von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Swantee, seit unserem letzten Interview im Sommer 2017 haben sich sämtliche unserer diskutierten Vorhersagen erfüllt. Sunrise ist von allen Schweizer TelCo-Anbietern am besten unterwegs. Brauchen Sie da überhaupt noch einen Partner?
Olaf Swantee: Wir haben ein starkes kommerzielles Momentum in unserem Geschäft. Wir sind in unserer konvergenten Standalone-Strategie bestärkt und verfolgen weiterhin unsere Perspektive als Quality Challenger. Wie immer schauen wir uns auch Ideen und Vorschläge an, die einen möglichen Aktionärsmehrwert bringen könnten. Und wenn wir etwas Relevantes zu sagen haben, werden wir dementsprechend kommunizieren. Gerüchte kommentieren wir nicht.
Hinter den Kulissen wird aber fleissig um Sie gebuhlt…
Gerüchte kommentieren wir nicht.
Freenet betrachtet seine 25-prozentige Beteiligung an Sunrise immer noch als Sparbüchlein. Könnten aber die Deutschen einmal das Zünglein an der Waage sein?
Freenet hat die Absicht bekräftigt, seine Anteile an Sunrise verkaufen zu wollen. Als Minderheitsaktionär hätte dies jedoch keinen Einfluss auf unsere Stand-Alone-Strategie.
«Mit einer Mobilnetzqualität wie sie beispielsweise in Deutschland oder Frankreich angeboten wird, können Sie in der Schweiz nicht punkten, auch mit tiefen Preisen nicht.»
Olaf Swantee, CEO Sunrise
Gut. Kommen wir zurück zum täglichen Brot. Im Gegensatz zu manch anderen Ländermärkten kann man auf dem Schweizer TelCo-Markt noch ganz gut Geld verdienen. Worauf führen Sie das hauptsächlich zurück?
Die Schweizer Privat- und Geschäftskunden fokussieren viel stärker auf die Qualität. Mit einer Mobilnetzqualität wie sie beispielsweise in Deutschland oder Frankreich angeboten wird, können Sie in der Schweiz nicht punkten, auch mit tiefen Preisen nicht. Beste Qualität zu einem fairen Preis, das ist dem Schweizer wichtig. Genau das bieten wir und gewinnen Marktanteile.
Was wird die die neueste Mobilfunktechnikgeneration 5G für ihr Geschäft bedeuten?
Sunrise konzentriert sich in einer ersten Phase ab 2020 auf «5G for People» als grösstes Potential. 5G bietet die Möglichkeit, glasfaserähnliche Bandbreiten über Mobilfunk bereitzustellen und zwar eben dort, wo es keine Glasfaserangebote gibt. Dabei genügt ein 5G-WiFi-Hotspot und eine 5G-Mobilfunkversorgung. «5G for People» kommt insbesondere Geschäfts- und Privatkunden ausserhalb der Ballungszentren zu Gute. Privatkunden können dann mit 5G von UHD TV, Surfen mit bis zu 1 Gbit/s, Online-Gaming, Augmented und Virtual Reality profitieren. Für Geschäftskunden stehen 5G basierte mobile Breitbandlösungen im Vordergrund, die sie als «Managed Services» statt aus der Steckdose neu über Mobilfunk massgeschneidert beziehen könnten.
Wie bereitet sich Sunrise auf die im Januar stattfindende 5G-Auktion vor?
Als bestehender Schweizer Mobilfunkanbieter ist es unser Ziel, unseren Kunden stets das beste Schweizer Mobilfunknetz zur Verfügung zu stellen. Zu Einzelheiten des laufenden 5G Auktionsverfahrens machen wir keine Angaben.
«Sunrise wird nötigenfalls auch mit einer Klage gegen ein schädliches Ergebnis nach Abschluss des 5G-Vergabeverfahrens vorgehen.»
Aber haben Sie keine Angst, dass der Preis sehr teuer sein könnte?
Die ComCom setzte diesen Sommer die Mindestgebote für die einzelnen Frequenzbänder fest. Werden alle Frequenzen versteigert, winken dem Bund Einnahmnen von 220 Millionen Franken. Gibt es grössere Nachfrage, steigen eben die Preise.
Der Verteilungskampf ums schnelle Internet verkommt in Deutschland zum Desaster. Was wird die Schweiz besser machen?
Ob es in der Schweiz besser sein wird, wird sich zeigen. Zumindest mit den vorgesehenen Regeln verpasst ComCom erneut eine Chance, für mehr Wettbewerb im Schweizer Markt zu sorgen, weil das beschlossene 5G-Frequenzvergabeverfahren den Staatsbetrieb erneut bevorteilt. Dieser politisch motivierte Schutzmechanismus zugunsten des Staatsbetriebs gefährdet die Digitalisierung in der Schweiz. Sunrise hat bewiesen, dass ein Qualitätswettbewerb zum Vorteil aller ist und wird sich weiterhin konsequent dafür einsetzen – nötigenfalls auch mit einer Klage gegen ein schädliches Ergebnis nach Abschluss des Vergabeverfahrens.
