Reto Waeffler, CEO Swiss E-Mobility Group AG, im Interview
Von Jonathan Spirig
Moneycab.com: Herr Waeffler, die Swiss E-Mobility Group (Schweiz) AG ist ein neuer Name auf dem Schweizer E-Bike-Markt. Was genau steckt dahinter?
Reto Waeffler: Die Firma ist neu, aber das Know-how und die Strukturen dahinter sind seit vielen Jahren etabliert. Die m-way AG und die Colag AG wurden Ende 2020 zur neuen Swiss E-Mobility Group (Schweiz) AG fusioniert. M-way ist der grösste Schweizer E-Bike-Retailer im B2C-Bereich mit über 30 Filialen in der ganzen Schweiz und vertreibt fast alle Marken. Colag ist ein Schweizer Velo-Grosshändler im B2B-Segment und hat u.a. die Marken Cilo, Allegro und Zenith im Portfolio. Sie entwickeln auch selber Bikes oder adaptieren sie für den Schweizer Markt. Nun haben wir B2C und B2B unter einem Dach vereint und unseren gemeinsamen Hauptsitz nach Zürich-Binz verlegt.
Auf welchen Märkten sind Sie aktiv?
Zur gesamten Swiss E-Mobility Group (SEMG) AG, also der Holding der neuen SEMG (Schweiz), gehört auch die deutsche Tochter Colag E-Mobility GmbH, die ihre Produkte vorwiegend online vertriebt. Unser Ziel ist es, die SEMG AG zum umfassenden Anbieter von E-Mobilitätslösungen in der gesamten DACH-Region auszubauen – also Deutschland, Österreich und Schweiz.
E-Bikes boomen. Welche Umsätze hat die SEMG im Geschäftsjahr 2020 erzielt?
Konkret setzte die SEMG (Schweiz) AG CHF 49 Mio. um. Dazu kommt ein Umsatz von CHF 9 Mio. in Deutschland. Der gesamte SEMG-Umsatz belief sich 2020 damit auf CHF 58 Mio. Das ist ein leichtes Umsatzplus gegenüber 2019.
«Die m-way war bei der Übernahme defizitär und wir haben den Turnaround 2020 geschafft. Darauf sind wir stolz. Es wurde jeder Stein umgedreht und alles in Frage gestellt.» Reto Waeffler, CEO Swiss E-Mobility Group AG
Hätten die Shops wegen des Lockdowns im Frühjahr – der Hochsaison für den E-Bike-Verkauf – nicht zehn Wochen schliessen müssen, wäre das Bild noch um einiges positiver ausgefallen. Hinzu kamen – ebenfalls coronabedingt – noch Herausforderungen mit Logistik und Verfügbarkeit der Bikes. Der Online-Umsatz wurde dafür verdreifacht.
Dann erwarten Sie dieses Jahr einen grossen Nachholeffekt?
Für 2021 rechnen wir auf jeden Fall weiterhin mit einer starken E-Bike-Nachfrage und einem Umsatzwachstum im deutlich zweistelligen Prozentbereich für die SEMG AG. Auch auf der Gewinnseite soll 2021 nochmals ein deutlicher Schritt nach vorne gemacht werden.
«Wir wollen kontinuierlich und nachhaltig wachsen. Das Thema E-Mobilität boomt und wir sind in der besten Ausgangslage, Erfolg zu haben.»
M-way gehörte ja bis Herbst 2019 der Migros. Wie hat sich die Firma seitdem entwickelt?
Die m-way war bei der Übernahme defizitär und wir haben den Turnaround 2020 geschafft. Darauf sind wir stolz. Es wurde jeder Stein umgedreht und alles in Frage gestellt. Prozesse wurden optimiert, die Beziehungen zu Geschäftspartnern neu aufgegleist und verbessert, Vereinbarungen wurden neu beurteilt und aufgesetzt. Und natürlich wurde eine sehr strikte Kostenkontrolle eingeführt. Diese war sicher ein Schlüssel zum Erfolg. Dazu kommt unsere konsequente Ausrichtung hin zu einem Omnichannel-Anbieter, d.h. wir bedienen heute alle Kanäle und nicht nur Retail, die Verknüpfung von Online und Offline bildet das Herzstück des Ganzen. Dies gilt auch für Dienstleistungen und Service.
Wie viele Standorte und Mitarbeitende hatte m-way vor der Übernahme und wie viele sind es heute?
