Paul Zumbühl, CEO Interroll
Paul Zumbühl, CEO Interroll.
Interview von Bob Buchheit
Moneycab: Herr Zumbühl, zwei Drittel Ihres Umsatzes machen Sie mit Antrieben und Rollen. Das klingt wenig innovativ und doch heimst Interroll einen Innovationspreis nach dem anderen ein. Was sind die neusten Entwicklungen?
Paul Zumbühl: Sie deuten es schon richtig an. Auf den ersten Blick scheinen Antriebe und Rollen wenig Spielraum für Innovation abzugeben. Aber das Gegenteil ist der Fall. Wenn etwas wirklich rund laufen muss, eröffnen sich stets neue Engineering-Horizonte. Es geht beim Rundlauf von Förderrollen, Trommelmotoren und Antriebsrollen immer um Geschwindigkeit, Beschleunigung, Abbremsung, präzise Positionierung usw. Fördertechnik muss Materialfluss komplett beherrschbar machen: vom Durchsatzvolumen, über geplante Wartungsunterbrüche, Umbauvorhaben bis zu Geräuschemission und Service. Daher orientieren wir uns an Entwicklungsfeldern wie Energieeffizienz, dezentrale Intelligenz für Steuerung, Hygiene, neue, leichtere Materialien und die schon erwähnte Geräuschreduktion.
Interroll hält 250 Patente. Gibt es da nicht auch einmal Patentstreit?
Nennen Sie mir das Unternehmen, das noch keinen Patentstreit hatte! – Entscheidend ist eine solide, praktikable Patentstrategie, welche Innovation wirksam schützt und so zur nachhaltigen, langfristigen Unternehmensentwicklung beiträgt. Patente sauber zu führen, bedeutet viel akribische Arbeit. Aber diese Mühe darf man nicht scheuen. Bei Interroll verfolgen wir eine offensive und klare Patentstrategie – es lohnt sich in jedem Fall.
Gut 3 Prozent des Umsatzes stecken Sie in Forschung und Entwicklung. Das klingt eigentlich nach wenig…..
Es ist eine Frage des Masses. Um bestimmte Resultate zu erzielen, setzen wir nicht einfach «möglichst viele» Ressourcen dafür ein, sondern adäquat. Im Übrigen sind in den 3 Prozent ausschliesslich langfristige Projekte für neue Produkte und keine kundenspezifischen Entwicklungen enthalten.
Wie entwickelt sich das im September letzten Jahres eröffnete regionale Kompetenzzentrum für Asien in Suzhou?
Sehr gut. Der Zeitpunkt der Fertigstellung war ideal, denn im Herbst konnte bereits der erste Sorter in den neuen Hallen fertiggestellt werden. Das Kompetenzzentrum in China ist für unsere weitere Entwicklung in Asien von absolut zentraler Bedeutung.
«Wir rekrutieren ausgeprägt regional, da wir ja an allen Standorten unseres weltweiten Netzwerkes vor Ort nahe beim Kunden sein wollen.»
Paul Zumbühl, CEO Interroll
Und Interroll Türkei?
Wir eröffneten unsere eigene Präsenz in der Türkei im Juni letzten Jahres. Die Expansion erweitert das Produkt- und Dienstleistungsportfolio für Kunden in der Türkei und ist das Tor zun Nahen und Mittleren Osten.
Rekrutieren Sie eigentlich in Ihren Kompetenzzentren vornehmlich regional?
Ja, wir rekrutieren ausgeprägt regional, da wir ja an allen Standorten unseres weltweiten Netzwerkes vor Ort nahe beim Kunden sein wollen.
Wie sieht es in der Schweiz aus? Sind Sie da mit dem Managementnachwuchs zufrieden?
Wir haben heute in wichtigen zentralen Funktionen wie IT, Marketing oder Controlling hervorragende junge und kompetente Nachwuchsmanager. Sie zu finden war allerdings nicht einfach.
Ebenfalls seit letztem Jahr hat Interroll den Markt nach Kundentypen gegliedert. Können Sie den Mehrwert dieser Marketingmassnahme für Interroll beziffern?
Bereits im ersten Jahr der neuen Organisation konnten bedeutende Marktanteile gewonnen werden. Die neue Gliederung nach Kundentypen anstelle von Produktorientierung wird uns mit Sicherheit weiterhin viel Wachstum mit guten Margen bringen.
