Peter Schildknecht, CEO CPH Group AG, im Interview

Peter Schildknecht, CEO CPH Group AG, im Interview
Peter Schildknecht, CEO CPH Group. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Schildknecht, neben der kräftigen Dividende von vier Franken vom März hat jeder bestehende CPH-Aktionär pro gehaltene Namenaktie im Juni eine Sachdividende in Form einer Namenaktie der Perlen Industrieholding AG erhalten. War das der Beginn, der von Analysten bereits vor fünfzehn Jahren gewünschten Konglomerat-Aufspaltung?

Peter Schildknecht: Aus einem börsenkotierten Industriekonglomerat mit drei unabhängigen und in verschiedenen Märkten operierenden Bereichen entstehen zwei fokussierte Unternehmen. Die Perlen Industrieholding AG, welche sich auf das volatilere, regionale Papiergeschäft konzentriert und die Nutzungspotenziale des attraktiven Industrieareals in Perlen beinhaltet. Und andererseits die CPH Group AG mit den verbleibenden Aktivitäten als eine rasch wachsende, innovative und global tätige Wachstumsgesellschaft, welche weiterhin an der Börse kotiert bleibt.

Warum wurde die abgespaltene Perlen Industrieholding AG nicht an der SIX kotiert? Aus Kostengründen?

Weil wir überzeugt sind, dass sich die Perlen Industrieholding AG ausserbörslich besser entwickeln kann. Das Papiergeschäft befindet sich seit Jahren in einem strukturell rückläufigen Markt beziehungsweise in einem hart umkämpften Verdrängungswettbewerb. Da das Papier wenig Differenzierungsmöglichkeiten bietet, sind die Ergebnisentwicklungen je nach Höhe der vorhandenen Überkapazitäten volatil.
Wie in der Vergangenheit gezeigt, sind wir überzeugt, dass sich auch zukünftig über die Zyklen hinweg gutes Geld verdienen lässt. Diese hohen Ergebnisschwankungen schrecken viele Anleger ab, da diese schwer berechenbar sind.

«Wir sind überzeugt, dass sich die Perlen Industrieholding AG ausserbörslich besser entwickeln kann.»
Peter Schildknecht, CEO CPH Group AG, im Interview

Die Perlen Papier AG wird sich auf das Pressepapiergeschäft konzentrieren und die konsequente Umsetzung der bestehenden «Last-Man-Standing-Strategie» fokussieren. Wen sehen Sie ausserhalb eines Kreises von 500 Kilometer um Perlen noch als ernstzunehmende Konkurrenz – Skandinavien einmal ausgenommen?

Der Fokus auf das «Last Man Standing» ist ja ein klares Bekenntnis zum Papiergeschäft. Unser Papiergeschäft ist mit seiner regionalen Volumenstrategie im Markt für Zeitungsdruck- und Magazinpapier sowie für Altpapierrecycling gut positioniert. Zudem verfolgen wir eine Strategie der Kostenführerschaft und produzieren nahezu CO2-neutral. Da wir uns, wie vorhin erwähnt, in einem Markt mit strukturellen Überkapazitäten befinden, gibt es in Kontinentaleuropa noch weitere Wettbewerber. Auch wenn diese ihren Hauptsitz in Skandinavien haben, haben diese auch mehrere Werke in unseren Kernmärkten.

In Italien, einst Druckhochburg Zentraleuropas, ist seit drei Jahren keine einzige Zeitungsdruckmaschine mehr in Betrieb. Wäre es interessant gewesen dort eine zu kaufen oder ist es sinnvoller, weiter Papier durch den Basistunnel zu transportieren?

