Phil Lojacono, Gründer und CEO Advanon, im Interview
von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Lojacono, würden Sie uns das Advanon-Geschäftsmodell kurz erläutern?
Phil Lojacono: Advanon ist eine Online-Plattform, die es KMU ermöglicht, ihre offenen Debitorenrechnungen von Finanzinvestoren vorfinanzieren zu lassen. Das heisst, wenn beispielsweise ein KMU einem Grosskonzern Produkte liefert, muss es für gewöhnlich lange auf das Geld warten. Mit Advanon wird dieses Geld in 24h von mehreren Finanzinvestoren finanziert.
Wie ist die Idee dazu entstanden?
Zum einen haben wir drei Gründer alle selber Erfahrungen mit langen Zahlungsfristen gemacht und was dies für vor allem für KMU bedeuten kann. Zum anderen hat uns das Praktikum bei Google gezeigt, was mit den neusten Technologien alles möglich ist und uns dazu veranlasst, diese zum Wohle der KMU einzusetzen.
Wo sehen Sie die grössten Vorteile Ihres Geschäftsmodells – für die KMU einerseits, für die Investoren andererseits?
KMU haben innerhalb von 24h Zugriff auf Liquidität, sie können flexibel entscheiden wann und welche Rechnung sie finanziert haben möchten und sie brauchen ihren Arbeitsplatz nicht zu verlassen. Investoren andererseits haben Zugriff auf eine neue Anlageklasse, mit der sie attraktive Renditen erwirtschaften und ihr Portfolio weiter diversifizieren können.
«Unser Team konnte schöne Erfolge feiern und wir konnten im vergangenen Jahr mit rund 30% monatlich gute Wachstumszahlen präsentieren.»
Phil Lojacono, Gründer und CEO Advanon
Mit welchen Kosten muss der Unternehmer für die Vorfinanzierung rechnen?
Das hängt stark von der Laufzeit und dem Risiko ab. Durchschnittlich liegen die Kosten momentan bei rund 1.75% auf dem Rechnungsbetrag.
Und wie finanziert sich Advanon?
Wir verdienen eine Transaktionsgebühr auf der KMU-Seite und eine erfolgsbasierte Gebühr auf der Investorenseite.
Nach rund eineinhalb Jahren am Markt – welche Zwischenbilanz ziehen Sie?
Unser Team konnte schöne Erfolge feiern und wir konnten im vergangenen Jahr mit rund 30% monatlich gute Wachstumszahlen präsentieren. Aber natürlich haben auch wir einige Fehler gemacht und sind 2-3 Mal auf die Nase gefallen. Der P2P Finanzierungsmarkt erwacht langsam aus dem Winterschlaf und es tut sich einiges. Das freut uns enorm und wir schauen nach wie vor sehr positiv in die Zukunft dieser jungen Industrie. Für mich persönlich waren es eineinhalb enorm spannende Jahre, ich konnte sehr interessante Persönlichkeiten kennenlernen, darf Teil eines faszinierenden Teams sein und lerne jeden Tag etwas Neues. Was will man mehr?
Welches waren denn die grössten Herausforderungen?
Der Vertrauensaufbau bei KMU ist eine grosse Herausforderung. Es dauert verständlicherweise eine Weile, bis die Schweizer KMU einem Vertrauen schenken und das Produkt einmal testen. Ist man allerdings soweit, sind sie meistens begeistert und kommen auch regelmässig zurück.
Wie hat sich das Umfeld für Fintech-Startups wie Advanon in der Schweiz in den letzten Monaten verändert?
Die Fintech-Industrie ist momentan in einem unglaublichen Hype. Als wir mit Advanon angefangen haben, war dies noch nicht ganz so stark. Da war beispielsweise die Zusammenarbeit mit der FINMA für uns als Start-Up eher herausfordernd. Mittlerweile hat sich das stark verbessert, die FINMA und auch andere öffentliche Institutionen sind sehr offen und hilfsbereit. Wir schätzen diese Hilfsbereitschaft sehr und merken auch, dass man sich grundsätzlich mehr öffnet gegenüber Innovationen.
