Peter Schildknecht, CEO CPH. (Foto: CPH)
von Bob Buchheit
Moneycab: Herr Schildknecht, die neue Papiermaschine läuft rund, aber einen Betriebsgewinn konnte CPH damit noch nicht erzielen, trotz 44% Mehrmenge beim Papier. Setzen Sie vorderhand auf die Verdrängung aller anderen Papierhersteller in Ihrem Umkreis?
Peter Schildknecht: Im Papierbereich sind wir in den Basissegmenten Pressepapier und Magazinpapier tätig. Dies sind ausgesprochene Commodities, welche zudem in einem sehr transparenten Markt gehandelt werden. So werden die Preisbänder für unsere Produkte wie auch für unsere wichtigsten Rohstoffe monatlich europaweit publiziert. Als Unternehmen mit 3-5 % Marktanteil werden wir zwar beachtet, gehören aber zu den Preisnehmern.
Also haben Sie keine Pricing Power?
In dieser Industrie ist die Kostenführerschaft entscheidend. Es gilt deshalb alle Faktoren, welche wir selbst beeinflussen können, so zu gestalten, dass die grösstmögliche Effizienz erreicht wird. Daneben besteht ein grösseres Potential im Bereich Einkauf, insbesondere beim Altpapier. Die benötigten Mehrmengen durch die Inbetriebnahme der PM7 werden vorwiegend im grenznahen Ausland beschafft. Dieses Altpapier ist für uns trotz tiefem Euro-Kurs deutlich teurer als die schweizerische Sammelware. Aus diesem Grund forcieren wir beispielsweise die Beschaffung einheimischen Altpapiers. Einen wesentlichen Einfluss auf den Betriebsgewinn hat der Euro-Wechselkurs; der negative Einfluss 2011 betrug 24 Millionen Franken; leider können wir diesen nicht beeinflussen.
Nach einem kurzen Taucher unter die 1000er Marke ist der Aktienkurs von CPH deutlich gestiegen. Der Vertrauensvorschuss wird durch eine Dividendenzahlung trotz Jahresverlust untermauert. Was können langfristige Anleger nun endlich erwarten?
Zusammen mit meinen Kollegen der Gruppenleitung konzentrieren wir uns auf die operative Leistungssteigerung der CPH-Gruppe. Es ist unser Ziel möglichst schnell wieder positive Zahlen zu schreiben.
«Die grossen Produzenten im Papierbereich wie UPM oder Stora Enso weisen auch ein Kurs/Buchwert-Verhältnis unter 1 aus. Insofern bewegen wir uns da in vergleichbaren Grössenordnungen.»
Peter Schildknecht, CEO CPH
Ein Kurs/Buchwert-Verhältnis von 1 sollte wohl rasch wieder drin liegen, oder? Die Bewertung der CPH an der Börse ist lächerlich: Der Brandversicherungswert Ihrer Anlagen und Immobilien ist mehr als viermal so hoch wie die Börsenkapitalisierung.
Der Markt bestimmt den Aktienkurs. Sehr viele Faktoren fliessen da zusammen. Als mittelständisches Unternehmen in den von uns bedienten Märkten ist es schwierig, sich von den Bewertungen unserer Wettbewerber loszulösen. Die grossen Produzenten im Papierbereich wie UPM oder Stora Enso weisen auch ein Kurs/Buchwert-Verhältnis unter 1 aus. Insofern bewegen wir uns da in vergleichbaren Grössenordnungen. Wie gesagt, der Markt entscheidet über den Aktienkurs, wir konzentrieren uns auf die operative Führung des Unternehmens.
Im 2011 haben Sie kräftige Abschreibungen vorgenommen. Papiermaschinen der Grösse PM7 sind gewaltige Investitionen. Haben Sie keine Angst, dass Sie einmal so gewaltige Abschreibungen vornehmen müssen, wie seinerzeit die Biber AG mit ihrer Biber Nova?
Dass 2011 die Abschreibungen gegenüber den Vorjahren angestiegen sind, hängt mit der Inbetriebnahme der neuen Papiermaschine PM7 zusammen, wofür wir rund 500 Millionen Franken investiert haben. Wir haben 2011 keine überproportionalen Abschreibungen vornehmen müssen. Die getätigten Abschreibungen entsprechen unserer Planung und dem Standard bei solchen Investitionen in unserer Industrie.
Am Jurasüdfuss ist, wie damals beim Konkurs der Biber Holding, wieder Tristesse eingekehrt, nachdem dort erneut die Papierindustrie ins Schlingern geraten ist. In ganz Europa sind in den letzten zehn Jahren rund die Hälfte der Arbeitsplätze in der Papierindustrie verschwunden. Finden Sie unter solchen Vorzeichen überhaupt noch führende Mitarbeiter?