Unsere geographische Lage ist inzwischen zu einem grossen Vorteil geworden. Mit unserem Standort in Perlen sind wir aufgrund der Nähe zu Italien logistisch ideal gelegen und haben dadurch für Lieferungen nach Italien gegenüber unseren Konkurrenten Kostenvorteile. Auch wenn Papierunternehmen «günstig» zu kaufen wären, macht dies für uns wenig Sinn. Diese Papierproduktionsanlagen müssten im Anschluss mit hohen Investitionen wettbewerbsfähig und in Richtung Kostenführerschaft getrimmt werden. Zudem gibt es in diesem Geschäft aufgrund der Regionalität beim Absatz, wie auch bei der Altpapierbeschaffung und der benötigten Energie, wenig bis keine Skaleneffekte.

An die Preisfluktuationen beim Altpapier hatten Sie sich sicherlich mittlerweile wohl auch gewöhnt?

Das Papiergeschäft inklusive des Altpapiers ist in der Tat volatil. Je nach Angebots- und Nachfragesituation kann diese Volatilität nach oben wie nach unten stark ausschlagen. Zudem werden diese Märkte immer kleiner und «unelastischer». Dank der Verfolgung einer Kostenführerschaftsstrategie, langfristigen Kundenbeziehungen, einer starken Bilanz und ausgezeichnetem Know-how unserer Mitarbeitenden soll sich unser Papiergeschäft im Markt behaupten und so über den Zyklus auch in Zukunft ausreichende Margen generieren können. Zusätzlich agiert die Perlen Papier AG bereits heute nahezu CO2-neutral und differenziert sich damit zunehmend vom Wettbewerb. Mit dieser Strategie sieht sich die Perlen Papier in der Lage, die Volatilität des Papiergeschäfts zu meistern.

Ihr Anteil an selbstproduzierter Energie stieg im letzten Jahr um ein Drittel auf 21 Prozent. Wo liegt der langfristige Zielwert?

Wir sind stets daran interessiert, die Energiekosten so niedrig wie möglich zu halten, ob in der externen Beschaffung oder durch Eigenproduktion. So bezieht beispielsweise Perlen Papier für die Trocknung der Papierbahnen CO2-befreiten Dampf aus der Kehrichtverbrennungsanlage Renergia, die auf dem Industrieareal in Perlen lokalisiert ist und an der wir ebenfalls beteiligt sind. Bei all diesen Überlegungen spielt die Strategie Kostenführerschaft des Papiergeschäfts natürlich eine grosse, zentrale Rolle.

Unterscheidet sich die ESG-Strategie der verbleibenden CPH Group stark von derjenigen der Perlen Industrieholding?

In den Bereichen Chemie und Verpackung sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Massnahmen zur Verbesserung des CO2-Fussabdrucks umgesetzt worden. Der Bereich Papier ist bereits nahezu CO2-neutral (Scope 1 und 2). Beide Unternehmen verfolgen die Erreichung von Netto Null mithilfe eines geeigneten Stufenplans unter Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit. Dazu zählen zum Beispiel der Einsatz ressourcenschonender Materialien, die kontinuierliche Senkung des Energieverbrauchs oder der sparsame Umgang mit Wasser in geschlossenen Kreisläufen. Parallel wird der Ausbau des kreislauffähigen Portfolios vorangetrieben und Produkte mit reduziertem CO2-Fussabdruck eingeführt.

«In den Bereichen Chemie und Verpackung sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Massnahmen zur Verbesserung des CO2-Fussabdrucks umgesetzt worden.»

Jetzt ist Halbzeit des neuen Geschäftsjahres. Was bedeutet die nach der Ausgliederung solide Eigenkapitalquote von 57.9 % für die weitere Strategie der CPH Group?

Eine solide Eigenkapitalquote entspricht unserer langfristigen Strategie, um auch weiterhin unabhängig und mit hoher Handlungsfreiheit agieren zu können. Innerhalb der CPH Group mit den Bereichen Chemie und Verpackung setzen wir auf die bewährte Differenzierungsstrategie mit Fokus auf Märkte in Asien, den USA und Latein-/Südamerika mit überdurchschnittlichem Wachstumspotenzial. Das organische Wachstum soll dabei gezielt mit Akquisitionen in beiden Geschäftsbereichen ergänzt werden.

