Peter Burema, CEO Acino

Peter Burema, CEO Acino

Peter Burema, CEO Acino

von Christa W. Spoerle

Herr Burema, mit einem Umsatzplus von 6% auf 134,9 Mio und einem Reingewinnwachstum um 27% auf 5,7 Mio Euro , wie würden Sie das Ergebnis 2011 einordnen? 2010 bezeichneten Sie als «verlorenes» Jahr?

Das Jahr 2011 entsprach genau unseren Erwartungen  und wir sind stolz, ein Umsatzwachstum von 6%  vorweisen zu können  – trotz des Preisdrucks in wichtigen Märkten wie beispielsweise Deutschland. Aufgrund einer strikten Kostenkontrolle konnten wir unsere Rentabilität und unseren Gewinn überdurchschnittlich steigern.

Wie gut können Sie mit dem inzwischen recht stabilen Franken/Euro-Verhältnis  von 1,20 CHF leben?

Nur aufgrund einer ganzen Liste von 2010 eingeführten Kosteneinsparungen konnten wir trotz überbewertetem Franken  unsere Rentabilität steigern. Das fängt an bei Einsparungen bei den Zulieferern, führt weiter über die Restrukturierung von einzelnen Abteilungen, die Erhöhung der Arbeitszeit auf 45 Stunden pro Woche in der Schweiz und eine Nullrunde bei den Lohnerhöhungen für unser Schweizer Personal 2012. Wir haben also wirklich viel von unseren Beschäftigten verlangt. Obwohl sie es – das muss ich wirklich betonen – sehr gut aufgenommen haben, würden wir jede Erleichterung für unser Personal, die wir mit einem schwächeren Franken weitergeben können, sehr begrüssen.

Welche Bedeutung haben für Sie die Produktionsstätten in der Schweiz?

Unser wichtigstes  Erkennungsmerkmal ist unser Schweizer Markenname «Acino Switzerland» und damit auch die Qualitätsproduktion in der Schweiz, aber auch in Deutschland. Neben unseren technologisch hochentwickelten und anspruchsvollen Produkten stellen wir aber auch bestimmte Produkte her, die ebenso in China und Indien produziert werden könnten, weil dort die Produktion wesentlich günstiger ausfällt. Unser einmaliges  Verkaufsargument ist aber die hochstehende Schweizer Qualität, auch wenn sie ihren Preis hat. Aber das ist genau das, was die wachsende Mittelschicht in den Wachstumsstaaten in Afrika oder Asien sucht. Die, die es sich leisten können, Qualitätsprodukte zu kaufen, wollen aber Qualitätsprodukte, die auch in den Ländern hergestellt werden, die für ihre Qualitätsansprüche bekannt sind, also die Schweiz und Deutschland. Auch wenn wir natürlich gezwungen sind, auch bei unserer Produktion Kosten zu sparen, steht der Qualitätsanspruch immer auf Platz 1.

«Die vollen Synergieeffekte (aus der Mepha-Übernahme) werden erst ab 2013 voll durchschlagen. Aus diesem Grund haben wir unser EBITDA-Margen-Ziel für 2012 noch bei ca. 20% angesetzt. Ab 2013 erwarten wir eine Steigerung in Richtung 25%»
Peter Burema, CEO Acino

Sie betonen, dass 2012 ein Integrationsjahr sei (nach der Übernahme des Mepha/Cephalon Geschäfts, Umsatz 105 Mio EUR Und zeigen sich nur bei den Umsatzerwartungen offen (260 Mio EUR). Aber anlässlich der Übernahme sprachen Sie von einer «unmittelbaren Ertragssteigerung». Darf man also damit rechnen, dass die Integrationskosten zunächst auf den Ertrag drücken?

Sicher werden sich gewisse Integrationskosten erstmal negativ bemerkbar machen, aber gleichzeitig können wir sofort von Synergien profitieren. Angesichts des  Preises für die Akquisition von etwa 4-4,5xEBITDA wird dieser Abschluss dennoch unmittelbar positive Auswirkungen besitzen. Aber es ist richtig, dass die vollen Synergieeffekte erst ab 2013 voll durchschlagen werden. Aus diesem Grund haben wir unser EBITDA-Margen-Ziel für 2012 noch bei ca. 20% angesetzt. Ab 2013 erwarten wir eine Steigerung in Richtung 25%, was wir uns auch als mittel- bis langfristiges Ziel gesetzt haben.

Wird denn 2012 die Integration weitgehend abgeschlossen sein?

Aus organisatorischer Sicht dürfte die Integration dann abgeschlossen sein. Einige Aufgaben in EDV und Rechnungswesen werden uns allerdings noch bis 2013/14 beschäftigen.

Welchem ihrer drei wichtigen Ziele hilft die Übernahme des Mepha/Cephalon Geschäfts am deutlichsten: dem Business to Business Modell, der Medikamentenweiterentwicklung oder dem Verkauf von Generika unter dem Produktenamen Acino Switzerland?

