Nicolas Huxley, Gründer und Geschäftsführer ELEPHBO, im Interview

Nicolas Huxley, Gründer und Geschäftsführer ELEPHBO, im Interview
Nicolas Huxley, Gründer und Geschäftsführer ELEPHBO / Huxley Design AG. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Huxley, Taschen, Sneakers, Rucksäcke aus recycelten Zementsäcken aus Kambodscha – wie kam es dazu?

Nicolas Huxley: Ich habe in Hongkong studiert und bin während wie auch nach dem Studium viel durch Südostasien gereist. 2011 habe ich erstmals Kambodscha besucht und war erstaunt über dieses Land, den positiven Geist der Menschen dort, ihre Offenheit, wie zuvorkommend und gastfreundlich sie sind.

Ich habe nach Ideen gesucht, in diesem Land etwas Positives zu realisieren. Mir ist aufgefallen, dass der Abfall einfach überall weggeworfen wird. Und nicht zu übersehen waren die leeren Zementsäcke. Auf Baustellen, auf den Feldern, der Strasse, am Strand – einfach überall.

Und daraus ist die Geschäftsidee zu ELEPHBO entstanden…

Einige Locals haben die Zementsäcke auf sehr einfach Weise schon wiederverwendet. Es handelt sich um widerstandsfähiges Material, ist kostenlos, wasserdicht, hat ein interessantes Design und da es aus Plastik ist, können wir durch die Wiederverwendung etwas Gutes für die Umwelt tun. Ich habe schliesslich einige Exemplare mit in die Schweiz genommen und hier zusammen mit einer Textilfachstudentin einige hochwertige Prototypen produziert. Diese haben wir an Freunde und Familie verschenkt und das Feedback war sehr positiv. Darauf haben wir aufgebaut, die Produkte weiterentwickelt und perfektioniert.

Sie produzieren Produkte mit sozialem und nachhaltigem Einfluss. Wo ist dieser am grössten?

Mit Sicherheit in Kambodscha. Es ist uns klar, dass wir mit unserem Geschäft nicht ein ganzes Land verändern können. Es ist aber unser Ziel, Arbeitsplätze mit grosser Wirkung zu schaffen und die Menschen zu fairen Bedingungen und einem überdurchschnittlichen Lohn zu beschäftigen.

«Bei den Zementsäcken handelt sich um widerstandsfähiges Material, es ist kostenlos, wasserdicht, hat ein interessantes Design und da es aus Plastik ist, können wir durch die Wiederverwendung etwas Gutes für die Umwelt tun.»
Nicolas Huxley, Gründer und Geschäftsführer ELEPHBO

Was heisst überdurchschnittlich?

Neue Mitarbeitende verdienen etwa 20% mehr als im Schnitt, diejenigen, die seit Anbeginn dabei sind, bis zu 40%.

Welche weiteren Arbeitsschritte stehen nach dem Einsammeln an, ehe das Material zur Weiterverarbeitung verschifft wird?

Wir haben mit Baustellen das Gespräch gesucht und sie gebeten, die Säcke nicht mehr einfach wegzuschmeissen, sondern auf der Baustelle an einem Ort zu lagern. Das hat den Vorteil, dass wir sie nicht zusammensuchen müssen, das Material eher noch intakt und verhältnismässig sauber ist. Wir holen die Säcke ab und bringen sie mit dem TukTuk in unsere Recyclingstätte. Dort werden sie sortiert nach möglicher Verwendung als Tasche, Sneaker, Cap etc. Dann werden sie auseinandergeschnitten, gewaschen und ein erster Vorschnitt für die Produktion erfolgt ebenfalls vor Ort. Dann wird alles gebündelt und für den Transport vorbereitet. Es handelt sich um einfache Arbeitsschritte, die von den Menschen vor Ort unabhängig ihres Bildungsstandes gemacht werden können.

Wie gelangt das Material nach Europa?

In der Regel transportieren wir die vorbereiteten Zementsäcke einmal jährlich mit dem Schiff nach Europa. Die dabei entstehenden CO2-Emissionen kompensieren wir mit einem Trinkwasser-Projekt in Kambodscha.

«Alle Accessoires wie Taschen, Rucksäcke oder Portemonnaies werden in einer Familienproduktion in Bosnien gefertigt, die Sneakers in Portugal.»

Und wo werden aus Zementsäcken schliesslich Taschen, Caps oder Sneakers?

