Philip Mosimann, CEO von Bucher Industries.
Von Bob Buchheit
Moneycab: Herr Mosimann, was hat es auf sich mit dem neuen fast unzerbrechlichen Glas von Emhart?
Philip Mosimann: Unser Ziel ist es, die gesundheitsschädlichen Plastikflaschen durch sehr leichte und sehr robuste Glasflaschen zu ersetzen. In unserem Research Center in den USA haben wir eine 33cl-Bierflasche hergestellt, die in gefülltem Zustand beim fallenlassen aus 2m Höhe auf einen Betonboden nicht zerbricht. Wir stehen nun kurz vor der kommerziellen Einführung der neuen Technologie bei einem Erstkunden. Dabei geht es nicht um eine unzerbrechliche Glasflasche, sondern um eine Kombination von leichter und gleichzeitig robuster.
«Wir erzielen heute im US Landmaschinenbereich über 200 Millionen Franken und peilen mittelfristig die 300 Millionen-Grenze an.» Philip Mosimann, CEO von Bucher Industries
Was erwarten Sie von der Zusammenarbeit mit dem Agrarmaschinengiganten John Deere bei den Strohballenpressen?
Wir arbeiten mit John Deere schon sehr lange auf dem Gebiet der Mähaufbereiter zusammen. Das Herstellungs- und Lizenzabkommen auf dem Gebiet der Grosspackenpressen stärkt diese Zusammenarbeit. Deere erhält ein hervorragendes Produkt, das bisher fehlte, und Kuhn Group erzielt höhere Stückzahlen und erhält zusätzlich Lizenzeinnahmen. Eine klassische Win-Win Situation für beide Unternehmen.
Im ersten Halbjahr ging es bei Bucher um fast einen Drittel mit den Bestellungen bergauf. Ihr Unternehmen profitiert von der wachsenden Weltbevölkerung und dem zunehmenden Bedarf an Agrarrohstoffen. Ich nehme an, auch Sie gehen davon aus, dass trotz der jüngsten Korrekturen, der Bedarf und damit die Preise bei Soft Commodities weiter steigen werden?
Den langfristig sehr guten Aussichten bei Landmaschinen können kurzfristige Turbulenzen nichts anhaben. Neben dem Bevölkerungswachstum geht der Trend zu mehr Fleisch- und Milch-/ Käseprodukte. Die Landwirte stehen vor der Herausforderung, die Erträge pro Hektare zu steigern und gleichzeitig die Produktionskosten zu senken. Davon profitiert Kuhn Group. Kurzfristig sind die Einkommen der Landwirte stark am steigen, was deren Investitionstätigkeit beflügelt. Aufgrund der Meldungen der letzten Tage von leicht geringeren Ernteaussichten aufgrund der Trockenheit im Süden Amerikas und Teilen Westeuropas dürfte der Aufwärtstrend der Commodity Preise anhalten.
Bucher Municipal stellt Strassenkehrmaschinen und Winterdienstausrüstungen her. Wie stark wird Ihnen hier die angespannte Finanzlage in vielen Kommunen der Welt zu schaffen machen?
Das Marktvolumen ist stark zurückgegangen. Erzielten wir 2008 noch einen Umsatz von 512 Millionen Franken, waren es 2010 noch 373 Millionen. Die Talsohle sollte bei etwa 350 Millionen erreicht sein. Zu diesem massiven Umsatzrückgang kommt nun noch der starke Franken hinzu. Trotzdem schafft es die Division, profitabel zu bleiben. Alle Achtung vor der ganzen Mannschaft.
«Wir erzielen heute im US Landmaschinenbereich über 200 Millionen Franken und peilen mittelfristig die 300 Millionen-Grenzean.»
Bucher hat viel Cash, sonst könnte sie nicht drei Prozent der eigenen Aktien zurückkaufen. Gibt es aber nicht irgendein lohnendes Übernahmeziel?
Bucher ist in der Lage, beides gleichzeitig zu tun. Allein im ersten Halbjahr 2011 haben wir eine Firma im Landmaschinenbereich in den USA gekauft und eine 63% Beteiligung am chinesischen Marktführer für Glasformungsmaschinen sowie eine 24% Beteiligung am deutschen Sähmaschinenhersteller und Düngerstreuer-Hersteller Rauch erworben. Wir werden das interne und externe Wachstum auch in Zukunft weiter forcieren.
