Peter Waser, General Manager Microsoft Schweiz

Peter Waser

Peter Waser, General Manager Microsoft Schweiz.

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Waser, Produktivität ist bei den X-Days ein prominentes Thema. Wo sehen Sie bei Ihren Kunden das grösste Potential zur Produktionssteigerung?

Peter Waser: Das grösste Potential sehe ich im Bereich der Wissensarbeit – in der Schweiz sind über 50% der Beschäftigten Wissensarbeiter. Das sind Personen, die unmittelbar mit der Generierung, Transformation und Nutzung von Wissen arbeiten. Studien gehen davon aus, dass die Schweiz Produktivitätsgewinne von rund 30% erzielen kann, alleine durch die gezielte Wahl des Arbeitsortes. Anders formuliert: Wir haben ausgezeichnete Fachkräfte, die modernsten Technologien und Infrastruktur, nur ziehen wir daraus momentan noch nicht den grösst möglichen Nutzen. Initiativen wie der gemeinsam mit SBB und Swisscom lancierte „Home Office Day“ setzen genau hier an – wir wollen damit zum Umdenken anregen und auf Chancen für Individuen und Firmen hinweisen. Von der Flexibilisierung der Arbeitszeiten und –orte profitiert übrigens auch unsere Umwelt. Durch smartere Mobilität, zum Beispiel einen Home Office Tag pro Woche, kann enorm viel CO2 eingespart werden.

In der US-Wirtschaft wurde zwar die Produktivität wiederum beträchtlich gesteigert, führte aber zum ersten Mal nicht zu einem Rückgang der Arbeitslosenzahlen. Wozu sollte die Produktivität gesteigert werden, wenn die Angestellten davon nicht profitieren?

Der Zusammenhang ist zwischen Produktivität und Beschäftigungsquote ist hoch komplex. Fakt ist, dass ein hochentwickeltes Land wie die USA oder die Schweiz nicht dann langfristig erfolgreich ist, wenn es Bestehendes schneller und billiger macht, sondern wenn es dank Innovationen neue Märkte schafft und so unter dem Strich Wachstum erzielt. Dieses Wachstum ist wiederum mit neuen Arbeitsplätzen und sogar neuen Berufsbildern verbunden.

«Durch smartere Mobilität, zum Beispiel einen Home Office Tag pro Woche, kann enorm viel CO2 eingespart werden.» Peter Waser, General Manager Microsoft Schweiz

Die meisten Neuerungen werden heute angekündigt mit dem Versprechen, dass das Leben der Benutzer leichter werden soll. Tatsache ist aber, dass fast jede Neuerung uns härter und länger arbeiten lässt, wir praktisch rund um die Uhr erreichbar sind. Hilft die Informatik dabei, moderne Arbeitssklaven zu erschaffen?

Moderne Technologien sind „Enabler“ – nicht mehr und nicht weniger. Sie führen nur dann zu Vorteilen für Individuen und Unternehmen, wenn sie richtig eingesetzt werden. Die Art und Weise, wie wir arbeiten, verändert sich momentan stark. Ein Teil dieses Wandelprozesses besteht darin, dass wir uns von bestehenden Strukturen verabschieden und gemeinsam neue Leitplanken festlegen. Diese Diskussion birgt spannende Chancen für alle Beteiligten. Für Mütter oder Väter ist es beispielsweise ideal, wenn sie früh nach Hause gehen können, um noch möglichst viel Zeit mit ihren Kindern zu verbringen. Dafür loggen sie sich später nochmals ein und erledigen Liegengebliebenes. Die Tatsache, dass jemand ausserhalb der traditionellen Bürozeiten arbeitet, ist nicht per se schlecht. Im Gegenteil – dank flexiblen Arbeitszeiten kann ich plötzlich Interessen nachgehen, die sich bisher gegenseitig ausgeschlossen haben.

Windows Phone 7 und die Kooperation mit Nokia katapultiert Microsoft bezüglich Marktanteil bei den Mobiltelefon-Plattformen bald in die Führungsposition. Was heisst das für die Weiterentwicklung Ihres Geschäftes, wenn aus einem Marktanteil von etwas über 4 Prozent plötzlich fast 40 Prozent werden könnten?

