Peter Zahner, CEO ZSC Lions (Foto: zvg)
von Patrick Gunti
Moneycab: Herr Zahner, dramatischer kann eine über 6 Monate dauernde Eishockey-Saison nicht zu Ende gehen. Mit etwas Abstand: Was ging in Ihnen vor, als Steve McCarthy 2,5 Sekunden vor Ende der regulären Spielzeit des 7. Playoff-Finalspiels gegen den SCB das entscheidende Tor gelang?
Peter Zahner: Unzählige Gedanken gingen mir in einem Bruchteil einer Sekunde durch den Kopf. Fassungslosigkeit, gleichzeitig auch eine riesige Freude. Die Gedanken waren auch beim Gegner, und die Leere, die er in diesem Moment verspüren muss. Gleichzeitig macht man sich Gedanken über die wirtschaftlichen Auswirkungen des Erfolgs. Etwas Angst war auch da, das Spiel war ja schliesslich noch nicht ganz fertig. Es war faszinierend, so etwas hat es in einem so bedeutenden Spiel noch nicht gegeben.
Wenn man Meister wird, hat man eigentlich alles richtig gemacht. Allerdings deutete während der Regular Season wenig darauf hin, dass der ZSC Meister werden könnte.
Richtig, aber der Verwaltungsrat hat vor der Saison eine detaillierte sportliche Analyse vorgenommen. Wir haben ein Massnahmenpaket verabschiedet und dieses Schritt für Schritt umgesetzt. Wir wollen den eigenen Nachwuchs einbinden, gute Ausländer im Kader haben, ebenso Top-Spieler aus der Schweiz. Und mit Bob Hartley haben wir den Trainer engagiert, der eine Leistungskultur installiert hat.
Wie würden Sie Bob Hartley charakterisieren?
Hartley ist knallhart, aber fair. Er ordnet alles dem Erfolg unter. Er hat sein System, seine Strategie, sein Konzept durchgezogen. Natürlich musste auch er am Anfang Erfahrungen sammeln, sich daran gewöhnen, was in der Schweiz anders läuft als in der NHL. Aber er liess sich dadurch nie von seinem Weg abbringen.
«Hartley ist knallhart, aber fair. Er ordnet alles dem Erfolg unter. Er hat sein System, seine Strategie, sein Konzept durchgezogen.» Peter Zahner, CEO ZSC Lions
Hatten Sie während der Saison nie Zweifel, dass das „Experiment“ mit einem extrem herausfordernden Stanley Cup-Sieger schief gehen könnte?
Nein, wir haben gesehen, dass im Training sehr gut gearbeitet wird und waren überzeugt, dass die Spieler das auch in den Matches werden umsetzen können. Als die Kritik in den Medien zunahm, haben wir den Journalisten gesagt, „kommt her und seht euch auch mal ein Training an. Hier wird auf höchstem Niveau zielgerichtet gearbeitet.“ Und die Spieler haben gemerkt, dass sich der Aufwand lohnt. Natürlich will jeder Spieler Geld verdienen, aber wenn er mal auf seine Karriere zurückblickt, dann sind es die Titel und Pokale, die zählen.
Ein Titel ist immer auch das Verdienst einer ganzen Organisation. Was zeichnet die Lions-Organisation aus?
Wir sind sportlich gesehen die grösste Eishockeyorganisation der Schweiz, ja vielleicht sogar weltweit. Inklusive den Partnerteams und bis hinunter zu den Junioren sind wir für nicht weniger als 980 Spieler verantwortlich. Natürlich ist Grösse nicht gleichbedeutend mit Qualität. Aber aus der Grösse muss letztendlich Kapital werden. Und die guten Spieler wollen wir nachziehen und weiterentwickeln, bei unserem Farmteam GCK Lions und schliesslich wenn möglich bei den ZSC Lions. Diesen Weg wollen und müssen wir gehen.
«Natürlich ist Grösse nicht gleichbedeutend mit Qualität. Aber aus der Grösse muss letztendlich Kapital werden.»
Die Finalserie hat so viele Zuschauer in die Stadien gelockt wie keine Finalserie zuvor. Wie präsentiert sich die Saison für die Lions aus wirtschaftlicher Sicht?
Leider ist es uns auch mit drei Heimspielen im Final nicht möglich, einen Gewinn zu schreiben. Wir verzeichnen ein strukturelles Defizit, weil wir durch die Situation im Hallenstadion in allen Bereichen limitiert sind. Das fängt damit an, dass uns durch die Belegungsdaten des Hallenstadions praktisch der Spielplan diktiert wird. Aber es geht weiter – wir sind sozusagen in den bestehenden Strukturen gefangen, zum Beispiel im Marketingbereich, aber auch in der Gastronomie.
Im gebe Ihnen ein Beispiel. Den Sponsoringvertrag mit Feldschlösschen haben wir verloren, weil das Unternehmen einen Vertrag mit dem Hallenstadion hat und keinen Mehrwert darin sieht, auch noch mit den Lions Werbung zu machen. Wozu auch? Feldschlösschen-Bier gibt im Hallenstadion ja eh.
