Peter Ohnemus, CEO Quentiq.
Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Ohnemus, mit Ihrem neuen Unternehmen, Quentiq, bieten Sie über Internet und eine iPhone App den Benutzern die Möglichkeit, ihren Gesundheits- und Fitnesszustand zu eruieren und verbessern. Was hat Sie auf die Idee zu dem neuen Unternehmen gebracht?
Peter Ohnemus: Die Gesundheitsindustrie ist weltweit mit $4 Trilliarden die grösste Industrie und leidet seit Jahren unter Effizienzproblemen. Wir sind der festen Überzeugung, dass die Digitalisierung der analogen Gesundheitsindustrie erhebliche Kosten und Effizienzvorteile bringen werden. Die Idee des Health Scores, eine Zahl zwischen 1-1000, ist mir beim Skifahren gekommen. Es wurde mir klar, dass wir zwar unsere Körpertemperatur kennen, aber keinen Wert haben, der unseren generellen Gesundheitszustand und Lifestyle in Echtzeit beschreibt.
«Wir geben einen Gesamtüberblick über Ihre Gesundheit und integrieren Gewicht, Körpergrösse, Blutwerte, Bewegung und erbbedingte Gesundheitsmuster.»
Peter Ohnemus, CEO Quentiq
Was unterscheidet das Start-Up Quentiq von etablierten Unternehmen wie Runkeeper?
Unternehmen wie Run Keeper sind sogenannte Sport-Apps. QUENTIQ ist eine Health Score Plattform, das heisst, wir geben einen Gesamtüberblick über Ihre Gesundheit und integrieren Gewicht, Körpergrösse, Blutwerte, Bewegung und erbbedingte Gesundheitsmuster. All diese Werte werden im QUENTIQ Health Score mitreinbezogen. Sie erhalten somit eine einheitliche Übersicht über Ihren Gesundheitszustand und können diese mit Ihrer Familie, Freunde, Arbeitskollegen oder einer Altersgruppe vergleichen. Unsere Plattform wird demnächst auch Stress, Essen und Schlafgwohnheiten miteinbeziehen.
Entscheidend für den Erfolg von Quentiq dürfte eine schnell wachsende Community sein. Wie wollen Sie dieses Wachstum stimulieren?
QUENTIQ hat ein ganz klares Ecosystem definiert, welches aus mobilen Telefonanbietern, Krankenkassen, Wellness/Fitness Dienstleister und Geschäftskunden besteht. Wir bauen dieses Ecosystem durch unser globales Netz über die nächsten 24-36 Monate strategisch auf. So haben wir zum Bispiel in Deutschland die Deutsche Telekom mit Ihren ca. 34 Mio. Mobilkunden und 14 Mio. T-Online Kunden als Partner gewinnen können. Wir werden in jedem Land solche strategische Partner aussuchen und hoffentlich auch gewinnen können. Neu haben wir auch einen führendend Partner in England gefunden, den wir im Mai 2012 an einer gemeinsamen Pressekonferenz in London bekannt geben werden.
Die eigenen Werte werden zur Berechnung eines persönlichen „Health Scores“ verwendet. Diese von Quentiq entwickelte Methode ermöglicht auch Vergleiche mit anderen Benutzern. Was ist das spezielle des Health Scores, wie wird er berechnet?
Ich glaube der Erfolg am QUENTIQ Health Score liegt darin, dass er einfach und sicher ist und zudem noch Spass macht, ihn zu benutzen. So können Sie den QUENTIQ Health Score benutzen, um Ihren Gesundheitszustand in Echtzeit zu erfahren. Der QUENTIQ Health Score basiert auf Daten von über 70 Millionen Mannjahre, die als klinischer Grundstein für unsere Berechnungen dienen. QUENTIQ hat also bestehende, globale und anerkannte klinische Forschung als Grundstein für den Health Score benutzt. Die Zahl liegt zwischen 1 und 1000. Wenn Sie einen Wert von 1 haben, sind Sie klinisch tot, und wenn Sie einen Wert von 1000 erreichen, sind Sie Superman. Wir haben den Health Score so gebaut, dass Sie sich mit Freunden, Familie und jede Altersgruppe vergleichen können. Dazu haben wir Prinzipien von der Gaming-Industrie genommen. Sie können also Ihre Kollegen herausfordern und so wird Gesundheit motivierend und es macht Spass dabei zu sein. Die sozialen Komponente in der Gesundheit soll aus unserer Sicht auf keinen Fall unterschätzt werden.
