Philipp Wyss, Vorsitzender der Coop-Geschäftsleitung, im Interview

Philipp Wyss

Philipp Wyss, Vorsitzender der Coop-Geschäftsleitung. (Foto: Coop)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Wyss, Sie haben im Mai letzten Jahres die Geschäftsleitung von Coop übernommen. Wie herausfordernd waren die ersten Monate im Amt?

Philipp Wyss: Primär habe ich mich sehr auf die neue Herausforderung gefreut. Da ich Coop schon seit zwei Jahrzehnten treu bin und vor der jetzigen Aufgabe bereits zehn Jahre als Leiter der Direktion Marketing und Beschaffung in der Geschäftsleitung tätig war, nehme ich die Verantwortung für dieses Unternehmen schon länger wahr. Unsere Mitarbeitenden sowie die Kundinnen und Kunden sind mein grosser Ansporn, jeden Tag alles zu geben.

Sie konnten im Februar ein hervorragendes Ergebnis vorlegen, mit einem 21% höheren Reingewinn von 559 Mio Franken und einem Umsatzplus von 5,6% auf 31,9 Mrd. Franken. Sind Sie mit dem Resultat rundum zufrieden?

Ich bin sehr zufrieden. Coop ist auch 2021 auf Erfolgskurs und konnte ihre Marktanteile auf enorm hohen Niveau halten. Unsere Zweispartenstrategie bewährt sich auch im zweiten Jahr der Pandemie und der Grosshandel konnte sich erholen. Der Bio-Umsatz der Coop-Gruppe stieg auf über 2,1 Milliarden und mit unserem Nachhaltigkeitsumsatz von 5,9 Mrd Franken sind wir weiterhin die klare Nummer 1 in Sachen Nachhaltigkeit in der Schweiz. Dieses Engagement ist Coop enorm wichtig und liegt mir persönlich am Herzen.

«Unsere Fachformate konnten die temporären Umsatzeinbussen im zweiten Lockdown mehr als kompensieren.»
Philipp Wyss, Vorsitzender der Coop-Geschäftsleitung,

Die Menschen sind nach Aufhebung des Lockdowns in Scharen in die stationären Läden zurückgekehrt. Hat Sie das angesichts der Pandemie nicht etwas erstaunt?

Im zweiten Pandemiejahr hat es mich nicht mehr so erstaunt. Schon nach dem ersten Lockdown 2020 kamen die Kundinnen und Kunden sofort zurück und freuten sich insbesondere darauf, ihr Zuhause und den Garten zu verschönern. Es brauchte aber auch einen grossen Effort aller Mitarbeitenden, um der hohen Nachfrage gerecht zu werden. Unsere Fachformate konnten die temporären Umsatzeinbussen im zweiten Lockdown mehr als kompensieren. Das ist der Verdienst aller, die kräftig angepackt haben.

Derweil hat der Online-Umsatz 2021 fast die 3 Mrd Franken-Umsatzgrenze geknackt. In welchen Bereichen lief das Online-Geschäft besonders gut?

Coop.ch wächst stark und mit Coop-City.ch wurde das Online-Angebot 2021 erweitert. Insbesondere im Bereich Heimelektronik (Interdiscount, Microspot, Dipl. Ing. Fust) lief es mit einem Online-Umsatz von über 841 Mio Frankensehr gut. Coop ist auf Omnichannel ausgerichtet, sprich unsere Kundinnen und Kunden können beispielsweise in unseren Fachformaten online einkaufen und diese nach Wunsch in ihrem nächstgelegenen Coop Supermarkt abholen. Dieser Service wird sehr geschätzt.

Wenn sogar die Frischprodukte online gut laufen, dürften die Online-Umsätze weiter anziehen. Welche Wachstumsschritte peilen Sie an?

Unser Online-Supermarkt Coop.ch hat 18’000 Produkte und wächst jedes Jahr. Das möchten wir fortsetzen. Im Bereich Non-Food kann man bei Microspot.ch mittlerweile 1 Million Produkte direkt an die Haustüre liefern lassen. Auch hier wird es weitere Wachstumsschritte geben.

Coop will sowohl im Onlinebereich wie auch im stationären Handel investieren. Was ist geplant?

Wir wollen so nah wie möglich bei unseren Kundinnen und Kunden sein. Coop hat aktuell 955 Verkaufsstellen in der ganzen Schweiz: von Göschenen oder Bosco Gurin bis in die Innenstädte und an Bahnhöfen. Wir haben eine exzellente Logistik und bieten auch in kleineren Dorfläden rund 5000 Artikel an. Zukünftig sollen es 1000 Verkaufsstellen werden. Zudem investieren wir viel in unser neues Ladenbaukonzept, das auf Regionalität und Handwerk setzt, wie beispielsweise auf einen Käse-Humidor mit lokalen Produkten.