Die Baukonjunktur in Europa lässt zu wünschen übrig. Wieso drückt das aufs Geschäft mit Molekularsiebpulver?

Molekularsiebpulver wird für Anwendungen im Bau verwendet, etwa bei Mehrfachverglasungen für den Fensterbau. Sinken die Bautätigkeiten, werden in der Folge auch weniger Produkte wie Molekularsiebpulver nachgefragt.

Sorbead India und Swambe Chemicals, Ihre strategischen Übernahmen in Indien, handeln mit Molekularsieben und Verpackungsmaterialien und produzieren Chromatographie-Gele für den Einsatz in der Verpackungs- und Pharmabranche. Wie hoch schätzen Sie deren Umsatzpotential?

Wie der Verpackungsbereich ist auch der Chemiebereich in den vergangenen Jahren überproportional und mit rund 12% pro Jahr gewachsen. Wir sind überzeugt, dass Sorbead India und Swambe Chemicals, die neu als Sorbchem im Markt auftreten, das weitere starke Wachstum des Chemiebereichs unterstützen werden. Zudem eröffnet uns diese Akquisition den Eintritt in den stark wachsenden indischen Markt.

Der Produktmix hat sich verbessert, wodurch sich im Bereich Chemie im ersten Halbjahr 2024 das EBITDA mit 10.4 Millionen Franken zehn Prozent höher als in der Vorjahresperiode einstellte. Könnten Ihnen bald die Strompreise Ärger bereiten?

Die Produktionsanlagen im Bereich Chemie waren im ersten Halbjahr 2024 gut ausgelastet. Die Nachfrage nach deuterierten Produkten für den Einsatz in der Laboranalytik und für OLED-Displays sowie hochwertigen Molekularsieben zur Herstellung von Ethanol war weiterhin hoch. Der Auftragseingang lag insgesamt über der Vorjahresperiode und auch die EBITDA-Marge erreichte mit 16.7 Prozent leicht höhere Werte. Die Strompreise spielen im Bereich Chemie ganz im Gegensatz zum Papiergeschäft eine weniger zentrale Rolle.

«Die Strompreise spielen im Bereich Chemie ganz im Gegensatz zum Papiergeschäft eine weniger zentrale Rolle.»

Die tieferen Absatzvolumen und die tieferen Rohmaterialpreise führten im Bereich Verpackung im ersten Halbjahr 2024 zu einem Umsatzrückgang um 13.3 % auf CHF 114.9 Millionen. Lassen Sie diese Schwankungen kalt, da sie die Rohstoffpreise jeweils an die Kunden weiterreichen können?

Die sehr hohen Auftragsbestände 2023 haben sich zwischenzeitlich wie erwartet auf das Niveau von vor Corona zurückentwickelt. Der Abbau von Sicherheitsbeständen bei unseren Kunden führte bei uns zu tieferen Umsätzen. Diese konnten dank des sehr guten Produktemix mehrheitlich kompensiert werden. Die Rohmaterialpreise, insbesondere für PVC, normalisierten sich weiter. Hingegen sorgten Störungen in der Logistikkette, wie beispielsweise die Schiffsfrachtroute im Roten Meer, für steigende Transportkosten.

Das durch die verbleibenden Bereiche erwirtschaftete Nettoergebnis lag im ersten Halbjahr 2024 bei CHF 21.1 Millionen Franken. Was erwarten Sie fürs Gesamtjahr?

Für das Gesamtjahr 2024 erwartet die CPH Group mit den verbleibenden Bereichen Chemie und Verpackung ein EBITDA im mittleren zweistelligen Millionenbereich. Trotz des negativen Nettoergebnisses des ausgegliederten Papierbereichs von minus 29.8 Millionen. Im ersten Halbjahr 2024 rechnen wir mit einem positiven Nettoergebnis. Wir bestätigen damit weiterhin unsere Guidance für das Geschäftsjahr 2024.

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