Peter Schildknecht, CEO CPH, im Interview
von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Schildknecht, noch vor einem halben Jahrzehnt machte Papier zwei Drittel des Umsatzes der Chemie + Papier Holding aus, Tendenz fallend. Wann sind Chemie und Verpackung gleichauf mit Papier?
Peter Schiltknecht: 2014 machte Papier 64% der Umsätze aus, 2016 waren es noch 57%. Das mittelfristige Ziel besteht darin, Chemie und Verpackung auf die Hälfte der Umsätze auszubauen und damit ein Gegengewicht zum Papierbereich zu schaffen.
Beim Problemkind Papier haben die Überkapazitäten beim Zeitungsdruck abgenommen. Ist Print plötzlich beim Tagesjournalismus wieder „in“?
Wir operieren im Markt für Pressepapiere in einem Umfeld mit sinkender Nachfrage. Die Nachfrage nach Zeitungsdruckpapier ist 2016 weniger stark gesunken als in den Vorjahren, sie ist aber immer noch negativ. Dass sich die Preise im vergangenen Jahr etwas erholt haben, liegt auf der Angebotsseite, da zusätzliche Kapazitäten von Anbietern in Europa aus dem Markt genommen wurden.
«Die Nachfrage nach Zeitungsdruckpapier ist 2016 weniger stark gesunken als in den Vorjahren, sie ist aber immer noch negativ.»
Peter Schildknecht, CEO CPH
Beim Magazinpapier hingegen sieht es nach wie vor düster aus. Die Hefte werden wohl nicht nur inhaltlich immer dünner…
Bei Magazinpapieren ging die Nachfrage 2016 in Europa stärker zurück als beim Zeitungsdruck, nämlich um 8,5 Prozent. Gleichzeitig wurden aber die Kapazitäten nicht im selben Mass reduziert, daher sind die Preise weiter unter Druck.
Den tieferen Energiepreisen standen auf der Beschaffungsseite deutlich höhere Altpapierpreise gegenüber, weil auch die Verpackungsindustrie um den Rohstoff buhlt und das, obwohl die Schweizer fast Weltmeister im Altpapiersammeln sind. Ist das nicht ärgerlich?
Es ist vor allem sehr ärgerlich, dass in der Schweiz gesammeltes Altpapier exportiert wird und wir gleichzeitig teures Altpapier importieren müssen. Das ist nicht nur wirtschaftlich schlecht, sondern auch eine unnötige Umweltbelastung, da Altpapier durch halb Europa gefahren wird. Zudem ist Papier, das einmal in den Kartonkreislauf gelangt ist, für die Papierproduktion verloren.
CPH hat die Asienoffensive gestartet. Bereits machen Sie dort neu ein Zehntel des Umsatzes und zwar in der Medikamentenverpackung und bei Molekularsieben. Letztere werden von der 80%igen CPH-Tochter ALSIO in Lianyungang hergestellt, hauptsächlich zur industriellen Gasreinigung. Ist es nicht etwas beunruhigend, zu wissen, dass 30 Kilometer östlich der Stadt Lianyungang das grösste chinesische Kernkraftwerk direkt am erdbebengefährdeten Gelben Meer liegt?
Die Märkte in Asien wachsen drei bis vier Mal stärker als in Europa, und wir sehen ein hohes Potenzial, um unsere Marktposition in der Region auszubauen. Was die Frage zum Kraftwerk in Lianyungang betrifft: Das wäre etwa so, wie wenn mich jemand in China fragen würde, ob es beunruhigend ist, dass rund 30 km von unserem Hauptsitz in der Schweiz das älteste Kernkraftwerk der Welt in Betrieb ist. Die Kraftwerke in Lianyungang sind weniger als zehn Jahre alt und auf dem neusten sicherheitstechnischen Stand.
Wie hoch liegt eigentlich in China die Wochenarbeitszeit?
Offiziell gilt in China seit 2014 die 40-Stundenwoche. Effektiv liegen die Arbeitszeiten aber meist höher.
Die andere chinesische Produktionsstätte Perlen Packaging Suzhou stellt Blister für die Pharmaindustrie her. In diesem Marktsegment ist cph die Nummer drei weltweit. Das Wachstum ist kalkulierbar sehr hoch. Welchen Cashflow könnte die Division Verpackung dereinst für cph beitragen?
