Petra Jenner, Country Manager Microsoft Schweiz. (Foto: Microsoft Schweiz)
von Helmuth Fuchs
Moneycab: Frau Jenner, die Verkaufszahlen von Windows 8 scheinen weltweit zufriedenstellend. Wie wurde das neue Betriebssystem in der Schweiz aufgenommen im Vergleich zu seinem Vorgänger Windows 7?
Petra Jenner: Ich glaube ich darf sagen, dass wir Windows 8 in der Schweiz sehr erfolgreich eingeführt haben. Der grosse Lancierungsevent am Zürcher Hauptbahnhof, wo unsere Mitarbeitenden ihr Windows 8 persönlich demonstriert haben, kam hervorragend an, die Medienberichterstattung war sehr positiv und die Nachfrage – sowohl im Einzel- als auch Grosskundengeschäft – ist sehr gut. Kurz: wir sind sehr zufrieden. Es ist noch zu früh, Windows 7 mit Windows 8 zu vergleichen, aber gemäss heutigem Stand haben wir Windows 7, das bereits einen Rekordabsatz verzeichnete, bereits übertroffen.
Mit dem neuen Betriebssystem zielt Microsoft vor allem auch auf den wachsenden Markt von Smartphones und Tablets. Dazu kam ab dem 14. Februar ein eigenes Gerät, Microsoft Surface. Wieso wieder die Investition in eigene Hardware und welche weiteren Produkte dürfen erwartet werden?
Die Technologiebranche ist sehr dynamisch und es gewinnen diejenigen Firmen das Rennen, die etwas wagen und neue Wege beschreiten. Surface ist für uns ein neuer Weg. Zu Beginn der Reise wussten wir nicht, auf was wir uns einlassen und heute haben wir ein komplett neuartiges Produkt auf dem Tisch. Eines ist jetzt schon klar: die Kunden schätzen es, dass sie sich bei einem Gerät nicht zwischen produktivem Arbeiten oder Unterhaltung entscheiden müssen. Das stimmt uns zuversichtlich für den weiteren Erfolg der Surface Familie und wirft ein komplett neues Licht auf das Thema Tablet Computer.
Google hat seine kostenlose Office-Funktionalität online in den letzten Jahren sukzessive ausgebaut und mit Speicher zum einfach verwenbaren Angebot kombiniert. Dazu kommen die Fortschritte und Gewinnung von Marktanteilen auf der Betriebssystem-Seite mit Android. Welche Strategie hat Microsoft, um in diesem Umfeld die Kunden von Bezahlsoftware zu überzeugen?
Wir bieten ebenfalls ein sehr attraktives Spektrum an Gratissoftware – das Ziel besteht nicht darin, den Kunden von Bezahlsoftware zu überzeugen sondern ihm eine massgeschneiderte Lösung für seine Bedürfnisse zu bieten. Für ein Start-up reichen beispielsweise die Gratisfunktionen von Skype zu Beginn sicherlich aus, um Chat- und Presence-Funktionen abzudecken. Aber meist kommt dann der Moment, wo die Kunden mehr von einer Lösung erwarten und diese tiefer in ihre Infrastruktur integrieren möchten. Wir sind der einzige Anbieter, der alles aus einer Hand anbieten kann und hybride Lösungen durchgehend unterstützt. Das heisst, wir bieten dem Kunden online und offline eine stabile, sichere und innovative Arbeitsumgebung. Gerade mit letzterem – offline komplett funktionsfähig zu sein – heben wir uns deutlich von Mitbewerbern ab.
«Wir sind der einzige Anbieter, der alles aus einer Hand anbieten kann und hybride Lösungen durchgehend unterstützt.»
Petra Jenner, Country General Manager Microsoft Schweiz
Immer mehr Menschen fassen Vertrauen zu Diensten in der Wolke und vereinfachen so die eigene IT-Umgebung. Wie gross ist der Anteil der Einnahmen aus Cloud-Services im Verhältnis zu traditionellen Software-Verkäufen bei Microsoft in der Schweiz?
Wir geben keine lokalen Umsatzzahlen bekannt, aber ich kann Ihnen verraten, dass der Cloud-Anteil rasant wächst. Bei gewissen Angeboten, wie etwa CRM online, präferieren die Kunden bei Neuabschlüssen klar die Cloud-Lösungen.
Die Schweiz stellt in vielerlei Hinsicht einen reifen und interessanten Markt für IT-Firmen dar. Wo stehen wir bezüglich “Cloud Computing” im internationalen Vergleich, wo könnten Schweizer Unternehmen sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen?
Wenn wir von Public Cloud Adoption sprechen, so lässt sich feststellen, dass die Schweiz eher ein Nachzügler ist. Dies hat sicherlich mit den starken einheimischen Datacenters aber auch mit dem hohen Reifegrad der Kunden-Datacenter zu tun. Etwas vereinfacht gesagt hatte der Schweizer bis vor kurzem eine starke Präferenz für „On Premise“-Lösungen gegenüber dem Cloud-Angebot. Dies ist in Ländern wie beispielsweise Skandinavien schon längst umgekehrt. Vor ungefähr 1-2 Jahren hat aber auch bei uns der Wind gedreht – wir sind momentan massiv am Aufholen und sehen ein grosses Potential. Die Schweizer Unternehmen haben erkannt, dass Cloud Computing nicht nur aus Ressourcensicht attraktiv ist, sondern ihrem Unternehmen zu mehr Flexibilität, Agilität und damit verbunden Wettbewerbsfähigkeit verhilft.
