Pierre-Yves Fèvre, CEO WeightWatchers Schweiz
Pierre-Yves Fèvre, Country Manager WeightWatchers Schweiz.
Von Radovan Milanovic
Moneycab: Vor einem Jahr hat Weight Watchers das Ernährungskonzept ProPoints eingeführt. Dieses basiert auf der Art und Weise, wie der Organismus die vier Nährstoffe im Körper, also die Proteine, Kohlenhydrate, Fette und Ballaststoffe, umwandelt. Ist ProPoints nicht zu kompliziert für «Otto-Normalverbraucher»?
Pierre-Yves Fèvre: Im Gegenteil. Der neu ProPoints Plan fasst auf verständliche Art und Weise und mit einem grösseren Nutzen für alle die neuesten ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse zusammen. Seit den Forschungen des Amerikaners William Olin Atwater, der im 19. Jahrhundert die «Kalorie» erfand, um Nahrungsmittel zu bewerten, gab es grosse Fortschritte im Verständnis darüber, wie unser Körper Nahrungsmittel umsetzt. Die hohe Komplexität im Bereich der Nahrungsmittelforschung ist für den Normalbürger nur bedingt verständlich. Dort setzt unser ProPoints Plan an. Das Programm ermöglicht es allen Teilnehmern, von diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu profitieren, ohne die Details dahinter kennen zu müssen. Der ProPoints Plan hilft dem Verbraucher, die gesündeste und ausgewogenste Ernährungsweise anzuwenden.
«Die zunehmenden Probleme, ausgelöst durch weltweites Übergewicht insbesondere bei Kindern in Industrienationen, stellen unsere Ernährungsgewohnheiten grundlegend in Frage.»
Ihre strengen Regeln des «gesunden Essens» lassen den Genussfaktor, also die kleinen Freuden beim Essen vermissen…
Mit dem ProPoints Plan müssen die Weight Watchers Teilnehmer auf nichts verzichten, denn jedes Nahrungsmittel hat seinen eigenen ProPoints Wert und die Teilnehmer dürfen mit dem ihnen täglich zur Verfügung stehenden ProPoints Budget selbst entscheiden, wann und was sie essen möchten. Es ist so flexibel, dass es mit Weight Watchers möglich ist, das gesellschaftliche Leben zu geniessen, auszugehen und dennoch das Gewicht zu halten.
Was sind Ihre bisherigen Erfahrungen mit ProPoints? Sind auch Ihre Mitglieder vom neuen Konzept, im Vergleich zum bisherigen Points System, welches nur das Zusammenspiel von Kalorien und Fettanteil berücksichtigte, überzeugt? Adaptieren sie es?
Sechs Monate nach der Lancierung des ProPoints Plan haben wir im Juni 2010 eine Umfrage bei den Teilnehmern der Weight Watchers Treffen gemacht. Von 11’000 verteilten Fragebögen erhielten wir 2093 Rückmeldungen. Dabei geben 98% unserer Teilnehmer an, dass sie zufrieden oder sehr zufrieden mit Weight Watchers und dem neuen Programm sind. Knapp 93% würden Weight Watchers weiterempfehlen. Dabei wurden die Flexibilität und die Effizienz der neuen ProPoints Formel von den Befragten besonders hervorgehoben. Wir sind begeistert von den Resultaten und davon, wie konsequent unsere Teilnehmer das neue Programm umsetzen.
In Ihrem neusten Programm folgern Sie, dass gesund zu essen, wieder zur Gewohnheit werden soll. Ist Weight Watchers nicht ein Rufer in der Wüste in Zeiten des massiven Vorrückens von Fast Food und Convenience Food?
Im Gegenteil. Die zunehmenden Probleme ausgelöst durch weltweites Übergewicht insbesondere bei Kindern in Industrienationen, stellen unsere Ernährungsgewohnheiten grundlegend in Frage. Die Verbraucher realisieren je länger je mehr, dass sie ihr Essverhalten ändern müssen. Sie fühlen sich dabei oft verloren bei all den Angeboten und Ratschlägen. Weight Watchers vertritt seit über 40 Jahren denselben Ansatz. Wir bieten einen flexiblen und einfach zu befolgenden Ernährungsplan für jedermann.
Rund 12’000 Personen nehmen pro Woche bei 300 Treffen mit Weight Watchers in der Schweiz ab. Agieren Sie somit mehr als Feuerwehr bei Übergewichtigen, als vorbeugend?
