Von Jonathan Spirig
Frau Diermeier, am 1. Januar 2021 haben Sie die Leitung der IST, Höhere Fachschule für Tourismus mit Sitz in Zürich und Lausanne übernommen. Was reizt Sie an der Aufgabe am meisten?
Bei jungen, motivierten Menschen die Leidenschaft für unsere Branche zu wecken und sie in die Faszination des Tourismus einzuführen, das ist für mich eine spannende, sinnstiftende und zukunftsorientierte Aufgabe. Und natürlich die Schule selbst.
«Die Mobilität und die Sehnsucht nach Reisen sind und bleiben ein Grundbedürfnis, das uns Menschen beglückt. Das haben wir in früheren Krisen schon gesehen und sehen es auch jetzt.» Nicole Diermeier, Geschäftsführerin und Gesamtschulleiterin IST – Höhere Fachschule für Tourismus
In den letzten 28 Jahren hat die ehemalige Inhaberin und Direktorin Hanna Rychener Kistler die IST mit den beiden Standorten in Zürich und Lausanne zur Nummer 1 der Höheren Fachschulen für Tourismus in der Schweiz aufgebaut. Diese Position möchten wir verteidigen – gerade in den momentan herausfordernden Zeiten. Dafür müssen wir uns weiterentwickeln – inhaltlich und auch bei der Positionierung im Markt.
Die IST gehört bereits seit mehreren Jahren zur Vantage Education Group und ist nun auch nicht mehr inhaber-, sondern managementgeführt. Was hat sich dadurch verändert?
Die Synergien mit der Vantage Education Group – zu der auch die HSO Wirtschaftsschule Schweiz, die Swiss Prävensana Akademie und das Bildungszentrum BVS in St. Gallen gehören – sind ein wichtiger Pfeiler für die Weiterentwicklung der IST. In Bereichen der Shared Services wie IT und der Digitalisierung allgemein können wir hier nur profitieren. Das gilt auch für den Ausbau des Angebots für unsere Studierenden und für die Ausbildung der Lehrkräfte. Durch den individuellen Touch der IST und die Grösse der Gruppe stärken wir die Wettbewerbsfähigkeit. Der Erfolg der Schule und ihrer Absolventen ist für uns oberstes Ziel.
Die Zeiten sind sehr speziell, um jetzt in die Reisebranche einzusteigen. Wie motivieren Sie Ihre Studierenden trotzdem?
Der Tourismus befindet sich in einem fundamentalen Wandel. Es ist spannend, ein Teil davon zu sein und neue Entwicklungen mitzuprägen. Die meisten unserer Studierenden sind trotz allem mit Begeisterung dabei, was auch uns als Dozierende und in der Schulleitung freut. Es motiviert uns, weiter an unserem Angebot zu arbeiten. Die Mobilität und die Sehnsucht nach Reisen sind und bleiben ausserdem ein Grundbedürfnis, das uns Menschen beglückt. Das haben wir in früheren Krisen schon gesehen und sehen es auch jetzt.
Weitere Argumente?
Wir versprechen den Studierenden, sie mit den heute wichtigen Kompetenzen auszustatten und sie auch über die Ausbildungszeit hinaus zu begleiten. Dieses Versprechen versuchen wir gerade in diesen Zeiten so gut wie nur irgend möglich einzuhalten.
«Durch unsere flexiblen Strukturen und einen modularen Studienaufbau sind wir attraktiv für die Studierenden.»
Melden sich derzeit neue Studierende an?
Ja natürlich. Vor allem unser berufsbegleitendes Angebot ist sehr gefragt. Durch die aktuelle Situation müssen viele neben dem Studium Geld verdienen bzw. sich das Studium selbst finanzieren. Durch unsere flexiblen Strukturen und einen modularen Studienaufbau sind wir darum attraktiv für die Studierenden. In den Anfragen merken wir jedoch, dass sich viele mit der kritischen Frage auseinandersetzen: Welche Schule besteht auch in schwierigen Zeiten und hält was sie verspricht? Wir setzen hier ganz bewusst auf die Bereiche Wissen, Qualität, Flexibilität, Praxisnähe und Netzwerk. Das führt zu Lernfreude und Berufserfolg.
Sie sprechen es gerade an: Die IST gilt als besonders praxisorientiert. Was heisst das genau?
Das heisst, alle unsere Dozenten kommen aus der Praxis und vermitteln ihr Wissen direkt aus dem Berufsalltag. Darunter sind Geschäftsführer von Tourismusverbänden oder Bergbahnen, Marketing- oder Social Media-Experten von grossen und kleineren Tourismusunternehmen, Führungskräfte von Hotels und Reiseveranstaltern bis hin zu Experten in Kommunikation, Sprachen und Geographie. Das zeichnet die IST aus und unterstützt einen unserer wichtigsten Grundsätze – «walk the talk».