Diese Akquisition stärkt vor allem den Teil unserer Strategie, der den Ausbau unserer Präsenz  in den Wachstumsmärkten unter der Marke <<Acino Switzerland>> vorsieht. Von einem Tag auf den anderen sind wir nun in 80 Ländern vertreten und können 28 starke Produktmarken zu unserem eigenen Portfolio und den einlizensierten Produkten hinzufügen. Damit haben wir unser Ziel, in 5 Jahren einen Umsatz von 100 Mio Euro zu erzielen, nach nur  1 Jahr schon übertroffen.

Aber diese Übernahme  bringt uns auch den Bonus zusätzlicher R&D Kapazitäten und neuer Entwicklungsprojekte. Da haben wir wirklich interessante Mepha Produkte in der Pipeline, die wir nun weiter entwickeln und auf den Markt bringen können.

Wir verfügen nun mit den «Mikrotabletten» über eine neue Zubereitungsart von Medikamenten für die orale Verabreichung. Für diese Technologie sehen  wir eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten für die Entwicklung neue Produkte.

Haben Sie in Bezug auf diese drei Ziele nun eine neue Gewichtung vorgenommen?

Als wir diese drei Ziele 2010 formuliert haben, war für uns  klar, dass alle drei eine gleich hohe Gewichtung besitzen und daran hat sich auch durch die Akquisition nichts geändert. Alle drei Ziele werden nach wie vor mit derselben Intensität von unserem Management verfolgt und erhalten volle Ressourcenaustattung.

Wie verläuft denn die Lancierung der Marke «Acino Switzerland» für Marken-Generika in den Schwellen- und Wachstumsländern?

Dieses Konzept wurde in verschiedenen Teilen der Welt erst vorsichtig getestet, bevor wir eine grössere Umsetzung lancierten. Doch wir konnten von Anfang an sehr positive Reaktionen verzeichnen. Nach der Ankündigung, dass wir Mepha übernehmen würden, haben uns Kunden und Partner spontan zur Übernahme gratuliert.  Sie zeigten sich erfreut, dass gerade Acino  der Käufer war. Grund dafür war durchaus die Tatsache, dass wir eine Schweizer Firma mit Qualitätsanspruch sind, einen Qualitätsanspruch, den wir nun auf breiterer Basis vermarkten können.  In der Zwischenzeit erhalten wir Anfragen von lokalen Firmen auf der ganzen Welt, die uns unbedingt auf ihren Märkten als Partner haben wollen. Aber wir bleiben nach wie vor sehr vorsichtig in der Auswahl unserer Partner. Denn diese müssen hohe Anforderungen erfüllen, um Acino Switzerland auf ihrem Markt repräsentieren zu dürfen. Sie müssen selbst auf allen Stufen ihrer Geschäftstätigkeit unseren hohen Qualitätsansprüchen genügen.

Die Abhängigkeit vom deutschen Markt, wie deutlich dürfte diese 2012 sinken, nachdem Sie 2010 noch 40% des Umsatzes im nördlichen Nachbarland erzielten?

Deutschland ist und bleibt ein wichtiger Markt für unsere BtB-Aktivitäten, daran wird sich nichts ändern.  Wir haben für 2013 und danach wichtige Produktelancierungen auf diesem Markt im Auge, deshalb wird das Geschäft mit unserem nördlichen Nachbarn absolut gesehen weiter wachsen. Allerdings wird der prozentuale Anteil des deutschen Geschäfts an unserem Umsatz  weiter zurück gehen. Und das ist auch genau, was wir uns vorgenommen haben: Die Abhängigkeit von einzelnen Märkten zu verringern. Ende 2012 dürfte der Deutschland-Anteil nur noch 30% unseres Umsatzes ausmachen.

Werden Sie denn nach der Integration vor allem auf internes Wachstum setzen oder könnten Sie sich vorstellen, mit weiteren Akquisitionen zu liebäugeln?

Wir stehen derzeit vor der spannenden, aber auch anspruchsvollen Aufgabe, Mepha in unserer Geschäft zu integrieren. Das läuft plangemäss, aber deshalb sollten  wir nicht blind sein für weitere Übernahmechancen. Allerdings  mussten wir für diese Übernahme hohe finanzielle Verpflichtungen eingehen. Natürlich war angesichts der Gelegenheit und des Preises, den wir bezahlt haben,  jeder Euro Fremdfinanzierung mehr als  sinnvoll, aber trotzdem  wollen wir nun zuerst unsere Verschuldung herunterfahren. Wir haben in den letzten beiden Jahren mehr als 60 Firmen angeschaut, aber keine entsprach unserem Motto: «das richtige Ziel, zum richtigen Preis zur richtigen Zeit».  Wir sagen niemals nie zu weiteren Akquisitionen, aber nur wenn sie wirklich alle unsere Bedingungen erfüllen.

Welche Produkte werden die wichtigsten Wachstumsträger für 2012 und welche für die kommenden Jahre sein?

