im Interview

Michael Steiner

Michael Steiner, Vorsitzender der Geschäftsleitung acrevis Bank AG. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Steiner, seit der Gründung Ihrer Bankgruppe vor zwölf Jahren ist die Bilanzsumme um ein Viertel auf 5 Milliarden gestiegen. Kann man sagen vorsichtig, aber stetig?

Michael Steiner: Die acrevis Bank AG setzt generell auf qualitatives Wachstum, diese Strategie verfolgen wir seit Jahren konsequent: Qualität vor reiner Quantität. Ein umsichtiges Risikomanagement spielt eine zentrale Rolle: Wir weichen nicht zugunsten eines höheren Wachstums von unserer vorsichtigen Risikopolitik ab.

Sie verwalten jetzt 9 Milliarden an Vermögen. Stark gewachsen sind die Mandate. Trauen sich die Leute jetzt weniger, ihr Geld selbst anzulegen?

Entwicklungen, wie wir sie derzeit mit dem Krieg in der Ukraine, der immer noch nachwirkenden Pandemie, der Inflation und den Konjunktursorgen erleben, können Unsicherheiten schüren und die individuelle Einschätzung betreffend Geldanlagen beeinflussen. Ein anderer Aspekt ist aber relevanter: Viele vermögende Personen haben schlicht keine Zeit, sich intensiv um ihre Anlagen zu kümmern. Wir bieten ihnen kompetente Unterstützung. Dafür haben wir unsere Dienstleistungen im Bereich der Vermögensverwaltung stark ausgebaut und uns auch gezielt personell verstärkt. Wir freuen uns, dass dies die Nachfrage gesteigert hat.

«Viele vermögende Personen haben schlicht keine Zeit, sich intensiv um ihre Anlagen zu kümmern.»
Michael Steiner, Vorsitzender der Geschäftsleitung acrevis Bank AG

St. Galler gelten als verlässlich und vorsichtig. Merken Sie das bei Ihrer Bank auch an den geringen Ausfallquoten?

Vorsichtig und verlässlich – das wäre ja ein positives Vorurteil, ein Kompliment. Als Ostschweizer fühle ich mich geschmeichelt. Aber im Ernst: Mir ist kein Zusammenhang zwischen der Region und den Ausfallquoten bekannt. Es gibt unterschiedliche Gründe für tiefe Ausfallquoten, etwa tiefe Zinsen, Corona-Hilfen uns so weiter. Zudem spielt auch hier unser bereits angesprochenes umsichtiges Risikomanagement eine Rolle.

Gibt es in der Ausserschwyz, wo acrevis mit Filialen in Lachen und Pfäffikon präsent ist, Abwärtsbewegungen im Immobiliensektor?

Nein, solche Entwicklungen sind nicht zu erkennen. Die Nachfrage übertrifft das Angebot auch in dieser Region noch immer. Beim Wohneigentum sehe ich aktuell keine Umkehrung dieses Trends. Anders hingegen bei Renditeliegenschaften, wo sich die wieder höheren Zinsen früher oder später auf die Preise auswirken werden.

Bei acrevis fällt der immer noch sehr hohe Kundenausleihungsdeckungsgrad von 96,3 Prozent (Vorjahr 97,1) auf. Könnten Sie nicht bei den Ausleihungen volumenmässig noch zulegen?

Vorweg: Jede Bank wünscht sich einen hohen Kundenausleihungsdeckungsgrad, da es ihr Handlungsspielraum bietet. In diesem Sinne sind wir sicher zufrieden. Und natürlich wäre es angesichts dieses Wertes möglich, das Volumen auszuweiten. Wie bereits ausgeführt wollen wir aber nicht die Ausleihungen zu Lasten der Risiken oder der Marge pushen, nur weil wir viele uns anvertraute Kundengelder haben.

«Aktuell sind Anlagen sehr beliebt, die steigenden Zinsen haben aber auch Sparkontoguthaben und Festgelder wieder attraktiver gemacht.»