Wie läuft die Integration von Krause, dem US-Unternehmen, das Sie anfangs Frühjahr gekauft haben?
Wir sind sehr zufrieden mit dem sehr guten Geschäftsgang und der Begeisterung der übernommenen Mitarbeitenden für Kuhn Group. Bereits 2002 hatten wir sehr erfolgreich die damalige Firma Knight übernommen und integriert, und es sind diese Leute die nun Krause integrieren werden. Ich bin sehr zuversichtlich, dass auch diese Übernahme und Integration ein grosser Erfolg werden wird.
Krause macht mit USD 61 Millionen rund 3 Prozent des Firmenumsatzes. Wie stark wollen Sie im riesigen US-Markt wachsen?
Wir erzielen heute im US Landmaschinenbereich über 200 Millionen Franken und peilen mittelfristig die 300 Millionen-Grenzean.
Ihr Hauptfokus liegt sicherlich auf Asien, oder?
Ja, aber nicht nur. Wir konzentrieren uns für die neuen Wachstumsmärkte auf die BRIC-Staaten und sehen für mehrere Tätigkeitsgebiete noch erhebliches Potenzial.
Haben Sie Angst vor steigenden Materialkosten, vor allem beim Stahl? Die Materialkosten machen ja bei Bucher immerhin die Hälfte des Verkaufserlöses aus.
Angst ist vielleicht das falsche Wort, aber eine hohe Aufmerksamkeit schenken wir den Rohmaterialpreisen schon. Stahl ist dabei ein wichtiger Faktor. In den von Ihnen erwähnten Materialkosten sind aber alle Einkaufteile enthalten, also Rohmaterialien und Fertigprodukte.
Liebäugeln Sie mit einer knapp zweistelligen EBIT-Marge?
Als langfristiges Ziel, sicher. Aber es wäre im heutigen Marktumfeld nicht realistisch, solche Ziele fest zu legen. Wir wollen aber durch kontinuierliche Verbesserungen trotz allen Turbulenzen der jüngsten Zeit, die Profitabilität verbessern, was uns ja im ersten Halbjahr 2011 auch gelungen ist.
Wo akquirieren Sie Ihren Managementnachwuchs?
Zum grossen Teil intern, was uns auch stolz macht. Denn der eigene Nachwuchs motiviert alle Mitarbeitenden, und für die Firma ist die Besetzung von Toppositionen aus eigenem Kreis mit kleinerem Risiko verbunden. Zudem sind die Führungskräfte, weil sie den Betrieb kennen,sehr rasch in die neue Aufgabe eingeführt.
Ist das für Bucher Industries schwierig?
Es ist eine permanente Aufgabe der Konzernleitung. Seit 2004 haben wir dazu eine eigenes Bucher Management Training eingeführt, das sehr erfolgreich ist.
Welche Rolle spielt das Management unterschiedlicher Kulturen in Ihrem Betrieb?
Für einen internationalen Konzern ist das ein entscheidender Faktor. Die fünf operativen Divisionen werden von zwei Schweizern, zwei Franzosen und einem Deutschen geleitet. Eine Stufe tiefer in den Geschäftsleitungen der Divisionen finden sie Nationen der ganzen Welt von Süd- und Nordamerika, Europa und Asien. Das macht die tägliche Arbeit zwar sehr anspruchsvoll aber auch spannend.
Der Gesprächspartner:
Der Schweizer Philip Mosimann ist als Diplomingenieur ETHZ-Absolvent. 1980 trat er in die Sulzer Innotec AG in Winterthur ein. 1993 wurde er Divisionsleiter der Sulzer Thermtec und 1997 Divisionsleiter der Sulzer Textil. 2001 erfolgte der Wechsel zu Bucher Industries, wo er bereits 2002 Chief Executive Officer wurde. Philip Mosimann ist zusätzlich Mitglied des Verwaltungsrats der Conzzeta AG, Zürich.
Zum Unternehmen:
Bucher Industries ist ein weltweit tätiger Technologiekonzern mit führenden Marktstellungen in Spezialgebieten des Maschinen- und Fahrzeugbaus. Die Aktivitätsgebiete umfassen spezialisierte Landmaschinen, Kommunalfahrzeuge, Hydraulikkomponenten, Produktionsanlagen für die Glasbehälterindustrie sowie für Wein und Fruchtsaft. Das Unternehmen ist an der Schweizer Börse kotiert (SIX: BUCN).