Michel Kunz, CEO Orell Füssli Holding AG

Michel Kunz

Michel Kunz, CEO Orell Füssli Holding AG (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab: Herr Kunz, Orell Füssli schaut auf ein schwieriges Geschäftsjahr 2011 zurück. Der Umsatz gab um knapp 10 % nach, das Betriebsergebnis reduzierte sich von 13,2 auf 2,4 Mio Franken. Als Gewinn verblieben 2011 nur gerade 200’000 Franken. Was sind die Hauptursachen?

Michel Kunz: Der Umsatzrückgang war in erster Linie vom Buchhandel und vom Sicherheitsdruck geprägt. Beim Buchhandel lag dies hauptsächlich am Rückgang der Preise, ausgelöst durch die Währungsverschiebungen. Beim Sicherheitsdruck waren der Auftragsmix, der starke internationale Wettbewerb und der hohe Schweizer Franken die wesentlichen Treiber.

Sie haben Rückstellungen von 6,8 Mio Franken für die Tochtergesellschaft Atlantic Zeiser und den Buchhandel getätigt. Atlantic Zeiser musste einen Betriebsverlust von 1,5 Mio Euro hinnehmen. Welche Massnahmen sind geplant?

Wir haben bei Atlantic Zeiser bereits zu Beginn des Jahres eine Restrukturierung eingeleitet, welche den Abbau von rund 15% der Stellen beinhaltet. Parallel dazu haben wir unsere Vertriebsaktivitäten auf Schwerpunktmärkte fokussiert.

Der Bereich Sicherheitsdruck erwirtschaftete zwar einen EBIT von 11,3 Mio Franken, hatte aber an verschiedenen Fronten zu kämpfen. Welches waren die Schwierigkeiten?

Der Sicherheitsdruck hat die Kostenstrukturen der Margenentwicklung angepasst und die Produktivität weiter gesteigert. Parallel dazu wurden neue Kunden gewonnen. Insgesamt entspricht das Jahresergebnis dem unter den anspruchsvollen Rahmenbedingungen Machbaren.

«Grundsätzlich ist auf den internationalen Märkten erkennbar, dass immer wieder neue Sicherheitsfeatures angeboten werden, welche dann in der Praxis erprobt werden müssen, bevor sie eingesetzt werden können.»
Michel Kunz, CEO Orell Füssli Holding AG

Wie viel investiert Orell Füssli in moderne Produktionsmittel, Innovation und Forschung, um den hohen Sicherheitsstandard garantieren zu können?

Weshalb wurde der Druck der neuen Schweizer Banknoten erneut verschoben?

Wir haben die Gründe bereits im Dezember kommuniziert. An dieser Ausgangslage hat sich nichts geändert.

Welchen Einfluss wird die erneute Verschiebung auf das Ergebnis des laufenden Jahres haben?

Dieses Jahr drucken wir die heutigen Schweizer Banknoten, so dass sich die Auswirkungen in Grenzen halten.

Mit neuen Technologien und neuen Sicherheitsmerkmalen sollen die Schweizer Banknoten immer wieder verbessert werden. In welche Richtung gehen die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Sicherheitstechnik für Banknoten?

Dazu können wir Ihnen aus Vertraulichkeitsgründen keine Auskunft geben, insbesondere was die neuen Schweizer Banknoten betrifft. Grundsätzlich ist auf den internationalen Märkten erkennbar, dass immer wieder neue Sicherheitsfeatures angeboten werden, welche dann in der Praxis erprobt werden müssen, bevor sie eingesetzt werden können.

Wie viel investiert Orell Füssli in moderne Produktionsmittel, Innovation und Forschung, um den hohen Sicherheitsstandard garantieren zu können?

Die Herstellung von Banknoten ist anlageintensiv. Orell Füssli investiert regelmässig in die Modernisierung ihrer Infrastruktur und weist die entsprechenden Beträge im jeweiligen Geschäftsbericht aus. Da wir äusserst anspruchsvolle Noten produzieren sind wir bezüglich unserer Anlagen auf einem guten Stand.

