Philipp Musshafen, CEO AG Hallenstadion Zürich, im Interview

Philipp Musshafen

Philipp Musshafen, CEO AG Hallenstadion Zürich. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Musshafen, im Programm für das Jahr 2025 haben Sie auch Bauchredner wie Sascha Grammel und Hundeflüsterer wie Martin Rütter. Sind diese vom technischen Aufwand dankbar, weil weniger aufwendig auf der Bühne herumgebaut werden muss?

Philipp Musshafen: Ja, das ist in der Tat so. Allerdings erfordern auch die Shows von Comedians und Coaches je nach Konzept und Darbietung eine gewisse technische Ausstattung. Die Akustik spielt eine entscheidende Rolle, wie auch die visuelle Kommunikation. Bei allen sogenannten «Touring-Produktionen» sind immer Showeffekte, grosse LED-Screens und weitere technische Gadgets im Einsatz.

Könnte Emil Steinberger auch das Hallenstadion im Theater-Layout füllen?

Ja, das ist durchaus vorstellbar und primär abhängig davon, wie die Fans für eine etwas grössere Show aktiviert werden. Das Theater-Layout ist geeignet für kleinere Besucherzahlen von wenigen tausend und schafft ein tolles Ambiente, weil man aus der Arena ein kleines Amphitheater gestaltet und sehr nahe bei der Bühne sitzt.

Wie werden denn die Logistikaufgaben bei so komplexen Events, wie der im Februar stattfindenden Art on Ice zwischen Veranstalter und Hallenstadion Zürich AG aufgeteilt?

Art on Ice und das Hallenstadion haben bald eine dreissigjährige Geschichte. Jeder kennt jeden und wir pflegen eine sehr partnerschaftliche Zusammenarbeit. Die Schnittstellen, Prozesse und Abläufe sind über die Jahre in Perfektion zusammengewachsen. Die Komplexität des Events Art on Ice zeigt sich speziell in den Parallelarbeiten während dem Aufbau in der Arena. Die Technikfirma muss mit dem Kranen ins Dach, das Eis ist aber noch nicht fertig, Gastro baut am Eisrand den VIP-Bereich auf, und das Bühnenbild blockiert die Wege. Und gleichzeitig finden dann die ersten Proben statt… Solche Events lieben wir, weil sie uns fordern.

«Art on Ice und das Hallenstadion haben bald eine dreissigjährige Geschichte. Jeder kennt jeden und wir pflegen eine sehr partnerschaftliche Zusammenarbeit.»
Philipp Musshafen, CEO AG Hallenstadion Zürich

Welche Veranstaltung werden Sie selbst auf keinen Fall verpassen?

Das sind einige. Aber rein nach meinem persönlichen Geschmack sind das Art on Ice, Ehrlich Brothers, James Blunt, Lenny Kravitz und noch einige mehr.

Braucht es, wenn eine Heavy Metal Gruppe wie Iron Maiden auftritt, mehr Sicherheitspersonal?

Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Basierend auf unseren Erfahrungswerten machen wir für jeden Event eine Eventklassifizierung mit entsprechender Sicherheitseinstufung. Daraus resultieren dann unterschiedliche Sicherheitsmassnahmen, passend zum jeweiligen Publikum. Es ist nicht unüblich, dass seitens Band oder Produktion noch zusätzliche Anforderungen an die Sicherheit gestellt werden, insbesondere bei US-Bands. Bei Heavy Metal denkt man immer schnell an «böse Buben», aber meistens gehören genau diese Fans zu den friedlichsten, die einfach ihre Musik geniessen und Spass haben wollen.

Im 2024 kamen fast 800’000 Besuchende ins Hallenstadion. Ihr Tipp für 2025?

Das Jahr 2024 war nach dem Event-Rekordjahr 2023 etwas schwächer. Für 2025 stehen die Sterne aktuell sehr gut und wir erwarten einen Anstieg bei den Besuchenden um rund zwanzig Prozent. Wenn unsere Prognosen stimmen, könnte es sogar Rekordjahr für die AGH werden.

«Wir erwarten für 2025 einen Anstieg bei den Besuchenden um rund zwanzig Prozent. Wenn unsere Prognosen stimmen, könnte es sogar Rekordjahr für die AGH werden.»

Kongresse bringen für die Stadt Zürich und für die Hallenstadion AG die höchste Wertschöpfung. Leider hat es im 2025 noch keinen im Kalender.

In Zürich haben wir ein sehr kompetitives Umfeld, da es sehr viele Venues für Corporate Events gibt, die für Firmen mit ähnlichen Kapazitäten anbieten können wie wir. Es zeigt sich eine gestiegene Nachfrage nach Live-Events, sodass der Wunsch nach persönlichem Austausch und gemeinsamen Erlebnissen lebendiger ist denn je. Wir arbeiten eng mit dem Convention Bureau von Zürich Tourismus zusammen, welches uns bei Kongressanfragen stets berücksichtigt.

Gibt es da Hoffnung für die nähere Zukunft?

