Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Patrick Müller, Sie haben Ihr Unternehmen iTrust in den letzten Jahren von einer traditionellen IT-Technologie-Dienstleisterin zur Begleiterin für «digital erfolgreiches Arbeiten» entwickelt. Was war der Grund für diese Neuausrichtung?
Patrick Müller: Wir sind überzeugt, dass die digitale Revolution bahnbrechend für die Menschheit ist, da sie viele grundlegende Veränderungen mit sich bringt. Dieser «Change» ermöglicht grosse Chancen, ist aber auch mit gewissen Risiken verbunden. Deshalb ist es eminent wichtig, dass wir den Menschen – in unserem Fall den Arbeitnehmer – in der Digitalisierung stärken. Darauf richten wir unser Unternehmen konsequent aus.
«Ich wünsche mir, dass die Menschen gestärkt aus der digitalen Revolution hervorgehen.» Patrick Müller, CEO iTrust
Was waren und sind die grössten Hindernisse bei dieser Neuausrichtung?
Wir beschäftigen seit jeher IT-Spezialisten: Das sind hochqualifizierte Leute, die iTrust erfolgreich mit aufgebaut haben. Den Fokus auf den konkreten Effizienzvorteil für den einzelnen Menschen zu richten, ist keine einfache Aufgabe. Die grösste Herausforderung bestand und besteht darin, innerhalb des Unternehmens ein Umdenken herbeizuführen: Jeder Mitarbeitende muss verinnerlichen, dass stets die Stärkung des Menschen im Mittelpunkt unserer Arbeit steht.
Welches waren die wichtigsten Entscheidungen, die Sie bei der Neuausrichtung trafen?
Konsequent daran festzuhalten, dass zukünftig nicht mehr das Produkt, sondern der Mensch, dessen Bedürfnisse und Weiterentwicklung zentral sind. Er soll bei seinen Arbeiten mittels der für ihn richtigen digitalen Technologie bestmöglich unterstützt werden.
«Unsere Effizienzansätze befähigen die einzelnen Personen, weniger Zeit für die Abarbeitung von belanglosen Themen aufzuwenden; beispielsweise für die Ablenkung durch Mails.»
Gerade KMU haben organisatorisch, technisch und auch finanziell nur geringe Spielräume für (Fehl-)Versuche, um fundamentale Änderungen, wie sie die Digitalisierung aktuell darstellt, im Betrieb umzusetzen. Welches Vorgehen empfehlen Sie den KMU?
Ich bin mir nicht sicher, ob dies stimmt. Ich vertrete eher die Meinung, dass KMU viel agiler und schneller als die grossen Konzerne sind. Wichtig für «analog» geprägte KMU ist sicherlich, sich mit Leuten zu umgeben, die ein progressiv-digitales Denken haben und sie so weiterbringen. Auf diese Weise sind viele unserer Kunden zu Partnern geworden; vereinzelt sind wir mit diesen KMU sogar Joint-Ventures eingegangen. Sie stehen mit uns im permanenten Austausch zu den Themen «Digitalisierung» und «digitale Innovation». Führungskräfte von «analogen» KMU sind oft ängstlich, was die Digitalisierung angeht. Daher meine Empfehlung: «Unternehmt etwas in diesem Feld! Versucht etwas! Eure Kunden verzeihen euch mehr, als ihr denkt.»
Die Entwicklung neuer Technologien zur Effizienzsteigerung hat im Alltag meist dazu geführt, dass die Produktivität gesteigert werden konnte. Die Einzelnen empfinden das zunehmend als Druck, nicht als Befreiung. Wie kann hier Abhilfe geschaffen werden?
Wir machen keinen Hehl daraus, dass die Anforderungen und der Druck gegenüber den Mitarbeitern steigen. Unsere Effizienzansätze befähigen die einzelnen Personen, weniger Zeit für die Abarbeitung von belanglosen Themen aufzuwenden; beispielsweise für die Ablenkung durch Mails oder die Teilnahme an unproduktiven Meetings. Die auf diese Weise gewonnene Zeit können sie dann in neue Aufgabenstellungen investieren, wodurch sie in der gleichen Frist mehr leisten. Das hilft schlussendlich allen.
«Ich teile zwar die Meinung, dass die Digitalisierung auch Verlierer hervorbringen wird. Es gibt aber mindestens ebenso viele Gewinner!»
Der Raiffeisen-Chefökonom Martin Neff hat sich in seiner Kolumne der wachsenden Zahl der Digitalisierungs-Kritiker angeschlossen. Seiner Meinung nach führt die Digitalisierung vor allem zu einer Umverteilung von Marktanteilen bei einem gesamtwirtschaftlichen Nullsummen-Spiel und einem Abbau von Arbeitsplätzen. Wie sieht Ihre Einschätzung aus?