Die Ansprüche sind genau gleich geblieben: Unseren Kunden ein Smartphone zu bieten, das intuitiv bedienbar ist, sie im Arbeits- und Privatleben optimal unterstützt und dessen Nutzung und Funktionen Spass machen. Natürlich ist eine Vergrösserung des Marktanteils generell spannend für uns, weil es mit zunehmender Verbreitung einfacher ist, attraktive und relevante Apps anzubieten.

Microsoft hat im letzten Quartal beim Umsatz ein neues Rekordergebnis erzielt, wobei vor allem das Weihnachtsgeschäft mit der Xbox 360 und die Bürosoftware Office 2010 für viel Volumen sorgten. Konnte die Schweiz hier mithalten und welche Produkte haben hier das höchste Wachstum?

Diesen Erfolg sehen wir auch in der Schweiz – in den meisten Bereichen sind wir sogar über dem weltweiten Durchschnitt gewachsen. In unserem wohlhabenden Land sind generell und firmenübergreifend betrachtet Investitionen in den Bereich Produktivität als auch Unterhaltung überdurchschnittlich hoch. Innovative Produkte schlagen daher in einem Markt wie der Schweiz noch stärker auf die Erfolgsrechnung nieder.

«Moderne Technologien sind „Enabler“ – nicht mehr und nicht weniger. Sie führen nur dann zu Vorteilen für Individuen und Unternehmen, wenn sie richtig eingesetzt werden.»

Während bei Microsoft der CEO extrem enthusiastisch auftritt und die Benutzer zwar die Produkte kaufen, aber kaum so persönliche Beziehung zu ihnen aufbauen, ist es bei Apple schon fast umgekehrt. Ist es für Sie ein Ziel, dass Microsoft Benutzer die Produkte und das Unternehmen ähnlich verehren wie die Community es bei Apple tut?

Verehren ist der falsche Ausdruck – wir wollen zufriedene aber anspruchsvolle Kunden, die uns mit ihrem Feedback helfen, uns stetig weiterzuentwickeln und noch innovativer zu werden. Dass wir auf dem richtigen Weg sind, zeigt eine aktuelle Erfolgsmeldung der Microsoft Unterhaltungssparte. Innerhalb von nur vier Monaten sind über 10 Millionen Kinect Sensoren verkauft worden. Mit diesem Verkaufserfolg hat es Kinect ins Guiness Buch der Rekorde geschafft. Die controllerlose Steuerung für Xbox 360 erhält einen Rekordeintrag für das schnellst verkaufte Consumer-Electronic Produkt aller Zeiten! Solche Zahlen sind nur möglich, wenn die Kunden hinter Produkt und Firma stehen.

Scheinbar gewinnt auch bei Microsoft das Thema „Cloud Computing“ eine grössere Bedeutung. Was können hier die privaten Benutzer von Microsoft an Neuerungen erwarten und wie wird sich das auf das Lizenzgeschäft auswirken?

Gerade bei Privatanwendern ist Cloud Computing für uns schon lange Thema. Hotmail beispielsweise bieten wir bereits seit 15 Jahren an. Mit Windows Live stellen wir zahlreiche weitere Gratisdienste direkt aus der Cloud zur Verfügung, darunter 25 GB Speicherplatz oder die Office Web Apps. Wir haben viele spannende Neuerungen geplant; sie alle haben das Ziel, einzelne Welten – Produktives Arbeiten, Unterhaltung, Social Media, Speichern und Austauschen Inhalten – noch nahtloser erlebbar zu machen und auf einfachste Weise unabhänig vom Gerät miteinander zu verbinden. Dieses Angebot ist als Ergänzung zu Produkten wie Windows oder Office zu sehen – wir erwarten deshalb keine signifikante Auswirkungen auf das Lizenzgeschäft.

Im CRM Markt sorgt Microsoft mit einem kostengünstigen Kampfangebot gegen Salesforce für eine neue Konkurrenzsituation. Welche Ziele haben Sie Dynamics CRM in der Schweiz?