Es ist wahr, dass wir in den Treffen viele Menschen vorfinden, meist Frauen, die zwischen 5 bis 15 Kilo abnehmen möchten. Meistens haben sie zuvor schon diverse Diäten ausprobiert, bevor sie zu Weight Watchers kommen. Unser ProPoints Plan ist sowohl präventiv aber auch kurativ sehr wirkungsvoll. Es ist bedauerlich, dass unsere Zielgruppe erst andere ineffiziente Methoden ausprobieren muss, bevor sie zu Weight Watchers stösst.
Coop bietet Ihre Lebensmittel an. Wie unterscheiden sich diese von den Light Produkten im Allgemeinen?
Wir arbeiten eng mit dem Produktentwicklungsteam von Coop zusammen, um immer die leichtesten, gesündesten und schmackhaftesten Produkte in jeder Kategorie anbieten zu können. Ob Milchprodukte oder Snacks, bei Coop gibt es stets eine Alternative von Weight Watchers. Wir haben die Chance genutzt, mit dem neuen ProPoints Plan die Coop Weight Watchers Produkte kulinarisch zu überarbeiten, denn der Geschmack ist ein wichtiges Kriterium für unsere Konsumenten.
Light Produkte stehen oft im Sperrfeuer der Kritiker. So hat eine Untersuchung von Foodwatch.de in Deutschland in 2009 Aufsehen erregt, in dem aufgezeigt wurde, dass von 13 Produkten, die «durch Aufmachung und Werbung den Eindruck erwecken, besonders kalorienreduziert und fettarm zu sein», vier Fünftel nicht besonders gut abschnitten. Wie soll sich der Konsument verhalten?
Mit dem ProPoints Wert, der sich auf der Vorderseite der Verpackung befindet, sieht der Verbraucher auf einen Blick, ob das Produkt weniger Fett oder weniger Zucker enthält. Die Nährwertangaben sind ebenfalls auf der Vorderseite angezeigt. Unser Ziel ist es, das tägliche Leben der Verbraucher so einfach wie möglich zu gestalten, und sie bei der Wahl von ausgewogenen und gesunden Nahrungsmitteln zu unterstützen.
Wie stehen Sie zur Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln, bei denen die Produkte die Gehalte an wichtigen Nährwerten wie Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz in absoluten Grammzahlen angegeben werden und bei denen zur leichteren Orientierung der Konsumenten in den Signalfarben Rot für hohen, Gelb für mittleren und Grün für niedrigen Gehalt verweisen?
Wir unterstützen und fördern Methoden, die es den Verbrauchern einfacher machen, die gesündeste Wahl zu treffen. Dabei ist es wichtig, bei den Konsumenten keine Schuldgefühle hervorzurufen. Wir können uns auch eine Art «Ampel-System» für jede Nahrungsmittelkategorie vorstellen.
Finanzieren Sie sich in der Schweiz ausschliesslich über Mitglieder Beiträge und über den Vertrieb eigener Lebensmitteln?
Ja, dies sind unsere beiden Einnahmequellen.
Im Zuge des schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes ist Sparen angesagt: Fitness-Studios beklagen weniger Mitglieder. Auch bei Lebensmitteln – und deren Qualität – wird gespart. So feiern Billig-Discounter wie Lidl und Aldi höhere Marktanteile. Wie entwickelt sich die Anzahl der zahlenden Mitglieder bei Weight Watchers bei den konventionellen Meetings, als auch im Online-Bereich?
2009 verzeichneten wir einen leichten Rückgang. 2010 haben wir jedoch von der Einführung des ProPoints Plans stark profitiert: Die Neueinschreibungen von Teilnehmern in den Treffen stieg 2010 um 14,5% und die Anzahl an Personen in den Treffen um 10%. Unser Fernprogramm hat ebenfalls die Erwartungen der Teilnehmer erfüllt, konnte doch das Wachstum in diesem Bereich verdoppelt werden. Abgesehen von unserem Fernprogramm haben wir noch kein Online-Angebot entwickelt.
«Neue Untersuchungen, die am Internationalen Kongress für Übergewicht (ICO) im Juli 2010 präsentiert wurden, zeigen auf wie Weight Watchers Menschen auf der ganzen Welt hilft, effektiv Gewicht zu verlieren. Weight Watchers erfüllt die Voraussetzungen, erfolgreich mit öffentlichen Organen im Gesundheitswesen zusammenzuarbeiten, um die Übergewichtsepidemie einzudämmen.»
