Nicolas von Wilcke, CEO Clear Light, im Interview

Nicolas von Wilcke, CEO Clear Light, im Interview
Nicolas von Wilcke, CEO Clear Light (Bild: Clear Light)

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Wilcke, dass man mit LED-Leuchtmitteln Energie sparen kann, ist bekannt. Sie plädieren nun für einen intelligenten Einsatz von LED. Was ist der intelligente Teil und wie viel lässt sich damit einsparen gegenüber dem normalen Einsatz von LED?

Nicolas von Wilcke: Wir müssen uns über eines im Klaren sein: Heute wird nahezu jede Ressource gesteuert – Wasserhähne mit Absperrventilen regeln den Ausfluss des Wassers. Sie werden nur aufgedreht, wenn man Wasser braucht: beim Zähneputzen, beim Kochen etc.. Ähnlich bei der Heizung: Jeder Heizkörper hat ein Themostat – um exakt die gewünschte Menge Wärme abzugeben. Die meisten Autos in der Welt sind abgestellt oder laufen bei 0-140km/h. Selten an der Höchstlast mit 200 km/h.

Wenn Sie aber heute in eine Industrie- oder Logistikhalle gehen und sehen an die Decke – dann wird eines sofort klar – alle z.B. 3000 Beleuchtungskörper „brennen“ mit 100% Anschaltung, oft viel zu hell und das oft Tag und Nacht. Ist das intelligent und sinnvoll?

Intelligente Beleuchtung bedeutet für uns, dass in jeder Leuchte ein Helligkeits- und Bewegungssensor integriert ist, die alle Leuchten miteinander vernetzt sind, über ein Funkmodul oder ein kabelgebundenes System. Es soll also nur exakt dort und exakt so viel Licht erzeugt werden, wo es benötigt wird.

«So wie heute zumeist Beleuchtung saniert wird, nämlich an/aus, ist es nicht gut. Da bleibt enormes klimawirksames Potential auf der Strecke. Man könnte etwa 4-6 Mal effizienter umstellen – und das sehr wirtschaftlich.» Nicolas von Wilcke, CEO Clear Light

Mit einer zentralen Steuereinheit kann den Leuchten dann vorgegeben werden, nach welchen Regeln sie arbeiten sollen. D.h. im Einzelnen: Wie hell sollen sie leuchten im aktiv Modus, also wenn jemand unter der Leuchte ist, wie hell im Passiv Modus, also wenn niemand da ist, wie lange die leuchten an bleiben sollen, nachdem die letzte Bewegung detektiert wurde, z.B. 30 Sekunden. Und wie schnell die Beleuchtung herunterdimmen soll auf einen Wert von z.B. 20% – damit der Mensch sich in der Halle auf jeden Fall sich gut orientieren kann. Das Ganze hat den Vorteil, dass tatsächlich exakt nur so viel Licht bereitgestellt wird, wie nach den DIN-Normen oder Arbeitsstättenrichtlinien erzeugt werden muss. Nicht mehr und nicht weniger.

Das ist heute noch äusserst ungewöhnlich, denn wenn z.B. 200 Lux in der Logistik gefordert sind, treffen wir heute regelmässig Immobilien an, in denen 300, 400 und mehr Lux erzeugt werden. Das bedeutet, obwohl der Nutzer vielleicht bereits LED-Licht hat und glaubt, viel Energie zu sparen, er dramatisch weniger effizient ist, weil er viel zu viel Licht einbringt. Er trägt teilweise 100% und mehr zu viel ein. Das macht gar keinen Sinn. So wie heute zumeist Beleuchtung saniert wird, nämlich an/aus, ist es nicht gut. Da bleibt enormes klimawirksames Potential auf der Strecke. Man könnte etwa 4-6 Mal effizienter umstellen – und das sehr wirtschaftlich.

Als Unternehmer nach Ihrem Mentor Prof. Yunus, dem Friedensnobelpreisträger von 2006 haben Sie den Anspruch, einen positiven Beitrag für die Menschheit zu leisten. Inwieweit ist intelligentes Licht ein relevantes Themengebiet, welche Vision haben Sie mit Ihrem Unternehmen?

