Paul Zumbühl, CEO Interroll. (Foto: Interroll)
Von Bob Buchheit
Moneycab: Herr Zumbühl, welchen Umsatzsprung versprechen Sie sich von der neuen Förder-Plattform, die gerade an der CeMAT in Hannover vorgestellt wurde?
Paul Zumbühl: Die Lancierung der neuen modularen globalen Förder-Plattform ist strategisch eine sehr wichtige Markteinführung, die unsere weltweite Marktstellung und unseren Marktanteil in diesem Bereich erheblich steigern wird. Daher erwarten wir für diesen Bereich mittel- und längerfristig einen grossen Umsatzsprung. Genaue Zahlen möchte ich aber im Moment nicht nennen.
Werden dabei wirklich sowohl Band- als auch Rollenförderer aus einer einzigen Moduleinheit ausgehend zusammengesetzt?
Unsere neue Förder-Plattform bietet einen ausgeklügelten Baukasten an Modulen und Schlüsselelementen, um den Förderfluss effizient planen zu können. Die neue Generation bietet dabei eine enorme Vielseitigkeit mit Geraden, Kurven, Merges und Transfers, die perfekt aufeinander abgestimmt sind. Alle Elemente sind modular kombinierbar, wodurch die Installation und Montage des Systems vor Ort mit minimalem Zeitaufwand möglich ist. Das senkt die Wartungskosten erheblich. Systemerweiterungen oder Umbauten sind ohne grösseren Aufwand möglich, wenn sich zum Beispiel Auftragsstrukturen, Durchsatzanforderungen oder der Produkt-Mix ändern.
Der Rollout soll zunächst in Amerika und Asien erfolgen. Weil es in Europa im Moment harzt?
Der Rollout startete wie sie erwähnten mit dem Launch auf der CeMAT 2014 in Europa. Wir werden hier bis September 2014 eine Übergangsphase haben, in der die Kunden sowohl auf unsere bisherigen bewährten Lösungen zurückgreifen können, aber auch bereits die neue Plattform bestellen können. 2015 erfolgt dann der Rollout in einem zweiten Schritt in Amerika , in Atlanta und in Asien, in Suzhou. Damit garantieren wir, dass die Betreuung der Kunden durch unsere lokalen Niederlassungen optimal gewährleistet ist und wir eine einwandfreie Qualität liefern können. Wir bringen nicht nur ein neues, sehr innovatives Produkt auf den Markt, sondern haben auch die Prozesse – zusammen mit unserem neuen SAP – in der Fertigung sowie in der Auftragsabwicklung bis hin zum Kunden komplett neu aufgesetzt und optimiert. In Amerika und Asien werden also neben dem Produkt auch die dazugehörige Produktion und die Offert- und Auftragsabwicklung ausgerollt.
«Es ist Teil unserer Strategie, unsere Umsatzanteile weltweit besser zu verteilen, um von Schwankungen in einzelnen Regionen unabhängiger zu werden. Diesem Ziel sind wir 2013 bereits in Stück näher gekommen.»
Paul Zumbühl, CEO Interroll
Zurück zum Umsatz: Rechnen Sie im 2014 nach dem Taucher der Region Europa/Mittelasien/Afrika um 5,7 Prozent wieder mit kräftigem Wachstum? Der Auftragseingang liegt ja immer noch 2,4 Prozent unter Vorjahr.
Das wirtschaftliche Umfeld ist immer noch herausfordernd. In Europa sehen wir seit ein paar Wochen eine gewisse Entspannung. Der globale Wettbewerb wird härter, die Kundenanforderungen steigen. Trotzdem blicke ich optimistisch in die Zukunft. Wir werden auch künftig von der Dynamik in den Volkswirtschaften vor allem im asiatisch-pazifischen Raum profitieren. Es ist Teil unserer Strategie, unsere Umsatzanteile weltweit besser zu verteilen, um von Schwankungen in einzelnen Regionen unabhängiger zu werden. Diesem Ziel sind wir 2013 bereits in Stück näher gekommen.
Mit einer Tochtergesellschaft ist Interroll jetzt auch im nahen Italien präsent. Sind weitere Töchter in der mittelfristigen Planung?
Wir beobachten kontinuierlich strategisch interessante Märkte. Die Gründung einer lokalen Gesellschaft ist immer mit hohem Aufwand verbunden, so dass im jeweiligen Markt die entsprechende Marktreife und ein genügendes Marktpotential gegeben sein müssen.
«Wir haben einen sehr starken Cashflow, den wir künftig auch für weiteres Wachstum verwenden wollen.»
Trotz Investitionen von 40 Millionen Franken, hauptsächlich wegen der Übernahme der US-amerikanischen Portec, schaute noch ein freier Cashflow von 5 Millionen heraus. Werden die Aktionäre in den nächsten Jahren deutlich höhere Ausschüttungen sehen?
Die Generalversammlung hat gerade eine Ausschüttung aus Reserven aus Kapitaleinlagen von CHF 8.80 genehmigt. Dies ist eine erfreuliche 10-prozentige Erhöhung zu 2013. Wir haben einen sehr starken Cashflow, den wir künftig auch für weiteres Wachstum verwenden wollen.
Interrolls EBITDA-Marge stieg in den letzten 5 Jahren kontinuierlich von 8 auf 14,3 Prozent. Wo liegt das Höchste der Gefühle?
