Michele Matt, CEO myCamper, im Interview

Michele Matt, CEO myCamper, im Interview
Michele Matt, CEO myCamper. (Foto: zvg)

Von Patrick Gunti

Moneycab: Herr Matt, wo waren Sie zuletzt im Urlaub?

Michele Matt: Ich war mit meiner Freundin sowie meinem Bruder und seiner Familie mit unseren beiden VW-Bussen für ein verlängertes Wochenende in Annecy (F).

Was macht Camping für Sie so besonders?

Dass man spontan losfahren und anhalten kann, wo es am schönsten ist. Mit dem Camper fühle ich mich frei. Ich kann dabei das einfache Leben und die Natur geniessen.

Seit Juni letzten Jahres lassen sich auf Ihrer Sharing-Plattform mycamper.ch Reisemobile online für den Urlaub buchen. Welche Zwischenbilanz ziehen Sie zum heutigen Zeitpunkt?

Wir ziehen eine sehr positive Zwischenbilanz. Vor einem Jahr sind wir mit einem Camper, nämlich meinem eigenen VW Bus gestartet und nun sind wir bereits bei knapp 100 Fahrzeugen. Auch bei den Buchungen konnten wir kräftig zulegen. Gegenüber dem letzten Jahr konnten wir die Auslastung der Fahrzeuge verzehnfachen. Es freut uns riesig, dass wir auf ein so grosses Interesse gestossen sind. Im nächsten Jahr wollen wir die Auslastung nochmals um den Faktor fünf steigern.

««Privatgehaltene Camper stehen sich im Durchschnitt 90% der Zeit «kaputt».»
Michele Matt, CEO myCamper

Wie sind Sie überhaupt auf die Idee für mycamper.ch gekommen?

Die Idee von myCamper entstand auf einer Reise mit meiner Freundin und meinem VW Bus auf Sardinien im Sommer 2014. Während eines warmen Sommerabends sassen wir vor unserem Bus und genossen das einfache Leben, die Freiheit und den Ausblick über das grosse weite Meer. Wir tranken ein Glas Wein und philosophierten über das Leben. Dabei kamen wir auf unseren treuen Reisebegleiter zu sprechen und realisierten, dass unser freiheitsliebender Bulli viel zu oft eingesperrt in der Garage herumsteht. Und dies ist kein Einzelfall – privatgehaltene Camper (Campingbusse, Wohnmobile und Wohnwagen) stehen sich im Durchschnitt 90% der Zeit „kaputt“. Und genau dieses Problem wollten wir lösen. Wir wollten diese freiheitliebenden Fahrzeuge wieder zurück auf die Strasse bringen und ihnen ihre Freiheit zurückgeben.

Wie sieht das Konzept aus? Wie gehen Interessenten vor, die einen Camper-Urlaub mit einem Wohnmobil oder Campingbus verbringen wollen, wie diejenigen, die ihr Fahrzeug zur Verfügung stellen?

Das Konzept dahinter ist einfach: Ungebrauchte Fahrzeuge werden mit ein paar Klicks online zur Miete angeboten. Im integrierten Kalendermodul wählt der Fahrzeughalter die Daten aus, an dem er sein Fahrzeug zur Miete anbieten möchte. In dieser Zeit können Interessenten das Fahrzeug mieten. Genauso einfach läuft es für Mieter: Dank der integrierten Suchfunktion finden diese ihr gewünschtes Feriengefährt unverzüglich. Im Gegensatz zu anderen Anbietern setzt das Startup-Unternehmen auf Einfachheit und Transparenz. Es gibt z.B. ein Ein-Preis-Modell, keine Zusatzkosten für Zweitfahrer, keine Übergabepauschalen.

Wer bestimmt den Mietpreis und welchen Anteil davon erhält mycamper.ch?

Der Mietpreis wird vom Camper-Besitzer festgelegt. myCamper gibt dabei lediglich Richtwerte vor. Auf Wunsch beraten wir natürlich gerne unsere Vermieter bei der Definition eines fairen Preises. Das Camper-Profil ist für den Vermieter kostenlos. myCamper erhält bei erfolgreicher Vermittlung eine Provision von 15%.

Wie viele Camping-Fahrzeuge stehen in den Hauptreisezeiten, also während der Frühlings-, Sommer- und Herbstferien durchschnittlich zur Miete?

Während dieser Camping-Saison standen im Durchschnitt 65 Fahrzeuge zur Miete zur Verfügung. Wir sind überzeugt, dass wir diese Zahl im nächsten Jahr mindestens verdreifachen können.

«Unsere Schadenquote ist deutlich tiefer als die eines kommerziellen Vermieters.»

Welche Erfahrungen haben Sie hinsichtlich dem Umgang mit den Camping-Fahrzeugen gemacht? Wie schützen sich die «Vermieter» vor möglichen Schäden?

Wir haben sehr gute Erfahrungen gemacht. Unsere Schadenquote ist deutlich tiefer als die eines kommerziellen Vermieters. Dies hat vor allem damit zu tun, dass es sich bei myCamper um das Teilen von privaten Fahrzeugen handelt. Der Mieter hat einen ganz anderen Bezug zu einem privaten Camper, bei welchem er den Besitzer kennenlernt, als wenn er eines von vielen Fahrzeugen bei einem kommerziellen Anbieter mietet. Die Mieter schätzen es sehr, dass man ihnen sein privates Fahrzeug anvertraut. Der persönliche Kontakt bei der Übergabe, die Einzigartigkeit jedes Fahrzeugs und die transparente Bewertungsmöglichkeit bei myCamper schaffen Vertrauen. Zusätzlich schützen wir beide Parteien, indem wir die rechtlichen Rahmenbedingungen vorgeben und dem Mieter ein rundum Versicherungspaket anbieten, welches ihn für die gewünschte Mietperiode umfassend schützt. Mit all diesen Massnahmen sorgen wir dafür, dass der Mieter sorgenfrei in die Ferien fahren kann und der Vermieter sich entspannt zurücklehnen kann.

Was würden Sie zum aktuellen Zeitpunkt als grösste Herausforderung für mycamper.ch bezeichnen?

Die grösste Herausforderung für uns war es, einen geeigneten Versicherungspartner zu finden und aus dem sehr limitierten Startup-Budget das Maximum herauszuholen. Wir sind bis heute eigenfinanziert, aber nun an einem Punkt angelangt, an dem wir uns über eine mögliche Finanzierungsrunde Gedanken machen.

Wie schätzen Sie das Entwicklungspotenzial ein?

Wir schätzen das Marktpotential in der Schweiz wie auch in weiteren europäischen Ländern riesig ein. Das Angebot wie auch die Nachfrage wächst momentan mit knapp 10% pro Jahr. Wir sind überzeugt, dass diese Wachstumsrate aufgrund des neuartigen und preisgünstigen Sharing Angebots weiter ansteigen wird. Wir stehen noch ganz am Anfang von diesem Trend und freuen uns sehr, auf all das was noch kommen wird.

Herr Matt, besten Dank für das Interview.

Zur Person:
Michele Matt, Gründer und CEO von myCamper GmbH, 31 Jahre alt, Schweizer
Studium Umweltgeowissenschaften an der Universität Basel und International Management an der Fachhochschule Nordwestschweiz
Arbeitete bei der Credit Suisse in Zürich im Key Client Management Bereich und wechselte dann zu einer Unternehmensberatungsfirma im europäischen Finanzbereich
Zurzeit unterstützt Matt neben myCamper das regionale Führungsteam der Credit Suisse Nordschweiz

Schreibe einen Kommentar