Ja, Prof. Yunus ist für mich ein grosses Vorbild, denn er hat etwa 400 Mio. Menschen aus der extremen Armut geholt, mit seiner Erfindung der Mikrokredite.

Intelligentes Licht kann einen grossen Beitrag zur Klimatransition zu leisten. Stellen Sie sich vor, wir könnten innerhalb von wenigen Jahren ungesteuertes Licht durch hocheffiziente und damit klimafreundliche intelligente Beleuchtung in allen Bereichen, vielleicht sogar weltweit ersetzen. Das wäre ein enormer Schritt in die richtige Richtung. Ein Geheimnis am Rande: Intelligente Beleuchtung „lebt“ etwa 4-6 länger als eine herkömmliche, ungesteuerte LED-Leuchte. Das bedeutet eine Lebenszeit von etwa 20-30 Jahren. Ein enormer Fortschritt für die Ressourceneffizienz. Das mag die Lichtindustrie nicht besonders, geht ihr dadurch ein grosser Teil des Umsatzes verloren. Für den Planeten, den Nutzer und uns ist es ein wunderbarer Vorteil.

Weniger ist hier mehr.

Wie definieren Sie das optimale Kundensegment und wie gehen Sie dieses Segment an?

Diese Art von Beleuchtung ist besonders gut dort eingesetzt, wo viel und lange Licht verwendet wird: in 2- und 3-schichtigen Bereichen auf möglichst grossen Flächen. Hier konzentrieren wir uns auf grosse Industrie- und Logistikflächen. Im weiteren alle weiteren gewerblichen Flächen im Segment Klinik, Hotel, Büro. Wir konzentrieren uns als Plattform auf digitales Performancemarketing. Wir werden ominpräsent im Netz zu sehen sein und werden auf allen wichtigen Kanälen wie z.B. Linkedin, Google, Youtube aber auch auf allen wichtigen B2B Platformen mit Partnerschaften arbeiten. Zu diesem Zweck arbeiten wir mit einer der führenden Agenturen im Bereich digitalem Marketing zusammen.

Wer sind bei den potentiellen Kunden Ihre Ansprechpartner, da die Interessen von Eigentümer, Bauherren, Mieter oder Logistikern nicht immer deckungsgleich sind?

Sie haben da vollkommen recht – es sind ganz unterschiedliche Personen:

Beim Eigentümer sind es oft die Asset Manager, beim Bauherrn er oder seine Vertreter, wie z.B. Planer. Bei den Mietern oder Nutzern sind es oft die Geschäftsführer bei mittleren Unternehmen, bei grösseren Unternehmen die Real Estate Manager. Und beim Logistiker ist es auch der Geschäftsführer, der Niederlassungsleiter oder der ESG-Verantwortliche.

«Intelligente Beleuchtung „lebt“ etwa 4-6 länger als eine herkömmliche, ungesteuerte LED-Leuchte. Das bedeutet eine Lebenszeit von etwa 20-30 Jahren.»

Nebst den Beratungsdiensten entwickeln Sie eine SaaS-Plattform (Software as a Service), um den ganzen Prozess von der Erfassung von Objekten bis zur Planung mit Leuchten zu automatisieren. Wie planen Sie, diese Plattform zu monetarisieren?

Nun, die herstellerunabhängige CLEE Plattform wird als Schnittstelle zwischen allen Beteiligten im Projekt fungieren, sodass alle Parteien in Echtzeit miteinander verbunden sind, womit eine erhebliche Beschleunigung (Faktor 100) von Projekten erbracht wird. Die Plattform selbst wird massgeblich als Anbieter der Waren und Dienstleistungen auftreten, als auch Waren und Dienstleistungen gegen Provision vermitteln. Für den User selbst ist die Nutzung der Plattform kostenfrei.

Auf der Plattform fallen viele Daten an, welche es erlauben würden, einen effektiven Vergleich der Hersteller bei bekannten Anforderungen zu erstellen. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung der Plattform, welche zusätzlichen Funktionen planen Sie?

