René Kamm, CEO MCH Group. (Foto: MCH Group)
von Bob Buchheit
Moneycab: Herr Kamm, trotz grösserem Finanzaufwand für den Neubau der Messe Basel liegt der Gewinn der Gruppe für 2013 11.3 % über dem Vorjahr. Werden Sie für das weitere Wachstum das sehr günstige Zinsumfeld bemühen oder aus Ihrem üppigen und konstanten Cash Flow schöpfen?
René Kamm: Das Zinsumfeld spielt bei unseren Wachstumsüberlegungen eine absolut untergeordnete Rolle. Mit einem gesunden Cash Flow kann man hingegen zukunftsgerichtete Investitionen angehen.
In geraden Jahren füllt der Messekalender ja besonders gut die Kassen. Damit dürfte auch 2014 ein Rekordjahr werden. Oder sehen Sie irgendwo ein Wölkchen über dem Messeturm?
Wir hatten im Jahr 2013 keine Swissbau, dafür mehrere Dreijahresmessen, welche die fehlende Swissbau zumindest teilweise aufgefangen haben. 2013 hatten wir zudem positive Effekte im Zusammenhang mit der Baselworld, welche sich 2014 nicht im gleichen Ausmass wiederholen. Gleichzeitig steigen die Finanzaufwendungen im Zusammenhang mit dem Neubau der Messe Basel in diesem Jahr nochmals an. Das relativiert den Vergleich mit dem Vorjahr etwas. Aber wir dürfen auch in diesem Jahr mit einem erfreulichen Resultat rechnen.
«Die verstärkte Internationalisierung hat für uns absolute Priorität.»
René Kamm, CEO MCH Group
Mittlerweile gibt es ja so gut wie für alles eine Messe. Was fehlt denn Ihrer Meinung noch erstens bei der MCH und zweitens weltweit?
Weltweit gibt es eigentlich kein Thema, dass nicht „messe-mässig“ abgedeckt ist. Was die MCH Group betrifft, sind wir national sozusagen ein Warenhaus, das themenmässig sehr breit aufgestellt ist und in vielen Segmenten auch die Marktführerschaft hat. International konzentrieren wir uns hingegen auf wenige Gebiete mit Potential für eine globale Marktführerschaft.
Messen sind sinnlich greifbares Marketing. Was könnte denn in Zukunft das ultimative „Feeling“ vermitteln?
Schon der einzigartige „Live“-Charakter von Messen und Events könnte in Zukunft dieses ultimative „Feeling“ sein. Denn gerade für die kommende Generation der „Digital Natives“ erhält dieser „Live“-Charakter eine andere und noch speziellere Qualität, als dies für die „klassischen Konsumenten“ der Fall war, die keine virtuelle Alternative gekannt haben. In der der Verbindung von „Live“ und „Digital“ sehen wir denn auch grosse Potenziale.
In der Schweiz hat MCH bereits 63 Prozent Marktanteil. Da dürfte das Wachstumspotenzial beschränkt sein. Gehen Sie daher nach «Norden»?
Das ist richtig, deshalb hat für uns die verstärkte Internationalisierung absolute Priorität. „Norden“ – konkret zum Beispiel Deutschland – ist dabei allerdings nur eine von vier möglichen geographischen Richtungen.
Der Art Basel-Export nach Hongkong war ein Erfolg. Gibt es einen Unterschied im Besucherverhalten zwischen Asiaten und Westlern?
Die Sammler aus dem Westen sind derzeit noch besser informiert und schlagen deshalb schneller zu bei Käufen von Kunst, während die Asiaten erst nach mehrmaligem Besuch beim Galeristen sich zu einem Kauf entschliessen.
Im Dezember 2014 wird im Basler Congress Center die Ministerratskonferenz der 57 OSZE-Staaten mit rund 2000 Teilnehmern stattfinden. Kostet das nicht ein Vermögen für das Sicherheitsdispositiv?
Wir sind stolz darauf, Host Location dieses Anlasses zu sein. Organisatorisch dafür verantwortlich ist allerdings der Bund, in Zusammenarbeit mit dem Kanton Basel-Stadt. Meines Wissens hat der Kanton Basel-Stadt für die Sicherheitsvorkehrungen, für die er verantwortlich ist, ein Budget von zwei Millionen Franken bereitgestellt.
Welches sind eigentlich die wichtigsten Punkte im Risikomanagement der MCH?