2016 trug der Bereich Verpackung mit einem Umsatz von rund 120 Mio. Franken auf der Stufe EBITDA über 14 Mio. Franken zum Gruppenergebnis bei. Das entspricht einer Marge von 12 Prozent. In den nächsten Jahren gehen wir von einem weiteren und über dem Markt liegenden Umsatzwachstum aus. Entsprechend wird sich auch der Beitrag der Verpackung ans Gruppenergebnis erhöhen.
«Wir haben den Kostenanteil in Franken gesenkt haben und Währungen abgesichert.»
2016 gelang erstmals – wenn man von 2014 absieht – wieder ein positives Betriebsergebnis. 2015 wurde die Trendwende vom Steigflug des Schweizer Franken abgewürgt. Wie beurteilen Sie das Risiko heuer?
Das Risiko ist von der Währungsseite etwas geringer geworden. Dies hat mit dem einigermassen stabilen Franken zu tun, aber auch damit, dass wir den Kostenanteil in Franken gesenkt haben und Währungen absichern. Die grösste Unsicherheit kommt aus dem Papiermarkt. Die Preise und damit auch die Erträge sind anhaltend unter Druck, und es wird eine grosse Herausforderung, in diesem Bereich ein ausgeglichenes Ergebnis zu erzielen.
Betreiben Sie Währungsabsicherung in grösserem Umfang?
Wir sichern gegen drei Viertel der Netto-Währungsexposure mit Termingeschäften gegen den Euro und den US-Dollar für ein Jahr rollierend ab. Selbstverständlich verfolgen wir die Zielsetzung, ein möglichst hohes „natural hedging“ zu erreichen, wie dies auch in unserer Strategie festgehalten ist.
Sie haben Immer noch positive Steuereffekte aus Verlustvorträgen von über 300 Millionen Franken. Bis wann können Sie diese „aktivieren“?
Gemäss FER aktivieren wir die Verlustvorträge nicht. Die Vorträge stammen primär aus dem Impairment von 2013 und können in der Schweiz während sieben Jahren für die Verrechnung zukünftiger Gewinne verwendet werden. Dies ist aber nur innerhalb und nicht zwischen den einzelnen Gruppengesellschaften möglich.
«Denkbar ist zum Beispiel im Bereich Verpackung ein geographisch weiterer Expansionsschritt in Südamerika.»
Ihre solide Bilanz lässt immer noch grosse Investitionen zu. Wo werden die Schwerpunkte liegen?
Gemäss unserer Strategie wollen wir die Bereiche Chemie und Verpackung weiter ausbauen. Denkbar ist zum Beispiel im Bereich Verpackung ein geographisch weiterer Expansionsschritt in Südamerika.
Beim Verkauf des Industrieareals in Uetikon wurden grosszügig Rückstellungen für die Altlastensanierung gebildet. Ich nehme an, dass diese letztlich eher den Charakter von stillen Reserven haben, oder?
Die Rückstellungen von 32 Mio. Franken dienen der Altlastensanierung im Seegrund vor dem Areal. Sie wurden vom Kanton vom Kaufpreis zurückgehalten und entsprechen dem Anteil an den insgesamt 40 Mio. Franken, auf welche die Sanierung geschätzt wird.
Zur Person:
Der Schweizer Peter Schildknecht, geb. 1962, ist seit 2008 bei der CPH; seit 2009 in der heutigen Funktion als CEO. Er wohnt in Meggen (LU) ist verheiratet und Vater von vier Kindern. Der Dipl. Maschinenbau-Ingenieur ETHZ / BWI hat an der ETH Zürich im Jahr 1994 doktoriert. Danach arbeitete er sechs Jahre lang in unterschiedlichen Funktionen bei von Roll, zuletzt als Leiter „Industrial Services“ und Mitglied der Geschäftsleitung bei Von Roll Infratec. Weitere sechs Jahre war Peter Schildknecht in der Gruppenleitung der Sarna Kunststoff Holding, zuletzt als Leiter der Sarnafil Division.
Zum Unternehmen:
Die CPH Chemie + Papier Holding AG ist eine international tätige, diversifizierte Industriegruppe mit Hauptsitz in der Schweiz. Ihre Aktivitäten umfassen die Entwicklung, die Produktion und den Vertrieb von Chemikalien, holzhaltigen Papieren und pharmazeutischen Verpackungsfolien. Die CPH-Gruppe und ihre Tochtergesellschaften produzieren in der Schweiz, in Deutschland sowie in den USA, Bosnien und China. 2016 erwirtschaftete sie mit rund 1000 Mitarbeitenden einen Umsatz von CHF 435 Millionen. Die Aktien der CPH sind an der Schweizer Börse SIX Swiss Exchange kotiert.
CPH Chemie + Papier Holding AG
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