«Wir bei Advanon vertreten klar die Meinung, dass die erfolgreiche Zukunft des Finanzplatzes in der Zusammenarbeit verschiedener Akteure und in der Bildung eines starken Ökosystems besteht.»
Gemeinsam mit der Hypothekarbank Lenzburg und der Basellandschaftlichen Kantonalbank hat Advanon letztes Jahr zwei Plattformen für die schnelle Beschaffung von Cash für KMU lanciert. Wie reagieren die Banken generell auf Ihre Angebote? Werden Sie nicht eher als Konkurrenz wahrgenommen?
Nein absolut nicht, dass sind wir auch nicht. In der Schweiz haben sich die meisten Banken von Factoring oder Rechnungsfinanzierung verabschiedet, da sich die kleinen Tickets für sie schlicht nicht lohnen. Wir bei Advanon vertreten klar die Meinung, dass die erfolgreiche Zukunft des Finanzplatzes in der Zusammenarbeit verschiedener Akteure und in der Bildung eines starken Ökosystems besteht. Schweizer Banken haben einen sehr grossen Erfahrungsschatz und konnten über mehrere Jahrzehnte Kundenwissen aufbauen. Es wäre illusorisch zu denken, wir könnten da mithalten. Auf der anderen Seite glauben wir aber, dass wir technologisch an vorderster Front sind und deshalb profitieren beide Seiten von diesen Kollaborationen.
Advanon hat sich zuletzt in einer zweiten Finanzierungsrunde 13,5 Mio Franken gesichert. Für was benötigen Sie das Kapital?
Das wurde teilweise missverständlich wiedergegeben. Wir haben 3.5 Mio Franken als Eigenkapital aufgenommen und 10 Mio. Franken wurden uns für Investments in Rechnungen zur Verfügung gestellt. Mit diesen 3.5 Mio Franken wird stark in unser Produkt investiert, wir sehen noch sehr viel Potenzial in «Nectar», unserem Kreditrisikoalgorithmus und in der Automatisierung sämtlicher Prozessschritte. Ausserdem haben wir vor kurzer Zeit ein Büro in Berlin eröffnet um unsere Präsenz im deutschen Markt zu stärken.
Welche Länder sind für Sie bei einer angestrebten internationalen Expansion besonders interessant?
Wir konzentrieren uns zuerst auf die DACH-Region und anschliessend auf ganz Europa.
Zu den Investoren gehört auch die Swisscom. Was bedeutet Ihnen dieses Engagement?
Wir haben das Glück mit einigen hochkarätigen Investoren zusammenarbeiten zu dürfen. Wir konnten in der Vergangenheit sehr viel von ihnen profitieren und gehen davon aus, dass dies auch so bleiben wird. Mit Swisscom hat uns ein weiterer wichtiger Investor das Vertrauen geschenkt. Swisscom ist ein sehr traditionsreiches und erfolgreiches Unternehmen. Ein solches als unseren Partner zu bezeichnen erfüllt uns mit Stolz und wir freuen uns auf die Zusammenarbeit.
Was steht bei der Weiterentwicklung von Advanon im Vordergrund?
Unser Team wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass technologische Grenzen ausgelotet werden und wir unseren Beitrag zur gesunden KMU-Finanzierung leisten können.
Herr Lojacono, besten Dank für das Interview.
Zur Person:
Nach längeren Reisen absolvierte Phil Lojacono ein BWL-Studium mit zwei Auslandsemestern in Edmonton und London. Bei einem Praktikum bei Google in Dublin lernte er Philip Kornmann und Stijn Pieper kennen. Zusammen sind die drei das Gründerteam hinter Advanon, einem mehrfach ausgezeichneten Fintech-Start-up.