Peter Keller, Leiter Operations & Standards des SVSP
Peter Keller, Leiter Operations & Standards des Schweizerischen Verbands für Strukturierte Produkte (SVSP), über die Praxiserfahrungen mit den Risikoklassen, mehr Klarheit für Anleger und dem Status Quo hierzu bei den anderen Derivate-Verbänden in Europa.
Von Martin Raab, Derivative Partners Media AG, www.payoff.ch
payoff: Herr Keller, die SVSP-Risikoklassifizierung feierte kürzlich den ersten Geburtstag. Wie ist Ihr Fazit zum ersten Betriebsjahr dieser neuen Kennzahl?
Peter Keller: Dem SVSP war es ein zentrales Anliegen, AnlegerInnen und AnlageberaterInnen eine nachhaltige Information über die mit Strukturierten Produkten einhergehenden Risiken zur Verfügung zu stellen. Da die verwendete Methode für die Risikoeinschätzung auf dem in anderen Finanzbereichen bereits etablierten Value at Risk (VaR) basiert, ist die Risikokennzahl rasch auf eine hohe Akzeptanz gestossen.
Wie muss man sich die Berechung der Risikoklasse vorstellen?
Die Durchführung der Berechnungen übernimmt MSCI RiskMetrics in Zusammenarbeit mit Derivative Partners. Für die Wahl der Benchmarks und die Konstruktion der Grenzen für die Risikoklassen musste die folgende Anforderung erfüllt werden: Die Variabilität eines Strukturierten Produktes innerhalb der sechs Risikoklassen darf ausschliesslich durch sein Marktrisiko, nicht aber durch die Anpassung der Intervalle bestimmt werden. Diese Anforderung verlangt, dass die Risikoklassenintervalle, welche auf den Benchmarks basieren, zeitnah angepasst werden. Wird dies nicht gemacht, so befinden sich in einer allgemeinen Stresssituation – wie durch den Konkurs von Lehman – plötzlich alle Produkte in der höchsten Risikoklasse 6. Wenn dann nach 250 Tagen (in diesem Zeitraum wird der historische VaR berechnet) das Stressereignis wegfällt, klassifizieren alle Produkte plötzlich in den tiefsten Risikoklassen. Eine solche Bewegung in der Risikoklassifizierung wäre für Anleger und Emittenten nicht nachvollziehbar.
Wurden die Erwartungen des SVSP in die Risikokennzahl bisher erfüllt? Welche Ziele möchten Sie noch erreichen?
Eine Analyse zeigt, dass sich das Konzept vollumfänglich bewährte und zu einer verbesserten Markttransparenz beigetragen hat, da nebst einer täglichen Berechnung des VaR die Intervalle der Risikoklassen laufend überwacht und wöchentlich aktualisiert werden. Es wäre vorstellbar, die Verfügbarkeit der Risikokennzahl in Zukunft auch auf den bedeutenden Primärmarkt auszudehnen. Zudem macht die Risikokennzahl in ihrer heutigen Form keine Aussage zur Qualität und Komplexität der Zertifikate.
Die SVSP-Risikokennzahl wird bereits von einer grossen Anzahl der Schweizer Emittenten auf ihren Internetseiten und auch auf payoff.ch veröffentlicht.
Wie hoch ist die Marktabdeckung der Risikokennzahl mittlerweile?
Die Abdeckung bei Einführung der Risikokennzahl betrug gegen 85%. Zwischenzeitlich hat sich dieser Wert bei gut 90% eingependelt. Eine Abdeckung von 100% wird vom Verband nicht angestrebt, weil es für gewisse Produkte nicht möglich ist, den VaR mit vernünftigem Aufwand zu berechnen.
Was plant der SVSP, um die weitere Verbreitung der Risikokennzahl voranzutreiben?
Erfreulicherweise wird die SVSP-Risikokennzahl bereits von einer grossen Anzahl der Schweizer Emittenten auf ihren Internetseiten und natürlich auch auf dem Derivateportal payoff.ch veröffentlicht. Zudem publiziert eine Reihe von Medienhäusern die Kennzahl im Rahmen ihrer Onlineauftritte. Bedauerlicherweise ist die Verbreitung der Kennzahl bei den ausländischen Mitgliedern des Verbandes noch relativ bescheiden. Diese Tatsache ist zu einem grossen Teil auf die langwierigen internen Bewilligungsverfahren zurückzuführen. Der Verband ist aber bestrebt, die Weiterverbreitung der Kennzahl auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette zu fördern.
Mit Ausnahme des Deutschen Derivate Verbandes publizieren die übrigen Landesverbände keine Risikokennzahlen.
Verwenden auch andere Derivateverbände ähnliche Kennzahlen? Gibt es internationale Vergleiche dieser Kennzahlen?
Mit Ausnahme des Deutschen Derivate Verbandes publizieren die in der Eusipa organisierten Landesverbände von Frankreich, Italien, Österreich und Schweden keine Risikokennzahlen. Eine Vergleichbarkeit der Risikokennzahl ist ohnehin nur eingeschränkt möglich und rührt daher, dass die Berechnung nach unterschiedlichen Modellen erfolgt. Ein weiterer Grund für allfällige Abweichungen liegt darin, dass der SVSP das VaR auf täglicher Basis rechnet, während andere Anbieter nur wöchentlich bzw. alle zwei Wochen rechnen.
Der Gesprächspartner
Peter Keller ist für Operations & Standards beim SVSP verantwortlich. Vor der Gründung seines eigenen Beratungsunternehmens im Jahr 2008 war er als COO für die GFTA Gruppe aktiv, eine auf Risikomanagementlösungen und technische Analysen im Devisenhandel spezialisierte Firma. Während elf Jahren seiner Tätigkeit bei der SWX Group leitete er zuletzt die virt-x Exchange Ltd in London und war als Mitglied des Gruppenleitung der SWX Swiss Exchange in Zürich verantwortlich für die Kassamarktaktivitäten. Nach seiner Ausbildung bei einer Bank war er für mehrere Jahre im Derivathandel für ein amerikanisches Finanzinstitut tätig. Peter Keller ist verheiratet und Vater von zwei Söhnen.
«Die Risikoklassifizierung hat für mehr Transparenz gesorgt.» «Die Risikoklassifizierung hat für mehr Transparenz gesorgt.» «Die Risikoklassifizierung hat für mehr Transparenz gesorgt.»