Das Buchhandelsgeschäft von Orell Füssli tut sich – wie die ganze Branche – schwer. Der Umsatz sank im vergangenen Jahr um 5,1 % auf 113,8 Mio Franken. Sind weitere Anpassungen am Filialnetz geplant?

Die erfolgten Rückstellungen sind für die Bereinigung des Standortes Bern-Westside gemacht worden. Weitere konkrete Anpassungen sind im Moment nicht in Planung. Es entspricht aber unserer Strategie, frühzeitig und konsequent auf verändertes Kundenverhalten hin zu reagieren.

Wie entwickeln sich die Onlinekanäle books.ch und storyworld.ch?

Storyworld.ch ist auf einem ausgeprägten Wachstumspfad. Das Angebot kommt insbesondere bei preissensitiven Kunden, welche keine Beratung wünschen, gefragt. Erfreulich entwickelt sich auch books.ch, die Investitionen in den Ausbau der Plattform und die Verknüpfung mit dem Filialgeschäft bewähren sich.

Wie stark ist infolge der Euroschwäche die Konkurrenz durch den „Online-Einkaufstourismus“ im Ausland – z.B. bei Amazon?

Mit storyworld.ch sind wir in Etwa auf dem Preisniveau von amazon.de. Dies bei einer mindestens gleichwertigen, wenn nicht besseren Dienstleistung. Wir verspüren keine Verschärfung der Situation dahingehend, dass die Online-Kunden vermehrt ausländische Anbieter berücksichtigen.

«Wir erwarten bei Atlantic Zeiser eine wesentliche Verbesserung der Ergebnisse.»

Welche Erwartungen haben Sie für das laufende Jahr?

Wir erwarten bei Atlantic Zeiser eine wesentliche Verbesserung der Ergebnisse. Im Sicherheitsdruck können wir mit einer hohen Auslastung rechnen. Im Buchhandel gehen wir von weiterhin rückläufigen Umsätzen aus.

Weshalb zahlt das Unternehmen den Aktionären trotz des kleinen Gewinns eine Dividende von 2 Franken pro Titel aus?

Mit der beantragten Dividende soll das Vertrauen in die zukünftige Entwicklung des Unternehmens unterstrichen werden.

Herr Kunz, besten Dank für das Interview.

Zur Person:
Michel Kunz, Schweizer, Jahrgang 1959

Ausbildung:
Dipl. El. Ing. ETH Zürich
MBA Master of Business Administration GSBA

Wesentliche berufliche Tätigkeiten und Funktionen:

1985–1987 Entwicklungsingenieur BBC Baden
1987–1990 Entwicklungsingenieur Schweizer Electronics
1991–1993 Leiter Beschaffung Ascom Hasler AG
1993–1994 Leiter Profit Center Elektronikproduktion Ascom Hasler AG
1994–1997 Leiter Systementwicklung und Mitglied der GL PostFinance / Schweizerische Post
1997–1999 Leiter Informatik/Mitglied der erweiterten Konzernleitung Schweizerische Post
1999–2009 Mitglied der Konzernleitung (u.a. Leiter PostMail und PostLogistics) Schweizerische Post, zuletzt als Konzernleiter
Seit 1.7.2010 CEO Orell Füssli Gruppe

VR-Mandate:
Verschiedene VR-Mandate bei Orell Füssli Gruppengesellschaften
VR-Mitglied BSI Business Systems Integration AG, Baden

Zum Unternehmen:
Orell Füssli ist als internationale Industrie- und Handelsgruppe fokussiert auf die Kern­geschäfte Banknoten- & Sicherheitsdruck, Industriesysteme zur Individualisierung von Wertdokumenten und Markenprodukten sowie den Buchhandel. Der Buchverlag bildet die traditionsreiche Basis des Unternehmens mit Sitz in Zürich – seit 1519. Orell Füssli erzielt mit rund 1’000 Mitarbeitenden an Standorten in 10 Ländern einen Umsatz von rund CHF 300 Mio. und ist an der Schweizer Börse kotiert.

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