Peter Meier, Präsident Stammgruppe Ausbaugewerbe und Gebäudehülle, im Interview
von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Meier, die Stammgruppe Ausbau und Gebäudehülle ist eine der vier Stammgruppen des Dachverbandes Bauenschweiz und repräsentiert alle Gewerbe, die sich um den Innenausbau und die Gebäudehülle kümmern. Von welchen Berufsgruppen sprechen wir dabei und wie viele Arbeitnehmende beschäftigt der Bereich?
Peter Meier: Es handelt sich um mehr als 23 Berufsgruppen, organisiert in Arbeitgeberverbänden in über 19’000 Firmen mit ca. 160’000 Mitarbeitenden und über 30’000 Lernenden.
Ich nehme an, bei den Mitgliedsbetrieben handelt es sich in grosser Mehrheit um kleine und mittlere Unternehmen?
Ja, die meisten Firmen haben weniger als 20 Mitarbeitende. Aber wir vereinen die Interessen vom Einmann-Betrieb bis zum schweizweit tätigen Betrieb mit Filialen und mehreren hundert Mitarbeitenden.
«Wir vereinen die Interessen vom Einmann-Betrieb bis zum schweizweit tätigen Betrieb mit Filialen und mehreren hundert Mitarbeitenden.»
Peter Meier, Präsident Stammgruppe Ausbaugewerbe und Gebäudehülle
Welches sind die grössten Herausforderungen, denen sich die Bauwirtschaft und speziell der Bereich Innenausbau und Gebäudehülle stellen muss?
Nebst dem allgegenwärtigen Fachkräftemangel, verbunden mit den erschwerten gesellschaftlichen Bedingungen, junge Menschen für Bauberufe zu begeistern, machen die vielen regulatorischen Auflagen den Unternehmen zu schaffen. Teilweise stehen diese in Widerspruch zur Nachhaltigkeit.
Das Parlament hat sich in der letzten Session mit der Revision des OR in Sachen Umgang mit Baumängeln beschäftigt. Bevor wir zur Politik kommen: Wie gravierend ist das Problem mit Baumängeln in der Schweiz?
In der Schweiz bauen und renovieren wir Prototypen. Es ist unbestritten, dass dabei gelegentlich bei einer Verknüpfung von unglücklichen Umständen Baumängel verursacht werden. Das Risiko kann durch eine solide Fachplanung unter frühzeitigem Einbezug von erfahrenen Firmen massiv reduziert werden. Es heisst nicht umsonst: «Prüfe, wer sich bindet».
Welche Baumängel treten denn am häufigsten auf?
Dies ist von Branche zu Branche und von Bauwerk zu Bauwerk ganz unterschiedlich. Der unsachgemässe Umgang mit Wasser und Feuchtigkeit steht sicher vielerorts zuoberst.
«Die ins Spiel gebrachte verdoppelte Verjährungsfrist belastet den Kunden und den Unternehmer finanziell und administrativ in vielfältiger Form.»
Der Nationalrat möchte die Verjährungsfrist von Baumängeln von 5 auf 10 Jahre erhöhen und die Rügefristen komplett aufheben. Die Bauwirtschaft lehnt dies ab. Was spricht dagegen?
Wenn jemand viele Jahre Garantie auf seinem Bauwerk oder einem Teil davon haben möchte, kann er dies in der Planungs- und Ausschreibungsphase bereits so vermerken und schliesst mit dem Werkvertrag auch einen Wartungsvertrag ab. Dies garantiert dem Kunden eine hohe, nachhaltige Lebensdauer. Die ins Spiel gebrachte verdoppelte Verjährungsfrist belastet den Kunden und den Unternehmer finanziell und administrativ in vielfältiger Form, nicht zuletzt weil eine Beweisführung nach knapp 10 Jahren kaum möglich ist (liegt ein Baumangel vor? Unsachgemässer oder fehlender Unterhalt? etc.)
Die Erhöhung würde sämtliche Projekte im Hoch- und Tiefbau betreffen. Die Unterschiede in diesen Projekten sind doch aber enorm…
In der Tat. Im Tiefbau ist sich der Bauherr bewusst, dass Unterhaltskosten einkalkuliert und Wartungs- und Unterhaltsarbeiten laufend/jährlich ausgeführt werden müssen. Im Hochbau sind sich die Kunden dessen nicht immer bewusst. Die Verdoppelung wiegt den Kunden in falscher Sicherheit.
Welche finanziellen Folgen wären bei einer Umsetzung zu befürchten?
Der Unternehmer muss die resultierenden Kosten, Risiken und Eventualverpflichtungen einkalkulieren. Dies würde das Bauen massiv verteuern und verkomplizieren.
Die Bauherren hätten gegen die Erhöhung der Verjährungsfrist aber sicher nichts einzuwenden, oder?
Nur im ersten Moment. Alsbald sie die damit verbundenen Kosten tragen müssen oder gar nicht erst einen Unternehmer finden, der die Risiken tragen kann und will, vielleicht nicht mehr.
Dem Ständerat geht der Entscheid des Nationalrats deutlich zu weit. Er will sich am Modell des Bundesrats orientieren. Was sieht dieses Modell vor?
Die Motion 22.066 umfasst ein ganzes Paket von Anpassungsvorschlägen. Einige davon gingen dem Bundesrat zu weit. Der Bundesrat hat deshalb wie so oft einen ausgewogenen Gegenvorschlag formuliert, welcher von verschiedensten Punkten bisherige Unklarheiten eliminiert, praxisbezogene Ansätze verankert und beispielsweise die Rügefrist auf 60 Tage festgelegt. Die Verdoppelung der Verjährungsfrist wird aber klar abgelehnt.
Das Geschäft dürfte in der Herbstsession wieder der grossen Kammer behandelt werden. Was erwarten Sie?
Wir sind optimistisch, dass das der Nationalrat die zusätzlichen Informationen und vor allem die vielen ausgewogenen und bestens dokumentierten Voten aus dem Ständerat gut analysiert und einen pragmatischen Entscheid fällen wird.