von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Krucker, Andermatt Swiss Alps hat im vergangenen Jahr inklusive des Einmalgewinns aus der Transaktion mit Vail Resorts erstmals seit der Gründung 2007 einen Gewinn geschrieben. Ein Meilenstein?
Raphael Krucker: Auf jeden Fall! Wir haben ein sehr erfolgreiches Jahr hinter uns. Die wachsende Nachfrage nach Immobilien in Andermatt ist sehr erfreulich. Zusammen mit dem Ergebnis aus nicht fortgeführten Geschäftsbereichen und dem Einmalgewinn aus der Transaktion mit Vail Resorts, Inc. resultierte ein Nettogewinn von CHF 34,3 Mio. Seit Projektstart 2007 bis Ende 2022 wurden insgesamt rund CHF 1,4 Mrd. investiert.
Vail Resorts ist jetzt im Besitz von 55 Prozent der Anteile an der Andermatt-Sedrun Sport AG, während ASA 40 Prozent hält, und investiert 110 Mio Dollar die weitere Entwicklung des Skigebiets. Was steht dabei im Fokus?
Vail Resorts fokussiert sich auf die weitere Entwicklung am Berg. Zentral ist, das Gästeerlebnis laufend zu verbessern. Es laufen bereits einige Projekte. Im Skigebiet Sedrun-Valtgeva wird ein neues Restaurant gebaut, zusammen mit einer neuen Beschneiung für das beliebte Kinderskigebiet. Die zwei Sessellifte im Val Val sollen bis im Winter 2024/25 ersetzt werden. Zusätzlich ist geplant, die Beschneiungsanlagen zu modernisieren und energieeffizienter zu machen.
Die Immobilienverkäufe konnten nach zwei Rekordjahren nochmals um 24 Prozent gesteigert werden. Wie stark profitiert Andermatt Swiss Alps von der stark fortgeschrittenen Modernisierung der Destination?
Davon profitieren wir sehr. Die Skigebietsverbindung von Andermatt nach Sedrun war ein wichtiger Meilenstein. Aber auch die modernisierte Infrastruktur im Sommer ist essenziell. Dadurch entwickelt sich Andermatt zu einer attraktiven Ganzjahresdestination. Zudem haben wir mit der Andermatt Konzerthalle eine einzigartige Plattform für Kultur erhalten. Andermatt bietet die gesamte Palette von einem charmanten historischen Dorf, modernen Sport- und Kulturanlagen, einer hochstehenden Gastronomie sowie einer aussergewöhnlichen Natur.
«Auch die modernisierte Infrastruktur im Sommer ist essenziell. Dadurch entwickelt sich Andermatt zu einer attraktiven Ganzjahresdestination.»
Raphael Krucker, CEO Andermatt Swiss Alps
Der durchschnittliche m2-Preis liegt mittlerweile bei 17’500 Franken. Was halten Sie Befürchtungen entgegen, dass sich in Andermatt je länger, je mehr eine Zweiklassengesellschaft entwickelt und der Wohnraum für die lokale Bevölkerung unbezahlbar wird?
Je nach Segment sind die Preise der Ferienimmobilien unterschiedlich. Die Kosten für (Miet-)Wohnungen im alten Dorfteil Andermatt sind jedoch deutlich tiefer. Gerade im Bereich der Erstwohnungen gibt es einen Nachfrageüberhang. Wenn mehr gebaut wird, wird sich auch die Preisentwicklung stabilisieren. Daher gibt es beim Bahnhof ein Projekt für zwei weitere Gebäude mit Mietwohnungen. Zudem sind auch Drittinvestoren gefragt, Wohnraum zu bauen.
Ende 2022 waren praktisch alle sich im Bau befindlichen oder fertiggestellten Wohnungen und Hotel-Residenzen verkauft. Wie verteilen sich die Verkäufe nach Nationalität?
Rund 70 Prozent der verkauften Wohnungen und Hotel-Residenzen wurden an Personen mit Wohnsitz in der Schweiz verkauft. Die restlichen Verkäufe teilen sich mit je 15 Prozent auf Europa und den Rest der Welt auf.
Wie sind Sie mit der Auslastung der Hotels «The Chedi Andermatt» und «Radisson Blu Hotel Reussen» und mit den Apartment-Vermietungen zufrieden?