Unter anderem mit unserer Investition in die PM7 haben wir ein klares Bekenntnis zur Zukunft abgegeben. Dieses wird auch auf dem Arbeitsmarkt wahrgenommen. Wie Sie an Hand der CVs der neuen Kollegen in der Gruppenleitung sehen können, finden wir bestens qualifizierte Führungskräfte. Das stabile Aktionariat, das klare Bekenntnis der Mehrheitseigner zur CPH und die zukunftsgerichteten Investitionen sind durchaus attraktive Kriterien bei uns zu arbeiten.
Rekrutieren Sie über Headhunter?
Wir nutzen die verschiedensten Rekrutierungskanäle. Für Positionen im obersten Management ziehen wir durchaus auch Headhunter zur Unterstützung unserer HR-Spezialisten bei. Ein intensiver Dialog und ein gemeinsamer Prozess mit unseren externen Partnern sind dabei sehr wichtig, um die Kandidaten mit dem besten Fit zu erreichen.
«Unter anderem mit unserer Investition in die PM7 haben wir ein klares Bekenntnis zur Zukunft abgegeben. Dieses wird auch auf dem Arbeitsmarkt wahrgenommen.»
Was halten Sie vom Nachwuchs in der Schweiz?
In all unseren Geschäftsbereichen benötigen wir Spezialisten wie etwa Papiertechnologen, welche nicht in grosser Fülle auf dem Markt zu finden sind. Wir bilden sie deswegen selbst aus und sind ein engagierter Lehrbetrieb. Es ist nicht immer einfach, für alle Lehrstellen qualifizierte und motivierte Schulabgänger zu finden; dank dem guten lokalen Ruf unserer Bereiche haben wir bisher aber unseren Bedarf decken können.
Über alles gesehen bringt der Schweizerische Nachwuchs eine solide Grundausbildung und eine gute Motivation mit. Die Werte und Ziele der Generation Y sind aber andere als zu meiner Zeit. Es braucht deswegen von den älteren wie den jungen Mitarbeitern entsprechende Bereitschaft aufeinander zuzugehen, um erfolgreiche Teamarbeit leisten zu können. Für alle Mitarbeitenden, nicht nur für den Nachwuchs, gilt es dabei, Offenheit, Toleranz und Neugierde ständig zu bewahren, sich durch laufende Weiterbildung die Qualifikation zu erhalten, diese gar auszuweiten, und sich den zunehmenden Veränderungen positiv zu stellen.
Ähnlich wie die Cham Paper Gruppe sitzen Sie auf wertvollem Grundbesitz. Wie sieht da die langfristige Planung aus? Wird für Sie bald der Quadratmeter Landpreis wichtiger als der Quadratmeter Papier?
Mit der Investition in die PM7 haben wir ein deutliches Bekenntnis zum Bereich Papier, zum Standort Zentralschweiz und dazu, dass wir ein Industriebetrieb sind, gegeben. Wie in der Vergangenheit üblich, planen wir auch in Zukunft nicht-betriebsnotwendiges Gelände zu verkaufen, wenn sich eine gute Gelegenheit ergibt.
Cham Paper hat die Papierproduktion nach Italien ausgelagert. In Süddeutschland schliesst eine „Papieri“ nach der anderen. Also sind Sie bald allein auf weiter Flur?
Wir können nicht für die anderen Schweizer Papierindustriellen, wie Cham Paper, sprechen, da sie in anderen Segmenten tätig sind. Wir sind in den Segmenten Zeitungsdruckpapier sowie Magazinpapier (LWC) aktiv. In diesen Segmenten besteht in Europa ein Überangebot und die Nachfrage ist rückläufig. Wir gehen deshalb davon aus, dass die Konsolidierung weiter voranschreiten wird.
In der Schweiz produziert nur die Papierfabrik Utzenstorf ebenfalls Zeitungsdruckpapier; beim Magazinpapier sind wir der einzige Schweizer Produzent. Dass von den zuletzt angekündigten und durchgeführten Schliessungen stark der Süddeutsche Raum betroffen war, ist nicht erstaunlich. In diesem Raum befanden und befindet sich eine Vielzahl von Produktionsanlagen, einige davon mit einem älteren Maschinenpark. Presse- und Magazinpapiere werden in der Regel bis zu einem Umkreis von ca. 500 km Radius abgesetzt. Die CPH hat mit der Investition in die neue PM7 ein klares und starkes Zeichen in den Markt gesandt, dass wir mit unserer Tochter Perlen Papier langfristig erfolgreich bestehen wollen. Dass im Absatzgebiet der Perlen Papier nun im Rahmen der Konsolidierung auf der Angebotsseite einige ältere Produktionsanlagen aus dem Markt genommen werden, hängt zumindest teilweise auch damit zusammen und kommt uns sicherlich zu Pass.
«Wir gehören zu den grössten Stromabnehmern in der Schweiz.»
Altpapier und Strom sind ihre wichtigsten Kostentreiber und fressen zwei Drittel des Umsatzes weg. Haben Sie Angst vor einer langfristigen Stromverteuerung wegen des schleichenden Atomausstiegs?