«Jetzt wo Chemie und Comupterpower zusammenschmelzen ist es jetzt erstmals möglich, dass man interessante gesundheitliche Zahlen in Echtzeit berechnen kann.»
Meist verlieren solche Anwendungen schnell den Reiz des Neuen für die Benutzer. Für den Erfolg des Systems muss der Benutzer seine Daten dauernd and über lange Zeit erfassen. Wie wollen Sie die Benutzer bei Laune halten, damit er die Daten anhaltend erfasst?
Wir glauben, dass wir durch unsere Gamification und Benutzerfreundlichkeit die Neugier unseren Kunden wecken können. Die Menschheit spielt seit über 3‘000 Jahren und die Gaming-Industrie setzt heute mehr um als die klassische Filmindustrie von Hollywood. Jetzt wo Chemie und Comupterpower zusammenschmelzen ist es jetzt erstmals möglich, dass man interessante gesundheitliche Zahlen in Echtzeit berechnen kann. Dies bedeutet, dass wir heute mit Markt-verfügbaren Biosensoren und Smartphones Ihr Gewicht, Blutdruck, Herzschlag und Lebensqualität sehr zuverlässig berechnen können und durch Herzschlag oder Sateliten-Kommunikationssysteme sehr zuverlässige Energiemodelle zur Verfügung stellen, die den Benutzer auf eine lustige Art motiviert sich öfters und gesund zu bewegen. Der grösste Kostenfaktor im Gesundheitswesen heute ist ja bekannterweise Übergewicht und zu wenig Bewegung. Dies generiert 65% von allen Gesundheitskosten. Es geht also darum, unsere „Sitzkultur“ öfters und mit einem Motivations- und Spassfaktor zu aktivieren.
Die App ist aus Sicht des Benutzers ein weitere isolierte Komponente zur Messung des Fitnessstandes. Wie können Geräte wie Waagen, Pulsmesser, Geräte zur Messung des Blutdruckes und des Blutzuckers mit Ihrer Anwendung integriert werden?
QUENTIQ ist kein App sondern eine Plattform. Wir haben alle Devices, die wir unterstützen, voll integriert. So können Sie den Sports Tracker automatisch auf iPhone, BlackBerry oder Android runter laden. Anschliessend haben Sie die Möglichkeit Ihre Withings Waage oder Blutdruckmessgerät zu Hause zu benutzen. Die Daten werden automatisch Wireless in unsere Plattform integriert. Wir haben heute schon Herzfrequenzmesser von Wahoo, Garmin, Polar etc. integriert. Das ganze läuft voll automatisch ab und ohne Kabel.
«Unser Technischer Direktor hat mit Hilfe unserer Plattform über die letzten 6 Monate 25 Kilos abgenommen. Ich selber bin seit über 4 Monaten Nichtraucher.»
Meistens werden solche Anwendungen von gesundheitsbewussten Personen benutzt, die sich sportliche Ziele setzen. Wie sehen Sie die Chancen, mit Ihrer Anwendung die Leute zu erreichen, die ihren Gesundheitszustand fundamental verbessern sollten (starke Raucher, übergewichtige Personen)?
Das ist effektiv eine sehr gute Frage. Das Problem im Gesundheitswesen ist, gesunde Leute bleiben gesund und die Gruppe die gefährdet ist, haben wenig Motivation. Wir versuchen daher durch soziale Faktoren (Metcalfe’s law – der Power vom Netzwerk) die Benutzer zu motivieren. So erhält man digitale Medaillen, wenn man sich bewegt, abnimmt, mit Rauchen aufhört etc. Unser Technischer Direktor hat mit Hilfe unserer Plattform über die letzten 6 Monate 25 Kilos abgenommen. Ich selber bin seit über 4 Monaten Nichtraucher. In Amerika haben Sie an der Universität South Carolina über 500 Leute vernetzt auf Diät gesetzt. Diese Personen haben also jeden Tag Ideen, Informationen und Gedanken über Ihre Bewegung und Essgewohnheiten ausgetauscht. Das gleiche wurde mit 500 Personen gemacht, die nicht vernetzt waren. Die vernetzte Gruppe hat den Zielgewichtverlust von 5 Kilos 3x schneller erreicht als die Nichtvernetzten.