Ich kann grundsätzlich ein positives Fazit ziehen. Die Ganzjahresauslastung des The Chedi Andermatt ging leicht zurück auf weiterhin hohe 68 Prozent. Dies weil das Hotel wegen Unterhaltsarbeiten länger geschlossen bleiben musste. Das Radisson Blu Hotel Reussen konnte die Auslastung um einen Prozentpunkt auf 48 Prozent steigern. Sehr erfreulich entwickelte sich zudem die Vermietung der Ferienwohnungen. Der Umsatz erhöhte sich um 24 Prozent auf CHF 3,2 Mio. Die Anzahl Ferienwohnungen im Vermietungspool erhöhte sich um rund 50 Prozent.
«Dieses Jahr sind sechs Apartmenthäuser und erste Arbeiten für das neue Lifestyle- und Sporthotel geplant.»
Welche Immobilien-Projekte sollen im laufenden Jahr verwirklicht werden?
Dieses Jahr sind sechs Apartmenthäuser und erste Arbeiten für das neue Lifestyle- und Sporthotel geplant. Im neuen Dorfteil Andermatt Reuss entsteht bis Ende 2024 eine neue Einkaufs- und Gastronomiezone. Als erstes eröffnen wir im August 2023 eine Drogerie.
In Andermatt Reuss hält im Herbst/Winter 2024 Spitzenkoch Andreas Caminada Einzug. Was dürfen die Gäste für ein Konzept erwarten?
Der Bündner Gastronom bringt sein IGNIV-Konzept nach Andermatt. IGNIV heisst auf Rätoromanisch «Nest» und steht für entspannte Wohlfühlmomente mit Familie und Freunden. Die Gäste dürfen ein Fine Dining Sharing Experience erwarten. Es wird ein vielfältiges Menu zum Teilen in der Tischmitte serviert.
Das Swiss House am Golfplatz erfährt im Dezember 2023 einen Wechsel. Neu übernimmt die Cotton Lifestyle Group, bekannt aus den Destinationen Ibiza, Mallorca und Zakynthos. Mediterranes Feeling im Gebirge?
Der Cotton Club ist bekannt aus Mallorca, Ibiza und Zakynthos. Da wir in Andermatt kein Meer haben, wird das wohl eher eine Herausforderung mit dem mediterranen Feeling. Wir haben allerdings den Schnee und ermöglichen dadurch ein einzigartiges Winterreiseziel, das bisher keine der Destinationen von The Cotton Club hat. Wir freuen uns auf diese einzigartige Lifestyle-Ergänzung unseres Gastronomie- und Clubangebots.
Der Individualverkehr in Andermatt soll verringert werden. Dazu wurde unter Leitung der Andermatt Swiss Alps AG ein innovatives Mobilitätskonzept entwickelt. Können Sie uns dieses kurz vorstellen?
Wir entwickeln eine digitale Lösung, die alle Angebote auf einer Plattform zusammenfasst. Der Nutzer oder die Nutzerin kann über ihren bevorzugten Verkaufskanal (App oder Webshop) die Start- und Zieldestination sowie die Anzahl Fahrgäste eingeben. Die digitale Lösung präsentiert dann unterschiedliche Routen-und Nutzungsoptionen. Zudem sollen Mobilität und Freizeitaktivität integral planbar sein. Das heisst, wenn jemand eine Aktivität bucht, kann direkt der passende Transport dazugebucht werden. Das Projekt soll in den nächsten drei Jahren abgeschlossen werden.
«Die Nachhaltigkeit ist eine von vier Prioritäten bei uns. Unserem Investor und Visionär Samih Sawiris war die Nachhaltigkeit von Anfang wichtig.»
Das Konzept ist Teil der Initiative «Andermatt Responsible», die das Ziel hat, einen ressourcenschonenden Tourismusbetrieb zu ermöglichen. Wie lässt sich das in Zeiten von intensiven Bauphasen überhaupt realisieren?
Die Nachhaltigkeit ist eine von vier Prioritäten bei uns. Unserem Investor und Visionär Samih Sawiris war die Nachhaltigkeit von Anfang wichtig. Wir achten auf einen ressourcenschonenden Bau und Unterhalt. Die Energieversorgung muss CO2 neutral sein für Strom und Wärme. Die Häuser und Hotels müssen dem Niedrigenergiestandard von Minergie entsprechen. Jüngst wurde sogar das erste Haus mit dem strengeren Minergie-P Standard gebaut und zertifiziert. Das nächste Hotel wird mit einer Solarfassade sogar zum Stromproduzenten. Wo immer möglich, tun wir unser Bestes.
Herr Krucker, wir bedanken uns für das Interview.