Wir achten stets darauf, dass wir nachhaltig wachsen. Zudem setzen wir alles daran, um auf lange Sicht unsere führende Marktstellung halten zu können. Dies setzt kontinuierlich neue Produkte und Innovationen sowie genügende Investitionen voraus. Ein Beispiel ist die bereits dargestellte neue modulare Förderer-Plattform.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr stieg der Auftragseingang um 5 Prozent. Lediglich bei den Rollers ging er zurück. Weshalb war das so?
2013 war ein gutes Geschäftsjahr mit einem soliden Anstieg im Auftragseingang. Die Produktegruppe Rollers blieb hinter dem Vorjahr, da uns 2013 einige wichtige Projekte fehlten, die 2012 zu einem deutlichen Volumenanstieg geführt hatten. Allerdings konnten wir trotzdem in einigen Ländern Marktanteile für Palettenrollen gewinnen und in Osteuropa unseren Umsatz durch die Gewinnung neuer Kunden um über 12 % steigern.
«Die Produktegruppe Rollers blieb hinter dem Vorjahr, da uns 2013 einige wichtige Projekte fehlten.»
Europa machte vor gar nicht mal so langer Zeit Dreiviertel Ihres Umsatzes aus – in drei bis fünf Jahren wollen Sie jedoch bereits die Hälfte des Interroll-Umsatzes im Rest der Welt machen. Hat das auch Auswirkungen auf Ihre Centers of Excellence, die ja im Moment alle noch auf dem alten Kontinent sind?
Wir sind in den USA und Asien bereits seit Jahren mit unseren regionalen Centers of Excellence vertreten. Erst letztes Jahr haben wir mit der Akquisition der Portec in Colorado ein neues regionales Center of Excellence hinzugewonnen. Portec ist ein weltweit führender Anbieter von Gurtkurven und beliefert rund 70 % aller US-Flughäfen. Die globalen Centers of Excellence in Europa, vornehmlich in der Schweiz und Deutschland, bleiben aber auch in Zukunft wichtigstes technologisches Rückgrat der Gruppe mit wegweisenden Impulsen auch nach Asien und Amerika.
Megatrends wie Energieeffizienz, e-commerce und Bevölkerungsverdichtung spielen Interroll in die Hände. Was könnte umgekehrt mal ein Bremsklotz sein?
Aufgrund meiner zahlreichen Reisen zu Kunden und Projekten rund um den Globus kann ich tatsächlich keine Bremsklötze in unserem Bereich der internen Logistik feststellen. Natürlich sind wir aber wie jedes Unternehmen nicht immun gegen generelle wirtschaftliche Schwankungen oder Krisen.
Verraten Sie uns, was die Kooperation mit dem Formel-1 -Team von Peter Sauber kostet?
Das Budget für diese Kooperation ist sehr überschaubar und entspricht ungefähr der Planung und Durchführung von 2 Messen für Interroll. Auswertungen des Medienäquivalenzwerts zeigen, dass es ein starkes Interesse der Öffentlichkeit an diesem Thema gibt, das die Medienberichterstattung über Interroll positiv beeinflusst. Der wichtige Aspekt bei dieser Partnerschaft ist der Fokus auf den Know-how-Austausch und die Benchmarks aus zwei sehr verschiedenen Branchen. Jedoch spielen für beide Unternehmen die gleichen entscheidenden Erfolgsfaktoren wie herausragende Innovation, Präzision, Qualität und Schnelligkeit eine wichtige Rolle. Dieser Austausch ist enorm fruchtbar und gibt uns ganz neue Impulse. So veranstalten wir zum Beispiel zusammen mit Sauber Innovations-Workshops für das Management.
Zum Unternehmen:
Interroll ist ein weltweit führender Spezialist für Fördertechnik. Das börsennotierte Unternehmen mit Hauptsitz in Sant‘Antonino/Tessin beschäftigt rund 1600 Mitarbeiter an 31 Standorten rund um den Globus. Zu den insgesamt 23 000 Interroll Kunden zählen Anlagenbauer, Systemintegratoren sowie Gerätehersteller. Die Produkte sind im täglichen Einsatz bei weltweit bekannten Marken wie Amazon, Bosch, Coca-Cola, DHL, Procter & Gamble, Siemens, Walmart und den Motorrädern von Yamaha. Darüber hinaus stösst Interroll globale Forschungsprojekte im Bereich der Logistikeffizienz mit namhaften Universitäten an und unterstützt Industrieverbände aktiv bei der Entwicklung von Normen sowie bei der effizienteren Nutzung von Ressourcen.
Zur Person:
Im Jahr 2000 übergab Unternehmensgründer Dieter Specht die Konzernleitung von Interroll an den neuen CEO Paul Zumbühl. Er richtete die Unternehmensgruppe strategisch neu aus und veräusserte nicht zum Kerngeschäft gehörende Aktivitäten. In der Folge baute er Interroll mit eigenen neuen Niederlassungen auf allen Kontinenten und gezielten Firmenübernamen zu einem globalen Markführer aus. Der 1957 geborene Paul Zumbühl ist studierter Diplom-Ingenieur und hat zusätzlich einen MBA absolviert. Er sitzt im Verwaltungsrat der Schlatter sowie der Looser Holding und ist seit 2014 Mitglied im Executive Advisory Board des „Executive MBA Supply Chain Management“ an der ETH Zürich.