Im vergangenen Geschäftsjahr 2022 konnte ein Nettozufluss von 100 Millionen Franken verzeichnet werden. Wohin fliesst das meiste?

Hier gibt es keine eindeutige Tendenz – dieser Entscheid der gewählten Anlageklassen ist sehr individuell und abhängig beispielsweise von der persönlichen Sicherheits- oder Risikobeurteilung. Aktuell sind Anlagen sehr beliebt, die steigenden Zinsen haben aber auch Sparkontoguthaben und Festgelder wieder attraktiver gemacht.

Im Vergleich zum Vorjahr stieg auch der Geschäftsaufwand, und zwar um 2,8 Prozent auf 46,3 Millionen Franken. Wird die Cost/Income Ratio bei über 60% und mehr verharren?

Es ist unser Ziel, die Cost/Income-Ratio im Bereich von 60% zu halten – stetiges strategisches Investieren ist uns wichtig. Angaben zur Cost/Income Ratio sind auch immer unter Berücksichtigung der Abschreibungen zu beurteilen und lassen sich nicht einfach anhand der blossen Ziffern vergleichen: Alle Banken handhaben den Umgang mit Investitionen unterschiedlich – werden Investitionen den Sachkosten belastet oder aktiviert und abgeschrieben? Bei acrevis belasten wir überdurchschnittlich viele Investitionen den Sachkosten, was wir als positiv werten, auch wenn es die klassische Cost/Income-Ratio erhöht.

«Bei acrevis belasten wir überdurchschnittlich viele Investitionen den Sachkosten, was wir als positiv werten, auch wenn es die klassische Cost/Income-Ratio erhöht.»

Im Zuge der Digitalisierung wurden 2018 in der Niederlassung Rapperswil-Jona und 2019 in Wil sogenannte «Schalter der Zukunft» mit Videoberatung eingerichtet. Wie ist das Fazit?

Wir ziehen eine sehr positive Bilanz: Diese Art des Kontakts und der Beratung für unsere Kundinnen und Kunden hat sich bewährt. Daher werden wir diesen Weg weitergehen, wobei die Erkenntnisse aus den ersten Jahren in die zukünftigen Weiterentwicklungen unserer Standorte einfliessen werden.

Von Ihren 180 Mitarbeitern sind 90 Frauen. Ist das Absicht?

Absicht nicht, wenn Sie sich auf das genaue 1:1-Verhältnis beziehen – denn so präzise lässt sich das ja nicht planen. Es ist aber sehr wohl Absicht, das wir auf eine ausgewogene Verteilung achten und keine unbewusst verzerrte Einstellungspolitik haben: Wir suchen kompetente, motivierte Mitarbeitende, die unsere Werte mittragen – das Geschlecht ist nicht ausschlaggebend. Dabei halten wir die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern ein, wofür wir 2021 mit dem Label «We Pay Fair» ausgezeichnet wurden.

Sie veranstalten auch Informationsanlässe zur Banklehre für Jugendliche. Ist das Ihre Hauptrekrutierungsschiene?

Ich bin überzeugt: Für die ganze Bankbranche ist es ein zentrales Anliegen, guten Nachwuchs zu rekrutieren und auszubilden. Die Banklehre bietet genau das, sodass wir uns gerne dafür einsetzen. Ebenso wichtig ist der Gewinn von erfahrenen externen Kandidatinnen und Kandidaten. Gegenseitiges Vertrauen, Respekt und Wertschätzung bilden die Basis unseres Zusammenarbeitens. Nebst guten Rahmenbedingungen, einem attraktiven Lohnsystem und einer fairen Erfolgsbeteiligung stehen dabei ein partnerschaftliches Verhältnis sowie die kontinuierliche Weiterentwicklung unserer Mitarbeitenden im Zentrum. Die Zahlen geben uns recht: Unsere Mitarbeitenden arbeiten im Schnitt schon mehr als 9.4 Jahre für acrevis – das freut mich sehr.

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