Auf der einen Seite wird die Plattform Beleuchtungsprojekte automatisiert aufnehmen, planen, vergleichen, anbieten, verkaufen und projektieren. Zum anderen lassen sich auf Basis der erzeugten Daten (Gebäudegrösse, Zustand, Effizienz, Ausstattungsgrad) ein Benchmarkvergleich erzeugen und weitere Effizienzmassnahmen ableiten und anbieten. Damit der Nutzer weiss wo er steht, was er effektiv tun kann und was ihn das kostet.

Die Plattform mit der Datenbasis und das in ihr eingebundene Know-How lässt sich wahrscheinlich gut auch in anderen Ländern einsetzen. Wie sieht es aus mit Plänen zur Internationalisierung?

Zunächst wird die Plattform in DACH starten und dann kurz-, mittelfristig in die EU und dann global skalieren. Wir haben bereits internationale Anfragen vorliegen.

Wie wollen Sie das Wachstum und die Expansion in andere Länder finanzieren, welche Art von Investoren sind auf der Wunschliste?

Wir sind aktuell in der Angel-/Seed Phase über 1 Mio. CHF. Wenn es nach Plan verläuft, werden wir diverse Funding Runden haben, um das Wachstum zu sichern. Wir wünschen uns strategische Investoren, die Plattformen und Nachhaltigkeit vorne auf der Agenda haben. Aber auch solche, die in unseren Zielmärkten Industrial und Logistic Real Estate führende Investoren sind.

Der intelligente Einsatz von LED bedeutet auch, dass die Leuchtmittel eine längere Lebenszeit haben, da sie oft ganz ausgeschaltet sind oder auf tiefer Leistungsstufe eingesetzt werden. Das wird nicht unbedingt im Sinne der Hersteller sein. Wie ist Ihre Zusammenarbeit mit den grossen Leuchtmittel-Herstellern?

Tatsächlich sehen wir uns als Treiber für eine nachhaltige Entwicklung. Und die Leuchtenhersteller schätzen uns dahingehend, dass sie von uns einfach und schnell Aufträge erhalten. Wir nehmen ihnen langwierige Planungs- und Vertriebsprozesse ab. Wir sind zunächst ein weiterer Vertriebskanal und vielleicht demnächst dann auch der wichtigste Kanal.

«Zunächst wird die Plattform in DACH starten und dann kurz-, mittelfristig in die EU und dann global skalieren. Wir haben bereits internationale Anfragen vorliegen.»

Smart Cities und Smart Buildings sind auch ein grosses Forschungsgebiet an Hochschulen. Gibt es hier schon gemeinsame Ansätze, um Ihre Plattform noch schneller zu entwickeln und die Forschungsergebnisse noch gezielter umzusetzen?

Ja, durchaus, wir sind mit 2 Forschungseinrichtungen im Bereich Diskrete Optimierung und KI im Gespräch. Die Ansätze sehen sehr vielversprechend aus.

Welche technischen Entwicklungen werden für Ihr Geschäft in Zukunft die grösste Bedeutung haben?

Die Entwicklung von intelligenten Sensoren als auch selbstlernende Programme zur Planung und Steuerung von Beleuchtung und weiteren Effizienzmassnahmen, wie z.B. Photovoltaik. Gerade auch die automatisierte Kalkulation von ganz unterschiedlichen Effizienzmassnahmen und deren Wechselwirkung aufeinander. Stellen Sie sich vor, Sie geben der Plattform den Ist-Zustand einer Immobilie – und sie wertet innerhalb von Millisekunden aus – wann welche Massnahmen in welcher Abfolge zu welchem Preis und Amortisationszeit ein maximales wirtschaftliches Klima-orientiertes Ergebnis erzielt wird. Und sie diese per Mausklick voll refinanziert kaufen können und wissen wann es fertig eingebaut ist.

Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen die aus?

1. Unsere Plattform wird global führend – damit sie den grösstmöglichen Nutzen für die Menschen, Lebewesen und den Planeten bringt.

2. Eine heile Welt in Frieden, Gelassenheit und gutem Auskommen für alle Menschen.


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