Philippe A. Naegeli, CEO GenTwo, im Interview

Philippe A. Naegeli, CEO GenTwo, im Interview
Philippe A. Naegeli, CEO and Co-Founder at GenTwo. (Photo: GenTwo)

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Naegeli, von den Finanzintermediären hat GenTwo das Angebot vor einem Jahr auch auf private Anlegerinnen und Anleger ausgeweitet. Wie hat sich dieser Bereich entwickelt, welche Wachstumsziele haben Sie?

Philippe A. Naegeli: Ich verwende in diesem Zusammenhang gerne den Begriff «Assetization» – die Demokratisierung aller Vermögenswerte für Anleger. Dabei geht es darum, allen Anlegern und Anlegerinnen, ob dies nun professionelle oder private sind, den Zugang zu alternativen Anlagen zu ermöglichen. Hier sehen wir eine klar steigende Nachfrage von privater und institutioneller Seite. Und so suchen unsere direkten Kunden, das heisst Banken und Vermögensverwalter, vermehrt nach Möglichkeiten, Vermögenswerte, die traditionell nur professionellen Anlegern zur Verfügung standen, auch für Privatkunden zugänglich zu machen.

«GenTwo PRO ist das Fundament unseres Geschäftsmodells. Die Plattform ist der Zeit voraus und lässt unsere Kunden ihre eigenen Investitionsprodukte effizient und schnell erstellen.» Philippe A. Naegeli, CEO GenTwo

Das sind zum Beispiel Investitionen in nicht börsenkotierte Startups oder Kredite, die bisher eher selten im Portfolio von Privatkunden zu finden waren. Für Finanzintermediäre ist das eine sehr effiziente Sache. Hat man einmal den Basisprospekt erstellt, kann man ihn problemlos skalieren und neue Produkte emittieren. Das Wachstum wird hoch bleiben, weil es nachfragegetrieben ist. Für uns spricht, dass wir diese Marktlücke frühzeitig erkannt haben und mit einer disruptiven Lösung auf den Markt gegangen sind.   

Grundlage Ihrer Aktivitäten zur Verbriefung von Assets ist die selbst entwickelte Plattform «GenTwo PRO». Welcher Kostenblock ist damit verbunden und welche weiteren Entwicklungen stehen bei der Plattform im Vordergrund?

GenTwo PRO ist das Fundament unseres Geschäftsmodells. Die Plattform ist der Zeit voraus und lässt unsere Kunden ihre eigenen Investitionsprodukte effizient und schnell erstellen. Hier sind wir bei weitem noch nicht am Ende und haben noch viele Neuheiten in Planung. Wir investieren konstant in die Entwicklung von GenTwo PRO zugunsten unserer Kunden. Zahlreiche Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen sind daran beteiligt, nicht nur aus dem Tech-, sondern auch aus dem Wachstumsbereich.

Ganz oben auf der Agenda steht die Integration von künstlicher Intelligenz (KI) in die Produkt- und Dokumentationsprozesse. Hier ist auch unsere Nähe zur Blockchain-Industrie und dem sogenannten ‘Crypto’-Valley von grossem Nutzen. Wenn es neue, effektivere Wege gibt, Finanzprodukte in den Markt zu bringen, werden wir sie nutzen.

Das mit der GenTwo-Lösung verwaltete Vermögen beläuft sich mittlerweile auf über 3 Milliarden USD. Welches sind die häufigsten Assetklassen, welche weisen das höchste Wachstum aus?

Die grösste Nachfrage sehen wir im Bereich Private Equity, Private Debt, Rohstoffe, Sammelobjekte sowie Projektfinanzierungen und nachhaltige Projekte.

«Sehr interessiert sind wir am UK-Markt sowie am Nahen Osten. Beide Regionen schauen wir uns derzeit vertieft an.»

Die Internationalisierung hat mit einem Entwicklungszentrum in Pristina (Kosovo) Ende 2022 begonnen. Wo stehen Sie aktuell in der Umsetzung, welche weiteren Standorte sind geplant?

Das Entwicklungszentrum in Pristina dient uns in der Skalierung unserer technologischen Entwicklung. Unsere Internationalisierung hat ihren Weg schleichend über Mund-zu-Mund-Propaganda und unsere digitalen Kanäle zu Kunden in 25 Ländern gefunden. Dies werden wir nun aktiv weiter ausbauen. Mit dem Heimmarkt Schweiz im Rücken, werden wir in absehbarer Zeit diesen globalen Interessen folgen und in ausgesuchte Märkte eintreten. Sehr interessiert sind wir am UK-Markt sowie am Nahen Osten. Beide Regionen schauen wir uns derzeit vertieft an.

Zusammen mit Ihrem Mitgründer Patrick Loepfe besitzen Sie 75 % des Unternehmens. Welche Pläne haben Sie, weitere Partner dazu zu nehmen, ab wann wird ein IPO ein Thema?

Erst kürzlich konnten wir mit Point72 Ventures einen sehr renommierten Venture Capitalist aus den USA an Bord holen. Die Zusammenarbeit geht über das rein Finanzielle hinaus. So hat Senior Partner Pete Casella Einsitz in unseren Verwaltungsrat genommen. Pete bringt ein globales Netzwerk und ein tiefes Verständnis für unseren Sektor mit. Dies hat einen positiven Skalierungseffekt. Das Kapital werden wir für die internationale Expansion sowie die Weiterentwicklung der GenTwo PRO Plattform verwenden. Wir sind bereit für die Zukunft.