Bis anhin haben Sie Quentiq selbst finanziert. Wie viel haben Sie bis anhin investiert, wie gross ist der Bedarf bis zum Break Even und ab wann wollen Sie mit Gewinn arbeiten?
QUENTIQ ist bis heute eigenfinanziert. Wir realisieren derzeit eine Kapitalerhöhung von CHF 7-10 Millionen. Wir arbeiten nach dem Plan im Jahre 2014 break-even zu sein.
Sie sind bekannt als Gründer und Manager für die ersten Wachstumsphasen eines Unternehmens. Wie sieht Ihre persönliche Planung mit Quentiq aus, wie lange werden Sie dabei bleiben in welcher Form wollen Sie das Unternehmen fit für die nächste Phase machen?
Ich stehe QUENTIQ voll mit 100% zur Verfügung. Wir haben ein sehr erfahrenes Team zusammen gebracht. Mark Hoffman, Gründer von Sybase, ist anfangs Januar 2012 als President & CEO für QUENTIQ Amerika zu uns gestossen. Mark Hoffman hat Sybase zum fünftgrössten Software-Unternehmen der Welt aufgebaut und war früher beim Aufbau von Sybase mein Vorgesetzter. Hier in Europa haben wir als erfahrener Executive Manuel Heuer als COO gewinnen können. Er war bekannterweiser MD von St. Jude und zuvor bei Nestlé. Also hat er die zwei wichtigsten Komponente für unseren Erfolg mitgebracht, Medizinerfahrung und globale fast moving consumer goods Erfahrung. Unser VP Sales Ken Purcell ist von Microsoft zu uns gekommen. Er war vorher bei Intel und bei einem grossen Gesundheitssektor Unternehmen. Unser CTO hat 20 Jahre Hochsicherheits-Computererfahrung und ist einer der führendsten Computer-Gamer in Europa.
An den Daten der Benutzer dürften vor allem Krankenkassen und Unternehmen im Gesundheitssektor interessiert sein. Zum einen als Angebotsplattform für Leistungen, zum anderen aber auch zur Kundenbindung über einen spielerischen Zusatznutzen. Gibt es in diesem Bereich schon konkrete Ideen zur Zusammenarbeit?
Ja wir sprechen momentan mit mehreren grösseren Krankenkassen der Schweiz, Deutschland und England. Mehr können wir dazu momentan nicht sagen.
«Krankenkassen können eine modernere Kundenbindung erzielen in dem sie ihre Kunden mit Hilfe der Plattform zu einem gesünderen und aktiven Lebensstil motivieren.»
Die Schweiz ist ein reifer Markt aus Sicht der Geräte (iPhone Durchdringung, Internet-Nutzung), aus Sicht der potentiellen Benutzer aber ein eher kleiner Markt. In welchen Ländern werden Sie den Durchbruch schaffen müssen und wie gehen Sie diese Märkte an?
Wir glauben, um ein globaler Standard zu werden sind für uns neben der Schweiz, Deutschland, England und Amerika die wichtigsten Märkte auf die wir sehr stark fokussieren. Die Schweiz ist unser Heimmarkt und wir werden hier hoffentlich auch erfolgreich werden.
In den USA haben Sie mit Mark Hoffman, einem der Gründer und CEO von Sybase, einen prominenten Geschäftsführer angeworben. Welche Argumente haben ihn überzeugt, sich für Quentiq zu engagieren?
Mark Hoffman und ich kennen uns seit über 20 Jahren. Wir haben viele gemeinsame Erfolge miteinander erlebt und es besteht ein grosses Vertrauen zwischen uns beiden. Mark Hoffman ist davon überzeugt, dass QUENTIQ mit ihrer Health Score Plattform ein sehr spannendes und zukunftsberechtigtes Produkt gebaut hat. Einerseits können Telcos ihren Kunden mobile health offerieren und die Krankenkassen können eine modernere Kundenbindung erzielen in dem sie ihre Kunden mit Hilfe der Plattform zu einem gesünderen und aktiven Lebensstil motivieren. All dies wird längerfristig ihre Krankenkassenprämien positiv beeinflussen. Die Geschäftswelt die Mark Hoffman ebenfalls sehr gut kennt, wird sich in Zukunft mehr um die Gesundheit ihrer Mitarbeiter engagieren, da Dauerstress und Hochleistung quer durch die Organisation immer mehr zum Thema wird.