«Wir investieren viel in unser neues Ladenbaukonzept, das auf Regionalität und Handwerk setzt, wie beispielsweise auf einen Käse-Humidor mit lokalen Produkten.»

Coop beschäftigt heute mit fast 95’500 Mitarbeitenden fast 4500 mehr als vor Jahresfrist. 1500 kamen mit der Übernahme des Baumarkts Jumbo hinzu. Wann werden sich die Do-it-yourself-Märkte einheitlich unter der Marke «Jumbo» präsentieren?

Das Integrationsprojekt, bei dem wir beide Marken vereinen, dauert rund ein Jahr. Jumbo setzt zukünftig auf eine Kombination aus ihren starken Marken und Eigenmarken. Diese werden durch das beliebte Bau+Hobby-Sortiment in den Bereichen Garten, Grill, Freizeit und Basteln sowie durch die nachhaltigen Eigenmarken Oecoplan, Naturaplan und Pro Specie Rara ergänzt. Das Beste aus zwei Welten wird somit ab September 2022 unter dem Namen Jumbo in der ganzen Schweiz sichtbar sein.

Transgourmet, die Kunden aus Gastronomie und Gewerbe in acht europäischen Ländern bedient, legte um über 12% auf 9,1 Mrd. Franken zu. Wie erklärt sich das Wachstum angesichts langer geschlossener Gastronomie und Hotellerie?

Wir sind sehr froh, konnte sich Transgourmet trotz neuerlichen pandemiebedingten Schliessungen in der europäischen Gastronomie erholen. Neben dem grossen Engagement der Mitarbeitenden ist das Wachstum auch darauf zurückzuführen, dass die Schliessungen der Gastronomie in Europa 2021 nicht ganz so einschneidend waren wie 2020. Zudem konnte Transgourmet mit der Akquisition der spanischen GM Food im letzten August ein weiteres Land erschliessen und ihre starke Position im europäischen Abhol- und Belieferungsgrosshandel weiter festigen.

Sie haben erwähnt, wie wichtig Ihnen das Thema Nachhaltigkeit ist. Wenn wir uns auf die Produkte beschränken: Bei welchen Produkten in Ihren Regalen ist es besonders schwer, eine nachhaltige Produktion sicherzustellen?

Wir bieten unseren Kundinnen und Kunden, wenn immer möglich, eine nachhaltige Alternative zu einem konventionellen Produkt. Als Pionierin in Sachen Nachhaltigkeit im Schweizer Detailhandel gelingt uns dies seit bald 30 Jahren sehr gut. Coop hat eine Handvoll Rohstoffe definiert, die kritische Auswirkungen auf die Umwelt haben können und Massnahmen eingeleitet. Ein Beispiel dafür ist unsere Palmölvision, die wir seit Jahren konsequent verfolgen. So setzen wir bei Food-Eigenmarken auf Bio-Knospe-Palmöl. Wo sinnvoll und machbar, ersetzen wir zudem Palmöl durch heimisches Rapsöl und Sonnenblumenöl.

Wie stark belasten Coop die steigenden Rohstoffpreise und Energiepreise?

Wir setzen uns immer für faire und marktgerechte Preise gegenüber unseren Kundinnen und Kunden ein. Seit einigen Monaten erhalten wir von verschiedenen Lieferanten Preisforderungen aufgrund von erhöhten Rohstoffpreisen, Energie- und Transportkosten sowie knappem Verpackungsmaterial. Aktuell gehe ich aber davon aus, dass uns die Inflation nicht so hart treffen wird wie beispielsweise die USA.

«Letztlich ist mir aber auch wichtig, dass alle Schritte in der Herstellung eines Produktes, vom Bauer bis zum Verarbeiter, fair abgegolten werden.»

Die Migros hat im Januar Kellogg’s Cereals wegen zu hoher Preisforderungen ausgelistet. Sind Sie eher bereit, die höheren Preise an die Kunden weiterzugeben oder sind ähnliche Schritte wie bei der Konkurrenz möglich?

Wir verhandeln immer hart mit unseren Lieferanten, um unseren Kundinnen und Kunden attraktive Preise anbieten zu können. Letztlich ist mir aber auch wichtig, dass alle Schritte in der Herstellung eines Produktes, vom Bauer bis zum Verarbeiter, fair abgegolten werden.

Die Herausforderungen werden im laufenden Jahr nicht weniger. Von welcher Entwicklung gehen Sie für 2022 aus?

Es geht nun in erster Linie darum, gut aus der Pandemie herauszukommen und dort wieder Öl ins Getriebe zu geben, wo der Motor pandemiebedingt langsamer lief, wie beispielsweise bei den Coop Restaurants. Es bleibt abzuwarten, ob und wie sich die Konsumgewohnheiten durch die letzten zwei Jahren nachhaltig verändert haben und Antworten dafür zu entwickeln. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir auch 2022 auf grundsolidem Boden stehen und das Jahr gut meistern werden.

Herr Wyss, wir bedanken uns für das Interview.

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