KI und Machine Learning können zum einen die Intermediäre unterstützen in der Definition neuer Produkte, Investoren bei den Anlageentscheidungen, zum anderen aber auch die IT-Spezialisten bei der Entwicklung der Plattform. Wo werden diese Technologien bei GenTwo eingesetzt, wo sehen Sie das grösste Potenzial?

Zu jeder skalierbaren Lösung wird KI in Zukunft einen Beitrag leisten: GenTwo PRO wird dementsprechend in vielen Bereichen davon profitieren. In erster Linie werden Inhalte der Plattform damit verbessert, diversifiziert und vertieft. Die Produktion wird weiter digitalisiert und skaliert.

Zu einem späteren Zeitpunkt werden auch weitere Bereiche davon profitieren. So beispielsweise die Produkt-Due-Diligence, die Betrugserkennung, AML/KYC-Prozesse oder die Vertragsanalyse. Ein weiteres spannendes Einsatzgebiet ist die Entwicklung eines nutzerzentrierten Business-Assistenten oder eines Chatbots, der sich individuell an den Kenntnisstand des Kunden anpassen kann. KI wird eine Schlüsselrolle in unserer Unternehmensentwicklung spielen, indem sie Effizienzsteigerungen und eine verbesserte Kundenerfahrung ermöglicht.

«Einer der zentralen Faktoren für uns, wie auch für viele andere Unternehmen, ist DeepTech. Innerhalb dieses Bereichs werden KI und Blockchain voraussichtlich den grössten Einfluss auf unser Geschäft haben.»

Wir können es kaum erwarten, die ersten Elemente davon zu präsentieren und die Reaktionen und Interaktionen unserer Kunden einzufangen.

Kryptowährungen, die Blockchain und digitale Assets wurden in der Schweiz, vor allem auch dank dem «Crypto Valley» in Zug, relativ schnell nicht nur technologisch weiterentwickelt, sondern auch auf eine funktionierende rechtliche Grundlage gestellt und mit fortschrittlichen Compliance-Regeln versehen. Wo steht die Schweiz heute im internationalen Wettbewerb, wo besteht der grösste Handlungsbedarf?

Die Schweiz verfügt über einen äusserst robusten rechtlichen Rahmen. Das Lex DLT («digital ledger technology»), ein bedeutender Bestandteil dieses Regelwerks, schafft Klarheit in Bezug auf die Regulierung sämtlicher Arten von digitalen Vermögenswerten. Darüber hinaus zeichnet sich die Schweiz durch ihre Vorreiterrolle auf internationaler Ebene aus. In Zusammenarbeit mit der EU, mit ihrer MiCA-Regulierung und einigen anderen Ländern, hat die Schweiz sich als eine der fortschrittlichsten Nationen bei der Regulierung von Kryptos etabliert. Ich würde sogar sagen, dass sie ein Vorbild für viele andere Nationen sein kann, die sich ebenfalls mit der Regulierung von digitalen Vermögenswerten auseinandersetzen.

Welche technologischen und wirtschaftlichen Entwicklungen haben aus Ihrer Sicht den grössten Einfluss auf die mittelfristige Zukunft von GenTwo, wie bereiten Sie das Unternehmen darauf vor?

Einer der zentralen Faktoren für uns, wie auch für viele andere Unternehmen, ist DeepTech. Innerhalb dieses Bereichs werden KI und Blockchain voraussichtlich den grössten Einfluss auf unser Geschäft haben. Ebenso relevant sind globale politische und makroökonomische Entwicklungen. Diese haben direkte Auswirkungen auf unsere Kunden. Wir sind bestrebt, sie in einem sich verändernden wirtschaftlichen Umfeld bestmöglich zu unterstützen, indem wir flexible und anpassbare Lösungen bereitstellen. Denn am Ende sind wir nur erfolgreich, wenn es unsere Kunden auch sind.

Zusätzlich verfolgen wir aufmerksam regulatorische Entwicklungen, insbesondere im Kryptobereich. Wir begrüssen den Trend zu mehr Regulierung und Compliance. Obwohl unser eigenes Geschäft aufgrund seiner Natur nicht direkt reguliert ist, kooperieren wir eng mit regulierten Parteien. Eine stärkere Regulierung in diesem Bereich eröffnet uns die Möglichkeit, noch enger mit diesem aufstrebenden Sektor zusammenzuarbeiten und unsere Dienstleistungen auszuweiten.

Welches sind die wichtigsten Projekte, die Sie 2024 umsetzen wollen?

Nächstes Jahr stehen einige Schlüsselprojekte an, die unsere strategische Agenda nach vorne bringen werden. Heute betreuen wir bereits Kunden in 26 Ländern. Ein zentrales Vorhaben ist somit die Internationalisierung. Wir planen, unsere Präsenz in verschiedenen Märkten weltweit auszubauen und planen den Ausbau unseres GenTwo-Financial-Engineering-Netzwerks auf internationaler Ebene. Durch die Erweiterung dieses Netzwerks an Experten und Fachleuten werden wir in der Lage sein, branchenspezifisches Wissen und innovative Ansätze zu bündeln. Dies wiederum wird es uns ermöglichen, eine noch breitere Palette an massgeschneiderten strukturierten Finanzprodukten anzubieten.

«Wir planen, unsere Präsenz in verschiedenen Märkten weltweit auszubauen und planen den Ausbau unseres GenTwo-Financial-Engineering-Netzwerks auf internationaler Ebene.»

Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei. Wie sehen die aus?

Wir verfolgen nur ein Ziel und damit beanspruchen wir auch nur einen Wunsch. Wir wünschen uns, dass jeder in Vermögenswerte investieren kann, die für seine persönliche Zukunft wichtig sind. Dazu treiben wir die Demokratisierung des Finanzwesens voran.


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