Peter Bänziger, Chief Investment Officer bei Swisscanto
Peter Bänziger, Chief Investment Officer bei Swisscanto.
Von Dieter Haas und Martin Raab, Derivative Partners Media AG, www.payoff.ch
payoff im Gespräch mit Peter Bänziger, Chief Investment Officer bei Swisscanto, über neue Strategien für Anleger, favorisierte Basiswerte, Währungsüberlegungen und Touren auf der Harley Davidson.
payoff: Herr Bänziger, seit der Jahrtausendwende war es mit einer Buy and Hold-Strategie fast unmöglich, mit Schweizer Aktien eine anständige Rendite zu erzielen. Stecken wir in japanischen Verhältnissen?
Peter Bänziger: Wenn wir die tiefen Zinsen, das Wirtschaftswachstum und die starke Währung als Vergleich nehmen, dann haben wir tatsächlich japanische Verhältnisse. Das trifft meines Erachtens aber nicht auf den Schweizer Aktienmarkt zu. Die fundamentalen Daten sind deutlich besser. Beispielsweise ist die Rentabilität der Gesellschaften gemessen am Return on Equity viel besser als in Japan.
Welche Argumente sprechen aktuell für ein Engagement in Schweizer Aktien?
Einerseits die günstige Bewertung, andererseits die attraktive Dividendenrendite – vor allem im Vergleich zu den Obligationen.
Wie sollte ein Anleger auf das ständige Auf und Ab an der Börse reagieren?
Tatsächlich scheint die Strategie «Kaufen und Halten» seit 2000 an den Aktienmärkten nicht mehr aufzugehen.
…Langfristanlagen sind also ein Fall fürs Geschichtsbuch?
Nicht ganz, anhand eines Beispiels möchte ich dennoch eine Lanze für langfristiges Anlegen brechen: Von Januar 1990 bis zum Juni 2012 hat der Swiss Performance Index im Durchschnitt 7,4% pro Jahr erzielt. Nestlé haben in der gleichen Zeit 11,2% pro Jahr rentiert – wobei die Dividendenrendite einen grossen Beitrag geleistet hat.
Wie sollten Anleger alternativ reagieren?
Man könnte entweder versuchen, durch Markttiming die Übertreibungen nach oben und unten auszunützen oder aber eine aktive Titelselektion, das sogenannte Stock Picking, zu betreiben. Beides setzt aber Fähigkeiten voraus, die der «normale» Anleger in der Regel nicht hat. Es gibt Anlagestrategiefonds auf dem Markt, die dem Anleger das Timing-Problem abnehmen.
Stock-Picking ist ein gutes Stichwort. Mit Blick auf den Schweizer Aktienmarkt: Welche Basiswerte sind Ihre Favoriten?
Anleger sollten über den Einsatz eines SPI-Indexfonds nachdenken oder über die Kombination von Top-Blue Chips mit Small- und Mid-Caps. Die Mischung würde ich etwa bei 60% Blue Chips und 40% kleinen und mittelgrossen Werten sehen.
«Wir haben am Schweizer Aktienmarkt keine japanischen Verhältnisse.»
Welche konkreten Aktien sind Ihre drei persönlichen Favoriten?
Ich würde konkret Roche als stabilen Blue Chip mit einer Dividendenrendite von 4%, Syngenta als Marktführer im Düngemittelbereich und Givaudan als führenden Hersteller von Duftstoffen als Basiswerte bevorzugen.
Sonst noch ein Underlying, das mit Fokus Schweiz zurzeit gut ins Depot passt?
Nestlé gehört zu meinen ewigen Favoriten, und aus Diversifikationsgründen würde ich noch einen Versicherungstitel, z.B. Swiss Re oder Zurich, dazunehmen.
Was raten Sie einem Anleger, der keine Aktien in seinem Depot halten möchte?
Ohne ein gewisses Risiko wird er praktisch eine Null-Rendite erzielen. Er sollte auf jeden Fall lang laufende Staatsobligationen meiden.
Was sind Ihre Markterwartungen für die zweite Jahreshälfte?
Die Erwartungen sind leicht positiv, primär aufgrund der Bewertung. Weil aber die Gewinnschätzungen leicht nach unten korrigiert werden und die Schweizer Firmen auch von der schwächeren Konjunktur in Europa und dem starken Franken betroffen sein werden, dürften die Bäume nicht endlos in den Himmel wachsen. Die politische Unsicherheit wird weiterhin für Schwankungen sorgen, sodass die Nerven der Anleger strapaziert werden.
«Ich würde konkret Roche, Syngenta und Givaudan als Basiswerte bevorzugen.»
Was erwarten Sie vom Jahr 2013?
Der Ausblick auf 2013 fällt einigermassen schwer, da weniger die Fundamentaldaten als die Politik ausschlaggebend sein werden. Trotzdem: Ich glaube, dass der US-Aktienmarkt positiv laufen wird und China das Wachstum durch Zinssenkungen wieder positiv beeinflussen kann. Zusammen mit den nach wie vor bestehenden Unterbewertungen setze ich deshalb auf höhere Aktienmärkte.
Was für eine Rolle spielen Währungsüberlegungen?
Wir gehen davon aus, dass die SNB die Marke von 1.20 gegen den Euro verteidigen wird. Das führt zu einer Stabilisierung fast aller Fremdwährungen gegen den CHF, was für die Unternehmen ein Vorteil ist.
«Die SNB wird die Marke von 1.20 verteidigen.»
Welchen Klassiker haben Sie sich abseits der Börse in letzter Zeit gegönnt?
Ich fahre seit zehn Jahren Harley Davidson, derzeit eine Night Rod Special. Dieses Motorrad habe ich ein wenig verschönert. Seit ebenfalls zehn Jahren unternehme ich mit einigen Freunden jedes Jahr eine grössere Tour, die uns dieses Jahr ins Südtirol an den Montiggler See geführt hat.
Der Gesprächspartner:
Peter Bänziger (Jahrgang 1959) ist seit August 2004 Leiter des Geschäftsbereichs Asset Management und Mitglied der Geschäftsleitung der Swisscanto Gruppe. Er ist eidgenössisch/europäisch diplomierter Finanzanalytiker und Vermögensverwalter (CEFA). 2003/2004 schloss er das International Wealth Management Executive MBA Programm der Swiss Banking School ab (Universität Genf und Tepper School of Business, Pittsburgh). Von 1975 bis 1994 arbeitete er beim Schweizerischen Bankverein, unter anderem in Genf und New York. Während zehn Jahren war er Leiter des Portfolio Managements Private Kunden des SBV in Schaffhausen. 1994 wechselte er zur Bank Leu AG in Zürich, wo er zuerst als Leiter Asset Management Institutionelle Kunden, ab 1997 als Gesamtleiter Anlageprodukte/Institutionelle Kunden und ab 2003 als Regionenleiter im Private Banking Schweiz tätig war.