Was hat die Bündelung Ihrer Forschung seit 2008 im deutschen Wassenberg gebracht?
Durch die Bündelung konnten wir verschiedene Doppelspurigkeiten aufheben und auf Gruppenebene die Forschungsschwerpunkte setzen. Die Konzentration auf einen Standort hat nicht nur grosse Effizienzverbesserungen gebracht, sondern auch die Resultate sind wesentlich besser als vorher.
Die Informationstechnologie haben Sie an Swisscom ausgelagert. Wie sind Ihre Erfahrungen mit diesem Modell?
Die Erfahrungen bis heute sind sehr gut. Im IT-Bereich haben wir durch diese Zusammenarbeit wiederum gezeigt, dass wir neue Technologien schnell nutzen wollen und so Qualität und Effizienz erheblich verbessern können.
In Lokalwährung wurden letztes Jahr die Umsätze um 7,9 Prozent gesteigert. Der Auftragsbestand nahm um 13,6 Prozent zu. Das lässt Sie doch sicher optimistisch nach vorne blicken?
Sicher ist ein gewisser Optimismus gerechtfertigt. Nur darf man sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Wir setzen alles daran, auf lange Sicht hin erfolgreich zu bleiben. Deshalb setzen wir so viel Gewicht auf neue Produkte und unermüdliches innovatives Schaffen.
«Volumenmässig sind wir bei vielen Produkten wieder auf dem Niveau 2007 oder darüber.»
Allerdings sind sie von den Traumzahlen 2007 mit einer Eigenkapitalrendite von 26,7 Prozent und einem EBITDA von 67,5 Millionen entfernt. Wann kommt das wieder in Reichweite?
Ja, wir arbeiten daran. Nur darf man nicht vergessen, dass der heutige Gewinn bzw. EBITDA in Schweizer Franken ein „verzerrter“ Vergleich zu 2007 gibt, da wir praktisch die ganze Wertschöpfung im Euro und Dollarraum machen. Volumenmässig sind wir bei vielen Produkten wieder auf dem Niveau 2007 oder darüber.
Ich habe Interroll einmal als Nestlé unter den Anlagebauern bezeichnet. Das werden Sie wohl nicht so 1 zu 1 unterschreiben, oder?
Natürlich ist Nestlé von der Grösse mit Interroll nicht vergleichbar. Das solide Geschäftsmodell und die konsequente Ausrichtung auf die Kunden haben beiden Unternehmen kontinuierliches Wachstum und gute Margen gebracht. Ja, in unserem Markt der internen Logistik setzen wir weltweit Trends, wie zum Beisppiel die Verbreitung der 24-Volt-Technologie.
Zum Unternehmen
Interroll ist eine weltweit führende Firmengruppe im Bereich der internen Logistik. Das börsennotierte Unternehmen mit Hauptsitz im schweizerischen Sant’Antonino beschäftigt rund 1500 Personen in 28 Betrieben auf allen Kontinenten. Zu den über 23’000 Kunden gehören insbesondere Anlagenhersteller, Systemintegratoren, multinationale Unternehmen und Anwender. Als platzsparende und energieeffiziente Lösungen übernehmen Interroll Produkte Schlüsselfunktionen in Materialflussanlagen von Produktion bis Distribution: Trommelmotoren für Bandförderer, Antriebs- und Förderrollen für Rollenförderer, Fliesslagermodule für Paletten- und Behälterregalsysteme in Distributionszentren, Quergurtsorter, Gurtkurven und weitere Fördermodule. Zu den typische Anwendungsbereichen gehören die Lebensmittelverarbeitung, Flughafenlogistik, Kurier/Express/Post, Distributionszentren und verschiedene Industriezweige.
Zur Person
Im Jahr 2000 übergab Unternehmensgründer Dieter Specht die Konzernleitung von Interroll an den neuen CEO Paul Zumbühl, ehemals CEO der Mikron Plastics Technology. Zumbühl richtete in der Folge die Unternehmensgruppe strategisch neu aus und veräusserte nicht zum Kerngeschäft gehörende Aktivitäten. Der 1957 geborene Paul Zumbühl ist gelernter Ingenieur und hat zusätzlich einen MBA gemacht. Er sitzt im Verwaltungsrat der Schlatter sowie der Looser Holding.