Für den ZSC war es nur dank der Bereitschaft des SCB, die Finalserie später zu starten, überhaupt möglich, seine Heimspiele im Hallenstadion auszutragen. Was hätte ein Ausweichen in den Schluefweg für Konsequenzen gehabt?
Wir haben das genau ausgerechnet: Wegen der kleineren Zuschauerkapazität in Kloten hätten wir pro Spiel Mindereinnahmen von 360’000 Franken gehabt. Durch Mehraufwände hinsichtlich Organisation, Werbung, Sicherheit, Hallenmiete etc- wären nochmals 190’000 Franken dazugekommen. Weil wir zwei der drei Heimspiele nicht hätten im Hallenstadion spielen können, hätte uns das also 1,1 Mio Franken gekostet.
Wie planen Sie die Spieldaten im Hallenstadion?
Die Liga bestimmt die Spieldaten, die dann mit dem Schweizer Fernsehen und Teleclub vorbesprochen werden. Wir gleichen diese Spieldaten dann mit dem Belegungsplan des Hallenstadions ab. Von 25 Heimspielen in der Regular Season können wir etwa 15 an einem dieser Daten austragen. Für die restlichen Heimspiele müssen wir eine Lösung suchen. Und das ist dann halt auch mal ein Spiel am Montag, Mittwoch oder Donnerstag.
Für uns ist das eine unhaltbare Situation. Der Eishockeyfan ist sich gewöhnt, dass die Spiele am Dienstag und am Freitag oder am Wochenende stattfinden. Dazu kommt die Konkurrenz durch Fussballspiele der Champions- oder Europa-League, zumindest wenn Schweizer Klubs beteiligt sind.
Die Lösung soll die neue Arena in Altstetten sein. Wo steht das Projekt zum heutigen Zeitpunkt?
Wir sind in der Wettbewerbsphase. 70 internationale Architekturteams haben sich beworben. In einem selektiven Verfahren werden sich 12 Teams an der Endausmarchung beteiligen. Das Siegerprojekt wird im Januar 2013 bekanntgegeben. Dann beginnt der ganze politische Prozess, das Siedlungsgebiet muss im kantonalen Richtplan erweitert werden. Auch der regionale Richtplan und der Zonenplan muss angepasst werden. Dazu kommt die Verlagerung der Schrebergärten, die sich heute auf dem Areal an der Vulkanstrasse befinden.
Wann soll die Arena eröffnet werden?
Wenn alles nach Plan verläuft, sollte alles bis zum Beginn der Saison 2017/2018 – also im Herbst 2017 – bereit sein. Solange die Perspektive hinsichtlich eines eigenen Stadions für die Lions besteht, können wir arbeiten. Sollte diese Perspektive wegfallen, wird es schwierig, den Klub in seiner heutigen Form weiterzuführen.
«Wenn alles nach Plan verläuft, sollte das Stadion bis zum Beginn der Saison 2017/2018 – also im Herbst 2017 – bereit sein.»
Wie wird sich das Eishockey- und Volleyball-Stadion auf dem Areal „Untere Isleren“ dereinst präsentieren?
Uns wird eine Nutzfläche von 28’000 m2 für ein Spielfeld sowie eine Trainingshalle zur Verfügung stehen. Geplant sind 9000 Sitz- und 3000 Stehplätze. Das Stadion wird jedoch so ausgelegt, dass auch Veranstaltungen mit 4000 bis 7000 Zuschauern durchgeführt werden können. Volero Zürich wird eine Nutzfläche von 8400 m2 zur Verfügung haben. Die Halle umfasst 3000 Sitzplätze. Daneben werden ein Logenbereich mit 150 Sitzplätzen sowie weitere Räume für bis zu 1200 Gäste angeboten. Schliesslich wird das Angebot durch das Stadion-Restaurant und ein Hockey-Pub ergänzt. Unter der Arena ist eine Tiefgarage mit 300 bis 400 Parkplätzen vorgesehen.
Die Investitionskosten belaufen sich auf 193 Mio Franken. Wie wird das Projekt finanziert?
44 Mio Franken bringen die Bauherren ZSC Lions und Volero Zürich als Eigenkapital ein. Die restlichen 149 Mio Franken kommen in Form eines zinsbegünstigten Darlehens von der Stadt Zürich. Die Stadt konnte dieses Geld bei Banken zu einem Zinssatz von 1,75 % aufnehmen. Ich möchte betonen, dass das neue Stadion für den Steuerzahler keine Kosten verursacht. Es handelt sich um ein Privatprojekt.
Hilft der Meistertitel bei der Verwirklichung des Projekts?
Ja, er hilft. Einerseits steigern der Titel und die damit einhergehende breite Berichterstattung in den Medien unser Renommee. Andererseits hat die Terminverschiebung in der Finalserie den Fokus auch auf die ganze Problematik mit der aktuellen Situation gerichtet.
Herr Zahner, besten Dank für das Interview.