Wir wollen in der Schweiz auch weiterhin schneller als der Markt wachsen – und dies in allen Kundensegmenten. Mit der aktuellen Lösung „Microsoft Dynamics CRM Online“ haben wir ein Angebot, das für Kunden unterschiedlicher Grösse sehr attraktiv ist. Mit dem Einführungsangebot für CRM Online bis Ende Juni sowie der 30-tägigen gratis Testversion können wir hoffentlich zahlreiche Kunden zum Umstieg auf eine Cloud-, respektive Microsoft-Lösung, überzeugen.

«Es ist unbestritten, dass der „digitale Rucksack“, die sogenannte e-Readiness, heute zu den wichtigsten Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt gehört, auch in Berufen ausserhalb der ICT Branche. Innerhalb der letzten vier Jahre sind wir in dieser Dimension im Ländervergleich von Platz drei auf Platz 19 abgerutscht.»

Diesen Februar hat Microsoft die Verknüpfung des Windows Live Messengers mit dem Facebook Chat angekündigt. Wie wurde die Funktion aufgenommen und welche weiteren Funktionen können Sie sich vorstellen, um den Windows Messenger zum „Cockpit für die Social Media“ zu entwickeln?

Die Funktion wurde hervorragend aufgenommen, weltweit haben bereits über 22 Millionen User ihren Messenger mit Facebook integriert. Zudem erwarten wir einen zusätzlichen Anstieg, da die Facebook Chat Integration kürzlich auch im Web Messenger ausgerollt wurde. Der Web Messenger steht via Hotmail zur Verfügung und ist interessant für Szenarien, wo der eigentliche Messenger nicht zugänglich ist (Arbeitsplatz, fremder PC, Internet Café, Ferien, etc). Der Messenger ist bereits heute stark als Social Media Cockpit positioniert, mit Verknüpfungen zu Facebook, XING, Netlog, LinkedIn, YouTube, MySpace und so weiter. In Zukunft werden wir sowohl weitere Partner einbinden, als auch die Integrationstiefe ausbauen. Dabei werden nicht nur andere Social Networks enger in Messenger integriert, auch umgekehrt wird es vermehrte Anknüpfungen geben: so ist der Messenger jetzt schon die weltweit am zweitmeisten benutzte Facebook App.

Wie schätzen Sie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Führungsnachwuchses ein?

Unserer Führungsnachwuchs ist grundsätzlich sehr gut qualifiziert – nicht zuletzt dank unserem gut funktionierenden Bildungssystem. Was mir hingegen mehr Sorgen macht ist der Mittelbau dieser Pyramide. Es ist unbestritten, dass der „digitale Rucksack“, die sogenannte e-Readiness, heute zu den wichtigsten Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt gehört, auch in Berufen ausserhalb der ICT Branche. Innerhalb der letzten vier Jahre sind wir in dieser Dimension im Ländervergleich von Platz drei auf Platz 19 abgerutscht. Das gibt mir zu denken. In diesem, für die Produktivität und Innovationskraft wichtigen Bereich, stagnieren wir, während andere Volkswirtschaften massiv zulegen. Das ist eines der Themen, die wir im Rahmen des im September lancierten eEconomy Boards gezielt angehen.

Wie wichtig ist Diversity für Ihr Unternehmen und welche Massnahmen sind in Ihrem Unternehmen zum Thema geplant oder schon umgesetzt?

Diversity, verstanden als Vielfalt und Vielfältigkeit innerhalb unserer Mitarbeitenden, ist für uns sehr wichtig. Zum einen bewegen wir uns in einem ebenso vielfältigen Markt, zum andern sind wir der Überzeugung, dass gemischte Teams erfolgreicher sind. Es ist mir wichtig zu betonen, dass es dabei nicht nur um Gender Diversity geht. Das sicher erfolgreichste Instrument, um Diversity zu fördern, ist unsere Unternehmens- und Führungskultur. Wir bieten unseren Mitarbeitenden grösstmögliche Flexibilität bezüglich Arbeitszeit und –ort mit dem Ziel, die Vereinbarkeit von beruflichen und privaten Herausforderungen und Interessen zu fördern. Das wichtigste Stichwort ist hier „Führen über Zielvereinbarung“. Dabei geht es nicht nur um Diversity. Mitarbeitende, welche an ihrer Zielerreichung und nicht Präsenz gemessen werden, sind langfristig klar zufriedener und erfolgreicher.