Arbeiten Sie mit dem BAG, dem Bundesamt für Gesundheit oder Krankenkassen zusammen?
Wir arbeiten zusammen mit der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung, sind in Kontakt mit dem Bundesamt für Gesundheit und haben auch schon mit Versicherungen zusammen gearbeitet. Weight Watchers arbeitet in Grossbritannien mit dem nationalen Gesundheitsdienst NHS und in Australien mit den staatlichen Gesundheitsorganen zusammen. Diese Kooperationen haben gezeigt, dass eine Reduzierung von Folgekosten durch die Epidemie Übergewicht möglich ist. Neue Untersuchungen, die am Internationalen Kongress für Übergewicht (ICO) im Juli 2010 präsentiert wurden, zeigen auf wie Weight Watchers Menschen auf der ganzen Welt hilft, effektiv Gewicht zu verlieren. Weight Watchers erfüllt die Voraussetzungen, erfolgreich mit öffentlichen Organen im Gesundheitswesen zusammenzuarbeiten, um die Übergewichtsepidemie einzudämmen. Wir sind sehr interessiert daran, solche Kollaborationen auch in der Schweiz aufzubauen.
Im Zuge der globalen Zunahme der Zivilisationskrankheiten wie Diabetes ist Weight Watchers – ausserhalb des Pharma Bereiches – einer der Hauptprofiteure. Trotzdem erhöht Ihre Muttergesellschaft in den USA die Werbeausgaben. Wie erklären Sie diese Situation?
In einer Welt, in welcher der Stärkste oft der Lauteste ist, ist es entscheidend für ein Dienstleistungsunternehmen mit dem Markt Schritt zu halten, um von seiner Zielgruppe wahrgenommen zu werden.
Mit ProPoints haben Sie ein neues, langfristiges Konzept. Was sind Ihre künftigen Projekte?
Der ProPoints Plan hat ein Programm ersetzt, das zehn Jahre auf dem Markt war. Dies war ein grosser Schritt für uns. Wir werden den ProPoints Plan in nächster Zukunft nicht ersetzen, sondern arbeiten weiter an dessen Entwicklung, so dass er die Bedürfnisse eines jeden erfüllt. Wir möchten für all diejenigen eine Lösung anbieten, die ein gesundes Leben führen möchten und auf ein ausgewogenes Gewichtsmanagement Wert legen. Für einen Teil unserer Zielgruppe reichen unser wöchentliches Treffenangebot, das Fernprogramm und die Coop Weight Watchers Produkte noch nicht aus. Darum arbeiten wir daran, für unsere Teilnehmer noch einfacher zugänglich zu werden, warum nicht auch durch eine Online-Lösung.
Wie sehen Sie die Zukunft von Weight Watchers?
Unser Weight Watchers Programm ist einfach, gesund und hat sich bewährt. Wir müssen all unsere möglichen Kunden davon überzeugen, ihre Zeit nicht mit wirkungslosen Diäten zu verlieren. Und wir wollen 2011 weiter wachsen, wie uns dies 2010 gelungen ist.
Der Gesprächspartner:
Pierre-Yves Fèvre ist seit Herbst 2008 Country Manager bei WeightWatchers Schweiz. Zuvor war er bereits verantwortlich für das Finanzwesen von Weight Watchers Frankreich. Pierre-Yves Fèvre hat sich in früheren beruflichen Stationen in international tätigen Grossunternehmen einen Namen als Finanzchef und -Berater gemacht. Er war tätig für Tupperware, Reponse SA, Kimberly-Clark und Arthur Andersen. Pierre-Yves Fevre studierte an der Universität Paris-Dauphine Finanz- und Rechnungswesen. Er ist französischer Staatsbürger und lebt mit seiner Frau in der Schweiz bei Lausanne.
Das Unternehmen:
Weight Watchers Schweiz unterstützt seit 1974 Menschen, die ihr Gewicht ernährungswissenschaftlich fundiert und nachhaltig reduzieren wollen. Der Erfolg von Weight Watchers beruht auf der Kombination eines Gruppenkonzeptes mit einem individuell auf die Bedürfnisse eines jeden Teilnehmers abgestimmten Ernährungsprogramms. Weight Watchers passt sein Programm permanent an sich wandelnde Ernährungs- und Lebensgewohnheiten in unserer Gesellschaft an und bietet auch Beratung direkt am Arbeitsplatz sowie Einzelberatungen an.