Gesetzt der Fall, dass es zu einem Nullsummenspiel respektive zu einer Umverteilung von Marktanteilen kommt, ist es hochrelevant, dass wir als Schweizer respektive als Menschen insgesamt auf der Gewinnerseite stehen. Ich teile zwar die Meinung, dass die Digitalisierung auch Verlierer hervorbringen wird. Es gibt aber mindestens ebenso viele Gewinner! Mich spornt es täglich an, möglichst viele Menschen und Unternehmen auf diese Seite zu bringen.
Die Digitalisierung löst auch viele Probleme der Menschheit, was früher nicht einmal ansatzweise denkbar war. Zum Beispiel kann man mittels Arbeitsplattformen «arme» Länder viel einfacher am Wohlstand teilhaben lassen. Umso wichtiger ist es für die Schweizer Bevölkerung, sich im Zeitalter der Digitalisierung zu positionieren und zu stärken.
Ein primäres Merkmal der Digitalisierung ist ihr Potenzial zur Disruption, das heisst, Bestehendes fundamental anders, besser und günstiger zu machen. Wie kann ein solcher Ansatz in ein bestehendes Unternehmen integriert werden?
Bestehende Unternehmen haben den grossen Vorteil, dass sie ihren Markt und ihre Kunden kennen. Dennoch fällt es den meisten schwer, Dinge fundamental anders anzupacken. Ich bin der Überzeugung, dass die grösste Problematik für Firmen darin besteht, die Betriebsblindheit abzulegen und sich auf Neues einzulassen – ganz ohne Vorbehalte. Einer der erfolgreichsten Ansätze ist meiner Meinung nach die «Cross-Innovation». Dabei transferiert man – oft mit externer Hilfe – branchenfremde Erfolgsrezepte in die eigene Branche. So entstehen komplett neue Ansätze.
Mit Ihrem Ansatz gehen Sie über die reine Beratung hinaus und bieten konkrete technologische Umsetzung zum Beispiel mit einer Coaching-App zur Effizienzsteigerung an (LevelUp – digital erfolgreicher arbeiten). Wie reagieren Ihre Kunden auf diesen Ansatz und welche messbaren Erfolge lassen sich erzielen?
Ich habe früher bei vielen Projekten selbst mitberaten. Ich glaube daran, dass die Integration der Umsetzung in die Beratung klar bessere Resultate hervorbringt. Vergleichen wir dies mit dem Kochen: Ein Kochneuling benötigt ein Rezept, das er Schritt für Schritt realisiert. So gelingen erstaunliche Resultate. Im digitalen Umfeld sind auch viele Menschen Neulinge, weshalb genau solche, umsetzungsorientierte Rezepte gefragt sind. Gerade bei Personaleintritten ist ein messbarer Erfolg zu verzeichnen.
«Einer der erfolgreichsten Ansätze ist meiner Meinung nach die «Cross-Innovation». Dabei transferiert man – oft mit externer Hilfe – branchenfremde Erfolgsrezepte in die eigene Branche.»
Bis anhin haben Sie das Unternehmen ohne externe Investoren entwickelt. Welche Wachstumspläne haben Sie für die Zukunft und wie soll die Finanzierung dazu aussehen?
Wir haben diverse Projekte, in die wir investieren, die keinen unmittelbaren Umsatz abwerfen. Bis anhin haben wir es geschafft, alles aus unserem Cash-Flow zu finanzieren. Ich hoffe, dass das weiter möglich ist. Sollten unsere Pläne eine Finanzierung erfordern, werden wir die Situation wieder neu beurteilen.
Welche Innovationen werden aus Ihrer Sicht die Entwicklung der Gesellschaft in den kommenden Jahren am nachhaltigsten prägen?
Wohl die selbstfahrenden Autos und die digital verbundenen, international tätigen Arbeitskräfte.
Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei. Welche sind das?
Ich wünsche mir, dass die Menschen sowohl gestärkt aus der Digitalisierung als auch aus der digitalen Revolution hervorgehen. Und dass wir von iTrust einen kleinen Beitrag dazu leisten können.
Der Gesprächspartner:
Schon früh in seinem Leben entwickelte Patrick Müller ein Gespür fürs Geschäft. So reparierte er während der Schulzeit PCs von Bekannten, um sein Taschengeld aufzubessern. Später baute er Einzelteile zusammen und verkaufte die fertigen Geräte. Nach der Matura, als er bereits auf einige geschäftliche Erfolge zurückblicken konnte, war er in immer grösserem Rahmen als Einzelunternehmer tätig. Er bildete sich intensiv weiter und bekam die Chance, als selbstständiger Partner bei einem Beratungsunternehmen einzusteigen. Hier baute er mit Netzwerk- und Infrastrukturumgebungen für KMU in kurzer Zeit ein Kundenportfolio auf, das schliesslich das Fundament für die Gründung von iTrust bildete.
Das Unternehmen:
Die iTrust AG beschäftigt 25 Mitarbeiter und ist in Cham ZG domiziliert. Sie verbindet Arbeitstechnik mit moderner Technologie und ermöglicht digitale Innovationen. Das Unternehmen hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Menschen im digitalen Wandel zu stärken. www.itrust.ch