Rafael Waber, CEO SwissShrimp AG, im Interview
von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Waber, wie oft haben Sie den Film «Forest Gump» gesehen?
Rafael Waber: Mehrmals und immer wieder gerne. Wieso fragen Sie?
Im Film kommt achtzigmal das Wort Shrimps vor, und Tom Hanks kehrt in einem Fischkutter mit einer Tonne Garnelen an Land zurück. Das müsste doch ihr Traum sein?
Es wäre mein Traum, wenn beim Wildfang kein Beifang von Fisch entstehen würde. Die Beifang-Quote betreffend Shrimps aus Wildfang ist erschreckend hoch: Pro Kilogramm Shrimps werden 5 bis 20 Kilogramm Fisch geopfert.
Rund 2,5 Millionen grosse Shrimps können pro Jahr bei Ihnen in Rheinfelden produziert werden. Tendenz steigend?
Dabei handelt es sich um die theoretische Kapazität unserer Shrimpsfarm. Den Beweis dafür müssen wir künftig noch erbringen. Bezüglich der Produktionsmengen blicken wir auf kleine Höhenflüge und auch grosse Rückschläge zurück. Die typische Lernkurve eines Pionier Startups. Während einer «Tal der Tränen-Phase» im letzten Jahr haben wir uns dazu entschieden, internationales Spezialwissen im Bereich Shrimp-Biologie zu rekrutieren. Dieses neue Know-how haben wir nun in Form von zwei ecuadorianischen Fachspezialisten an Bord und schauen deshalb positiv in die Zukunft.
«Bezüglich der Produktionsmengen blicken wir auf kleine Höhenflüge und auch grosse Rückschläge zurück. Die typische Lernkurve eines Pionier Startups.»
Rafael Waber, CEO SwissShrimp AG
Die Aufzucht von SwissShrimp ist inzwischen Europas grösste Crevettenfarm und eine bei der BEKB über OTC-X gehandelte AG. Wer sind die rund 350 Aktionäre?
In den meisten Fällen handelt es sich um private Schweizerinnen und Schweizer, welche sich für die ressourcenschonende Produktion von Seafood interessieren. Entscheidend ist aber in allen Fällen die Überzeugung der kulinarischen Qualität unserer erntefrischen Shrimps. Die Liebe geht auch hier durch den Magen.
Mit dem jetzigen Aktienkurs dürften diese Investoren nicht gerade zufrieden sein…
Unsere Aktie wurde vor einigen Monaten gelistet. Das Handelsvolumen ist aufgrund der noch fehlenden Bekanntheit klein. Einzelne bisherige Aktionäre, welche vor der Listung aufgrund des fehlenden Marktplatzes noch nicht verkaufen konnten, haben dies nun realisiert.
Fällt Ihnen mit der am 31. Mai bei der GV abgesegneten Kapitalerhöhung nicht ein Stein vom Herzen?
Die Zustimmung war effektiv für mich ein wichtiger Punkt mit grossem Aufatmungspotenzial. Wobei das Resultat mit 99.87 % erfreulich klar war und wir – dies meine Annahme – im Vorfeld gut über die aktuelle Situation berichtet haben. Nun dürfen wir während den nächsten sechs Monaten Gespräche mit interessierten Investoren führen.
Produziert werden die Schweizer Garnelen in Rheinfelden ökologisch mit Abwärme von der benachbarten Schweizer Salinen AG, der Eigentümerin des Grundstückes, auf dem die Shrimpzucht steht. Wie hat man sich da «ökonomisch» geeinigt?
Wir mieten von den Schweizer Salinen AG eine Halle, welche im Grundausbau für uns erstellt wurde. Die Höhe des Mietzinses wurde von einem externen Gutachter empfohlen, welcher sich an den lokalen Marktpreisen orientiert hat. Es ist korrekt, dass die thermische Energie aus überschüssiger Abfallwärme der Saline Riburg stammt. Diesbezüglich haben wir als Vertragspartnerin die AEW Energie AG. Denn die vorhandene Wärme muss zuverlässig zu uns transportiert werden.
«Wir können uns am jetzigen Standort eine Verdoppelung der Kapazität vorstellen. In der aktuellen Phase müssen wir uns aber auf die Erhöhung der Produktivität fokussieren.»
