Reto Preisig, Vorsitzender der Geschäftsleitung Brauerei Schützengarten AG, im Interview
von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Preisig, im Braujahr 2022/23 sanken die Bierverkäufe aller Schweizer Brauereien um 2,5 Prozent. Liegts an den gestiegenen Preisen?
Reto Preisig: Leicht gestiegene Bierpreise durch höhere Beschaffungskosten bei Energie und Rohstoffen könnten auch einen Einfluss gehabt haben. Ich denke aber, dass der Bierkonsum insbesondere durch die unsichere Wirtschaftslage massgeblich beeinflusst wird. Die Preisentwicklung bei den Krankenkassenprämien, bei der Energie, dann aber auch die unklare geopolitische Lage drücken auf die Konsumentenstimmung. Ein beträchtlicher Anteil des Bieres wird in der Gastronomie konsumiert und gerade bei den Restaurantbesuchen sind aktuell viele Konsumenten zurückhaltend.
Der Rückgang bei Schützengarten betrug nur ein Prozent. Zulegen konnten hingegen die alkoholfreien Biere. Gibt es da geschmacklich-technologische Verbesserungen, die das «Alkoholfreie» auch dem klassischen Biertrinker näherbringen?
Noch vor wenigen Jahren hatten wir ein einziges alkoholfreies Bier im Angebot, heute ist die Vielfalt in unserem Sortiment mit mittlerweile fünf alkoholfreien Bieren oder Biermischgetränken massiv grösser. Möglich gemacht haben dies einerseits technologische Verbesserungen bei den Produktionsprozessen, dann aber vor allem auch der kreative Umgang unserer Brauer mit den Rohstoffen. So können wir die verschiedenen Bedürfnisse der Konsumenten abdecken und auf sich leicht verändernde Konsumgewohnheiten eingehen.
Genau zwanzig Biersorten produziert Schützengarten. Haben Sie einen persönlichen Geschmacksliebling?
Je nach Konsumsituation: zum Apéro unseren Klassiker, das «St. Galler Klosterbräu», beim Grillplausch ein «Lager hell», nach einer Wanderung oder Skitour ein «Weisser Engel».
«Wir engagieren uns nicht nur im Sport, sondern vor allem auch kulturell und pflegen in unserem Absatzgebiet viele langjährige Partnerschaften mit Veranstaltern, Vereinen und Organisationen.»
Reto Preisig, Vorsitzender der Geschäftsleitung Brauerei Schützengarten AG
Schützengarten ist im Sportsponsoring sehr aktiv. Was lassen Sie sich das im Jahr kosten?
Wir engagieren uns nicht nur im Sport, sondern vor allem auch kulturell und pflegen in unserem Absatzgebiet viele langjährige Partnerschaften mit Veranstaltern, Vereinen und Organisationen. Wir wollen mit unserem Vollsortiment – dazu gehören auch Handelsprodukte wie Mineralwasser, Erfrischungsgetränke, Säfte und Wein – mit dabei sein, wenn Menschen feiern. Hierzu gehört auch, dass wir die Veranstalter in der Umsetzung ihrer Anlässe unterstützen und Festmaterial zur Verfügung stellen. Das Engagement dürfte sich im Bereich von ein bis zwei Prozent des Umsatzes bewegen, doch damit verbunden sind immer Bierlieferungen.
Mit unserer Billwiller-Stiftung und jährlichen Vergabungen unterstützen wir auch viele gemeinnützige Institutionen. Alles zusammen bildet unseren Beitrag zum Gemeinwohl.
Im abgelaufenen Jahr wurde die bereits bestehende Photovoltaik-Fläche auf den Dächern der Brauerei verdreifacht. Insgesamt liefern 970 PV-Module künftig rund 340’000 kWh pro Jahr. Fast zehnmal so viel produziert das eigenen Wasserkraftwerk Erlenholz. Sind sie mit all dem auf ewig unempfindlich gegen Energiekosten?
Das eigene Wasserkraftwerk liefert Naturstrom im Überschuss und gibt uns diesbezüglich maximale Unabhängigkeit. Denn wir produzieren etwa doppelt so viel Strom, wie wir in unserer Produktion und Verwaltung überhaupt benötigen. Den übrigen Teil lassen wir ins öffentliche Netz einspeisen. Seit kurzem heizen wir zudem verschiedene Betriebsgebäude mit Fernwärme. Für die Prozesswärme im Sudhaus sind wir jedoch noch auf Gas oder Heizöl angewiesen.
Könnten Sie auch ins Stromgeschäft einsteigen?
Das Kerngeschäft soll die Bierproduktion und der Getränkehandel bleiben. Wenn möglich versuchen wir das Beste aus unseren bestehenden Anlagen herauszuholen, sowohl im Wasserkraftwerk als auch auf den zur Verfügung stehenden Dachflächen.
«Wir produzieren etwa doppelt so viel Strom, wie wir in unserer Produktion und Verwaltung überhaupt benötigen.»
Verpackung und vor allem die Getreidekosten gehen mittlerweile bei allen Brauereien sehr ins Geld. Wo gibt es da Sparpotenzial?
Bei unserer qualitätsorientierten Strategie gibt es bei den Rohstoffen nur beschränktes Sparpotenzial. Das Wichtigste ist der stete Kontakt mit den Lieferanten. Teilweise sind die Energiepreise wieder etwas gefallen, wenn auch nicht auf das Vor-Covid-Niveau. Dies muss Auswirkungen auf die Preise bei Glas und Karton haben. Diese Einsparungen müssen wir bei den Lieferanten einfordern. Dann gibt es jedoch ständiges Optimierungspotenzial in der Logistik.
«Bei unserer qualitätsorientierten Strategie gibt es bei den Rohstoffen nur beschränktes Sparpotenzial.»
Wieviel Umsatz macht denn Schützengarten mit den individualisierten Bieretiketten?
Es gibt sowohl Firmenkunden als auch Privatpersonen, die unser Bier mit einer eigenen Etikette versehen möchten (zum Beispiel für ein Firmenjubiläum oder einen Geburtstag). Hierzu haben wir auf unserer Homepage einen Etiketten-Generator installiert. In Relation zum Gesamtabsatz sind die Volumen aus diesem Geschäft eher marginal, doch ist das für uns eine wichtige Kundenbindungsdienstleistung.
Ich nehme an, das Gros des Umsatzes in dieser Nische entfällt auf Firmenkunden?
Nein, es sind eher Privatkunden.
Die vier Konzerne AB InBev, SABMiller, Heineken und Carlsberg brauen die Hälfte allen Bieres der Welt. Was setzt in einem Satz Schützengarten dagegen?
Wir brauen als älteste Schweizer Brauerei einzigartige Qualitätsbiere unter dem Slow Brewing Label, gebraut mit regionalen Rohstoffen und von hier ansässigen, gut ausgebildeten Mitarbeitenden, und wir liefern das Bier mit möglichst kurzen Transportwegen direkt zu unserer Kundschaft.
Welche Neuentwicklungen sehen Sie mittelfristig?
Aktuell lancieren wir gerade unser Session Lager, ein mit 3,8% Alkohol etwas leichteres Bier ohne Kompromisse beim Geschmack. Ebenfalls werden wir demnächst unser Sortiment mit einem alkoholfreien Amberbier in Bio-Qualität erweitern.