Was «kann» die IST sonst noch Besonderes?
Wir bieten mit dem HF-Studium Diplom-Tourismusfachfrau/-mann ein Generalistenstudium an. Das heisst, die Ausbildung deckt ein sehr breites Kompetenzfeld ab. Das macht es spannend und einzigartig. Die Absolventen des HF Studiums verfügen am Ende neben fundiertem Tourismuswissen auch über vertiefte Skills in Management, Digital Content Marketing, Online-Marketing inklusive E-Commerce, Selbstmanagement und Resilienz sowie Entrepreneurship. Und – auch das ist schweizweit einzigartig – die Studierenden können gleichzeitig mit dem HF-Diplom das HWD, also das Höhere Wirtschaftsdiplom, absolvieren.
Werden Sie das Angebot hier weiter ausbauen?
Ja. In naher Zukunft kann – ebenfalls parallel zum HF-Studium – die Brücke zum Bachelorabschluss gemacht werden. Damit öffnen wir für die Studierenden eine attraktive Perspektive und legen einen wichtigen Grundstein für den nächsten Karriereschritt.
«Ganz neu werden wir jetzt im Frühling einen Alumni-Verein gründen, denn Vernetzung und Wissenstransfer sind enorm wichtig fürs berufliche Weiterkommen und den Zugang zur Berufswelt.»
Die Jobsuche für Absolventen gestaltet sich derzeit schwierig. Wie unterstützt die IST ihre Absolventen?
Gerade jetzt sind wir mehr denn je in der Verantwortung für unsere Studierenden. «We take care about you» gilt nicht nur im Tourismus, sondern auch in der Ausbildung. Ganz neu werden wir jetzt im Frühling einen Alumni-Verein gründen, denn Vernetzung und Wissenstransfer sind enorm wichtig fürs berufliche Weiterkommen und den Zugang zur Berufswelt. Zudem geben wir unseren Absolventen ein Referenzschreiben ab, in dem die erlangten Kompetenzen aus der Ausbildung bestätigt werden. Dieses können die Absolventen zusammen mit der Bewerbung den potenziellen Arbeitgebern mitsenden. Das wird von den Studierenden sehr geschätzt. In Zusammenarbeit mit dem Verband Schweizer Tourismusmanager/innen VSTM sowie der IG der Höheren Fachschulen für Tourismus der Schweiz sind bereits weitere Aktivitäten in diese Richtung geplant.
Wissen die Arbeitgeber denn nicht, was ein diplomierter Tourismusfachmann bzw. eine diplomierte Tourismusfachfrau kann?
Oftmals wird diese Ausbildung gerade bezüglich Management- und Marketingkompetenzen tatsächlich unterschätzt. Wie bereits erwähnt, legen wir, neben dem klassischen Tourismusmanagement, einen starken Fokus auf Fähigkeiten rund um Online- und Content-Marketing, Projekt- und Prozessmanagement sowie Business Development. Das heisst, wir beschäftigen uns auch mit Themen wie der Produkt- und Angebotsentwicklung oder dem Ausbau eines Content-Newsrooms. Alles Fähigkeiten, die gerade im heutigen Marktumfeld an Bedeutung gewinnen.
Was sind Ihre weiteren Pläne, um die IST dem Wandel anpassen?
Ich darf an dieser Stelle schon erwähnen, dass wir momentan ein neues Weiterbildungsangebot auf Stufe NDS HF (Nachdiplomstudium Höhere Fachschule) entwickeln. Mehr dazu in ein paar Wochen. Und last but not least nutzen wir die momentan ungewollte Homeschooling-Zeit, um den Räumen der IST Zürich ein neues Kleid zu verleihen. Der Umbau startet jetzt gerade.
Seit 1. Januar leitet Nicole Diermeier die IST, Höhere Fachschule für Tourismus mit Sitz in Zürich und Lausanne. Die IST mit 13 Mitarbeitenden und zahlreichen externen Dozenten gehört zur Vantage Education Group und bietet 3 verschiedene Ausbildungen im Bereich Tourismus an: Dipl. Tourismusfachfrau/-mann HF (berufsbegleitend oder Vollzeit), Grundkurs Reisebranche für QuereinsteigerInnen (berufsbegleitend oder Vollzeit) und Ausbildung Kauffrau/-mann EFZ Reisebüro. Derzeit studieren 230 junge Menschen an der IST in Zürich und 80 in Lausanne. www.ist-edu.ch |