Die Tiere leben in 16 grossen Becken, deren Wasser ständig zirkuliert, mit einem ausgeklügelten Bio-Filter-System gereinigt und kontinuierlich aufbereitet wird. Nun wollen nicht nur die Garnelen, sondern auch das Unternehmen SwissShrimp wachsen. Wie viele Becken kommen hinzu?
Wir können uns am jetzigen Standort eine Verdoppelung der Kapazität vorstellen. In der aktuellen Phase müssen wir uns aber auf die Erhöhung der Produktivität fokussieren. Erst dann ergibt ein Scale-up in Rheinfelden Sinn. Sogar bei einer Verdoppelung der Kapazität könnten wir nur einen tiefen einstelligen Prozentsatz der Nachfrage von Shrimps in der Schweiz befriedigen.
Später ist eine Internationalisierung spannend. Diesbezüglich sind wir ganz klar der Meinung, dass Shrimps da produziert werden müssen, wo sie konsumiert werden: In Metropolregionen mit einer grossen Dichte an Gourmetrestaurants und kaufkräftigen Privatkonsumenten. Da ist höchste Frischequalität gefragt und nicht importierte Tiefkühlware. Wir können diese dank der lokalbasierten Aufzucht bieten und erntefrisch ab Farm zum Kunden bringen – ohne Zwischenhändler.
Geliefert wird Just-In-Time in einer Mehrweg-Kühlbox, was Frische als USP garantieren soll. Wie schnell ist der Vorgang?
Von der Ernte bis zur Auslieferung beim Kunden vergehen rund 24 Stunden. Die Shrimps sind gut gekühlt (nicht tiefgefroren) eine Woche haltbar. Im Vergleich dazu zum Einordnen: Importierte, tiefgekühlte Shrimps aus Asien wurden mehrere Monate vor dem Auftauprozess geerntet.
Was kostet so eine 200mal wiederverwendbare Box einzeln?
Die Box gab es nicht ab Stange, weshalb ich Ihnen keinen konkreten Kaufpreis angeben kann. Wir haben die Box gemeinsam mit der Fachhochschule Nordwestschweiz designt und von einem Industriepartner produzieren lassen. Zusätzlich hat das Hightech Zentrum Aargau das Verpackungsvorhaben begleitet und uns damals mit Finanzförderquellen verlinkt. Belohnt wurden alle Beteiligten mit einem ersten Platz am Schweizer Verpackungswettbewerb.
Zusammen mit der Feldschlösschen Brauerei gibt es rund um Rheinfelden seit Neustem eine geführte Bier- und Shrimps-Tour. Können Sie Wurst als Hauptgericht zu Bier ersetzen?
Nein, das ist auch nicht unsere Absicht. Vielmehr können wir gemeinsam mit der Feldschlösschen Brauerei ein Ausflugserlebnis für Gruppen bieten, welche sich für die lokale Produktion von Lebensmitteln interessieren.
«Wir erwarten insbesondere eine Verlagerung von tiefgefrorenen Import-Shrimpsprodukten zu frischen Shrimpsprodukten aus Schweizer Aufzucht.»
Wenn man sie richtig kocht, sind Garnelen einfach und vielseitig zu verarbeiten. Welche Umsatz-Wachstumsraten erwarten Sie für den Schweizer Markt für Ihr Schweizer Produkt?
Wir erwarten insbesondere eine Verlagerung von tiefgefrorenen Import-Shrimpsprodukten zu frischen Shrimpsprodukten aus Schweizer Aufzucht. Diese lokale Alternative war vor SwissShrimp nicht verfügbar. Es handelt sich aber um einen Nischenmarkt. Angesprochen fühlen sich übrigens auch Konsumentinnen und Konsumenten, welche aus Nachhaltigkeits- oder Tierwohlgründen kategorisch auf Shrimpsprodukte aus Übersee verzichtet haben.
Könnten Sie im Oktober, dem Datum Ihres 5-Jahresjubiläums, den Break-Even erreichen?
Wir fokussieren auf ein anderes 5-Jahresjubiläum. Jenes des Markteintritts im Sommer 2019 just vor der zweijährigen Coronaphase. Wir sind zuversichtlich, dass wir im 2024 break-even sind.