Peter Bauer, Geschäftsführer Dachser Schweiz.
Interview von Bob Buchheit
Moneycab: Herr Bauer, Sie besuchten früher im Jahr die grosse «transport logistics» Messe. Was sind dort die Trends?
Peter Bauer: Die diesjährige Messe stand im Zeichen der grünen Logistik und des Umweltschutzes. Natürlich haben auch wir von Dachser diese Themen aufgenommen. In diesem Jahr informierten wir unter dem Motto „One world, one company, one network“ über die neuesten Entwicklungen in unseren drei Geschäftsfeldern European Logistics, Air & Sea Logistics und Food Logistics sowie über die Themen Nachhaltigkeit, Informationstechnologie und Kontraktlogistik. Wir vernetzen in konsequenter Weise unsere Luft- und Seefracht-, Landverkehrs- sowie Warehousing-Aktivitäten. Genau diese Kompetenz drückten wir durch unser diesjähriges Messemotto aus.
«Wenn die Entwicklung so weitergeht, wird der Flughafen Zürich zukünftig im Frachtbereich aus Kostengründen an Konkurrenzfähigkeit verlieren.» Peter Bauer, Geschäftsführer Dachser Schweiz
Die Logistikbranche ist stark konjunkturabhängig. Wirtschaftsunternehmen versuchen Schwankungen wenn irgendwie möglich zu glätten. Wie gelingt das bei Dachser?
Dachser ist durch seine drei Geschäftsfelder und aufgrund seiner sehr breiten Kundenbasis gut aufgestellt. Als Logistikdienstleister können wir Konjunkturschwankungen aus einzelnen Wirtschaftssegmenten sehr schnell und früh wahrnehmen, doch diese nivellieren sich dann mit Blick auf unser Gesamtaufkommen. Wir sind natürlich immer bestrebt, die vorhandenen und nicht immer unendlich verfügbaren Laderaumkapazitäten für unsere Kunden optimal auszunutzen.
Dachser Schweiz unterhält sehr gute See- und Luftverbindungen nach Japan. Inwieweit wurde ihr Geschäft durch die Katastrophe von Fukushima berührt?
Rein vom Aufkommen her betrachtet hatten wir bisher keine grossen Einbussen zu verzeichnen. Allerdings hatten wir, wie auch andere Transporteure, durch die Katastrophe verschiedene Rückfragen seitens unserer Kundschaft zu verzeichnen. Wir konnten die Kunden beruhigen, auch weil wir eine lückenlose Nachvollziehbarkeit der Sendungen sicherstellen können.
Welche Rolle spielt der pazifische Raum generell für Ihr Schweizgeschäft?
Besonders Japan spielt für uns eine sehr wichtige Rolle und ist nach China unser zweitwichtigster Markt. Wir haben dort einen sehr starken Partner der zu den zehn grössten Logistikunternehmen in Japan gehört.
Aus der Schweiz verschicken sie fast 2000 Sendungen pro Tag. Trotz Track-and Trace-System – ging schon mal etwas verloren? Und wenn ja, was war da passiert?
Natürlich sind auch wir nicht komplett fehlerfrei, trotz aller Technik arbeiten immer noch Menschen mit den Systemen, und da kann auch mal ein Fehler passieren. Dank unserer internen Qualitätskontrollen halten wir diese Fehlerquote aber sehr klein. Das Ziel des Track-and-Trace-Systems ist jedoch nicht nur, verlorene Sendungen zu orten. Dank diesem Tool können unsere Kunden jederzeit nachschauen, wo sich die Sendung innerhalb der Transportkette befindet und so Qualität und Pünktlichkeit monitoren.
Welcher Bereich hat bei Dachser Schweiz die stärksten Wachstumsraten?
Wir wachsen in der Schweiz im Seefrachtbereich am stärksten. In den ersten vier Monaten haben wir rund 30 Prozent mehr Container spediert als 2010. Dies hängt damit zusammen, dass wir in dieser Sparte verschiedene Grosskunden hinzugewinnen konnten. Im April haben wir unser Verkaufsteam mit zwei weiteren Mitarbeitern verstärkt. Wir erhoffen uns dadurch sowohl im Luft- wie auch Seefrachtbereich überdurchschnittlich wachsen zu können.
Inwieweit können Sie Einfluss auf die unterschiedlichsten Gebühren am Flughafen Zürich nehmen?
Leider haben wir auf verschiedene Gebühren am Flughafen keinen Einfluss. Ich denke da etwa an die kantonalen Ankunftsgebühren. Wenn die Entwicklung so weitergeht, wird der Flughafen Zürich zukünftig im Frachtbereich aus Kostengründen an Konkurrenzfähigkeit verlieren.
Welches ist neben den Treibstoffpreisen Ihr grösstes Sorgenkind im täglichen Geschäft?
Die hohe Fiskalbelastung, vor allem die LSVA. Fahrzeug- und Fahrermangel, Verkehrsdichte und Stausituationen gehören ebenfalls zu unseren täglichen Herausforderungen.