Damals waren es 30, heute 32 Filialen, es gibt also keine aggressive Expansionspolitik. Wir optimieren das bestehende Flächennetz, bringen Änderungen an, wo sie notwendig sind. Aber grundsätzlich liegt der Fokus auf der Optimierung des bereits sehr flächendeckenden Netzes. Für 2021 sind neue, attraktivere Shopformate geplant – mehr Fläche, mehr Testmöglichkeiten, bessere Beratung, mehr Service-Kapazitäten. So planen wir im Frühling die Eröffnung eines grossen Flagship Stores in Wallisellen mit über 500m2 Einkaufserlebnis.
Und Ihr Mitarbeiterstamm?
Die SEMG Schweiz hat heute 125 Mitarbeiter, die SEMG total – also inklusive Deutschland –150. Auch hier gab es keine grossen Veränderungen.
Wie sehr hat Corona zum E-Bike-Boom beigetragen?
Durch Corona, den Lockdown und die Vermeidung enger Pendlerzüge kam es vor allem im Frühjahr und Sommer zu einem Freizeit- und Pendler-Boom beim E-Bike. Im Mai 2020 gab es in den m-way-Filialen ein Umsatzplus von 63% im Vergleich zum Vorjahr, obwohl das stationäre Verkaufsgeschäft erst am 12. Mai wieder starten durfte.
«Für 2021 sind neue, attraktivere Shopformate geplant – mehr Fläche, mehr Testmöglichkeiten, bessere Beratung, mehr Service-Kapazitäten.»
Im Webshop gab es im April ein Plus von 500% im Vergleich zum Online-Umsatz des Vorjahres, aber da waren wie gesagt die Shops geschlossen. Im Mai waren es aber immer noch plus 240% Online-Umsatz. Im gesamten Jahr 2020 hat m-way insgesamt über 10’000 E-Bikes verkauft.
Gibt es generelle Zahlen zum E-Bike-Boom in der Schweiz?
Laut dem Verband Velo Suisse wurden 2018 exakt 111’661 neue E-Bikes in der Schweiz verkauft, 2019 waren es schon 133’033 – ein Plus von knapp 20%. Der Verband hat die Zahlen für 2020 noch nicht herausgegeben. Aber es wird nochmals mit einem Wachstum von 20 bis 25% gerechnet.
Wie steht es um die Expansionspläne der SEMG in Deutschland?
Wir sind bereits in Deutschland vertreten mit der Colag E-Mobility GmbH, die ihren Fokus auf den Online-Vertrieb legt. Unser Ziel ist es, im Frühjahr 2021 einen ersten stationären Retail Store in Nürnberg (Nordbayern) zu eröffnen und auch eine neue E-Commerce-Plattform zu etablieren. Beides in ähnlicher Qualität und Umfang wie bei m-way in der Schweiz. Auch das B2B-Business wird in Deutschland schrittweise ausgebaut.
Weitere Ziele der SEMG für 2021 und 2022?
Wir wollen kontinuierlich und nachhaltig wachsen. Das Thema E-Mobilität boomt und wir sind in der besten Ausgangslage, Erfolg zu haben. Ebenso wollen wir auf der Ebene der Rentabilität einen weiteren Schritt nach vorne machen, wir sind sehr zuversichtlich. In Deutschland wollen wir vor allem auf der Qualitätsebene einen Schritt nach oben machen, d.h. nicht Umsatz um jeden Preis, sondern nachhaltig und erfolgreich wirtschaften.
Die Swiss E-Mobility Group (Schweiz) AG wird in den kommenden Jahren eine führende Rolle als umfassender Anbieter für E-Mobilitätslösungen innerhalb der DACH-Region einnehmen. Sie vertreibt traditionsreiche Schweizer Fahrrad-Marken wie Allegro, Cilo, Simpel und bietet ein umfassendes Dienstleistungsangebot über eine weitreichende Multichannel-Plattform an. Die Swiss E-Mobility Group AG gehört dem CONSTELLATION V Fonds. Dieser wird von der CONSTELLATION CAPITAL AG mit Sitz in Freienbach am Zürichsee beraten. Seither verfolgt die SEMG eine Wachstumsstrategie sowohl durch organisches Wachstum als auch durch den Zukauf weiterer Unternehmen in der E-Mobilitäts-Branche. www.semg.ch |