Nach dem letztjährigen Verkauf der Antennen für knapp 500 Millionen Franken müssen Sie ja für die Masten eine Art von Miete zahlen. Wie lange sind Sie vor Mieterhöhungen sicher?
Es handelt sich hier nicht um einen typischen Mietvertrag, wie wir zum Beispiel beim Mieten von Bürofläche haben. Es handelt sich hier um einen langfristigen Servicevertrag, mit dem wir umfassende Infrastrukturdienste beziehen und wie bei anderen Serviceverträgen hängt die Höhe der Service-Beträge von den bezogenen Dienstleistungen ab. Diese sind vorerst über einen längeren Zeitraum fix definiert.
Nimmt man den Anstieg der Servicekosten, wie er erstmals im Q3 2018 nach dem Mastenverkauf in den Büchern erscheint, zum Massstab, dann haben Sie beim Verkauf ja ein recht gutes Geschäft gemacht zu haben. Immer vorausgesetzt sie setzen den Verkaufserlös gut ein…
Sunrise verwendete 450 Millionen Franken der aus dem Abschluss dieser Transaktion resultierenden Zahlung dazu, Schulden zurückzuzahlen und ihre finanzielle Position zu stärken, auch mit dem Ziel ein Investment Grade Rating zu erreichen. Bei Standard & Poor‘s hat Sunrise dieses Niveau in diesem Frühjahr erreicht. Zudem ermöglichte die neue Verschuldungsrate, dass sich Sunrise günstiger finanzieren konnte, unter anderem durch die erstmalige Ausgabe einer Obligation an der Schweizer Börse. Die restlichen Verkaufserlöse verwendete Sunrise dazu, die Investitionen in den Netzausbau, in Glasfaser-Partnerschaften und das Verkaufsstellennetz zu beschleunigen (einmalige Investitionsausgaben von 30 Millionen Franken in 2017) sowie transaktionsbezogene Kosten und Zahlungen zu decken.
Sunrise’ Bündelangebote werden immer kreativer. Seit Anfang Jahr haben Sie fast 100’000 Mobilfunk-Abo-Kunden gewonnen. Braucht es dazu ein eigenes Kreativteam oder genügt klassisches Marketing Management?
Hier zahlt sich unser strikter Fokus auf die Qualität, den besten Service und innovative Angebote aus. Als ‹The Unlimited Company› beseitigen wir für die Kunden Stolpersteine im digitalen Alltag. So machen wir zum Beispiel den Wechsel zu Sunrise sehr einfach oder bieten alle 12 Monate das neueste iPhone an, ohne Zusatzkosten. Solche Initiativen werden von den Kunden belohnt. Der richtige Mix macht den Unterschied und natürlich braucht es ein hervorragendes und zuverlässiges Angebot.
«Gemessen an der Grösse der Kundenbasis ist unser Wachstum im TV-Geschäft deutlich höher als bei Swisscom.»
Beim TV-Geschäft wuchs allerdings Swisscom schneller. Worauf führen Sie das zurück?
Gemessen an der Grösse der Kundenbasis in diesem Bereich, ist unser Wachstum der TV-Kunden deutlich höher. Beim Nettozuwachs der Internetkunden – also der Basis fürs TV-Geschäft – haben wir den Staatsbetrieb in den ersten 9 Monaten dieses Jahres zudem deutlich hinter uns gelassen.
Wird es in den letzten Tagen vor Weihnachten zu einer Rabattschlacht kommen?
Das vierte Quartal ist die wichtigste Verkaufsperiode des Jahres. Wir konnten mit unseren Angeboten, die auch Promotionen beinhalten, bereits in den ersten neun Monaten den Wettbewerb deutlich übertrumpfen und sind zuversichtlich, dass wir unseren Erfolgskurs auch im vierten Quartal beibehalten können.
Zum Gesprächspartner:
Seit Mai 2016 steht Olaf Swantee an der Spitze von Sunrise. Zuvor war er ab 2007 Europa-Verantwortlicher bei Orange/France Telecom. Ab 2011 machte er den Anbieter EE zum Marktführer in UK. Der geborene Niederländer ist mit einer Schwedin verheiratet, besitzt auch die Schweizer Staatsbürgerschaft und wohnt in Stäfa. Der 51-jährige Olaf Swantee hat zwei Töchter und einen Sohn. Swantee studierte an der Universität von Amsterdam Wirtschaft und hält einen MBA der European School of Management in Paris. Zu seinen Hobbys zählt er Tourenskifahren, Joggen und Kochen.
Zum Unternehmen:
Die Sunrise Communications Group AG (Sunrise) ist seit 2015 an der SIX Swiss Exchange in Zürich notiert und bietet voll integrierte Dienstleistungspaletten in allen Marktsegmenten der Telekommunikation an, sowohl im mobilen Bereich (Pre- und Postpaid) als auch im Festnetz. Sie ist die drittgrösste Festnetz-Internetanbieterin mit IPTV (Internet Protocol Television) und stützt sich auf ein landesweites Backbone-Glasfasernetz mit weit über 10 000 km Länge. Bei Sunrise arbeiten über 1600 Mitarbeitende aus 60 Nationen.