Alle Accessoires wie Taschen, Rucksäcke oder Portemonnaies werden in einer Familienproduktion in Bosnien gefertigt, die Sneakers in Portugal. Eine erste kleine Serie haben wir in der Schweiz produziert, mussten aber feststellen, dass das zu teuer ist. Ich habe mich dann in Osteuropa nach einem Produktionsstandort umgesehen, der einerseits unsere Werte teilt, motiviert und loyal ist und andererseits auch unsere Qualitätsansprüche erfüllt. Über mein Netzwerk bin ich dann in Bosnien fündig geworden, wo wir den Betrieb – finanziert über ein Crowdfunding auf Kickstarter – Anfang 2016 aufnehmen konnten. Mitte 2017 folgte schliesslich Produktionsstandort in Portugal.

Wie viele Mitarbeitende beschäftigen Sie mittlerweile?

Die Zahlen schwanken. In Kambodscha beschäftigen wir neun festangestellte Mitarbeitende. In der Trockenzeit, wenn die Bedingungen produktionsfreundlicher sind, können es dann insgesamt 25 bis 30 sein. In Bosnien arbeiten derzeit 10 Personen für ELEPHBO, wobei wir noch im 1. Quartal 2020 ausbauen wollen. Die Mitarbeiterzahl steigt dann auf 15 bis 20. Das Unternehmen in Portugal ist ein KMU mit rund 50 Mitarbeitenden, das noch für andere Firmen produziert.

Wie lange hat der Aufbau der gesamten Produktionskette gedauert?

Von der Idee im Jahre 2011, der Rekrutierung des Core-Teams in Kambodscha bis zur Produktions-Aufnahme in Bosnien und schliesslich in Portugal waren es gut sieben Jahre.

Durch das Printing der Säcke ist ein Teil des Designs gegeben. Wer nimmt sich dem Rest des Designs an?

Zu Beginn habe ich das mit der erwähnten Textilfachstudentin selber gemacht, dann in Zusammenarbeit mit den Produzenten. Seit Mitte 2018 haben wir mit Rebekka eine festangestellte Designerin im Team.

Welches ist der zentrale Absatzmarkt?

Bis jetzt ist es die Schweiz, wo unsere Produkte sowohl online wie auch im stationären Handel erhältlich sind. Nun richtet sich unser Fokus verstärkt auf Deutschland und Österreich. Dort werden wir unsere Präsenz im stationären Handel schrittweise ausbauen und unseren Marktanteil erhöhen wollen. Weiter möchten wir dann auch die Niederlande und die skandinavischen Staaten angehen, wo die Kaufkraft hoch und das Interesse an nachhaltigen Produkten gross ist.

«Jetzt fokussieren wir uns auf die Sortimentstiefe, sprich, wir wollen die bestehenden Produkte hinsichtlich Farbe, Design oder Grösse weiterentwickeln.»

Das Geschäftsmodell scheint zu funktionieren – wie wollen Sie es weiterentwickeln?

Ich halte Milestones über drei Jahre für sinnvoll. Wir sind in den letzten Jahren stark in die Breite gewachsen und bieten heute ein umfangreiches Sortiment. Jetzt fokussieren wir uns auf die Sortimentstiefe, sprich, wir wollen die bestehenden Produkte hinsichtlich Farbe, Design oder Grösse weiterentwickeln. Dafür suchen wir auch neue Produktionspartner.

In einem weiteren Schritt wird es darum gehen, das Sourcing auszubauen. Wir möchten das heutige Geschäftsmodell wie in Kambodscha auch in anderen Entwicklungsländern anwenden.

Der Auftritt in «Die Höhle des Löwen» hat ELEPHBO Aufmerksamkeit beschert, aber keine finanzielle Unterstützung. Haben Sie mittlerweile Investoren gefunden, die die Weiterentwicklung mitfinanzieren?

Im 1. und 2. Quartal 2020 werden weitere Investitionen notwendig sein und so werden wir wohl im 4. Quartal erstmals einen Gewinn ausweisen. Zu unseren Aktionären gehören Martin Ritter, CEO von Stadler USA, und Raphael Huber, Gründer von Bijouteria. Mit weiteren Interessenten stehen wir in konkreten Verhandlungen und erwarten das Closing im 1. Quartal 2020.

Herr Huxley, herzlichen Dank für das Gespräch.

ELEPHBO

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