Die Strompreise haben tatsächlich einen grossen Einfluss auf unsere Kosten. Wir gehören zu den grössten Stromabnehmern in der Schweiz. Steigt der Strompreis um 1 Rappen pro kW/h, so ergibt dies für einen durchschnittlichen Schweizer Haushalt eine Zusatzbelastung von etwa 40 Franken pro Jahr. Die Kosten unseres Papierbereiches werden dadurch aber um über 6-7 Million belastet. Durch die sogenannte Strommarktliberalisierung von 2008 haben wir bereits Wettbewerbsvorteile gegenüber der ausländischen Konkurrenz verloren.
20 Prozent des CPH Umsatzes macht der Bereich Verpackung, weitere 20 Prozent die Chemie. Letztere hat in 2011 auf Stufe EBIT den Turnaround geschafft. Hier müssen Sie vor allem auf höherwertige Produkte setzen, um die Marge zu halten. Macht Ihnen nach dem Verkauf der Feinchemie und der Aufgabe der Biochemie, die Konzentration auf die Silikatchemie die Aufgabe einfacher?
Die Trennung von den Aktivitäten in der Feinchemie, zu der auch die auf biotechnologische Anwendung spezialisierte BioUETIKON in Dublin gehörte, war ein strategischer Entscheid. Die Konzentration der Kräfte erlaubt uns ein noch wirkungsvolleres Umsetzen unserer Strategien und Massnahmen in den drei verbleibenden Bereichen. Bei der Silikatchemie gehört dazu auch ein verstärkter Fokus auf hochwertige, margenstarke Produkte. Die Silikatchemie hat dabei in den letzten zwei Jahren grosse Anstrengungen und vielversprechende Schritte unternommen, welche wir konsequent weiterführen wollen. Die verkaufte Feinchemie war aber die margenträchtigere Sparte als die Silikatchemie. Insofern erwarten wir für das Jahr 2012 im Bereich Chemie ein etwas tieferes Ergebnis.
Der Bereich Verpackungen mit seiner Fokussierung auf die Pharmaindustrie ist sicherlich am einfachsten zu führen….
Auch der Bereich Verpackung ist in einem sehr dynamischen Markt aktiv; denken Sie nur an die verschiedenen Zukäufe, welche zum Beispiel Roche als ein bekannter Vertreter dieser Industrie in letzter Zeit getätigt hat oder zu tätigen beabsichtigt. Ähnliches geschieht auch auf Seiten der Lieferanten. Hinzu kommen geografischen Verschiebungen auf den Märkten bedingt durch die höheren Wachstumsraten in den Emerging Countries. Es wäre also vermessen zu behaupten, die Geschäftsleitung von Perlen Packaging hätte eine leichte Aufgabe. Zudem wollen wir auch in diesem Bereich mit einem Ausbau der höherwertigen Produkte unsere Ertragskraft weiter steigern.
Zur Person:
Der Schweizer Peter Schildknecht, geb. 1962, ist seit 2008 bei der CPH; seit 2009 in der heutigen Funktion als CEO. Er wohnt in Meggen (LU) ist verheiratet und Vater von vier Kindern. Der Dipl. Maschinenbau-Ingenieur ETHZ / BWI hat auch an der ETH Zürich im Jahr 1994 seinen Doktor gemacht. Danach arbeitete er sechs Jahre lang als Leiter „Industrial Services“ und Mitglied der Geschäftsleitung bei Von Roll Infratec Holding, als Geschäftsführer der Von Roll BETEC AG und als Assistent des VRP / CEO der Von Roll Holding AG. Weitere sechs Jahre war Peter Schildknecht bei Sarna Kunststoff als Leiter Sarnafil Division, Leiter a.i. Sarnamotive Division Europa und Leiter der Sarnatech Division tätig.
Zum Unternehmen:
Die CPH Chemie + Papier Holding AG ist eine international tätige Industriegruppe mit Hauptsitz in der Schweiz. Ihre Aktivitäten umfassen die Entwicklung, die Produktion und den Vertrieb von Chemikalien, Papieren und Verpackungsfolien. Der Chemiebereich gründet auf der ältesten noch existierenden Chemiefabrik der Schweiz in Uetikon aus dem Jahr 1818. Der heutige Kernbereich beinhaltet Zeolithe mit Produktionsstandorten in der Schweiz und den USA. Daneben ist CPH der einzige Pressdüngerhersteller der Schweiz. Am Standort Perlen in der Schweiz werden Zeitungs- und Magazinpapiere sowie beschichtete Folien für Verpackungen im Pharma- und Hygienebereich hergestellt. Mit Inbetriebnahme der PM7 im September 2010 ist die Perlen Papier AG die grösste Produzentin von Zeitungsdruckpapier und die einzige Herstellerin von Magazinpapieren in der Schweiz.