Mit dem Windows Phone hat Microsoft Nokia nochmals zu einem Neustart bei den Smartphones verholfen. Wie wurde das Windows Phone in der Schweiz aufgenommen, welche nächsten Entwicklungen dürfen wir hier erwarten?
Wir haben durchgängig sehr positives Feedback erhalten, von Geschäfts- und Privatkunden. Länderspezifische Zahlen kommunizieren wir zwar keine, weltweit wurde der Abverkauf gegenüber dem Vorjahr aber vervierfacht, so dass wir heute in gewissen Ländern bei über 10% Marktanteil liegen. Im Schweizer Markt sind tolle neue Windows Phone 8 Modelle von Nokia, Samsung und HTC erhältlich. Jedes Smartphone bietet einzigartige Funktionalitäten wie grosse Displays, innovative Kameras oder gewagte Farben. Wir dürfen uns auf weitere neue Windows Phone Geräte freuen, welche diese Woche am World Mobile Congress in Barcelona vorgestellt wurden.
«Das neue Office haben wir auf das nahtlose Zusammenspiel von verschiedenen Formfaktoren wie PC, Tablet und Phone ausgerichtet und für touch optimiert.»
Microsoft hat vor kurzem eine neue Office Version lanciert. Was sind für Sie die wichtigsten Neuerungen?
Das neue Office haben wir auf das nahtlose Zusammenspiel von verschiedenen Formfaktoren wie PC, Tablet und Phone ausgerichtet und für touch optimiert. Auch Cloud-Services und die Skype-Integration sind ein wichtige Bestandteile und ermöglichen das ort- und geräteunabhängige Arbeiten. Zudem haben Privatanwender zum ersten Mal die Möglichkeit, Office als Abo zu beziehen. Sie erhalten dadurch nicht nur immer die aktuellste Version sondern auch Leistungen wie zusätzlichen Cloud-Speicher oder Skype-Freiminuten.
Ein souveräner Umgang mit den Möglichkeiten der IT setzt eine fundierte Ausbildung damit voraus. Gerade in der Schweiz stellen wir seit Jahren einen Mangel an Informatik-Ingenieurinnen und weiblichen Fachkräften fest. In wie weit ist das für Microsoft ein Thema und mit welchen Mitteln begegnen Sie diesem Mangel?
Das Thema Fachkräftemangel hat auch für uns höchste Priorität. Wir haben deshalb vor kurzem gemeinsam mit unseren Partnern die „Lehrlingsinitiative“ ins Leben gerufen. Das Ziel besteht darin, dass wir als Branche unsere Kräfte bündeln und dafür sorgen, dass Jugendliche die Arbeit in der IT-Branche als attraktiv und chancenreich wahrnehmen.
Heute muss in den Köpfen als Idee rumschwirren, was morgen Realität sein soll. Welche grossen Ideen werden unsere Realität in den kommenden Jahren nachhaltig prägen?
Aus Technologiesicht finde das Thema „Natural User Interface“ hochspannend. Bei der Interaktion zwischen Mensch und Maschine geht es nicht nur um Produktivität und Bequemlichkeit – die tiefere Durchdringung von PCs in unserem Alltag und die vielseitige Steuerbarkeit wird nochmals völlig neue Marktchancen eröffnen. Aus gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Sicht erwarte ich interessante Veränderungen punkto Führungs- und Arbeitskultur. Moderne Technologien kombiniert mit gesellschaftlichen und demografischen Entwicklungen führen dazu, dass sich die Art und Weise, wie wir arbeiten und interagieren signifikant verändern wird. Dies setzt ein starkes Umdenken in den Manageretagen voraus. Wird dieser Veränderungsprozess positiv bewältigt, birgt dies sowohl für die Unternehmen, als auch für die Mitarbeitenden grosse Chancen zur Weiterentwicklung.
«Moderne Technologien kombiniert mit gesellschaftlichen und demografischen Entwicklungen führen dazu, dass sich die Art und Weise, wie wir arbeiten und interagieren signifikant verändern wird.»
Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen die aus?
Mein erster Wunsch betrifft das Thema „lokale App-Economy“: ich würde mir wünschen, dass die nächste erfolgreiche App von Entwicklern aus der Schweiz kommt. Wir haben alle Ingredienzen, um eine führende App-Entwicklernation zu werden – weltweit führende technische Universitäten sind nur ein Beispiel dafür.
Der zweite Wunsch betrifft die bereits angesprochenen Veränderungen in der Arbeitswelt. Mein Wunsch geht dahin, dass die Schweizer Wirtschaft sich stärker gegenüber den Vorzügen flexibler Arbeitsformen öffnet und moderne Technologien zum Wohle aller Beteiligten gezielter und effizienter einsetzt. Hier geht es um Evolution und nicht Revolution. Um die Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu steigern und die Attraktivität als Arbeitgeber zu erhöhen, genügen manchmal schon kleine Schritte Richtung Flexibilisierung. Ein solcher Schritt wäre z.B. die Teilnahme am bereits zum 4. Mal durchgeführten Home Office Day.
Zur Person:
Petra Jenner (47) ist seit Oktober 2011 Country General Manager von Microsoft Schweiz. Von Anfang 2009 bis zu ihrem Wechsel in die Schweiz hatte sie die Leitung von Microsoft Österreich inne. Zuvor war sie in leitender Funktion für international tätige Software-Unternehmen in Zentral- und Nordeuropa tätig. Dazu zählen Unternehmen wie Check Point Software, Informix Software, Sybase und Pivotal Corporation. In ihrer Funktion als Country General Manager von Microsoft Schweiz leitet sie rund 580 Mitarbeitende.
Dieses Interview wurde in Zusammenarbeit mit den X.XDAYS erstellt.