Logistik ist ein Geschäft mit komplexen Zusammenhängen. Was für Charaktereigenschaften muss ein Manager in diesem Berufsfeld mitbringen?
Er muss sich in verschiedenen Branchen zu Hause fühlen, die Bedürfnisse seiner Kunden kennen, seine Aufgaben in der operativen und strategisch-taktischen Führung des Unternehmens erfüllen. Ein guter Chef setzt sein betriebswirtschaftliches Wissen ein und übernimmt im Bereich Logistik die Verantwortung für die systematische und kontinuierliche Verbesserung der wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit. Ein hohes Mass an Sozialkompetenz ist dabei auch gefragt.
«Wachstum muss aber auch verkraftbar sein. Die Kunst liegt darin, die richtige Balance zu finden, ohne heiss zu laufen.»
Wie finden Sie die richtigen Mitarbeiter?
Dachser hat eine Ausbildungsquote von rund 15 Prozent und bildet einen grossen Teil seiner Mitarbeitenden selbst aus. Dies gewährleistet eine genug diversifizierte Mannschaft. Während ihrer kaufmännischen Ausbildung bei Dachser lernen unsere Nachwuchskräfte durch aktive Mitarbeit alle wesentlichen Abteilungen eines modernen Logistikdienstleisters kennen. Die Einarbeitung findet dabei in den beiden Fachbereichen European Logistics und Air & Sea Logistics statt, so dass sich unsere Lehrlinge zu logistischen Allroundern entwickeln können. Berufsbegleitend besuchen unsere Auszubildenden die kaufmännische Berufsschule und es erfolgt eine Einführung in die verschiedenen Speditionsthemen in der Fachschule des Speditionsverbandes.
Hat es genug guten Führungsnachwuchs in unserem kleinen Land oder müssen Sie sich anderswo bedienen?
Wir senden regelmässig junge Schweizer Mitarbeiter in unsere konzerninternen Führungsnachwuchsprogramme. Das Dachser Career Center (DCC) ist die Plattform für die gesamte Personalentwicklung in unserem Hause. Es beinhaltet Angebote zur Potenzialerkennung, Qualifizierung und Förderung unserer Mitarbeiter vom Lager bis in die Führungsetage. Dabei bieten wir Trainings und Massnahmen zur Vertiefung von fachlichen, persönlichen, sozialen und Führungskompetenzen. Mit dem Dachser Placement Programm (DPP) haben wir ein Förderprogramm für Mitarbeiter mit überdurchschnittlichem Entwicklungspotenzial geschaffen. Es führt die Mitarbeiter systematisch an höhere Aufgaben und dient der frühzeitigen unternehmensweiten Nachfolgeplanung.
Bis wann wollen Sie die 150 Millionen Franken-Umsatzgrenze knacken?
Unser konsolidierter Umsatz betrug 2010 bereits 122 Mio CHF. Im Rahmen unserer Fünf-Jahresplanung ist vorgesehen, dass wir diesen Wert aber nochmals deutlich steigern werden. Wachstum muss aber auch verkraftbar sein. Die Kunst liegt darin, die richtige Balance zu finden, ohne heiss zu laufen. Kein Kunde hätte Verständnis für Qualitätsprobleme, hervorgerufen durch «Wachstumsschmerzen». Daher ist dieser Wachstumsplanung einer hoher Stellenwert einzuräumen.
Dachser ist ein Familienunternehmen, und Sie selbst haben nun fast die Hälfte Ihrer Lebensarbeitszeit bei Dachser als Länderchef gewaltet. Wie sieht man von einer derart fixen Position aus die sich schnell drehende Wirtschafts- und Warenwelt?
Wie Sie richtig erwähnen erfordert das dynamische Umfeld die volle Aufmerksamkeit. In dieser Situation ist es angenehm in einem grossen Familienunternehmen tätig zu sein, in dem trotz aller Veränderung ein Mass an Kontinuität und Berechenbarkeit vorhanden ist. Langjährige Firmenzugehörigkeit ist bei uns keine Seltenheit – sie vielleicht sogar eines der Erfolgsrezepte von Dachser.
Der Gesprächspartner:
Peter Bauer, geboren 1955, ist seit 1990 Geschäftsführender Direktor von Dachser Schweiz. Davor war er acht Jahre Speditionsleiter bei Dachser Zürich und zwei Jahre Route Manager „Iberische Halbinsel“ bei Dachser Mannheim. Schon seine Ausbildung hat er bei Dachser absolviert.
Das Unternehmen:
Die Schweizer Landesgesellschaft Dachser Spedition AG Unternehmen wurde im Jahre 1967 gegründet und begann in gemieteten Büroräumen an der Schaffhauserstrasse und einem kleinen Umschlaglager am Sihlquai in Zürich. In den Firmenanfängen lag der Fokus hauptsächlich auf dem Verkehr von Transporten zwischen der Schweiz und Deutschland, dem Hauptsitz von Dachser International. Der heutige Schweizer Hauptsitz in Regensdorf/ZH wurde im Jahre 2004 bezogen. Dachser zählt zu den bedeutendsten Logistikdienstleistern in der Schweiz.