Unser Markenportfolio  umfasst Produkte wie Olfen oder Gasec, die noch grosses Wachstumspotenzial besitzen, aber wir arbeiten auch daran, neue Produkte zu entwickeln.  Gleichzeitig sehen wir grosse Chancen im Bereich  Pflaster und Implantate und für unsere MUPS (Multi Unit Particle System) Produkte, die wir noch nicht in allen Märkten lanciert haben. Dazu kommen verschiedene  neue Produkte sowohl im BtB als auch im Bereich Acino Switzerland, die 2013 und danach lanciert werden sollen. Deshalb sind wir so zuversichtlich,  dann bereits die Marke von 25% EBITDA erreichen zu können.

Sachaufwendungen und Investitionen sollen 2012 auf rund 32 Mio CHF verharren, wohin fliessen diese vor allem?

Ein Grossteil wird in den Bau der neuen Produktionsanlage in Miesbach fliessen, wo wir Verhütungspflaster für Bayer produzieren werden.  Aber sie repräsentieren auch unsere Anstrengungen, die Entwicklungs-Pipeline weiter voranzubringen.

«Acino ist gerade  in einer extrem spannenden  Entwicklungsphase. Einige der laufenden Projekte besitzen das Potenzial für einen weiteren deutlichen Wachstumsschub.»

Die Acino-Aktie hat sich jüngst klar erholt, sind Sie mit dieser Entwicklung schon zufrieden?

Ich könnte mir vorstellen, dass jeder CEO findet, dass der Aktienkurs seiner Firma nicht den wahren Wert  des  Unternehmen widerspiegelt. Trotzdem stehe ich zu meiner Meinung, dass unsere Bewertung  tief ist. Und zwar einerseits gemessen an dem Preis, der für andere Firmen unserer Branche bezahlt wird.  Dazu kommt andererseits, dass wir durch unsere hauseigenen technologischen Kapazitäten und unser diversifiziertes  Geschäftsmodell, das uns relativ unabhängig von einer einzelnen Geschäftsaktivität macht, eine einzigartige Marktposition besitzen.

Was dürfen die Aktionäre in den nächsten Jahren erwarten?

Vor zwei Jahren haben wir den Investoren unsere Vision vorgestellt, manche hatten da sicher noch Fragezeichen.  Seitdem war all unser Handeln auf die Umsetzung dieser Vision ausgerichtet. Die Mepha-Akquisition brachte natürlich einen Quantensprung bei deren Verwirklichung und hilft uns auch in Zukunft, unsere Ziele schneller zu erreichen, als ursprünglich geplant.  Acino ist gerade  in einer extrem spannenden  Entwicklungsphase. Einige der laufenden Projekte besitzen das Potenzial für einen weiteren deutlichen Wachstumsschub. Acino befindet sich in einer phantastischen Verfassung, um grosse Dinge zu erreichen.

Zur Person:
Peter Burema, Jahrgang 1958, ist niederländischer Staatsbürger  und leitet die Acino seit 1. April 2010 als Mitglied der Gruppenleitung und CEO.  Er absolvierte die business school St. Olof in den Niederlanden.  Zwischen 2008 bis 2010 war er als unabhängiger Berater von Pharmaunternehmen, Private-Equity- und Venture-Capital-Gesellschaften in bezug auf deren Healthcare-M&A-Strategien mit speziellem Fokus auf (Marken-)Generika tätig. In den Jahren 2006 bis 2008 war er President Global Pharmaceutical Business bei Ranbaxy Laboratories Limited, London, und CEO der Ranbaxy Gesellschaften in Frankreich (RPG Ranbaxy Pharmacie Generiques) und Rumänien (Ranbaxy Terapia Rumania). 2004 bis 2006 war er President und davor Regional Director (2000-2004) für Europa, GUS, Afrika & Lateinamerika bei Ranbaxy Europe Ltd., London. Davor hatte er verschiedene Führungspositionen bei Bayer Healthcare (darunter Country Manager Indonesien, Division Director Skandinavien für die Divisionen Consumer Care und Pharmaceutical, General Manager Pharmaceutical Division Bayer Norway AS) inne.

Zum Unternehmen:
Acino ist spezialisiert auf die Entwicklung, Registrierung und Herstellung von generischen und innovativen Pharmazeutika mit anspruchsvollen Formulierungstechnologien, für die Acino auch eigene Patente besitzt. Mit Fokus auf feste orale Darreichungsformen mit modifizierter Wirkstofffreisetzung, therapeutische Systeme zur transdermalen Wirkstoffabgabe wie Pflaster und bioabbaubare, subkutane Implantate beliefert Acino die grössten Anbieter auf den europäischen Arzneimittelmärkten. Die Acino Gruppe hat ihren Hauptsitz in Basel, beschäftigt gegenwärtig rund 870 Mitarbeitende (einschliesslich der neuen Mitarbeitenden von Mepha) und erwirtschaftete 2011 einen Jahresumsatz von EUR 135 Mio.  Die Acino Holding AG ist an der SIX Swiss Exchange kotiert (SIX: ACIN). 

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