Wie oft benutzen Sie selbst Ihre Anwendung und wie hat sich Ihr Fitnesszustand verbessert innerhalb der letzten 12 Monate?
Ich bin kein Hochleistungssportler. Ich benutze die Plattform 2-3x pro Woche. Ich habe über die letzten 6 Monate 3 Kilo abgenommen und habe mit dem Rauchen aufgehört. Mein Health Score war am Anfang um die 400. Durch mein gezieltes Benutzen der Plattform und durch die Motivation zu mehr Bewegung ist mein Health Score auf ca. 650 gestiegen. Ich fühle mich gesundheitlich besser als vor 6 Monaten.
«Ich wünsche mir, dass die Schweiz offener wäre für Innovation.»
Wie viele Mitarbeitende hat Quentiq aktuell, wie viele werden es am Ende des Jahres sein?
Wir haben momentan 16 Mitarbeiter und beabsichtigen bis Ende Jahr ca. 25 Mitarbeiter zu sein. Sobald unsere Kapitalerhöhung abgeschlossen ist, werden wir unseren Mitarbeiterbestand in Deutschland, mit der Deutschen Telekom als Partner, in England mit unserem noch nicht bekannt gegebenen strategischen Partner und in San Francisco rund um Mark Hoffman ein sehr erfahrenes Team aufbauen.
Zum Schluss des Gespräches haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen diese aus?
Ich wünsche mir, dass die Schweiz offener wäre für Innovation. Wir haben einer der niedrigsten Zahlen im Risikokapitalbereich, was ich sehr schade finde. Wir sind eines der wohlhabendsten Länder in Europa aber keiner ist bereit ein Teil von seinem Vermögen in Innovation und neue Arbeitsplätze zu investieren – das wird uns längerfristig schaden. Also mein erster Wunsch ist, dass die vielen wohlhabenden Leute in unserem Land mehr Risikokapital für Jungunternehmer zu Verfügung stellen würden.
Der zweite Wunsch wäre, dass QUENTIQ ein globaler Standard wird, dass wir dadurch die Gesundheitskosten senken können und für unsere Kinder eine bessere und weniger verschuldete Zukunft zur Verfügung stellen können. Also die Politiker müssen sich viel stärker für ein effizientes und digitales Gesundheitswesen einsetzen. Die Technology ist bereits heute 100%ig vorhanden aber der politische Support fehlt.
The Interview Partner:
Peter Ohnemus is a high-tech entrepreneur who co-founded ASSET4, the world’s leading provider of extra-financial information, in 2004, which was sold to Thomson Reuters in November of 2009. From 2001 to 2004, Mr. Ohnemus has been active as a venture capitalist through The e-Firm. Prior to this, he was the CEO of The Fantastic Corporation, a broadband technology company which received investments from Intel, Deutsche Telekom, BT, Telecom Italia, Lucent, Reuters, and Loral and established joint venture companies with BT, Deutsche Telekom, Singapore Press Holdings and KirchGroup. The company was taken public by a consortium led by Goldman Sachs in 1999, less than four years after its foundation.
Mr. Ohnemus previously held executive positions with Sybase, Logic Works and COS, all of which went public during his tenure. He played a leading role in the success of all these companies and won the accolade of «Entrepreneur of the Year 1999» in Switzerland. He is a frequent commentator in the trade and business press as well as on television. Mr. Ohnemus has co-authored (with Lars Tvede) the book Marketing Strategies for the New Economy and serves on the boards of Rothschild Bank, CarryQuote, 4U Group, etc..
The Company:
QUENTIQ AG is fully owned by Network Capital Holding AG, Zug Switzerland. Network Capital Holding is the private investment firm of Peter Ohnemus. The company is currently invested in high-tech, bio-tech and sustainable energy/infrastructure start ups. The company has investments in third generation heart valves, organic search software, visual search industry, algorithm based job search exchange, real-time financial data for mobile phones, renewal energy trading platform, carbon trading, etc. Peter Ohnemus/Network Capital Holding has been involved in high-tech and bio-tech investments over the last 25 years which has let to 4 IPO’s and some 10 trade sells. Business partners during the last years have been companies like Sybase, Intel, Deutsche Telecom, Goldman Sachs and Alcon.