Diese Themen beschäftigen nicht nur uns als Arbeitgeber, sondern im gleichen Masse auch unsere Kunden. Wir sind überzeugt, dass unsere Technologien als „Enabler“ einen wichtigen Beitrag dabei leisten, Veränderungen anzustossen, von denen das Individuum genauso wie die Unternehmen profitieren. Nehmen Sie das Beispiel „Unified Communications“ Lösungen, die es ermöglichen über eine grosse zeitliche und räumliche Distanzen mit hervorragender Interaktionsqualität zusammenzuarbeiten.

Welche Umsatz- und Wachstums-Ziele haben Sie sich für das Jahr 2011 gesetzt, welche strategischen Projekte prägen das neue Jahr?

Auch im Jahr 2011 wollen wir gemeinsam mit unseren lokalen Partnern den gesunden Wachstumskurs fortsetzen. Die wichtigsten Themen auf strategischer Ebene sind sicherlich Natural User Interface (NUI), Cloud Computing und System-on-a-Chip (SoC)-Architekturen

Zum Schluss des Gespräches haben Sie noch zwei Wünsche frei. Wie sehen diese aus?

1. Möglichst viele Teilnehmer am 2. Nationalen Home Office Day, am 19. Mai 2011. Normalerweise geht man auf die Strasse, wenn man etwas bewirken will. Hier ist es genau umgekehrt: wir erreichen dann am meisten, wenn möglichst viele zuhause bleiben.

2. Ich habe vorhin davon gesprochen, dass wir in der Schweiz punkto e-Readyness einen gefährlichen Abwärtstrend sehen. Wir haben im vergangenen Herbst die gratis Lernplattform „beesmart.ch“ lanciert. Ich wünsche mir, dass möglichst viele, vorallem junge Menschen, diese Plattform nutzen und davon in ihrer weiteren Laufbahn profitieren.

Der Gesprächspartner:
Peter Waser ist General Manager der Microsoft Schweiz GmbH und in dieser Funktion seit Mai 2006 verantwortlich für die Leitung der Schweizer Niederlassung. Peter Waser war über zehn Jahre in verschiedenen nationalen und internationalen Managementpositionen für IBM tätig. Im Anschluss daran betreute er bei Swisscom zunächst Schlüsselprojekte im Informations- und Telekommunikationsbereich und war schliesslich als gesamtschweizerischen Leiter der Kundenbetreuungszentren tätig. Danach hatte er als CEO die Geschäftsaktivitäten des Telecom Start-up Callino (Schweiz) AG aufgebaut. Ende 2001 stiess er zu Microsoft Schweiz, wo er die Verantwortung für das Consulting- und Servicegeschäft der Schweizer Niederlassung übernahm. Die Führung der Enterprise & Partner Group von Microsoft Schweiz wurde ihm 2003 übertragen.

Nach seiner Ausbildung zum Maschinenkonstrukteur hat Peter Waser an der City University of Bellevue (Washington, USA) Betriebswirtschaft studiert. Neben seiner Tätigkeit bei Microsoft engagiert sich Peter Waser unter anderem als Präsident der Stiftung Produktive Schweiz und im Steering Committee des Microsoft Innovation Cluster for Embedded Software (ICES). Peter Waser ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. In seiner Freizeit pflegt er seine grosse Leidenschaft, die Fliegerei.

Das Unternehmen:
Microsoft Schweiz hat sich seit der Gründung im Jahr 1989 mit einem kontinuierlichen, kontrollierten Wachstum vom Kleinbetrieb mit drei Angestellten zu einer Firma mittlerer Grösse entwickelt. Der Hauptsitz von Microsoft Schweiz befindet sich in Wallisellen (bei Zürich), mit Büros in Bern, Basel, Alpnach und Genf. Die Geschäftsleitung hat Peter Waser, General Manager von Microsoft Schweiz, inne.

Die Schweizer Niederlassung ist in punkto Umsatz auf Rang 14 der weltweit 168 Microsoft-Niederlassungen. Sie nimmt in Europa einen Spitzenplatz in Bezug auf Umsatz pro PC ein – vor Dänemark und Belgien. In dieser Position spiegelt sich die pragmatische Haltung und Überzeugung vieler Schweizer Unternehmen, dass die konsequente Nutzung von IT zu Effizienzgewinn und Wettbewerbsvorteilen führt.

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