Wir unterscheiden verschiedene Risikokategorien mit verschiedenen Risikofaktoren, welche in Bezug auf die Eintrittswahrscheinlichkeit und das potenzielle Schadensausmass unterschiedliche Werte haben. Strategisch steht zum Beispiel der Einfluss der zunehmenden Digitalisierung auf unser „Live“-Kerngeschäft weit oben auf der Risiko-Liste. Finanziell stellt natürlich die wirtschaftliche Entwicklung immer ein gewisses Risiko dar, indem rezessive Tendenzen unter anderem Einfluss auf die Höhe der Marketing-Budgets haben, was für unser Geschäft entscheidend sein kann. Auf operativer Ebene sehen wir die grösste Herausforderung darin, die operative „Exzellenz“, die uns auszeichnet, in allen Belangen gewährleisten zu können.
«Eine Veränderung bei der Vinkulierungsbestimmung ist nicht absehbar.»
Bei der MCH Group AG darf niemand mehr als 5 Prozent des Aktienkapitals auf sich vereinen. Könnte diese strenge Bestimmung vielleicht einmal gelockert werden, um die jetzige Nummer 7 auf dem Weltmarkt noch grösser zu machen?
Die Vinkulierungsbestimmung hat Einfluss auf die Zusammensetzung des Aktionariats und allenfalls auf die Entwicklung des Aktienkurses. Natürlich ist nichts in Stein gemeisselt, aber eine diesbezügliche Veränderung ist nicht absehbar. Die erwähnte Stellung im Weltmarkt bezieht sich auf den Umsatz. Unsere Ambition ist es, profitabel zu wachsen. Das heisst, Grösse alleine kann nicht das Kriterium sein. Unsere Ankeraktionäre unterstützen unsere diesbezüglichen Bemühungen.
Wo orten Sie in den nächsten Jahren rein prozentual das grösste Wachstum, etwa bei den Events?
Innerhalb unseres Gruppen-Netzwerkes sehen wir aktuell das verhältnismässig grösste Wachstumspotenzial in der weiteren Internationalisierung und dies insbesondere im Bereich der Event Services.
Sie sind jetzt 15 Jahre „Herr der Messen“. Auf welche Messe-Innovation sind Sie neben der Art Basel Miami Beach besonders stolz?
Es gibt mit dem Blick auf die letzten 15 Jahre tatsächlich einiges, auf das die MCH Group stolz sein kann: die weitere Entwicklung unserer Weltmessen Art Basel – in Basel, in Miami Beach und nun auch in Hong Kong – und Baselworld, der Auf- und Ausbau des einzigartigen Netzwerkes mit drei Standorten und einem umfassenden Angebot im Bereich Event Services, die Modernisierung der Infrastruktur in Basel, um nur die wohl markantesten zu nennen. Finanziell haben wir uns in dieser Zeit auch weiterentwickelt; umsatzmässig sind wir etwa 4 mal und profitmässig etwa 10 mal grösser als noch vor 15 Jahren.
Wie bauen Sie Betriebsblindheit vor?
Ich halte Augen und Ohren offen und versuche, Entwicklungen möglichst früh zu antizipieren und immer wieder neue Ideen zu entwickeln. Dabei hilft mir, dass ich beruflich viel unterwegs bin und ein vielschichtiges Netzwerk mit vielen intelligenten und kreativen Menschen habe.
Zur Person:
René Kamm war nach seinem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Basel in leitenden Funktionen im In- und Ausland in der Konsumgüter- (u.a. Unilever) und Uhrenindustrie (u.a. Tag Heuer) tätig. 1999 trat er in die damalige Messe Basel ein, als Leiter des Geschäftsbereichs Weltmessen. Per 1. Januar 2003 wurde er zum CEO der Unternehmensgruppe ernannt. René Kamm war bis Ende 2012 Vizepräsident der EMECA (European Major Exhibition Centres Association) und ist Vorstandsmitglied des Weltverbandes der Messeindustrie UFI (Union des Foires Internationales). Er ist Verwaltungsrat des FC Basel 1893 und war bis Mai 2014 Mitglied des Regionalen Wirtschaftsbeirates der Schweizerischen Nationalbank.
Zum Unternehmen:
Die MCH Group ist ein führendes internationales Live Marketing Unternehmen mit einem umfassenden Dienstleistungs-Netzwerk im gesamten Messe- und Event-Markt. Sie schafft effektive und effiziente Marketing-Plattformen in Form von international und national führenden Messen und bietet den ausstellenden Firmen individuelle Lösungen für erfolgreiche Messebeteiligungen. Mit ihren Infrastrukturangeboten in Basel, Lausanne und Zürich sowie ihren Event Services ist sie über das Messe- und Kongresswesen hinaus auch bei zahlreichen Corporate und Public Events aktiv. Das aktuelle Messeportfolio der MCH Group umfasst rund 100 Eigen- und Gastmessen mit zirka 20’000 ausstellenden Firmen und 2’300’000 Besucherinnen und Besuchern. Die Services Gesellschaften sind auf der ganzen Welt tätig und realisieren jährlich weit über 1’000 Projekte.