Wir pflegen eine Kooperation mit der Messe Zürich (ACE Zurich) und positionieren uns im internationalen Umfeld als Location für Grosskongresse, da diese in keiner der bestehenden Venues in Zürich Platz haben. Seit 2022 haben wir uns in diesem Markt positioniert und die Vermarktung zusammen mit Zürich Tourismus angekurbelt. Der Vorlauf für diese Formate liegt bei 5-10 Jahren und wir sprechen aktuell mit einigen Veranstaltern für die Jahre 2028, 2029 und 2030. Ein internationaler Grosskongress mit 3000 Besuchenden bringt der Region eine beachtliche Wertschöpfung und ist daher äusserst lukrativ für die gesamte Region. Events, welche eine Grosszahl an Logiernächten bringen sind für die ganze Region ein Segen. Bei solchen Events im Hallenstadion sind sowohl die Gastronomiebetriebe in Oerlikon und viele Hotels ausgebucht. Dazu kommen Mehreinnahmen im Detailhandel, beim ÖV, Parkhaus et cetera. Die Veranstalter sind sich diesem Beitrag an die Wertschöpfung bewusst und erwarten finanzielle Unterstützung für ihren Event.

Wie viele der VIP-Angebote werden eigentlich von Firmen für die Kundenbindung gebucht?

Pro Jahr haben wir mehr als 20’000 Gäste in unseren eigenen VIP-Räumlichkeiten. Häufig bietet der Veranstalter selbst auch VIP-Angebote an, welche er an Events im Hallenstadion verkauft. Wir haben Kunden, welche eine Loge für das ganze Jahr gemietet haben, um sich den Zugang zu allen Konzerten im Hallenstadion zu sichern und somit ihre «private Wohnung» im Hallenstadion haben. Andere buchen eine Loge gezielt für einen Event oder laden ihre Gäste in die Grossloge, unsere StarLounge, ein. Nicht zuletzt organisieren Unternehmen ihre Kundenevents bei uns im Hallenstadion aufgrund der Marke. Unser Slogan «we stage great emotions» soll genau diese Einzigartigkeit verkörpern. Bei uns bietet man nicht einfach nur einen «Anlass». Im Hallenstadion werden Emotionen geweckt, und genau das will man seinen Kunden auch bieten.

Auch Mitarbeiteranlässe können bis zu einer Grösse von 7500 Leuten gebucht werden. Was ist denn der bisherige Rekord?

Wir sind schon einige Male nahe an die 7500 Gäste für einen Mitarbeitendenanlass gekommen. Das fordert uns und die Hallenstadion Gastronomie sehr und wir nutzen dafür sämtliche Zusatzräumlichkeiten im und ums Hallenstadion. Die Platzverhältnisse sind anders als bei einem Rockkonzert, bei dem man eng beieinandersteht. Es muss ausreichend Platz vorhanden sein für Bewegung, Verpflegung und Networking. Ein Mitarbeitendenevent ab 500 Personen ist wunderbar geeignet in der Arena. Die leeren Ränge werden abgedunkelt und nur sanft farbig eingeleuchtet, was eine beeindruckende Inszenierung schafft. Die Gäste bewegen sich frei in der Fläche, an Galatischen, zwischen Food-Ständen oder geniessen lockere Gespräche zu angenehmer Hintergrundmusik. Das alles an dem Ort, an dem schon die renommiertesten Künstler der Welt aufgetreten sind.

«Ein Mitarbeitendenevent ab 500 Personen ist wunderbar geeignet in der Arena. Die leeren Ränge werden abgedunkelt und nur sanft farbig eingeleuchtet, was eine beeindruckende Inszenierung schafft.»

Nirgends auf der Welt hat es so viele Aktiengesellschaften auf kleinem Raum wie in der Schweiz. Mit der angegliederten Gastronomie ist das Hallenstadion der ideale Veranstaltungsort für Generalversammlungen. Geht Ihr Marketing aktiv auf mittelgrossen und grossen Aktiengesellschaften im Grossraum Zürich zu?

Ja, wir sind im regelmässigen Austausch mit Aktiengesellschaften, denn das Hallenstadion ist als multifunktionale Arena eben auch für deren Event geeignet. Der Entscheid, wo eine Generalversammlung stattfindet, ist oft sehr politisch und vom Verwaltungsrat geprägt. Es wird eine Botschaft an alle Aktionäre gesendet, wenn man die eigene Generalversammlung im Hallenstadion durchführt, egal ob mit 500 oder mit 4000 Aktionärinnen. Diese Botschaft muss wohl überlegt sein.

Kaufkraftbereinigt sind vor allem Konzerttickets in den letzten Jahren immer teurer geworden. Ist jetzt, wo die Leute konjunkturbedingt immer weniger Geld ausgeben, eine Verschnaufpause in Sicht?

Es ist primär eine Frage des Angebots und der Nachfrage und die Preise pendeln sich ein. Der Preis eines Konzerttickets hängt von vielen Faktoren ab: die Gage des Künstlers, wie aufwendig die Produktion ist, die erwartete Nachfrage, die Kosten im Allgemeinen für die Arena, für die Sicherheit, die Reinigung, Energie und so weiter. Die gesamten Kostentreiber hinter einem Konzert haben massive Teuerungen erlebt und widerspiegeln sich in den Ticketpreisen. Im Ausland setzt sich das «Dynamic Pricing» – eine Art flexibles Preismodel – immer stärker durch. Je nach Nachfrage steigt oder sinkt der Preis für ein Ticket. Bei den Fluggesellschaften ist dies schon seit vielen Jahren Standard. Auch gibt es Modelle, bei denen die besten Kategorien oder Teile davon teurer werden, die Gangsitze Aufschläge erhalten. In der Schweiz ist man mit diesen Modellen noch sehr vorsichtig und zurückhaltend. Ganz am Ende aber geht es darum, dass wir unseren Besuchenden einen hohen Komfort im Hallenstadion bieten, damit sie ihren Act in vollen Zügen geniessen können und ein tolles Erlebnis voller Emotionen haben. Auch das muss im Ticketpreis abgebildet sein.

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